Mit: Emma Watson, Tom Hanks, Karen Gillan, Ellar Coltrane, Patton Oswalt, John Boyega, Bill Paxton u.a.
Kurzinhalt:
Mae träumt von einem Beruf, der mehr ist, als in einem grauen Cubicle zu sitzen und Telefonate zu führen. Sie will ihr Potential, ihre Berufung finden. Eines Tages bekommt sie ihre Chance, als sie vom Tech- und Mediengiganten The Circle zum Einstellungsgespräch geladen wird. Recht schnell lässt sie sich auf die "Wir teilen alles"-Mentalität der Mitarbeiter ein und wird sogar zum Zentrum eines sozialen Experimentes, das ihr Leben, das Leben der Personen, die ihr nahe stehen und potentiell das Leben aller Menschen, verändern wird…
Review:
Ich fand diesen Film furchtbar und schlecht in jeder Hinsicht und hier ist warum: Mae, gespielt von Emma Watson, macht eine extrem unglaubwürdige Entwicklung durch, die ihrer anfangs aufgestellten Persönlichkeit total zuwider läuft. Man kann sicher behaupten, dass sie von Tag 1 an, sanft indoktriniert wurde, aber jede nächste Stufe ihres irrationalen Handelns passt weder zu ihrer Person, noch zu dem von ihr transportierten Gefühl in der jeweiligen Situation. Ihr Gesicht sagt immer: "Nein, das geht zu weit." Doch dann geht sie selbst immer noch einen Schritt weiter und eskaliert alles. Die Firma The Circle ist eine Art Amalgam aus Google, Apple und Facebook. Sie verbreiten ihre Technologie in Form von persönlichen Smart Devices auf dem Planeten, geben jedem Nutzer einen Circle-Account, sind hyperaktiv im eigenen sozialen Netzwerk und arbeiten in einem kreisrunden, riesigen Office-Komplex. Das Drehbuch basiert auf einem erfolgreichen Buch und der Autor des Buches hat zusammen mit dem Regisseur des Films daran gearbeitet. Nach dem Film frage ich mich allerdings, wie dieses Buch so erfolgreich sein konnte, denn der Film wird ja wohl entsprechend nah an der Vorlage sein. Natürlich ist es eine Zuspitzung der aktuellen digitalen Welt und des Bildes von denen, die sie erschaffen. Dabei ist aber alles so verstörend von Anfang an, das jeder normale Mensch davongelaufen wäre. Die passiv-aggressive Art, wie beispielsweise zwei Kollegen Mae darauf hinweisen, dass sie einfach am Wochenende nicht dagewesen sei und voller Unverständnis dreinschauen, ist total creepy. Sie werden nicht müde zu betonen, dass jegliche Aktivität im Circle freiwillig sei, aber bauen gleichzeitig einen widerlichen sozialen Druck auf, dem ich mich entzogen hätte. Als dann noch die private Situation der Familie ins Spiel kommt, geht die Firma schon zu weit.
Diese erste Überschreitung ganz am Anfang war einfach schon viel zu viel für mein deutsches Ich, das zugegebener Maßen auch Gesundheitsdaten auf amerikanische Server schickt und auf Twitter und Co sein Leben häppchenweise teilt - aber eben nicht allumfassend und 24 Stunden am Tag. Denn das ist das ultimative Ziel der Macher von "The Circle": Alles wissen und zwar immer und über jeden. Sie überschreiten dabei technologische Hindernisse und soziale und sie verabscheuen jedes Individuum, dass versucht, sich ihrer Version der Welt zu entziehen. Tom Hanks spielt den manipulativen CEO Bailey, doch eigentlich manipuliert er gar nicht. Mae manövriert sich, schwebend auf der Aufmerksamkeitswelle, immer weiter in eine gefühlskalte Isolation inmitten von Millionen von "Freunden". Bestenfalls geht "The Circle" als warnendes Beispiel durch, nicht einfach blind auf die Postprivacy zuzulaufen. Schlimmstenfalls ist sie ein Evangelium für Verfechter dieser digital-sozialen Strömung. Es macht am Ende einfach keine Freude, hier mit irgendwem mitzufiebern. Mae, mit der man sich ja irgendwie identifizieren soll, entwickelt sich rasant von der Sympathierträgerin zum willigen Werkzeug. Am Ende soll sie natürlich irgendwie heldenhaft handeln, aber der Glaube, dass nur die richtigen Händen für eine derartige Macht notwendig wären, ist leichtgläubig und die gezeichnete Utopie eher abschreckend. Die Firmenchefs predigen Postprivacy nämlich nur zum persönlichen Vorteil, wohingegen Mae sie plötzlich lebt und atmet und die reine, unkorrumpierbare Lehre verkörpern soll. Das ist alles öde, schrecklich langweilig eingefangen und massenweise Bildschirmtext (Nachrichten werden neben den Köpfen eingeblendet etc.) auf der Leinwand ist schon bei Sherlock im TV immer hart an der Grenze des Ertragbaren gewesen. Dieser Versuch mobile Kommunikation im Bild einzufangen funktioniert einfach nie wirklich gut und treibt einen bei "The Circle" fast zur Weißglut.
In der deutschen Fassung fällt nicht auf, wie stark Emma Watsons britische Zunge immer wieder aus dem amerikanischen Akzent herausgleitet, aber es soll störend sein. Ich weiß auch nicht, wo all die anderen großen Namen hier geschauspielert haben, das wirkte alles steif und lieblos. "The Circle" wirkt nicht wie ein Kommentar auf unsere heutige Welt, oder eine nahe Zukunft, sondern total vorhersehbar und kitschig. Die Dialoge waren größtenteils lächerlich und nur eine Figur fühlte sich authentisch an. Ich glaube kaum, dass der Film jetzt noch eine Debatte auslösen wird, für die es eigentlich mal an der Zeit wäre. Dazu waren die Macher einfach zu selbstverliebt in ihr Projekt. "The Circle" ist Zeitverschwendung und es ist meine Pflicht euch vor Schund zu bewahren. "Atomic Blonde" hingegen ist einfach mega gut, was insbesondere an Charlize Theron in der Hauptrolle liegt und ich empfehle sehr, sich diese Comicadaption von "The Coldest City" anzusehen. Viel bleibt nun nicht hängen von "The Circle". Übertriebene Visuals, ein hölzerner Cast und Gespräche auf Vorschulniveau geben kein gutes Gesamtbild ab. Dazu kommt, dass er mit unter zwei Stunden nur so durch die Geschichte hetzt. Dadurch bekommt er zwar eine gute Geschwindigkeit, es wird aber eben auch nichts reflektiert. Die Musik von Danny Elfman ist nicht sehr eingängig und Regisseur James Ponsoldt sollte seinen Darstellern auch was zu tun und ihnen eine Richtung für ihre Rollen geben, was man hier nicht sehr spürt. Vielleicht war er starstruck und hat sich nicht getraut, sie herauszufordern, aber das ist Spekulation.
Fazit:
"The Circle" ist ein Film aus der Kategorie "Warnung vor Technik", ohne jeglichen Einfluss. Er übertreibt es einfach zu sehr, als dass er noch irgendwen abholen könnte und stellt seine Hauptfigur so widersprüchlich dar, dass man ihr keine ihrer Entscheidungen glaubhaft abnehmen kann. Für mich ist "The Circle" eine vertane Chance um über Postprivacy zu sprechen und wird zu einem Film, an den sich alle nur als den Google-Apple-Facebook-Thriller erinnern werden, wenn überhaupt. Die Punkte gibts einzig und allein für Ellar Coltrane (Boyhood) und Bill Paxton (R.I.P.).