Mit: Isabelle Adjani, Sam Neill, Margit Carstensen, Heinz Bennent, Johanna Hofer, Carl Duering u.a.
Kurzinhalt:
Nach längerer Abwesenheit kehrt Mark zu seiner Frau Anna und ihrem noch sehr jungen Sohn Bob zurück. Doch die bereits zuvor zerrüttete Ehe scheint nun endgültig am Ende zu sein: Anna gibt sich von Beginn an überaus distanziert, und gesteht ihm schließlich, eine Affäre gehabt zu haben. Sie ist auch nicht mehr daran interessiert, zu versuchen, ihre Ehe doch noch zu retten, und verlangt die Scheidung. Doch Mark kann und will dies nicht einfach so akzeptieren. Zumal ihm ihr Verhalten überaus seltsam und verdächtig vorkommt. Was verbirgt sie? Was genau hat sich in seiner Abwesenheit zugetragen? Mark beauftragt einen Privatdetektiv damit, ihr zu folgen – und kommt so dann schließlich dahinter, dass Anna noch ein viel größeres und schrecklicheres Geheimnis verbirgt…
Review:
Es ist nicht so, dass es jetzt eine völlig neue oder gar überraschende Erkenntnis gewesen wäre, sondern eher, dass es mir erst im heurigen Frühjahr, als ich mehrere solcher Filme zeitnah gesehen hatte, so richtig bewusst wurde: Ich habe ein Faible für alptraumhaften Horror. Filme, die sich durch eine gewisse Surrealität auszeichnen, einen in ihre düstere Stimmung ziehen, und die vielleicht auch noch mit einem unangenehmen, lauten, aufdringlichen Soundtrack ausgestattet sind. Filme wie "Suspiria" – oder eben "Possession". Andrzej Zulawski erzählt hier vom Zerfall einer Beziehung, von Verzweiflung, Eifersucht und Besessenheit, und verarbeitet dabei vermeintlich seine eigene gescheiterte Ehe – hüllt dies jedoch in ein surreales Horrorgewand, dass sich vielfältig interpretieren lässt. Natürlich kann man alles rund um das Monster auch einfach wortwörtlich nehmen, viel interessanter finde ich jedoch den Symbolismus dahinter. Gerade auch was das betrifft, offenbart sich "Possession" als einer der interessantesten Horror-Filme, die ich in meinem Leben bislang gesehen habe; man könnte ganze Doktorarbeiten über ihn schreiben. Oder aber man nimmt ihn einfach als schlichten Vertreter des Body-Horrors; funktioniert auch.
Praktisch von der ersten Sekunde an gelang es Andrzej Zulawski, mich in den Film und seine alptraumhafte Stimmung hineinzuziehen. Von Beginn an dominiert, nicht zuletzt dank des teils atonalen, unangenehmen Soundtracks, ein Gefühl des Unwohlseins und der Surrealität, spürt man unweigerlich, dass etwas hier nicht stimmt. Im ersten Drittel bleibt das Geschehen dabei noch sehr bodenständig. Gerade auch diesen Teil des Films fand ich ungemein stark, mit Marks Obsession, wie er sie verfolgt und bedrängt, was bei Anna, die zunehmend das Gefühl bekommt, dass man ihr die Kehle zuschnürt, zu immer aggressiverem und zerstörerischerem Verhalten führt. Hier präsentiert Zulawski eine klassische psychologische Studie einer missbräuchlichen Beziehung. Aber auch der Rest des Films, wenn es dann zunehmend phantastischer, surrealer und abgefahrener wird, konnte mir sehr gut gefallen. Die Monster-Sex-Szene wird sich jedem der sie sieht wohl auf immer und ewig ins Hirn brennen, und ist mindestens so erotisch wie verstörend. Und vor allem auch der Ausklang des Geschehens konnte mir ungemein gut gefallen. Eine weitere wesentliche Stärke des Films ist die bedrückende Stimmung, die er von Anfang an versprüht. Der alptraumhafte Eindruck ergibt sich jedoch nicht nur aus der Stimmung, sondern wird auch durch Elemente der Handlung, wie Annas Doppelgängerin Helen, weiter verstärkt. Sieht sie seiner Frau wirklich derart zum Verwechseln ähnlich, oder handelt es sich nur um Einbildung seinerseits? Was für mich als großer Fan dieses Stilmittels ebenfalls hervorstach, waren die teils langen Einstellungen ohne Schnitt, in denen Zulawski seinen Film erzählt. Da waren einige wirklich beeindruckende Momente darunter. Und auch die schauspielerischen Leistungen sind phantastisch, wobei neben Sam Neill vor allem Isabelle Adjani mit einer der intensivsten und eindringlichsten Performances die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe hervorsticht. Ungemein ausdrucksstark (diese Augen!), und mit vermeintlicher Leichtigkeit in wenigen Sekunden und einer einzigen Szene ohne Schnitt durch mehrere, unterschiedliche Gefühle wechselnd. Sie ist hier gleichermaßen verführerisch, bedrohlich, verängstigt, psychotisch und verstörend. Dass es sich bei ihr um eine der schönsten Frauen handelt, die jemals über die Erde wandelten, verkommt ob dieser eindrucksvollen Leistung zur Randnotiz.
Aus mir unerfindlichen Gründen ist "Possession", obwohl mit international bekannten Schauspielern ausgestattet, in Berlin gedreht und von einer deutschen Firma mitproduziert, im deutschsprachigen Raum nie ins Kino gekommen, und feierte überhaupt erst im Jahr 2009 seine DVD-Premiere – für die jedoch keine eigene Synchro angefertigt wurde, weshalb man mit deutschen Untertiteln Vorlieb nehmen muss. Mir persönlich ist das absolut unverständlich. Zwar ist er zugegebenermaßen jetzt nicht unbedingt massenkompatibel; dafür ist er mit seinen oftmals lauten, hysterischen Szenen sowie der verworrenen und nicht immer leicht verständlichen Handlung halt doch zu speziell. Aber ihn nie zu synchronisieren und ins Kino zu bringen – ich kapier's nicht. Und auch wenn ich mir mit einer allgemeinen Empfehlung aufgrund seines sehr eigenwilligen Charakters schwer tue, so würde ich Horror-Fans die nicht auf eine deutsche Synchronisation angewiesen sind oder sich zumindest nicht an Untertiteln stören dazu raten, ihm eine Chance zu geben. Denn ich finde, als Liebhaber des Genres sollte man ihn doch zumindest 1x im Leben gesehen haben.
Fazit:
Was als bedrückende psychologische Studie einer vermeintlich zum Scheitern verurteilten Beziehung beginnt, nimmt in weiterer Folge immer phantastischere und surrealere Züge an, wobei es dem Zuschauer offen bleibt, wie er das Gezeigte interpretieren will, und er einer wortwörtlichen oder einer symbolischen Betrachtung den Vorzug gibt. Neben der alptraumhaften Stimmung, welcher der Film nicht zuletzt dank Andrzej Korzynskis beunruhigender Musik ab der ersten Minute verströmt, erweisen sich in weiterer Folge vor allem Zulawskis Inszenierung – der hier viel mit langen Einstellungen ohne Schnitt arbeitet, die mich unweigerlich in den Film hineinzogen, und dem Geschehen einen unmittelbaren Charakter verleihen – sowie die schauspielerischen Leistungen, insbesondere der überragenden Isabelle Adjani, als größte Stärken des Films. So unverständlich – und ärgerlich – es auch sein mag, dass "Possession" nie den Weg in deutsche Kinos fand und dementsprechend auch nicht synchronisiert vorliegt: Wer so wie ich ein Faible für alptraumhaften Horror hat, darf sich dieses hierzulande lang verschollene Gustostückerl des heuer im Frühjahr verstorbenen polnischen Regisseurs Andrzej Zulawski nicht entgehen lassen.