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Three Billboards Outside Ebbing, Missouri Drucken E-Mail
Grandioses, wenn auch nicht unumstrittenes Drama Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 03 März 2018
 
Oscar-SPECiAL

 
Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Originaltitel: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Produktionsland/jahr: USA/UK 2017
Bewertung:
Studio/Verleih: Blueprint Pictures/20th Century Fox
Regie: Martin McDonagh
Produzenten: U.a. Graham Broadbent, Peter Czernin & Martin McDonagh
Drehbuch: Martin McDonagh
Filmmusik: Carter Burwell
Kamera: Ben Davis
Schnitt: Jon Gregory
Genre: Komödie/Drama
Kinostart Deutschland: 25. Januar 2018
Kinostart USA: 10. November 2017
Laufzeit: 115 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD
Mit: Frances McDormand, Sam Rockwell, Woody Harrelson, Abbie Cornish, Caleb Landry Jones, Kerry Condon, Lucas Hedges, Peter Dinklage, John Hawkes u.a.


Kurzinhalt: Vor einem halben Jahr wurde Mildreds Tochter auf brutale Art und Weise vergewaltigt und ermordet. Auf Ermittlungsergebnisse seitens der hiesigen Polizei wartet sie seither vergeblich. Nachdem eine weitere Nachfrage bei Sheriff Willoughby nichts einbringt, reicht es ihr. Als sie zu ihrem Haus fährt stechen ihr eines Tages die drei Plakatwände ins Auge, die bereits seit langem leer stehen. Sie beschließt, diese zu mieten, und prangert auf den drei Schildern Willoughby und seine Polizeikräfte für ihre Untätigkeit direkt an. Ein Schritt, der nicht bei jedem im Ort gut ankommt. Vor allem der für seine rassistischen Tendenzen bekannte Cop Dixon reagiert erzürnt. Als sich Mildred partout weigert, die Plakatwände abnehmen zu lassen, und auch die entsprechende Firma meint, dass ihr diesbezüglich die Hände gebunden sind, eskaliert die Lage in Ebbing, Missouri zunehmend…

Review: Szenenbild. Neben der Möglichkeit, Filme auf der großen Leinwand zu sehen, die bei uns entweder nicht regulär ins Kino kommen, bzw. teilweise generell nicht den Weg zu uns finden (die Liste der betreffenden Filme wird von Jahr zu Jahr länger und ist mittlerweile dreistellig) und die ich somit sonst wohl nie gesehen hätte, schätze ich an Filmfestivals wie der Viennale vor allem die Möglichkeit, Filme lange vor ihrem offiziellen Kinostart zu sehen. Insbesondere bei "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" hat sich das wieder einmal voll und ganz ausgezahlt. Als ich ihn Ende Oktober auf der Viennale sah, war ich noch weder vom kurz darauf loslegenden Hype beeinflusst, noch vom Basklash, dem er sich im heurigen Jahr gegenübersah, und der einerseits die (vermeintliche, wie ich behaupten würde) Rehabilitation von Dixon und andererseits das Aufgreifen der Rassismus-Thematik ohne eine zentrale afroamerikanische Figur (sprich: Es herrscht der Vorwurf des unsichtbaren Opfers) anprangerte. Beides Dinge, die mir sowohl damals nicht (negativ oder sonst wie) aufgefallen sind, und die auch nachträglich meine Begeisterung mit dem Film nicht trüben. Ersteres empfand ich nämlich ohnehin anders (und hielt ich für eine der größten Stärken des Films), letzteres ist zwar zugegebenermaßen nicht unproblematisch, aber nichts, was mir persönlich den Film verderben würde.

Zugleich muss ich aber sagen: Ich kann es insofern verstehen, als es Martin McDonagh dem Zuschauer nicht unbedingt leicht macht. Hier hat niemand die moralische Hoheit für sich gepachtet – auch nicht Mildred. Es handelt sich allesamt um komplexe, vielschichtige Figuren, und jeder von ihnen hat seine Stärken und seine Schwächen, seine positiven und seine negativen Seiten, so wie im richtigen Leben auch. Vor allem bei Dixon stößt dies wohl vielen sauer auf, ich fand hingegen, dass eben dies den Film – unter anderem – so auszeichnet. Es ist ein leichtes, einen Rassisten als Arschloch, als Trottel und so weiter darzustellen. Ihm jedoch trotz seiner natürlich indiskutablen Einstellung und seines teils unentschuldbaren Verhaltens auch positive Aspekte zuzugestehen, statt ihn einfach nur zu verteufeln, und in weiterer Folge durch die Offenbarung seines persönlichen Schmerzes sogar zu versuchen, Sympathien für ihn zu wecken, fand ich sowohl mutig als auch richtig, wichtig und gut. Der Gedanke mag uns nicht gefallen, aber… auch Rassisten sind keine Monster, sondern Menschen. Mit seiner differenzierten Betrachtungsweise leistet Martin McDonagh einen wesentlichen Beitrag, einer weiteren Spaltung der Gesellschaft vorzubeugen, und vielmehr eine Brücke zu bauen. Dabei fand ich nicht, dass er Dixons Rassismus auch nur irgendwie verharmlost oder gar entschuldigt. Seine späteren Taten erteilen ihm keine Absolution für sein früheres Handeln. Aber es macht aus einer potentiell eindimensionalen – und damit nun mal auch nicht wirklich lebensechten – Figur einen zwiespältigen, interessanten und vielfältigen Charakter. Mildred steht ihm diesbezüglich in nichts nach. Natürlich sind ihr Schmerz und ihre Enttäuschung nachvollziehbar, doch auch sie geht in weiterer Folge, wenn sie selbst vor Brandstiftung nicht mehr zurückschreckt, um eine Nachricht zu senden, zu weit. Und auch unser Bild über Sheriff Willoughby wandelt sich im Verlauf des Films. Ist man anfangs geneigt, Mildreds Meinung ob seiner Unfähigkeit (oder seiner mangelnden Motivation) zuzustimmen und ärgert man sich über seine Beschwichtigungstaktik, erweist sich auch er als komplexer Mensch, der zudem sein Bestes versucht, um aus einer alles andere als optimalen Situation das Optimum herauszuholen.

Szenenbild. Solche vielschichtige, ambivalente Figuren sind natürlich ein Fest für DarstellerInnen, und eben dies ist ein weiterer Punkt, wo "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" brilliert. Frances McDormand begeistert in der Hauptrolle, und schafft es wieder einmal, sowohl Mildreds Verbissenheit, ihre Härte, aber auch ihre Verletzlichkeit und ihren inneren Schmerz zu vermitteln. Auch Sam Rockwell ist wieder einmal großartig. Es gehört viel Mut dazu, eine solch abscheuliche Figur zu spielen, und sich dabei nicht zurückzuhalten, sondern voll darin aufzugehen, und so einen Charakter zu schaffen, den man zu hassen liebt. Woody Harrelson zeigt sich hier von seiner sensibleren Seite, und Abbie Cornish trägt in einer vergleichsweise kleinen Rolle ebenfalls viel zum Gelingen des Films bei. Die größte Stärke von "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" ist für mich jedoch das Drehbuch. Einerseits aufgrund der Art und Weise, wie es McDonagh hier gelingt, Humor und Drama zu einem unvergleichlichen Mix zu vereinen, bei dem die Stimmung teilweise innerhalb einer einzigen Szene von lustig zu bedrückend oder traurig umschlägt. In der einen Sekunde zerkugelt man sich noch aufgrund der teils köstlichen Dialoge, und dann bleibt einem das Lachen plötzlich im Halse stecken. Und andererseits aufgrund der vielen verschiedenen Themen, die McDonagh hier anschneidet, angefangen bei Trauer (und deren Bewältigung), über Schmerz, Ohnmacht, bis hin zu Rassismus, Schuld und Polizeigewalt. Da könnt ihr so viel "back-lashen" wie ihr wollt: Für mich ist "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" der bislang beste Film des Jahres!

Fazit: Eine Frau befüllt drei leerstehende Plakatwände auf einer wenig befahrenen Straße Richtung Ebbing, Missouri, um nach einem tragischen Verlust den Stillstand der polizeilichen Ermittlungen anzuprangern. Was Martin McDonagh auf diesem schlichten (wenn auch bereits höchst gefälligem) Konzept in weiterer Folge rausholt, ist einfach nur phänomenal. "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" erzählt eine mitreißende und berührende Geschichte über – unter anderem – Trauer, Schuld, Zorn, Rassismus, Hilflosigkeit und Wiedergutmachung. Im einen Moment hält man sich dabei den Bauch vor Lachen, und im nächsten bleibt es einem eben dieses dann schon wieder im Hals stecken. Von den zahlreichen berührenden Momenten ganz zu schweigen. Die Figuren sind allesamt wunderbar vielschichtig und komplex; hier hat niemand die moralische Hoheit für sich gepachtet (selbst Mildred nicht). Die schauspielerischen Leistungen sind durch die Bank großartig: Frances McDormand, Sam Rockwell, Woody Harrelson, Caleb Landry Jones, Abbie Cornish… allesamt wunderbar. Und schön inszeniert ist das Ganze auch. Wenn das Einzige, was du zu kritisieren hast, die Szenenfolge am Ende ist (die ich persönlich leicht umgestellt hätte, um mit den titelspendenden Billboards abzuschließen), dann weiß man, dass man einen herausragenden Film gesehen hat.

Wertung:10 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2018 20th Century Fox)


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