Originaltitel:My Struggle III Episodennummer: 11x01 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 03. Januar 2018 Erstausstrahlung D: noch nicht bekannt Drehbuch: Chris Carter Regie: Chris Carter Hauptdarsteller: David Duchovny als Fox Mulder, Gillian Anderson als Dana Scully, Mitch Pileggi als Assistant Director Walter Skinner Gastdarsteller:
William B. Davis als Cigarette Smoking Man,
Annabeth Gish als Monica Reyes,
Chris Owens als Jeffrey Spender,
Barbara Hershey als Erika Price,
A.C. Peterson als Mr. Y,
Lauren Ambrose als Agent Einstein,
Robbie Amell als Agent Miller,
Anjali Jay als Dr. Joyet u.a.
Kurzinhalt:
Scully erlebt eine schreckliche Vision der Zukunft, in der eine Milzbrand-Epidemie utner der Bevölkerung ausbricht und einen Großteil der Menschheit auszulöschen droht, Mulder im Sterben liegt, und plötzlich ein UFO über ihnen erscheint. Daraufhin fällt sie ins Koma und wird von Mulder ins Krankenhaus erbracht. Dort stellt sich heraus, dass Scully diese Visionen im Gehirn von einer unbekannten Quelle zu empfangen scheint. Jemand oder etwas scheint sie vor dem drohenden Untergang der Welt warnen zu wollen, um diesen verhindern zu können. Sie überrascht Mulder zudem mit der Offenbarung, dass der Raucher noch am Leben ist. Während Mulder daraufhin dessen Spur aufnimmt um ihn zur Rede zu stellen, erfährt Scully von Jeffrey Spender den Aufenthaltsort ihres Sohnes William. Dessen Stammzellen sind die einzige Hoffnung, Mulders Leben zu retten, falls es zum Schlimmsten kommt. Doch auch der Raucher hat es auf William abgesehen…
Review:
Angesichts meiner alles andere als wohlwollenden Meinung gegenüber der ersten "Akte X"-Miniserie (mittlerweile auch als Staffel 10 betrachtet) mag sich der eine oder andere die Frage stellen, warum ich mir auch Season 11 wieder antue. Das gleiche habe ich mich auch gefragt, und zwar sowohl vor, nach als insbesondere auch während meiner Sichtung von "My Struggle III". Tatsächlich gibt's aber einen einfachen und logischen Grund, der über masochistische Selbstgeißelung und einen gewissen perversen Trainwreck-in-progress-Charakter hinausgeht: Ja, die Einzelfolgen von Season 10 waren auch enorm durchwachsen, und boten uns einerseits das herrliche Retro-Abenteuer "Gründer Mutation" (für mich die beste Stunde der Miniserie), und andererseits mit "Babylon" eine der schlechtesten Folgen der Serie überhaupt. Dennoch sehe ich in den unabhängigen Einzelepisoden ein gewisses Potential – vor allem, wenn sie nicht in den Händen von Chris Carter liegen – und bin auf eben diese schon durchaus gespannt. Auch wenn dies zugleich bedeutete, mich durch eine weitere Mythologie-Katastrophe zu quälen. Und "My Struggle III" war teilweise in der Tat sehr schmerzvoll.
Beginnen wir mit dem großen Elefanten im Raum: Wer die Serie halbwegs verfolgt, der dürfte bereits mitbekommen haben, dass der Auftakt der aktuellen Staffel den Ausklang der Mini-Serie "retconned" (man verzeihe mir diesen Anglizismus, aber es gibt in der deutschen Sprache keinen passenden Begriff dafür). Sprich: In bester "Dallas"-Manier stellt sich die gesamte Folge "Der Kampf II" hier als Traum, oder genauer gesagt, als Vision von Scully heraus. Und ja, auch ich kann gar nicht so viel mit den Augen rollen wie ich ob dieses Umstandes gerne würde. Ich meine, man fragt sich manchmal echt, was in Chris Carters Kopf vorgeht. Gut, dass der Kerl unfähig ist, hat er im Verlauf von "Akte X" ja leider hinlänglich bewiesen. Es ist bezeichnend, dass er abseits dieser Kultserie mit der er Anfang der 90er den Zeitgeist perfekt getroffen hat, in seiner Karriere nichts mehr zurande gebracht hat. Aber ich meine, es gibt unfähig und es gibt derart unfähig, dass es an Frechheit grenzt. Es ist schlimm genug, dass er damals als er mit der Serie begonnen hat für die dort aufgeworfenen Fragen keine passende Antwort parat hatte, und daher sein Heil in immer neuen Fragen suchte. Wie ein Hai der ertrinkt wenn er aufhört zu schwimmen, ging es beständig nach vorne, selbst als er schließlich beide Hauptdarsteller verlor, und die Mythologie mit ihren zahlreichen Elementen die hinten und vorne nicht zusammenpassen wollten keinen Sinn mehr ergab. Das muss ich nicht mögen und nicht gut finden, kann es jedoch in gewisser Weise verstehen. Er hat mit diesem Erfolg einfach nie gerechnet, und stand dann vor diesem Monster, dass er erschaffen hat, und wusste einfach nicht mehr, wie er aus dieser Nummer herauskommt. Aber was Carter seit dem ursprünglichen Ende der Serie anstellt, ist unverzeihlich. Bei "Jenseits der Wahrheit" behauptete er noch, er hatte einfach nicht das nötige Budget zu bekommen, um die fortlaufende Handlung abzuschließen, weshalb er eine einfallslose und wenig spannende "Monster der Woche"-Story erzählte. Jahre später gab man ihm dann die Mini-Serie in die Hand, und anstatt diese zu nutzen, um den Fans die ihm und seiner Serie jahrelang die Treue gehalten haben für eben diese zu belohnen und es ihnen zu danken, fiel er in alte Muster zurück. Er drückte zum wiederholten Mal auf den Reset-Knopf wiederholte die Offenbarung aus "Gethsemane" (die damals schon nicht funktioniert hatte) – und anstatt klare Antworten zu liefern mündete das Ganze dann schließlich in einem der frechsten und selbstsüchtigsten Cliffhanger, die ich je gesehen habe (sprich: auf eine Art und Weise, die dafür sorgen würde, dass die Fans so laut nach Antworten schreien, dass Chris Carter von FOX wieder zurück an den Schreibtisch gebeten wird).
All das wäre schon schlimm genug gewesen, aber "My Struggle III" setzt dem Ganzen nun die Krone auf. Chris Carter hat nämlich in all der Zeit nichts dazugelernt, und wie sich herausstellt, hat er sich mit "Der Kampf II" derart in die Ecke geschrieben, dass ihm selber nichts mehr eingefallen ist, um da wieder herauszukommen. Sprich: Anstatt aus seinen früheren Fehlern zu lernen und es nun bei der Miniserie anders zu machen, ist spätestens jetzt klar, dass er als er sich hinsetzte und "Der Kampf II" inklusive des Cliffhangers schrieb, wieder einmal keine Ahnung hatte, wie er aus dieser Nummer wieder herauskommen soll. Nach all den Jahren, nachdem er seine Fangemeinde wieder und wieder enttäuscht hat, war er immer noch nicht so weit, sich zu bemühen, Antworten zu überlegen, ehe er die Fragen aufwirft. Ist das noch lernresistent oder schon krankhaft? Ich weiß es nicht. Generell hatte ich bei "My Struggle III" wiederholt den Eindruck, dass sich Chris Carter mittlerweile nicht einmal mehr bemüht. Beispiel gefällig: Mit der inszenierten Mondlandung holt er – derart spät in der Serie – einen der ältesten Aluhüte aus dem Verschwörungskeller. Was Besseres ist ihm echt nicht eingefallen? Ehrlich, sowohl hier als auch bei der Nicht-Auflösung des Cliffhangers fühlte ich mich von Carter einfach nur mehr getrollt.
Auch ansonsten bemüht er zahlreiche Klischees, die er innerhalb der Serie schon zur Genüge durchgespielt hat. Weitreichende Verschwörungen, geheime Komitees mit verdeckten Agenden, und inmitten all dem den geheimnisvollen Raucher, der sein eigenes Süppchen kocht, und hier – wie schon bei "Der Kampf II" – von einem vormals komplex-ambivalenten Charakter auf einen einfallslosen, größenwahnsinnigen Bond-Bösewicht reduziert wird. Und auch das innerhalb der Serie bereits mehrmals zelebrierte Spielchen rund um Skinner – kann man ihm trauen oder nicht? – wird hier wieder reaktiviert. Dachte man in den späteren Staffeln und "Jenseits der Wahrheit", die Figuren wären darüber endlich hinaus und ihre Beziehung zueinander hätte sich merklich weiterentwickelt, wird von Chris Carter hier auf die besagte Entwicklung geschissen. Zumindest für mich fühlte sich das wie ein enormer Rückschritt an. Und auch abseits der größeren Probleme schlichen sich ein paar Kontinuitätsfehler ein. So hat Spender plötzlich wieder sein altes Gesicht (in "Die Wahrheit" war er noch entstellt), und der Raucher sah in "Der Kampf II" auch noch wesentlich abgefuckter aus als hier (was es zumindest ein bisschen leichter machte, seine x-te Rückkehr von den Toten zu schlucken). Aber auch wenn man die Episode von der Mythologie loslöst, erfüllt sie die Anforderungen die man an moderne TV-Unterhaltung stellt nur marginal. Vor allem inszenatorisch ist sie eine regelrechte Katastrophe. Die Autoverfolgungsjagd ist derart hektisch geschnitten, dass man ihr kaum folgen kann, und versteht es dennoch nicht, Spannung zu erzeugen. Generell hatte ich zunehmend den Eindruck, durch die ständigen Schnitte die keine Szene ohne Unterbrechung durchlaufen lassen sondern uns in Sekundentakt zwischen den Schauplätzen hin- und herspringen lässt, würde Carter verzweifelt versuchen, ein Gefühl der Dringlichkeit zu erzeugen, dass das Drehbuch leider gänzlich vermissen ließ. Funktioniert hat es nicht – eher im Gegenteil, konnte ich doch aufgrund der ständigen Sprünge nie so richtig in die Handlung eintauchen. Und auch Mark Snows Musik war schon mal wesentlich gelungener; hier präsentierte er ein uninspiriertes 08/15-Thrillergedudel, dass aufgrund der Dauerbeschallung eher irritierte und ablenkte, als dass es der Spannung zuträglich gewesen wäre.
Warum also trotz allem noch akzeptable 1.5 Punkte? Nun, einerseits da man zusammen mit "Der Kampf II" zumindest auch die dämliche "Die Alien-Verschwörung gibt's gar nicht"-Konzept wieder fallen lässt. Das war nämlich schon bei "Gethsemane" eine Schnapsidee, war bei "Der Kampf" um nichts besser; das ist somit zumindest ein Retcon, den ich gutheißen kann. Zudem muss ich "My Struggle III" zumindest zu Gute halten, einzelne Antworten zu liefern, wie z.B., warum die geplante Alien-Invasion nie stattgefunden hat (und ja, die Erklärung ist eher schwach, aber es ist zumindest eine, und ich bin bereit, sie zu akzeptieren), oder auch die seit "Alles beginnt in Oregon" das Fandom beschäftigende Frage nach Williams Vater (zumindest, sofern man dem Raucher vertrauen kann und will). Auch die Rückblenden waren sehr schön eingebunden. Vor allem aber hatten es mir die Szenen mit dem Raucher angetan. William B. Davies scheint mit der Figur nach wie vor einen Heidenspaß zu haben, und nicht nur gefiel mir der Einstieg mit dem Monolog aus seiner Perspektive, ich musste der Figur zudem bei so manchen Worten danach (wie z.B. über die Fake News) zustimmen. Jedenfalls machte der Raucher eine ansonsten ziemlich katastrophale Folge doch noch halbwegs erträglich.
Fazit:
Meine ohnehin schon geringen Erwartungen an den Auftakt der jüngsten (und nun endgültig letzten?) "Akte X"-Staffel wurden von "My Struggle III" leider noch einmal unterboten. Die Art und Weise, wie Chris Carter hier die Ereignisse aus dem Finale der zehnten Staffel als Traum/Vision offenbart, macht seine Unfähigkeit als Geschichtenerzähler so transparent wie nie zuvor. Teilweise hatte ich richtiggehend den Eindruck, er bemüht sich mittlerweile nicht einmal mehr, und nutzt "Akte X" und dessen Fans nur mehr dafür, das Leben seiner abseits der Serie nicht existenten Film- und Fernsehkarriere künstlich zu verlängern (inszenierte Mondlandung? Ist das dein Ernst, Chris?). Aber auch davon abgesehen war "My Struggle III" sowohl vom Drehbuch als auch der Inszenierung her eine ausgesprochen schwache Leistung. Vor allem die ständigen Schnitte die einen innerhalb einer Szene immer wieder zu einem anderen Schauplatz rissen – vermeintlich im verzweifelten Versuch, für Tempo zu sorgen und dem Geschehen so eine gewisse Dynamik und Dringlichkeit zu vermitteln – machten einen sehr hilflosen Eindruck, und ließen die Folge sehr amateurhaft wirken. So ziemlich das einzig Positive an dem Staffelauftakt waren die Szenen mit dem Raucher, sowie die vereinzelten (und vermeintlichen) Antworten, die wir bekommen haben. Meine Hoffnung ist nun, dass die anstehenden Einzelepisoden für diesen enttäuschenden Auftakt halbwegs entschädigen werden können. Die Hoffnung, dass die völlig zerfahrene Mythologie der Serie jemals einen befriedigenden Abschluss bekommen wird, habe ich jedoch allerspätestens mit "My Struggle III" endgültig begraben.