FilmRückblick 2018 - 11 denkwürdige Momente des Filmjahres
Die besten Szenen des Filmjahres 2018Kategorie: DVD & Kino - Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 16 Januar 2019
11 denkwürdige Momente des Filmjahres
Nach der Betrachtung der schlechtesten Leistungen des letzten Filmjahres, kommen wir nun wieder zu den angenehmeren Dingen des cineastischen Lebens. Sprich: Jenen 11 – bzw. mit den jeweiligen Verfolgern sogar 22 – Filmmomenten, die mir 2018 ganz besonders positiv aufgefallen und in Erinnerung geblieben sind. Der mittlerweile auch schon wieder traditionelle Sonderpreis der Jury geht dabei – wie schon im Vorjahr – an den besten Cameo-Auftritt (diesmal mit Meta-Charakter). Davon abgesehen gibt es wieder die zehn gewohnten Kategorien, von der besten Feel Good-Szene bis zum Magic Moment des Jahres. Wie immer gilt, dass die nachfolgende Aufstellung – no na – einige Filmszenen beschreibt und demnach Spoiler enthält. Lesen somit auf eigene Gefahr!
Sonderpreis der Jury – Der beste (Meta-)Cameo-Auftritt 2018
Dass sich Ryan Reynolds nicht zu schade dafür ist, sich teilweise auch selbst ordentlich durch den Kakao zu ziehen, ist zwar nichts Neues, in "Deadpool 2" hat er diesbezüglich aber nun wirklich den Vogel abgeschossen: Denn in einer der Post-Credits-Szenen schaut Deadpool bei Ryan Reynolds selbst vorbei, während diesem gerade das Drehbuch zu "Green Lantern" in die Hände fällt, und legt ihn (und damit quasi sich selbst) kurzerhand um. Das war wirklich absolut köstlich, und bewies zudem auch einiges an Selbstironie.
Runner-Up: "Bohemian Rhapsody" – Dass just Mike Myers in die Rolle jenes (fiktiven) Musikproduzenten schlüpft, der "Bohemian Rhapsody" als Single-Auskopplung ablehnt, weil es kein Song wäre, zu dem junge Leute im Auto so richtig abrocken könnten, war angesichts der betreffenden Szene aus "Wayne's World" schon höchst amüsant.
Stimmungskanone des Jahres – die "Feel Good"-Szene 2018
Feel Good-Szenen sind, zumindest bei mir (vielleicht ist das bei euch ja anders), meistens mit einer Musikeinlage verknüpft – und auch das Filmjahr 2018 bildet hier keine Ausnahme. Nun gab es bei "Anna und die Apocalypse" keinen Mangel an eingängigen, mitreißenden Songs, diese Auszeichnung geht letztendlich aber an die wunderbare Musical-Nummer in der Cafeteria der High School, "Hollywood Ending". Auch wenn der Song, rein vom Text her, eigentlich nicht unbedingt eine "Feel Good"-Nummer ist, aber die eingängige Melodie, die begleitende Tanzeinlage und der schwungvolle Ton machten sie ungemein mitreißend – da wäre man am liebsten aus dem Kinosessel aufgestanden und hätte mitgetanzt. Ähnlich stark habe ich das im abgelaufenen Filmjahr maximal noch bei "Bohemian Rhapsody" erlebt (aber in jeder Kategorie eine Szene daraus zu prämieren, wäre ja auch fad).
Runner-Up: "Greatest Showman" – Der Film an sich mag zwar kein Reißer gewesen sein, die peitschende Musical-Nummer "This Is Me" zwischendrin war es aber sehr wohl.
Herzensbrecher des Jahres – die romantischste Szene 2018
Es tut sich endlich etwas im Bereich der romantischen Komödien und/oder der Filme über homosexuelle Paare. Erstere waren nämlich in der Vergangenheit zu 99.9% heteronormativ, und letztere endeten zu gefühlten 99% immer tragisch. Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel, aber im Großen und Ganzen war das in der Vergangenheit leider der Standard. 2018 traten gleich mehrere Filme an, daran etwas zu verändern. Neben der ähnlich empfehlenswerten Netflix-Produktion "Alex Strangelove" (die in Wahrheit wohl auch die klassischere romantische Komödie war, während "Love, Simon" doch eher ein Coming of Age-Film ist, der sich vor allem stark mit dem Coming Out und dessen Folgen beschäftigt) stand hier vor allem "Love, Simon" an vorderster Front. Denn nach 90 Minuten teenage angst – die durch Simons geheim gehaltene Homosexualität nur noch verstärkt wurde – schenkte man uns dann doch noch ein wunderschönes, versöhnliches Happy End in bester romantischer Komödien-Tradition – große Geste inklusive. Ein Finale, das man hoffentlich auch als (nicht homophober) heterosexueller zum Dahinschmachten findet!
Runner-Up: "Shape of Water" – Der Unterwassertanz im Badezimmer.
Schenkelklopfer des Jahres – die lustigste Szene 2018
Die Auszeichnung für die lustigste Szene des Jahres geht logischerweise an die beste (reine) Komödie des Jahres: "Game Night" war ein wundervoller, amüsanter Film einer Machart, wie wir das heutzutage aus Hollywood leider nur mehr allzu selten bekommen. Vor allem aber war es im Gegensatz zu vielen anderen Komödien, die ich letztendlich nur leidlich lustig finde, ein wirklich witziger und köstlicher Film. Eine einzige Szene aus dem Gagfeuerwerk herauszupicken fällt mir dementsprechend schwer, aber ich denke, ich entscheide mich für jenen lustigen Moment, wo Max und Annie – immer noch glaubend, das alles sei nur ein Spiel – die Gangster stellen. Das war wirklich köstlich
Runner-Up: "Anna und die Apokalypse" – Die auf Wolke sieben schwebende Anna tanzt munter durch die Straßen, ohne zu bemerken, wie rund um sie herum die Welt vor die Hunde geht.
Schock des Jahres – der beste Twist 2018
Wenige Entscheidungen sind mir heuer bei dieser Auflistung ähnlich leicht gefallen, wie die Wahl der schockierendsten und erschütterndsten Szene 2018. Denn kein anderer Moment hat in dieser Hinsicht eine ähnlich starke Wirkung entfaltet, wie der Unfall aus "Hereditary". Ich war hier wohl ähnlich erschüttert und schockiert wie Peter, und hätte an seiner Stelle wohl genauso reagiert, wie er das tut: Er kann mit der Situation einfach überhaupt nicht umgehen, weshalb er es einfach ausblendet und sich auf sein Zimmer zurückzieht so als wäre nichts geschehen. Ich wäre in einer ähnlichen Situation wohl genauso überfordert wie er. Jedenfalls ist mir dieser Moment wirklich nahegegangen, und hat mich diese Wendung wirklich zutiefst erschüttert.
Runner-Up: "Calibre" – Sehr ähnlich gelagert, jedoch von der Wirkung her nicht ganz so stark: Der Jagdunfall.
Augenöffner des Jahres – die imposanteste Szene 2018
UPDATE 20.07.2019: Manchmal kann man sich einfach nur wundern. Bis gerade eben stand hier die "Shining"-Sequenz von "Ready Player One" als Sieger, und die war ja auch in der Tat cool. Trotzdem kann ich mir die Tatsache, dass ich hier nicht gleich "Aufbruch zum Mond" zum Sieger kürte, nur mit einer kurzzeitigen geistigen Umnachtung meinerseits erklären. Ich meine, ich kam damals bei der Viennale aus dem Film raus, und dachte mir eigentlich gleich: Die Mondlandung ist der Kandidat für die optisch imposanteste Szene des Jahres. Und dann sitzt du lediglich zwei Monate später an so einer Liste, denkst scharf nach, und bist derart ratlos, dass du in der Einleitung der Verkündung des Siegers etwas davon faselt, wie es jedes Jahr eine Kategorie gibt, mit der man sich schwer tut, weil nichts wirklich hervorstach, blablabla. Und dann sitzt du wiederum knappe sieben Monate später vor dem Fernseher, schaust dir zur Feier des Tages "Aufbruch zum Mond" an, staunst wieder über die fantastische Rekonstruktion der Mondlandung (zusammen mit Justin Hurwitz' Musik mit Abstand das Beste am Film) - und schlägst, als du diese Liste aufrufst, vor Unglauben und Verzweiflung die Hände vor den Kopf, und scheltest dich einen Vollidioten. Jedenfalls: Der Preis hätte eigentlich von Anfang an an "Aufbruch zum Mond" gehen sollen. Aber wie heißt es so schön: Besser spät als nie.
Runner-Up: "Ready Player One" - Die "Shining"-Sequenz.
Ohrenöffner des Jahres – der beste Dialog 2018
Gleich nachdem ich die betreffende Szene in "Bohemian Rhapsody" gesehen hatte war mir klar, dass ich sie in dieser Kategorie des FilmRückblicks auszeichnen würde. Die Rede ist von der Aussprache zwischen Freddie Mercury und seiner Verlobten Mary Austin ca. nach dem ersten Drittel des Films. Alles an dieser Szene ist perfekt und eindrucksvoll. Angefangen vom Setup, dieses Gespräch über das Ende einer (Liebes-)Beziehung just abhalten zu lassen, während im Hintergrund "Love of my Life" im Fernseher zu hören und zu sehen ist (das Freddie noch dazu für Mary geschrieben hat). Über die schauspielerische Leistung von Rami Malek und Lucy Boynton in dieser Szene. Bis hin zu den Worten an sich ("What do you want from me?" "Almost everything." Einfach nur mindestens so wunderschön wie traurig.
Runner-Up: Es gab im letzten Jahr so manchen guten Dialog; die kurze Aussprache außerhalb des Gerichts in "Der Affront", so ziemlich alles in "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri", oder auch die der Siegerszene ähnelnde Aussprache im Auto bei "Alex Strangelove". Mein Runner-Up in dieser Kategorie ist aber der wunderschöne, von David Lynch vorgetragene Monolog über die Schildkröte aus "Lucky".
Nägelbeißer des Jahres – die spannendste Szene 2018
Bei keinem anderen Film bin ich 2018 ähnlich angespannt im Kino gesessen, wie bei "A Quiet Place". Folgerichtig entstammt auch die spannendste Szene des Jahres eben diesem Film. Dabei fiel es mir gar nicht so leicht, nur eine einzige zu prämieren, ist "A Quiet Place" doch voller packender Momente, sei es der Einstieg im Supermarkt und danach bei der Brücke, die tonlose Szene beim Maisfeld, oder auch der berühmt-berüchtigte Nagel. Letztendlich geht die Auszeichnung aber an die Geburtsszene, wo neben der Anspannung an sich auch noch die emotional-belastende Komponente hinzukam, da Evelyn bei dieser überaus schmerzhaften Aktivität (habe ich mir sagen lassen) keinerlei Geräusch von sich geben darf, um die Monster nicht auf ihren Standort – und damit nicht nur auf sich, sondern auch ihr Baby – aufmerksam zu machen. Und wo man sich zudem fragt, wie das bitte schön funktionieren soll, weil nun mal alle Neugeborenen die Angewohnheit haben, zuerst einmal kräftig zu schreien. Die Antwort darauf war dann durchaus erschütternd – aber das wäre dann wiederum eine andere Kategorie ;-).
Runner-Up: "Utoya 22. Juli" – und dort, angesichts der Tatsache dass dieser ab dem Zeitpunkt, wo wir auf die Insel schwenken, vermeintlich in einem einzigen Schnitt präsentiert wird, de facto der komplette Film.
Adrenalinlieferant des Jahres – die beste Actionszene 2018
Martial-Arts-Fans mögen mir verzeihen, aber Timo Tjahjanto großartigem Actionthriller "The Night Comes For Us" muss sich in diesem Fall mit dem Platz aus Tom Cruise erstem Verfolger begnügen (was auch der Tatsache geschuldet sein mag, dass ich "Mission Impossible: Fallout" im IMAX sah, während ich "The Night Comes For Us" – als Netflix-Produktion – nur zu Hause auf dem vergleichsweise kleinen Fernsehschirm verfolgte). Weil auch 2018 führte am Team Cruise & McQuarrie (die, wie erst diese Woche bekanntwurde, noch zwei weitere unmögliche Missionen annehmen werden) kein Weg vorbei. "Mission Impossible: Fallout" war dabei voller eindrucksvoller und packender Actionmomente, über die (wenn auch eine Spur zu ausgedehnte) Verfolgungsjagd in Paris bis hin zum Showdown an der Klippe. Angesichts meiner Vorliebe für Szenen ohne – erkennbaren – Schnitt fällt meine Wahl aber auf den Atmosphärensprung. Egal ob echt, getrickst, oder eine Mischung aus beidem: Das war wirklich atemberaubend.
Runner-Up: "The Night Comes For Us" – Dort führte für mich nichts am Kampf im Schlachthaus vorbei.
Tränendrücker des Jahres – die berührendste Szene 2018
Bereits das Setup verspricht – trotz des irreführenden Titels – die eine oder andere berührende Szene – und wird dieser Erwartungshaltung auch gerecht. Ganz besonders emotional fand ich dann allerdings das Finale. Emilie hält an ihrer Entscheidung fest, zugleich hat Ines doch umgedacht, und nimmt es auf sich, ihre Schwester auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Es ist eine sehr bewegende Szene, die viel an ihrer Trauer und ihrer emotionalen Wirkung der Kühlheit und Leidenschaftslosigkeit verdankt, mit der all dies letztendlich über die Bühne geht. Es ist die Sachlichkeit des (unparteiischen) Todes, die einem hier von der Leinwand entgegenschlägt – und die nur wenige Filme die ich bisher in meinem Leben gesehen habe ähnlich eindringlich einfingen, wie es "Euphoria" in diesen Momenten gelingt.
Runner-Up: Hier gibt es ein Unentschieden zwischen dem berührenden Tod des jungen Mädchens in "Utoya 22. Juli" und den erschütternden Missbrauchsszenen aus "The Tale – Die Erinnerung".
Gänsehautszene des Jahres – der Magic Moment 2018
Normalerweise sind Magic Moments ja eine doch recht kurze Angelegenheit. Meist ein paar Sekunden, und nur hin und wieder vielleicht mal eine knappe Minute (wie letztes Jahr bei "Wonder Woman"). Dass mir jedoch eine Szene schon mal über eine knappe Viertelstunde hinweg immer wieder mal Gänsehaut bescherte, daran könnte ich mich jedoch aus dem Stegreif nicht erinnern. Genau das war jedoch beim Finale von "Bohemian Rhapsody" der Fall, wo vom Filmteam und den Darstellern – die Originaltonspur des Konzerts verwendend – der legendäre Auftritt von Queen bei "Live Aid" 1985 nachgestellt wurde. Klar könnte man jetzt sagen, wozu braucht man das, wenn man sich die Originalaufnahmen gratis auf YouTube ansehen kann. Nur sind diese halt "nur" 4:3 und vergleichsweise unspektakulär inszeniert. Bryan Singer und Dexter Fletcher jedoch machten von den vollen modernen inszenatorischen Möglichkeiten Gebrauch, fügen ein paar kleinere Kamera-Spielereien (wie die Fahrt durch die Beine des Stuhls) ein, schwenken auch immer wieder ins Publikum, zeigen uns Backstage-Reaktionen, und geben dem Auftritt generell genau jene Dynamik, die er zwar dank Freddie Mercurys energiegeladener Performance eh auch in echt hatte, wo diese jedoch aufgrund des unspektakulären Kamerabilds kaum zur Geltung kam. Insgesamt sorgt man mit dieser (verkürzten; auf Blu-Ray wird der gesamte nachgestellte Auftritt drauf sein, und ich freu mich darauf jetzt schon wie ein Schnitzel) Rekonstruktion für ein energiegeladenes, aufpeitschendes Finale, dass dafür sorgt, dass ich bei meinen drei Kinobesuchen den Saal mit einem absoluten Hochgefühl verließ.
Runner-Up: "Roma" – die aufgrund der Inszenierung (mit der langsam zurückschwenkenden Kamera) sowohl packende, wunderschöne als auch sehr berührende Szene am Strand.