Mit: Stellan Skarsgård, James D'Arcy, Izabella Scorupco, Remy Sweeney, Julian Wadham, Andrew French, Ralph Brown, Ben Cross, David Bradley u.a.
Kurzinhalt:
Der Archäologe Lancaster Merrin wird damit beauftragt, eine Ausgrabung in Afrika zu leiten, nachdem sein Vorgänger in die Psychiatrie eingeliefert werden musste. Einige halten die Ausgrabungsstätte für verflucht, Merrin hält von solchem Aberglauben jedoch nichts. Einst war er zwar Priester und hat selbst an höhere Mächte geglaubt, während des Zweiten Weltkriegs hat er jedoch seinen Glauben verloren – und damit auch seine Überzeugung, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt, als das Auge sehen kann. Seither hat er sich streng der Wissenschaft, und der Suche nach alten Artefakten, verschrieben. Doch mysteriöse Vorfälle rund um die Ausgrabungsstätte bringen sein atheistisches, ungläubiges Weltbild zunehmend in Wanken – ehe Merrin letztendlich einsehen muss, dass er sich geirrt hat, und sich hilfesuchend wieder Gott zuwendet, um einen Dämon zu bezwingen…
Review:
"Exorzist: Der Anfang" mag kein sonderlich guter Film sein, dennoch halte ich ihn für eines der besseren Beispiele für Einmischungen durch das Studio. Denn wo z.B. 20th Century Fox bei "Fantastic Four" nur einzelne Reshoots anordneten und letztendlich ein völlig uneinheitlicher Mischmasch dabei herausgekommen ist, hatte man bei Warner Bros. wenigstens den Mut – und das Portemonnaie –das Drehbuch noch einmal vollständig überarbeiten zu lassen, und einen neuen Regisseur nochmal völlig von vorn beginnen zu lassen, mit teils auch neuer Besetzung. Das Ergebnis ist ein komplett neuer Film, der lediglich die Grundidee, Father Merrins tragische Hintergrundgeschichte, sowie einzelne wenige Einstellungen, die man der Schrader-Version entlieh (wie die Einfahrt der Jeeps ins Dorf), mit der ursprünglichen Fassung gemein hat. Schon allein deshalb finde ich es ungemein reizvoll, beide Versionen nebeneinanderzulegen – und darüber, welche davon denn nun die bessere ist, kann man zweifellos geteilter Meinung sein. Jene von Schrader ist sicherlich ungewöhnlicher, eigenwilliger und origineller – letztendlich ziehe ich Harlins glattere, massentauglichere und gewöhnlichere Version aber doch leicht vor.
Nach dem eigenwilligen Schrader ging man seitens Warner Bros. auf Nummer sicher. Mit Renny Harlin verpflichteten sie einen Regisseur, der vorsichtig ausgedrückt nicht gerade als Visionär gilt, sondern eher als Handwerker, dabei jedoch solide Arbeit abliefert und dem Studio meist genau das gibt, was sie haben wollen. Und in drei wesentlichen Aspekten ist "Der Anfang" Paul Schraders dann auch klar überlegen. Einerseits ist das die Optik: Wo "Dominion" recht schlicht aussah (wobei man zugegebenermaßen sagen muss, dass unklar ist, ob die jetzige Version diesbezüglich Schraders wünsche 100%ig widerspiegelt, oder einfach nicht mehr das Geld für eine Nachbearbeitung inkl. color grading gesteckt wurde), präsentiert Renny Harlin zahlreiche visuell beeindruckende Bilder und Momente, wobei vor allem die Belichtung und die Farbgebung hervorstachen. Eben dies mag bei einigen den Vorwurf eines Hochglanzprodukts hervorrufen, da sich die "Exorzist"-Filme jedoch schon immer durch visuell bestechende Szenen hervortaten, finde ich "Der Anfang" hier stärker in der Tradition der Reihe, als "Dominion". Die zweite wesentliche Stärke ist der andere Aufbau, was die Offenbarung von Merrins tragischer Vergangenheit betrifft. Wo Paul Schrader damit gleich zu Beginn des Films quasi hausieren ging, um dem Rest des Films die Bühne zu ebnen, wird sie in "Der Anfang" nun bruchstückhaft offenbart. Durch die kleinen Häppchen wird rasch das Interesse des Zuschauers geschürt, und erhält die erste Hälfte einen gewissen Mystery-Aspekt, den die Schrader-Version nicht hatte, und welche diesen Teil des Films in der Harlin-Version unterhaltsamer machte. Und dann ist da generell der Unterhaltungswert, den ich bei "Der Anfang" als konstanter und auch insgesamt höher einstufen würde – wobei sich die Schrader-Fassung zugegebenermaßen zum Ende hin steigert, und sich bei der Harlin-Version das praktisch gegengleiche Bild zeigt, nämlich ich gerade die erste Hälfte sehr stark, atmosphärisch und spannend fand, und sie zum Ende hin dann eher wieder einbricht.
Womit wir auch schon bei den wenigen gelungenen Aspekten wären: Hier ist in erster Linie der Twist zu nennen, der ungemein aufgesetzt und unnötig wird. Nach dem Erfolg von "Sixth Sense" nahmen diese im Horror-Genre ohnehin überhand; Anfang der 0er-Jahre wollte einfach jeder in seinem Film eine überraschende Wendung haben, und dass man selbst dieses Prequel zu "Exorzist" nicht verschonte, ist schon schade. Etwas kritisch sehe ich auch die teilweise Neubesetzung des Films. James D'Arcy fand ich zwar etwas besser als Gabriel Mann, dafür hat man die außergewöhnliche Clara Bellar hier mit Izabella Scorupco durch eine typische, glatte Hollywood-Schönheit ersetzt. Eher unnötig fand ich auch die Rückblende zum Kreuzzug. Bei der Szene wo Merrin für den Job rekrutiert wird musste ich eher an "Indiana Jones" als an "Der Exorzist" denken (sogar einen Fedora hat er dort auf). Der Hyänen-Angriff war eher unfreiwillig komisch als beängstigend (diese sahen zwar wesentlich besser aus als in der Schrader-Version, aber CGI war damals einfach noch nicht so weit, um wirklich lebensechte Tiere nachzubilden). Und vor allem auch den Showdown fand ich eher enttäuschend, sehr laut und hysterisch. Hier zog ich die verhaltene Schrader-Version dann doch vor.
Fazit:
"Der Anfang" ist der lebende Beweis, dass Einmischung durch ein Studio nicht zwangsweise zu einem schlechteren Produkt führen muss. Zwar ist Paul Schraders Fassung des Exorzisten-Prequels zweifellos der ungewöhnlichere Film, hat Renny Harlins Version für dennoch knapp die Nase vorn. "Der Anfang" profitiert dabei u.a. davon, dass man uns Merrins Vorgeschichte in Häppchen serviert, anstatt alles gleich in der ersten Szene des Films zu offenbaren. Dies steigert den Mystery-Aspekt und damit die Spannung. Generell fand ich die Atmosphäre gerade auch der ersten Hälfte sehr gelungen; da waren ein paar wirklich starke Momente dabei, wie z.B. der Besuch des Sanatoriums, welche die Spannung verdichteten. Und auch visuell ist Harlins Version haushoch überlegen. Dafür kann Schrader das bessere Finale für sich verbuchen; denn gerade im letzten Drittel fällt "Der Anfang" doch ein bisschen in sich zusammen, was neben dem zu sehr auf Spektakel getrimmten Showdown vor allem auch am völlig überflüssigen Twist liegt. Letztendlich bin ich jedenfalls sehr froh und dankbar, dass Warner Bros. beide Versionen veröffentlicht wurden, so dass sich jeder Filmfan sein eigenes Bild machen kann. Schade nur, dass ich letztendlich den Vergleich beider Fassungen spannender und interessanter fand, als die beiden Filme an sich.
Ich habe mir heuer zur Viennale, wie schon zum /slash, Urlaub gegönnt; sonst würde ich das wohl auch nicht schaffen . Davon abgesehen ist mehrere Filme hintereinander anzuschauen jetzt auch nicht so groß anders als das zunehmend in Mode kommende binge-watching.