Kurzinhalt:
Italien in den frühen 80ern. Wie jedes Jahr begrüßt Professor Perlman, Experte für griechisch-romanische Kunst, in ihrem Sommeranwesen einen Gast, der ihm in den Sommermonaten als Assistent zur Seite stehen wird. Diesmal ist es der attraktive, junge Amerikaner Oliver, der mit seiner legeren Art zwar nicht bei jedermann auf Zustimmung stößt, den jungen Frauen jedoch schon bald den Kopf zu verdrehen beginnt. Und nicht nur denen. Perlmans 17-jähriger Sohn Elio, der zuletzt eigentlich Marzia umgarnt hat, hat auf Oliver ebenfalls ein Auge geworfen. Oliver indes machte bereits von Anfang an keinen Hehl daraus, dass er sich Elios gegenüber hingezogen fühlt. Bis die beiden den ersten Schritt wagen, dauert es zwar einige Zeit, danach stürzen sie sich jedoch Hals über Kopf in ihre geheime Liebesaffäre, und durchleben einen Sommer voller Romantik und Leidenschaft…
Review:
Ich muss gestehen, nach den Vorschusslorbeeren von "Call Me By Your Name" ein bisschen mehr erwartet zu haben. Aber irgendwie gelang es ihm bis zuletzt nicht so richtig, mich anzusprechen. Dass dies daran lag, dass die beiden Hauptfiguren homosexuell sind, kann ich nach zahlreichen queer Filmen, egal ob über Schwule oder Lesben, die es verstanden haben mich so richtig mitzunehmen und emotional zu packen, ausschließen. Neben dem doch etwas langsamen Aufbau lag es denke ich in erster Linie an der sehr unaufgeregten Erzählweise. Zwar habe ich bei romantischen Filmen und/oder Liebesdramen neben den überhöhten Hollywood-Einträgen durchaus auch ein Herz für reduziertere, bodenständigere und realistischere Werke. Aber mir persönlich war "Call Me By Your Name" irgendwie zu lasch. Mir fehlte es sowohl an Feuer als auch an Leidenschaft. An den Darstellern lag's sicherlich nicht, denn Armie Hammer und Timothée Chalamet können nicht nur individuell voneinander, sondern auch im Zusammenspiel überzeugen. Aber irgendwie wollte der Funke nicht so recht überspringen, und ich denke, dass dies in erster Linie an Luca Guadagninos extrem reduzierter und "sachlicher" Inszenierung gelegen haben dürfte.
Positiv stach für mich in erster Linie das Setting hervor. Italien ist so ein wunderschönes Land. Die alten Gebäude, die kleinen verwinkelten Gassen, das ganze Flair, das Essen… "Call Me By Your Name" hat jedenfalls gleich wieder Fernweh bei mir ausgelöst. Auch das historische Setting (und ihr glaubt gar nicht, wie sehr es als Jahrgang 1980 schmerzt, bei einem Film der Anfang der 80er spielt von einem "historischen" Setting zu sprechen, so als wäre das schon ewig her – was er aber eben in Wahrheit nun mal auch ist) sticht hervor, und wertet den Film auf. Zumal dieses von Guadagnino und seinem Team perfekt eingefangen wurde. Gut, bei den Locations musste man nicht viel tun, weil sich die in der Zwischenzeit kaum verändert haben (eben das macht ja auch einen Großteil des Charmes von Italien aus). Aber die Innensets wirken ebenso stimmig wie die Kleidung. Wer so wie ich in den 80ern schon gelebt hat wird sich hier gleich heimisch (und nostalgisch) fühlen. Auch die Darsteller seien an dieser Stelle noch einmal erwähnt. Armie Hammer und Timothée Chalamet vermitteln ihre gegenseitigen Gefühle so überzeugend wie eindringlich. Und auch wenn mir die erste Stunde des Films zu unspektakulär war, dreht der Film im letzten Drittel dann doch nochmal auf. Dort fand ich dann sowohl die gemeinsamen Szenen der beiden sehr schön, sowie vor allem auch die melancholische Stimmung, welche die letzte Viertelstunde dominiert hat. Und die beiden abschließenden Szenen – das Gespräch mit Elios Vater, sowie den Epilog – haben mir ebenfalls sehr gefallen, und mich sogar ansatzweise berührt. Aber die Liebesgeschichte selbst hat mich halt leider eher kalt gelassen. Da gab's in den letzten Jahren – auch im Bereich der Queer-Filme – einige Liebesdramen, die mich wesentlich mehr ansprechen und bewegen konnten, als dies "Call Me By Your Name" vermochte.
Fazit:
"Call Me By Your Name" erzählt auf ruhige und stilvolle Weise eine zwar nette, aus meiner Sicht aber irgendwie auch wenig bemerkenswerte Sommer-Liebesgeschichte. Am meisten stachen für mich die schönen, immer wieder gern gesehenen italienischen Locations sowie das sehr überzeugend umgesetzte historische Setting Anfang der 80er hervor. Auch die Leistungen von Armie Hammer und Timothée Chalamet überzeugen. Aber irgendwie fehlte mir ein bisschen der Pfeffer, das Feuer, die Leidenschaft. Diesbezüglich haben andere romantische Filme, egal ob heteronormativ oder queer, schon mal mehr geboten. Generell plätschert die Handlung lange Zeit sehr unaufgeregt und ohne nennenswerte Höhepunkte vor sich hin. Und ein bisschen belanglos fand ich ihn stellenweise leider auch. Im letzten Drittel dreht "Call Me By Your Name" dann zwar noch einmal auf, und liefert zum Ende hin u.a. mit dem Gespräch mit Elios Vater sowie der allerletzten Einstellung noch einmal zwei wirklich starke Szenen. 100%ig wollte sich mir die Faszination des Films aber leider nicht erschließen.