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"Gravity" trifft auf "Alien" Kategorie: Filme - Autor: C. Siegel | M. Spieler - Datum: Mittwoch, 03 Mai 2017
 
Advents-SPECiAL

 
Life
Originaltitel: Life
Produktionsland/jahr: USA 2017
Bewertung:
Studio/Verleih: Columbia Pictures/Sony Pictures
Regie: Daniel Espinosa
Produzenten: U.a. Bonnie Curtis, David Ellison, Dana Goldberg & Julie Lynn
Drehbuch: Rhett Reese & Paul Wernick
Filmmusik: Jon Ekstrand
Kamera: Seamus McGarvey
Schnitt: Mary Jo Markey & Frances Parker
Genre: Science Fiction/Horror
Kinostart Deutschland: 23. März 2017
Kinostart USA: 24. März 2017
Laufzeit: 104 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 16
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD
Mit: Jake Gyllenhaal, Rebecca Ferguson, Ryan Reynolds, Hiroyuki Sanada, Olga Dihovichnaya, Ariyon Bakare u.a.


Kurzinhalt: Die NASA hat eine Sonde zum Mars geschickt, die dort lebende Zellen gefunden hat. Eine entsprechende Probe wird nun zurück zur Internationalen Raumstation geschickt, wo sechs Astronauten darauf warten, den ersten Beweis außerirdischen Lebens genauer unter die Lupe zu nehmen. Dieser erweist sich in weiterer Folge als einzelliger Organismus, der rasch wächst, und auch über Intelligenz zu verfügen scheint. Schon bald versucht "Calvin", wie man ihn tauft, aus seinem kleinen Gefängnis im Labor auszubrechen. Als ihn dies tatsächlich gelingt, beginnt nicht nur für die Astronauten an Bord der ISS ein Kampf ums Überleben. Es gilt zudem, um jeden Preis zu verhindern, dass der Organismus die Erde erreicht – könnte dies doch das Ende für die Menschheit bedeuten…

Review von Christian Siegel: Szenenbild. Auch knapp vierzig Jahre später reißt der Nachschub an "Alien"-Klonen nicht ab. "Life" ist ein weiterer Vertreter, der sich jedoch im Vergleich zu den meisten entsprechenden Vertretern, die bestenfalls dem B- und teilweise dem C-Movie-Bereich zuzuordnen sind, mit einem Hollywood-typischen Budget und einer Starbesetzung aufwarten kann. Darüber hinaus hebt ihn vor allem das Setting von den üblichen "Alien"-Kopien ab, spielt "Life" doch nicht in der fernen Zukunft, sondern in der Gegenwart, und als Setting dient nicht etwa eine abgelegene Raumstation oder ein durchs All fliegendes Raumschiff, sondern vielmehr die ISS. Insofern offenbart sich neben "Alien" in erster Linie noch der grandiose Weltraum-SF-Thriller "Gravity" als zweite große Inspirationsquelle des Films. Davon abgesehen folgt "Life" jedoch dem von Ridley Scott etablierten und seither nicht totzukriegendem Muster: Eine kleine Gruppe von Menschen, die in einem abgesperrt-klaustrophobischen Setting gegen eine außerirdische Bedrohung ums Überleben kämpft.

Jedoch: Bloß weil ein Schema altbekannt ist, muss es deshalb noch lange nicht schlecht sein. Zwar weit davon entfernt, als Genre-Highlight hervorzustechen, erweist sich "Life" doch zumindest als solider Vertreter dieses SF-Subgenres. Neben "Alien" offenbart der Film dabei gleich zu Beginn noch eine zweite große Inspirationsquelle: "Gravity". stand dabei nicht nur mit dem Setting in der Gegenwart und der Katastrophe auf der ISS Pate, sondern auch inszenatorisch – zumindest, soweit es die ersten paar Minuten betrifft. Diese sind nämlich in einer Einstellung ohne (erkennbaren) Schnitt und einer schwerelos durch die ISS fliegende Kamera umgesetzt, und wecken damit beste Erinnerungen an Alfonso Cuaróns grandioser Weltraum-SF-Thriller (dem "Life" natürlich selbst in diesen ersten paar Minuten nicht das Wasser reichen kann). Ich liebe solche Szenen nun mal, weshalb der Einstieg für mich eben auch zugleich das Highlight des Films war. Womit wir auch schon bei einem der größten Problempunkte von "Life" angekommen wären: Statt mit zunehmender Laufzeit immer stärker und packender zu werden, baut er eher von Minute zu Minute ab. "Life" macht keinen großen Hehl daraus, welche Figuren wichtig sind, und wer nur dazu da ist, um als Kanonenfutter zu dienen. Erstere erhalten wesentlich mehr Aufmerksamkeit, und werden uns zumindest rudimentär vorgestellt, während Zweitere kaum näher betrachtet werden als das typische Rothemd aus der klassischen "Star Trek"-Serie – weil sie nun mal in erster Linie dazu da sind, durch Calvins "Hand" den Tod zu erleiden. Insofern fiel es mir – mit Ausnahme des ersten Opfers, das für mich doch eher überraschend kam – wieder einmal viel zu leicht, die Reihenfolge der Tode vorherzusagen, worunter insbesondere der Mittelteil (wo es eben in erster Linie jene Figuren erwischte, die einem eh egal sind) des Films litt. Zudem agieren die Figuren teilweise derart dämlich, dass man meinen könnte, der Film wäre ein Bewerbungsvideo für die Crew der "Prometheus". Am schwersten wiegt für mich aber der Ausgang des Geschehens, der nicht nur extrem vorhersehbar war, sondern den ich darüber hinaus dank der überdramatisierten Umsetzung – und der unglücklichen Wahl des Abspannliedes – doch eher unfreiwillig komisch als etwa (wie von Daniel Espinosa vermeintlich gedacht) schockierend fand.

Szenenbild. Positiv sticht in erster Linie die hochkarätige Besetzung hervor. Während sich sonst in diesen Filmen irgendwelche B- bis Laien-Darsteller herumtummeln, kann "Life" mit so Kalibern wie Jake Gyllenhaal, Rebecca Ferguson, Ryan Reynolds und Hiroyuki Sanada aufwarten. Auch die Inszenierung von Daniel Espinosa ist solide (wenn ich es auch etwas schade fand, dass er dem "Gravity"-Beispiel nur in der allerersten Szene gefolgt ist). Zwar fand ich den Film leider nie übermäßig spannend oder gar gruselig, aber in einzelnen Momenten baut er schon eine nette, dichte Atmosphäre auf, und vermag es vor allem auch, das klaustrophobische Setting ganz gut zu nutzen. Generell mag "Life" zwar nicht originell oder gar revolutionär sein, versteht es jedoch überwiegend, gut zu unterhalten, oder zumindest nicht langweilig zu werden. Die Sets der Internationalen Raumstation hatten es mir ebenfalls angetan. Die Effekte sind auch über jeden Zweifel erhaben; es ist eben doch erfrischend, nach vielen billigen "Alien"-Kopien wieder einmal einen Hochglanz-Klon á la "Event Horizon" vorgesetzt zu bekommen. Und auch das Monster hatte es mir angetan. Zumindest dieses erschien mir nämlich doch relativ frisch und unverbraucht, und war somit mal eine nette, neue Idee.

Fazit: "Life" entsprach so ziemlich meinen Erwartungen. Er ist ein solider B-SF-Horrorfilm mit hochkarätiger Besetzung und einzelnen visuell beeindruckenden Szenen, insgesamt jedoch absolut nichts Besonderes. Wie die meisten Filme des Subgenres orientiert er sich stark an "Alien", erinnerte darüber hinaus aber teilweise auch an "Gravity" – was insbesondere für die großartige erste, lange Einstellung ohne erkennbaren Schnitt gilt, die für mich zugleich auch das Highlight des Films darstellte. Eben daraus lässt sich wiederum der größte Schwachpunkt des Films ableiten: Statt immer besser und packender zu werden, baute er für mich mit zunehmender Laufzeit doch eher ab. Der Mittelteil leidet darunter, dass es dort dann jene Figuren erwischt, die uns nur sehr oberflächlich vorgestellt wurden und die daher recht eindeutig als Kanonenfutter zu erkennen sind. Und das Finale war dann einerseits vorhersehbar, und verfehlte andererseits die gewünschte schockierende Wirkung bei mir völlig. Vielmehr musste ich mich angesichts des meines Erachtens unglücklich gewählten Abspannliedes (Kontrapunktierung in allen Ehren, aber das war dann doch zu viel des Guten) zurückhalten, um nicht laut zu lachen. Und dass die Figuren nicht unbedingt immer clever agieren, muss bei dieser Art von Film wohl nicht mehr gesondert hervorgehoben werden – machte sich aber nichtsdestotrotz negativ bemerkbar. Dennoch bietet "Life" insgesamt solide Genre-Kost. Er profitiert dabei einerseits von der hochkarätigen Besetzung, und andererseits davon, dass er als Hollywood-Produktion über ein höheres Budget verfügt als das klassische B-Movie, was sich positiv auf Ausstattung, Sets, Effekte etc. auswirkt. Insgesamt ist "Life" zwar zweifellos ein sehr typischer Film nach dem Schema F (oder eher "A", für "Alien"), bietet jedoch solide Kost, die vor allem Fans des SF-Horror-Subgenres zufriedenstellen sollte.

Wertung:6 von 10 Punkten
Christian Siegel


Review von Michael Spieler: Szenenbild. Science Fiction und Horror. Diese Kombination hat öfter als nicht sehr gut funktioniert. Doch was macht man nach, sehr auf Science Fact angelegte, Geschichten wie "Gravity", "Interstellar" und "Arrival"? Kann man da noch ein "Alien" machen, das nicht "Alien" ist, oder ein "Event Horizon"? Die letzten Beiträge zum Thema waren für mich "Apollo 18" und "Europa Report", wobei Letzter wohl am ehesten mit "Life" vergleichbar ist, auch wenn "Life" auf den zu reellen Charakter durch statische Kameras ("Found Footage"-Look) verzichtet. "Apollo 18" war indes auch nicht gut. Tatsächlich fühlt sich "Life" wie eine deutlich teurere Neuauflage des Films über die Mission zum Jupitermond Europa von 2013 an. Man hat den Ort auf die ISS verlegt und das Alien zu einem echten Gegenspieler gemacht. Das Alien ist dann auch gleich meine größte Kritik an "Life". Startet die Show noch mit einer spannenden Prämisse – jede Zelle ist zugleich Hirn- und Muskelzelle – wird zugunsten der Filmbarkeit ab einem gewissen Entwicklungsstadium doch wieder eine klare Form mit Vorn und Hinten gewählt. Am Anfang setzt man noch eher auf den Aspekt der Wandelbarkeit und eher an Amöben erinnernde Formen. Für mich war gerade das besonders gruselig.

"Life" wird keine Top-10-Liste unter den besten Horror-Sci-Fi-Movies anführen, aber ist handwerklich solide gemacht und kann mit ein paar echten Schockern aufwarten. Viele Kritiken führen an, dass es nur ein Remake von "Alien" sei, aber dann gilt das für jedes andere Werk dieses Genres, in dem ein Alien Astronauten terrorisiert. "Life" ist wesentlich näher an unserer heutigen Realität, als Alien es je sein wird und daher auf seine eigene Weise gruselig. Die Spannung ist ab dem Erstkontakt kontinuierlich da und hält bis zum Ende, das muss man erst Einmal hinbekommen. Wenn man "Life" so unbelastet wie möglich schaut, hat man vermutlich mehr davon, als wenn man alle Kritiken konsumiert. Andererseits sind diverse Logiklöcher kaum wegzudiskutieren und nur vorhanden, um diese Geschichte so ablaufen zu lassen, wie sie abläuft. Das allergrößte Problem hier ist die völlig hanebüchene Durchlässigkeit der Raumstation und die sich eben nicht als Astronauten benehmenden Personen. Das Alien entkommt immer wieder durch tatsächlich komplett versiegelte Systeme. Außerdem benötigt es Sauerstoff, aber kann magisch im Weltall überleben. Die ganze Raumstation scheint auch nur darauf ausgelegt zu sein, die Crew zu behindern oder in Gefahr zu bringen. Jede Entscheidung, die getroffen wird, ist die Falsche und das frustriert in zunehmendem Maße. Wenn man als Zuschauer kein Erfolgsmoment seiner Helden mitfeiern kann, gibt man halt schon auf, bevor der Abspann kommt. Umso erstaunlicher ist, dass die beiden Drehbuchautoren mit Zombieland und Deadpool zwei Blüten des Comedykinos hervorgebracht haben. Andererseits sind darunter auch weniger glorreiche TV-Produktionen. SciFi-Horror ist jedenfalls nicht ihre starke Seite.

Szenenbild. Inwieweit der schwedische Regisseur Daniel Espinosa aus dem Drehbuch das Beste rausgeholt hat, lässt sich freilich nicht sagen, aber die durchaus fähige Besetzung spielt irgendwie andere Rollen, als die von Astronauten. Reynolds spielt z.B. weitestgehend sich selbst, was auf schlechte Regie hindeutet. Ich könnte den ganzen Film wohl eher schlucken, wenn es nicht ganz spezifisch um eine wissenschaftlich trainierte Crew von Spezialisten gehen würde, die Bodenproben vom Mars untersuchen soll. Wären das alles, sagen wir mal Weltraumtrucker, die mit ihrem Frachter Erz durchs Weltall schippern, wären die kopflosen Reaktion wohl verständlicher. Trotz alledem, konnte ich die Spannung durchweg fühlen und hat mir mehr gefallen, als die Found-Footage-Kollegen. Die Kameraarbeit, die Ausstattung und das Budget für die Effekte, gleichen die hinzunehmenden Logik- und Verhaltenslöcher etwas aus. Die klaustrophobische Atmosphäre trägt ihr Übriges zur Stimmung bei.

Fazit: "Life" verknüpft SciFi mit Horror, wie es mir seit einer Weile gefehlt hat. Auch wenn die Wendung mit Solchen in den letzten "Found Footage"-Beiträgen zum Genre mithalten kann, kam für mich hier echtes Alien-Feeling auf. Wer sich gerne "Gravity" mit Grusel ansehen möchte, ist hier gut bedient, muss aber sein Gehirn an der Kasse abgeben.

Wertung:6 von 10 Punkten
Michael Spieler
(Bilder © 2017 Sony Pictures)


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