Mit: Luana Velis, Johannes Benecke, Jan Bluthardt, Lilli Lorenz, Julia Riedler, Nadja Stübiger u.a.
Kurzinhalt:
Die als Taxifahrerin in Berlin arbeitende Luz stolpert nach einem Unfall in die nächstgelegene Polizeistation. Ihr jüngster Fahrgast, eine alte Jugendfreundin, hat sich plötzlich aus dem fahrenden Taxi gestürzt. Für ihre Aussage zieht die Polizei den Psychologen Dr. Rossini zu Rate. Mit Hilfe von hypnotischer Regressionstherapie versucht er, die Ereignisse im Taxi aufzurollen. Dabei geht er in weiterer Folge auch noch weiter in ihrer Vergangenheit zurück, zu jener Zeit, als sie in einer katholischen Schule in Chile aufgewachsen ist. Schon bald zeigt sich, dass man es mit einer dämonischen Präsenz zu tun hat, die es auf Luz abgesehen hat…
Review:
Ich bin durchaus immer gerne bereit, jungen österreichischen oder deutschen Talenten eine Chance zu geben (wie z.B. auch Till Kleinerts "Der Samurai", an den ich mich teilweise erinnert fühlte. Weniger von Inhalt oder Atmosphäre her, als dem offenbarten Talent) – und so habe ich bei meiner Programmzusammenstellung fürs heurige /slash darauf geachtet, auch "Luz" einzuplanen. Zugleich gestehe ich offen ein: Allzu hoch waren meine Erwartungen nicht. Die Stichworte "weit weg vom klassischen Erzählfilm" und "experimentell" aus dem Programmheft riefen bei mir nämlich eher Sorge als Vorfreude hervor. Weil "experimentell" stellt sich in meinem Fall nur allzu häufig als freundliches Synonym für "langweilig" heraus. Nach der coolen ersten Einstellung in der Polizeistation, die mich gleich in ihren Bann zog, schien der Film dann auch meine Befürchtung zu bestätigen, weil mir der Szene in der Bar konnte ich dann doch nicht viel anfangen. Das Schauspiel von Julia Riedler wirkt gestelzt und aufgesetzt (dass es dafür einen Grund gibt, wird erst später klar), die Szene zieht sich doch ziemlich, und an dieser Stelle im Film ist es einem praktisch unmöglich, dem Dialog zu folgen, bzw. dessen Sinn zu verstehen. Insofern war "Luz" an dieser Stelle auf dem besten Weg, mich zu verlieren.
Dann jedoch kratzte der Film – zumindest in meinem Fall – doch noch die Kurve. Und wie. Wobei ich hier auch gleich auf das "bei mir" dezidiert hinweisen will, weil die Meinungen innerhalb unserer Gruppe zu "Luz" – der letztendlich den heurigen, erstmaligen, /slash-Wettbewerbspreis der Jury gewinnen konnte (der u.a. auch Till Kleinert angehörte – so schließt sich der Kreis) – waren doch ziemlich gespalten. Aber zumindest ich bin in dem Moment, wo man wieder in die Polizeistation gewechselt ist und das Verhör bzw. die Regressionstherapie begann, zunehmend in den Film hineingekippt. Was Tilman Singer hier aus dem Setup herausholt, wie die ganze Szene aufgebaut ist, und generell, wie er hier eine potentielle Schwäche zu einer Stärke umwandelt (in dem er auf wunderbar kreative Art und Weise mit dem Geldmangel umgeht), war meisterlich. Gegenwart und Vergangenheit, Realität und Erinnerung, geben sich hier die Klinke in die Hand, und so wie Luz werden auch wir immer stärker in ihre Geschichte hineingezogen. Zuerst nur mit Tönen, dann auch zunehmend mit den Bildern. Dass dabei zudem darauf geachtet wurde, dass die interne Logik eingehalten wird (z.B. was die Übersetzung betrifft – man achte auf die Lippenbewegungen der beiden Darstellerinnen) war dann das Tüpfelchen auf dem "i". Mich hat diese Herangehensweise jedenfalls irrsinnig faszinierend, und das dadurch bei mir entstehende Kopfkino fand ich ungemein reizvoll. Und so verwirrt ich zu Beginn auch noch gewesen sein mag, und trotz einiger surreal-(alp-)traumhafter Szenen, hatte ich am Ende letztendlich doch den Eindruck, verstanden zu haben, was hier vor sich ging. Zu dieser zentralen, phantastischen Sequenz, die sich über eine gefühlte halbe Stunde zieht, und in der ich die größte Stärke des Films sehe, gesellt sich dann auch noch die optisch interessante Inszenierung. "Luz" wurde auf 16mm-Film gedreht, was ihm einen körnig-altmodischen Look verleiht. Zusammen mit dem bedachten Setdesign entzieht sich der Film so einer klaren zeitlichen Einordnung (auch wenn ich ihn wohl am ehesten in den 90ern verorten würde). Die größte Stärke bleibt aber zweifellos der Aufbau der Hypnoseszene, die aufzeigt, wie viel man mit wenig Mitteln erreichen kann – wenn man sie nur richtig einzusetzen weiß.
Fazit:
"Luz" hat mich wirklich positiv überrascht. Ich hatte zugegebenermaßen jetzt nicht sonderlich viel erwartet, aber sehr viel bekommen. Zugegebenermaßen brauchte ich nach dem noch sehr gefälligen Einstieg ein bisschen, um in den Film hineinzufinden. Der grandiose Aufbau der Verhör/Hypnose-Szene hat mich dann aber überzeugt, und in weiterer Folge gelang es Tilman Singer, mich richtig in den Bann zu ziehen. Ich fand das Kopfkino, dass durch die Inszenierung ausgelöst wurde, einfach ungemein faszinierend und reizvoll. Zudem ist "Luz" – vor allem für einen Erstling – optisch überaus gefällig inszeniert, wobei er vor allem dank der Verwendung von 16mm-Film und dem damit einhergehenden altmodischen Look hervorsticht. Auch das Setdesign überzeugte und versetzte einen glaubwürdig in die 80er/90er (wobei sich der Film einer genauen zeitlichen Einordnung bewusst entzieht). Zum Ende hin wurde es dann noch einmal schön surreal, wobei zumindest ich trotzdem nie übermäßig verwirrt war, und dem Geschehen – so glaube ich zumindest – gut folgen konnte. "Luz" ist sicher einer jener Filme, an dem sich die Geister scheiden werden – denn entweder kippt man, so wie ich, in die Geschichte – und die Erzählweise – hinein, oder eben nicht. In letzterem Fall dürfte einen der Film trotz seiner ökonomischen Laufzeit wohl eher langweilen. Bei mir hat Tilman Singer mit einem Langfilm-Debüt aber definitiv (in positiver Hinsicht) Eindruck hinterlassen!