Mit: Meryl Streep, Tom Hanks, Bob Odenkirk, Bruce Greenwood, Sarah Paulson, Alison Brie, Michael Stuhlbarg, Tracy Letts, Bradley Whitford, Matthew Rhys, Carrie Coon, Jesse Plemons u.a.
Kurzinhalt:
Nach dem Tod ihres Mannes hat Kay Graham den Posten als Verlegerin der Washington Post übernommen. Als Frau in Führungsposition vom Vorstand belächelt und auch von ihren Untergebenen teilweise nicht ernst genommen, tut sie ihr Bestes, um in dieser Männerdomäne zu bestehen. Just während des Börsengangs des Unternehmens wird sie dann schließlich mit einer wichtigen Frage konfrontiert, welche den Fortbestand der Washington Post bedrohen könnte. Einem ehemaligen Reporter ist es gelungen, Geheimpapiere aus dem Pentagon an sich zu nehmen. Es handelt sich um eine Studie über die von den USA seit dem zweiten Weltkrieg geführten Kriege, und offenbart unter anderem, dass Schlüsselpersonen innerhalb der Administration bereits vor Jahren wussten, dass der Krieg in Vietnam nicht zu gewinnen ist. Als die New York Times erste Teile des Berichts abdruckt, bringt die Regierung eine Unterlassungsklage vor Gericht ein, da es sich um streng geheime Papiere und damit Landesverrat handeln würde. Ben Bagdikian von der Post gelingt es dann schließlich, die Quelle ebenfalls ausfindig zu machen und große Teile der Dokumente an sich zu bringen. Nun müssen der Chefredakteur Ben Bradlee und Kay Graham entscheiden, ob man die sogenannten "Pentagon Papers" trotz der ausständigen Klage gegen die New York Times veröffentlichen soll…
Review von Christian Siegel:
"Die Verlegerin" hat mich teilweise an "Spotlight" erinnert. Beiden ist gemein, dass sie dem Printjournalismus huldigen, und bis zu einem gewissen Grad wohl auch als Abgesang auf eben diesen zu verstehen sind. Letzteres nicht nur, weil populistische Politiker sie als Lügenpresse denunzieren, sondern vor allem auch, da immer weniger Leute eine Zeitung in die Hand nehmen (was im Übrigen für mich genauso gilt), sondern sich nur mehr online informieren. Mit "Die Verlegerin" beschwört Steven Spielberg quasi als Gegenentwurf noch einmal die Blütezeit des Printjournalismus herauf, einerseits mit der Veröffentlichung der Pentagon Papers, die hier im Mittelpunkt stehen, oder auch kurz darauf der Watergate-Affäre (welche am Ende nur kurz angedeutet wird), und macht deutlich, dass – verantwortungsvoller – Journalismus und die freie Presse in jeder Demokratie eine ganz elementare (Kontroll-)Funktion ausüben. Wo bei "Spotlight" die Recherche an sich im Mittelpunkt stand, ist es hier nun eher eine Frage des Gewissens bzw. des Mutes. Denn nach der Klage gegen die New York Times riskiert man bei der Washington Post nicht einfach nur die Zukunft der Zeitung und die Jobs, sondern im schlimmsten Fall sogar eine Haftstrafe.
Der zweite Schwerpunkt des Films liegt bei Kay Graham, die sich Anfang der 70er – und damit in einer Zeit, wo Frauen an der Führungsspitze noch die absolute Ausnahme waren (was sie jedoch bedauerlicherweise heute genau genommen eigentlich immer noch sind). Vor allem zu Beginn tut sich Graham sehr schwer, sich in dieser Männerdomäne durchzusetzen, und ernst genommen zu werden. Ihre ersten Versuche sich zu Wort zu melden sind derart von Verunsicherung geprägt, dass es als Zuschauer fast schon schmerzhaft ist, ihr dabei zuzusehen. Der Film macht dabei deutlich, welche Auswirkungen aufs eigene Selbstbild und -bewusstsein es hat, wenn einen das Umfeld bei jeder Gelegenheit zu verstehen gibt, dass man als unwürdig/minderwertig/unfähig und so weiter betrachtet wird. Die Krise rund um die Pentagon-Papers zwingt Kay Graham jedoch dazu, ihrer Frau zu stehen, und nicht nur den Mut zu finden, trotz aller Risiken die für das Land richtige Entscheidung zu treffen, sondern sich gegenüber den ihr von diesem Kurs abratenden Männern durchzusetzen. Eben diese Entwicklung stellt Meryl Streep sehr überzeugend dar, weshalb ich ihre mittlerweile 21. Oscar-Nominierung auch für voll und ganz gerechtfertigt halte. Auch Tom Hanks zeigt eine gute Leistung. Und Steven Spielbergs Regie ist so hochkarätig und stilvoll wie immer. Die ganz großen Spannungsmomente vermisst man diesmal zwar, aber sowohl die vom beständigen Klappern der Schreibmaschinen geprägte Geräuschkulisse in der Redaktion sowie die Art und Weise, wie er die Druckerpresse zelebriert (fast wie der Einsatz eines Superhelden), stechen hervor, und machen seine Absicht hinter "Die Verlegerin" deutlich. Und John Williams trägt mit seinem schönen (wenn auch kurzen) Score ebenfalls wieder seinen Teil zum Erfolg bei. Die erste Stunde hat mich "Die Verlegerin" zwar noch nicht so richtig gepackt, und im direkten Vergleich fand ich "Spotlight", wohl nicht zuletzt auch wegen der Thematik, noch eine Spur prägnanter und aussagekräftiger.
Fazit:
"Die Verlegerin" vermischt auf gelungene Art und Weise Hommage an bzw. Abgesang auf den klassischen Printjournalismus mit der Charakterstudie einer starken Frau, die sich – Anfang der 70er – in einer absoluten Männerdomäne behaupten muss. Beide Teile können dabei gleichermaßen überzeugen. Ersteres erweist sich als Plädoyer für die von Populisten und Wutbürgern gerne zu Unrecht denunzierte freien Presse, der in jedweder Demokratie eine wichtige Kontrollfunktion zukommt. Der Anfang mag noch ein bisschen unspektakulär sein, aber sobald der Redaktion der Washington Post die Pentagon Papers in die Hände fallen, baut sich eine nette Spannung rund um die Frage auf, ob sie diese denn auch wirklich veröffentlichen wollen – trotz der Folgen (bis hin zu einer Haftstrafe), die dies nach sich ziehen könnte. Und die Geschichte rund um Kay Graham überzeugt ohnehin von Anfang an, einerseits aufgrund Meryl Streeps überzeugendem Schauspiel, und andererseits, da es einfach sehr interessant und mitreißend ist, dieser Frau dabei zuzusehen, wie sie sich in weiterer Folge gegen die sie belächelnden Männer durchsetzt. Spielbergs Regie ist wieder einmal eher ruhig, jedoch sehr stilvoll, und setzt vor allem auch dem klassischen Verlagswesen mit dem immerwährenden Geräusch tippender Schreibmaschinen und der Zelebrierung der Druckerpresse ein Denkmal. Und vor allem zum Ende hin dreht "Die Verlegerin" dann nochmal so richtig schön auf. An den ähnlich gelagerten "Spotlight" kam Steven Spielberg in meinen Augen aber nicht ganz heran.
Wertung:7 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Spieler:
"Die Verlegerin" erinnert uns daran, dass es Whistleblower und widerliche Staatsgeheimnisse nicht erst seit Edward Snowden gibt, sondern mit den "Pentagon Papers, wie die geheime Studie bald heißen wird, die freie Presse schon einmal einer Zerreißprobe ausgesetzt war. Öffentliches Interesse, Nationale Sicherheit, Pressefreiheit - diese Drei stehen ständig im Konflikt miteinander und am Beispiel der Pentagon Papers – es hätte auch Watergate sein können – arbeitet sich "The Post", oder zu deutsch "Die Verlegerin", ab. Dabei geht es nicht einzig und allein um die große Lüge gegenüber der US-Bevölkerung, bezüglich der Gewinnbarkeit des Vietnam-Krieges, die vier gewählte Präsidenten aufrecht erhalten haben, bis sie unter Nixon in sich zusammenfiel. Es geht auch um eine Frau, die eine Bürde tragen muss, auf die sie nie vorbereitet worden war. Kay Graham (Meryl Streep) muss nach dem Tod ihres Mannes die Geschäfte der Washington Post übernehmen und gleichzeitig ihre Beziehung zu alten Freunden in hohen Ämtern, gegen die Angestellten ihres Verlages aufwiegen. Als Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) von der großen Schlagzeile der Times erfährt, setzt er alles daran, die Pentagon Papers auch zu veröffentlichen und Kay trifft die wohl wichtigste Entscheidung ihres Lebens. Hätte der oberste Gerichtshof nicht für die Times und die Post gestimmt, hätten alle wegen Geheimnisverrates ins Gefängnis gehen können.
Von der ersten Minute an, erinnert mich Steven Spielbergs neuer Film an das von mir hoch gelobte "Spotlight" (2015), in dem eine Redaktion auch ein schwieriges Thema gegen alle Widerstände an die Öffentlichkeit kämpft. Natürlich ist die Zeit eine andere (2002) und die 1970er Jahre sind noch einmal eine ganz andere Nummer, gerade in Hinsicht auf Frauen in Machtpositionen. Immer wieder merkt man, wie die Männer um Kay herum – bis auf Ben Bradlee, der sie eher herausfordert – für ungeeignet halten, weil ihr Vater die Firma ihrem Mann übergab und nicht ihr. "Die Verlegerin" ist also in mehr als einer Hinsicht extrem kraftvoll. Für jemanden wie mich, der gerade mal von Watergate gehört hat – schließlich geschah das alles vor meiner Zeit – ist es auch eine Art Zeitdokument. Eine Geschichtsstunde, wie sie im Schulunterricht nie stattfinden würde und die auch nie an Aktualität verlieren wird. Natürlich ist es sicherlich kein Zufall, dass Trumps Lieblingsfeindin Nummer Eins, zusammen mit Spielberg, diesen filmgewordenen ausgestreckten Mittelfinger zur jetzigen US-Regierung zeigt. Sie bringen der jetzigen Generation von Journalisten auch nahe, dass es ihre Pflicht als vierte Gewalt ist, Regierung und Behörden zu überprüfen und sich nicht einschüchtern zu lassen.
Von "Die Verlegerin" kann man, denke ich, viel lernen und sich unterhalten lassen. Ich war im Kino jedenfalls jede Minute wie gebannt und die Spannung war hoch. Natürlich sind die Rollen alle hervorragend besetzt. Die Hauptrollen waren wie geschrieben für Streep und Hanks, die für mich als absolute Gegenpole starten, nur um sich plötzlich - durch die Umstände - auf die selbe Seite zu schlagen. Die 70er sind durch hervorragendes Setdesign und Kostümbild zum Leben erweckt worden. Schon dieser geschäftige Redaktionsraum, oder die ratternde Maschinerie von Setzer bis Druckerpresse, rühren natürlich ordentlich in Nostalgie. Trotzdem geht es eher darum überhaupt zu veröffentlichen, egal wie und mit welchen Mitteln. Der Rest der Besetzung kann sich auch sehen lassen. Hervor stechen (weil mir bekannt) Bob Odenkirk, Bruce Greenwood & Matthew Rhys. Lustigerweise ist es der dritte Film in kurzer Zeit, in dem Michael Stuhlbarg mitspielt (hier als Besitzer der Times) und alle drei sind für Oscars nominiert. Er ist neben "Die Verlegerin", sowohl in "Shape of Water" (als Dr. Robert Hoffstetler), als auch im kommenden Drama "Call Me by Your Name" (als Mr. Perlman) zu sehen, aber selbst nie nominiert.
Fazit:
"Die Verlegerin" ist ein hervorragender, wenn auch wenig zufälliger Film über einen Eckpfeiler der Demokratie und ein Gespann an der Spitze einer Zeitung, die mit der Bedeutungslosigkeit kämpft. Ich konnte mich dafür erwärmen und gute politische Thriller sind jetzt auch nicht alltäglich. Er ist wesentlich besser als "Shape of Water", gehört schon jetzt zu den besten Filmen diesen Jahres für mich und ist daher eine klare Empfehlung.