Mit: Chris Pine, Ben Foster, Jeff Bridges, Bil Birmingham, Dale Dickey u.a.
Kurzinhalt:
Nach dem Tod ihrer Mutter brauchen Toby und Tanner dringend Geld. Denn zwar wurde vor kurzem auf der Ranch, die sich seit langem in ihrem Familienbesitz befindet, Öl gefunden, doch wenn es ihnen nicht gelingt, das notwendige Geld für die Hypothek aufzutreiben, geht die Farm an die Bank – und diese profitiert dann vom entdeckten Ölvorkommen. Da die beiden nicht das nötige Geld haben, um die Bank auszuzahlen, wendet sich Toby mit einem verzweifelten Plan an seinen kriminellen Bruder: Was, wenn sie die Filialen just jener Bank ausrauben würden, die droht, ihnen die Farm wegzunehmen – und sie dann dieses Geld verwenden, um die Hypothek zurückzuzahlen? Und so beginnen sie eine Bankraub-Serie – die jedoch schon bald den kurz vor der Pension stehenden Marshall Marcus Hamilton und seinen Partner Alberto Parker auf den Plan ruft…
Review:
Zu Beginn brauchte ich – sowohl wegen der Akzente, die aufmerksames Zuhören erforderlich machten, als auch aufgrund der Tatsache, dass wir erstmal ohne größere Erklärungen in die Handlung geworfen werden, und sich die Motivation der Bankräuber erst im Verlauf des Films aufklärt – doch ein bisschen, um in die Handlung hineinzukommen. Mit der Zeit baut sich die Geschichte dann aber schön aus, und gelang es ihr zunehmend, mich hineinzuziehen und zu fesseln. Die anfänglich noch wenig greifbaren Figuren werden einem dann zunehmend sympathisch – und zwar auf beiden Seiten des Gesetzes. Was einen das von vornherein unweigerlich wirkende Aufeinandertreffen beider Seiten nicht etwa herbeisehnen, sondern eher davor fürchten lässt – ahnt man doch schon, dass die Geschichte letztendlich nicht gut ausgehen wird. Dabei machen Hamilton und Parker letztendlich halt nur ihren Job, und das auf durchaus clevere und auch sympathische Art und Weise. Aber auch mit der Zwangslage der Howards kann man sich durchaus identifizieren. Immerhin geht es ihnen beim Bankraub ja nicht einfach darum, sich selbst zu bereichern, sondern vielmehr zu verhindern, dass die Bank ihnen die Familienranch wegnimmt.
Zugleich sind aber auch beide Seiten nicht unfehlbar. Die Art und Weise, wie Hamilton seinen Kollegen wegen seiner Herkunft aufzieht, ist nicht unproblematisch, und der unvernünftige und leicht provozierbare Tanner strapaziert teilweise ebenfalls die Geduld – und das Verständnis – des Zuschauers. Wie der Film generell da und dort ein bisschen droht, in Klischees abzudriften. Dennoch hat "Hell or High Water" für mich mit steigender Laufzeit immer besser funktioniert, da zumindest mir die Figuren doch zunehmend sympathisch wurden, und ich somit als Zuschauer zwischen den Stühlen stand. Eben dies machte den Film für mich letztendlich sehr interessant, und verleiht vor allem auch der unweigerlichen Konfrontation beider Seiten des Gesetzes sowohl eine enorme Spannung als auch eine gewisse Tragik. Und auch die dem Showdown nachfolgende Szene fand ich dann sehr stark. Neben dem Drehbuch, das sich eben einer klassischen Einteilung in Gut und Böse verweigert, erweisen sich vor allem auch die schauspielerischen Leistungen als wesentliche Stärke des Films. Gut, ok, Jeff Bridges spielt sich zugegebenermaßen in einer für ihn sehr typischen Rolle, in der er auch wieder fleißig vor sich hinmurmelt, keinen Haxen aus, aber er ist halt letztendlich auch für genau diese Rollen von vornherein prädestiniert, insofern passt das schon. Und vor allem Chris Pine und Ben Foster als verzweifeltes Bruderpaar fand ich klasse. Vor allem die bereits angesprochene Epilogszene war dann schauspieltechnisch wirklich fein. Inszenatorisch kann sich der Film ebenfalls sehen lassen, und wartet vor allem mit ein paar netten Landschaftsaufnahmen des Mittleren Westens der USA auf. Und auch der Soundtrack von Nick Cave und Warren Ellis wertet den Film auf – jedoch zugleich, ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Insgesamt ist "Hell or High Water" jedenfalls ein packender Thriller mit nettem, realem, finanzmarktkritischem Hintergrund.
Fazit:
An "Hell or High Water" hatte ich jetzt nicht unbedingt die größten Erwartungen, letztendlich hat er mich aber positiv überrascht. Mir gefiel dabei einerseits, wie man hier aktuelle, reale Hintergründe als Ausgangspunkt für einen (fiktiven) Thriller nimmt, und andererseits, wie ich mich als Zuschauer zwischen den Stühlen wiederfand, da beide Seiten mit grundsätzlich sympathischen – wenn auch sicherlich nicht makellosen – Figuren besetzt sind. Es mag etwas gedauert haben, bis ich so richtig in die Handlung gefunden habe; zudem ist "Hell or High Water" sicherlich nicht gänzlich frei von Klischees. Mit der Zeit schafft es der Film aber bei mir, eine ordentliche Spannung aufzubauen, und führt die Figuren dann schließlich auf einen von vornherein unvermeidbar wirkenden Schlusspunkt zu, dem eben aufgrund der Tatsache, dass man sie hoffentlich alle schätzt, egal auf welcher Seite des Gesetzes sie stehen, eine gewisse Tragik innewohnt. Und auch die Szene am Ende hat den Film für mich noch einmal ordentlich aufgewertet. Neben dem Drehbuch bestechen vor allem die schauspielerischen Leistungen sowie die angenehm ruhige und unaufgeregte Inszenierung, welche zwar die Geschichte um ein paar schöne Landschaftsaufnahmen bereichert, sich ihr letztendlich aber klar unterordnet, und die Figuren ins Zentrum rückt. Insgesamt mag "Hell or High Water" zweifellos nicht der tiefgründigste und/oder wichtigste Film des heurigen Oscar-Rennens sein – für mich war es aber einer jener, die mich am besten und meisten unterhalten konnten.