Mit: Hera Hilmar, Robert Sheehan, Hugo Weaving, Jihae, Ronan Raftery, Leila George, Patrick Malahide, Stephen Lang u.a.
Kurzinhalt:
Nachdem der sogenannte 60-Minuten-Krieg das Antlitz der Erde wie wir sie kennen für immer verändert hat, müssen die Reste der Menschheit um jede Ressource kämpfen. Sie fallen dabei zurück in eine Art viktorianisches Zeitalter, in der riesige, mobile Dampfmaschinen unaufhörlich „gefüttert“ werden wollen, um die sie umgebenden Städte am Laufen zu halten. Ein Großteil der Menschen lebt in diesen Traktionsstädten, die sich in einer Art Städte-Darwinismus gegenseitig zerlegen. Nur wenige Teile der Welt wenden sich aktiv gegen den Städte-Darwinismus als nicht-tragfähige Lebensweise. Diese Liga der Anti-Traktionisten ist ein Dorn im Auge aller Raubtierstädte, denn sie können den mächtigen Schildwall, der ihre Siedlungen im Osten schützt, nicht überwinden. London, die wohl mächtigste Traktionsstadt, hat die entstandene Landbrücke zwischen den britischen Inseln und Europa überquert und jagt die Überreste Europas. Ein junger Archäologe aus London findet immer mal wieder gefährliche "Old Tech" aus der Zeit vor der Verwüstung in aufgebrachten kleineren Städten. Als er und eine Scavenger aneinandergeraten und die Stadt unfreiwillig verlassen, entspinnt sich eine Verschwörung, die bald schon die Machtverhältnisse zu verschieben droht…
Review:
Ein bisschen Terry Gilliam, ein bisschen "Mad Max", ein bisschen "Tank Girl" und ein bisschen "Metropolis" verweben Fran Walsh, Philippa Boyens und Peter Jackson in ihr Drehbuch nach dem gleichnamigen Roman von Philip Reeve von 2001. Wie viele dieser Geschichten, bilden die fahrenden Städte kleine Mikrokosmen der Gesellschaft, in denen sich Themen gut abhandeln lassen. Im Buch und im Film geht es eben hauptsächlich um London, wobei der Konflikt zwischen den Londoner Gilden im Film eher zu einem Konflikt zwischen einzelnen Personen aufgelöst wird und dieser sich schneller dem Konflikt zwischen der fahrenden und niedergelassenen Gesellschaft zuwendet. Während Hera Hilmar als Hester Shaw, Robert Sheehan als Tom Natsworthy und Jihae als Anna Fang das ein oder andere Hühnchen mit Hugo Weaving als Thaddeus Valentine zu rupfen haben, machen sie das in einer super stylischen Steampunk-Welt. Angefangen bei den Städten, die alle tatsächlich so etwas wie eine Persönlichkeit haben, über die Luftgefährte bis hin zu den Klamotten.
Das einzige Problem, dass "Mortal Engines" wirklich hat, ist, dass sehr viel Information – sowohl die Menge der Charaktere und Orte zusammengestrichen oder recht schnell abgehandelt werden musste. Dadurch bleibt der Film mit seinen knapp zwei Stunden zwar recht schlank, verfehlt aber auch ein wenig den World-Building-Anspruch, den der erste von vermutlich mehreren Filmen (es gibt immerhin auch vier Bücher), haben sollte. Die grundlegende Story zwischen Hester Shaw und Thaddeus Valentine ist mit all ihren Details nicht so wirklich überraschend, aber die Schauspieler sind alle wirklich frisch und neu. Neben Weaving (und der ein oder anderen Nebenfigur) kannte ich nur Sheehan aus Misfits. Alle anderen sind neue Gesichter, von denen mir insbesondere die südkoreanische Sängerin Jihae und ihr Luftschiffcaptainstyle im Gedächtnis blieb. Daneben gibt es noch einen sogenannten Stalker - ein kybernetisches Überbleibsel aus dem Krieg. Das sind Soldaten, die ihrer Persönlichkeit beraubt und a la Terminator in halbe Kampfmaschinen verwandelt wurden. Shrike ist einer von Ihnen und aus ganz eigenen Gründen auch hinter Hester Shaw her. Stephen Lang erkennt man kaum in dieser Rolle, gibt ihr aber das nötige Gewicht und eine Spur Grusel. "Mortal Engines" macht einen Heidenspaß und fühlt sich mit seiner Größe nach etwas Neuem im Kino an. Ich weiß beim Blick durch Rotten Tomatoes, viele sehen das anders und sehen auch diese Jugendromanverfilmung als gescheitert an. Ich hingegen denke, es war extrem gute Planung von Jackson, oder den Casting-Leuten, die Hauptrollen eben nicht mit Teenagern zu besetzen und auch nicht mit 30jährigen, die Teenager spielen. Hera Hilmer und Robert Sheehan sind beide 30 und sollen im Film als Hester und Tom auch ihr eigenes Alter haben.
Die ganze Visualisierung - und das ist beim Medium Film schließlich nicht zu unterschätzen - ist erste Sahne. Show, don't tell! Die Kreativen konnten sich wirklich austoben und haben dieses wilde Konzept glaubhaft und spannend umgesetzt. Christian Rivers sollte bei all dem nicht vergessen werden. Schließlich war er der Mann, der das Drehbuch der Neuseeländer Dreifaltigkeit zum Leben erwecken sollte. Bisher als Regisseur der 2nd Unit bei zwei der drei "Hobbit"-Filme, im Storyboard-Team sämtlicher Jackson-Filme und bei WETA Digital tätig, gelingt ihm hier ein Kinofilmdebüt der Spitzenklasse. Egal was man vom Endergebnis persönlich hält – für einen ersten Film als Regisseur ist "Mortal Engines" kein schlechter Eintrag im Lebenslauf. Auch wenn man "Mortal Engines" nicht für das nächste große Ding halten mag und er am Ende vielleicht wie "Der Goldene Kompass" für sich allein stehen muss, würde ich euch empfehlen, an einem kalten Dezemberabend hierfür ein Kino aufzusuchen. Immerhin kann "Mortal Engines" für sich allein stehen und benötigt nicht zwingend eine Fortsetzung. Die Story ist in sich abgeschlossen, lässt aber einigen Figuren die Möglichkeit für weitere Abenteuer.
Fazit:
Jackson und sein Team, zu dem ich auch den Regisseur zählen würde, haben mal wieder etwas Frisches, Spannendes und visuell Eindrucksvolles auf die Leinwand gezaubert. Etwas, dass eben nicht noch ein Superheldenfranchise oder Remake ist, sich aber nicht nur durch sein Anderssein definiert. Ich wusste selbst nicht, dass ich nach "Mad Max", "Die Tribute von Panem", "Maze Runner", "Die Bestimmung" usw., oder etlichen Serien wie "Die Shannara Chronicles", noch eine postapokalyptische Welt brauchen würde, oder man mir in dem Bereich was Neues erzählen könnte, aber ich habe mich in den Stil und die Figuren verguckt.