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Discworld: Unseen Academicals Drucken E-Mail
Der Fußball erobert die Scheibenwelt Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 01 Oktober 2016
 
Titel: "Discworld: Unseen Academicals"
Deutscher Titel: "Der Club der unsichtbaren Gelehrten"
Bewertung:
Autor: Terry Pratchett
Umfang: 541 Seiten
Verlag: Doubleday
Veröffentlicht: 13. Oktober 2009
ISBN: 978-0-552-15337-9
Kaufen: Taschenbuch (E), Kindle (E), Taschenbuch (D), Kindle (D)
 

Kurzinhalt: Seit Ewigkeiten ist Fußball in Ankh-Morpork sehr beliebt. Mit dem geregelten Ablauf von einst haben die heutigen Straßenschlachten, die unter der Bezeichnung stattfinden, jedoch nichts mehr am Hut. Lord Vetinari möchte den Sport nun wiederbeleben und modernisieren – oder vielmehr, ihn wieder zu alter Größe zurückführen. Da kommt es ihm gerade recht, dass in den Mauern der Unsichtbaren Universität eine Schriftrolle gefunden wird, welche die altertümlichen Regeln des Sports anführt. Auch eine Urne wird gefunden, die in Zukunft als Pokal dienen soll. Vetinari beauftragt nun die Zauberer der Unsichtbaren Universität damit, den Fußball auf neue Beine zu stellen, ihn wieder stärker zu reglementieren, und auch gleich das erste Team des neuen, revitalisierten Sports aufzustellen. Sowohl Vetinari als auch die Zauberer holen sich dafür die Unterstützung der Manager der diversen Fußballteams. Die Bevölkerung ist hingegen von diesem neuen Kurs schon schwerer zu begeistern – weshalb das erste große Match zwischen den Unseen Academicals und einem bunt gemischten Team von Spielern auf der Straße zugleich auch als Maßstab für den von Vetinari vorgegebenen Kurs gilt. Damit gilt für das Team von der Unsichtbaren Universität: Verlieren verboten! Währenddessen wird eine Köchin der Universität als Model entdeckt – eine Entwicklung, die ihre beste Freundin Glenda mit großer Entwicklung verfolgt. Und ein weiterer Neuankömmling in der Stadt, der in der Universität arbeitet, der immer höfliche Mister Nutt, erfährt gar schreckliches über seine wahre Herkunft…

Review: Im bislang dicksten Wälzer von der Scheibenwelt knöpft sich Terry Pratchett ein Themengebiet vor, dass für manche einer wahren Religion gleichkommt: Der Fußball. Und dabei ganz besonders dem Vereinsfußball, wo die Rivalitäten zwischen Mannschaften, meist aus ein und derselben Stadt, oftmals gar seltsame Blüten tragen. Während ich persönlich durchaus gerne die Spiele der österreichischen Nationalmannschaft ansehe und generell auch internationale Großereignisse (sprich EM und WM; und bevor ihr fragt: Ja, auch wenn die Österreicher die Qualifikation – wie meistens – nicht geschafft haben) verfolge, könnte mir der Vereinsfußball nicht egaler sein. Insofern bin ich wohl dahingehend genau die richtige Zielgruppe, als ich die fast religiöse Verehrung des eigenen Teams und die Verachtung des großen Rivalens, sowie generell die dahinterstehende Mentalität nicht wirklich nachvollziehen kann – weshalb ich es doch sehr spaßig fand, dies hier in "Unseen Academicals", natürlich noch einmal überhöht und im Fantasy-Kontext der Scheibenwelt, verhöhnt zu sehen. Ungemein gefreut habe ich mich auch über das Wiedersehen mit meiner Lieblingsfigur Rincewind, so kurz es auch gewesen sein mag. Bislang hatte ich ja doch eher den Eindruck, dass dieser und die Zauberer- bzw. Universitäts-fokussierten Romane irgendwie voneinander getrennt sind, gab es doch kaum Figuren-Überschneidungen zwischen den beiden. Gerade auch bei den letzteren Romanen, wo die Universität rund um ihren Leiter Ridcully eine größere Rolle gespielt hat, und von Rincewind weit und breit nichts zu sehen war, begann ich mich schon zu fragen, ob der denn überhaupt dort noch sein Unwesen treibt. Sein Auftritt hier führte die unterschiedlichen "Welten" der Scheibenwelt für mich näher zusammen; und generell fand ich ihn einfach wieder einmal herrlich komisch mit seiner konstanten, ungebrochenen Feigheit. Schon allein sein erster Satz war absolut köstlich. Jedenfalls zählte er für mich, so klein sein Auftritt auch gewesen sein mag, ganz klar zu den größten Stärken des Romans.

Ebenfalls sehr gut gefallen hat mir alles rund um Mister Nutt, der im Zuge des Buchs erfährt, dass er nicht wie angenommen ein Goblin, sondern vielmehr ein Ork ist. Dies ist insofern relevant, als diese vor Jahrhunderten von einem dunklen Zauberer als Waffen gezüchtet wurden, die daraufhin gegen die Menschen in den Krieg zogen. Oder so ist es zumindest überliefert. Orks sind daher aus Sicht des typischen Ankh-Morporkianers etwas, dass einem Menschen sofort den Kopf abreißen würde, oder schlimmeres. Mit dementsprechend viel Angst, Sorge, Skepsis bis richtiggehendem Hass reagieren die Bewohner der Stadt darauf, als die Gerüchte ob seine Herkunft zunehmend die Runde machen. Hier thematisiert "Unseen Academicals" nicht nur wieder Vorurteile, sondern auch die Frage, ob man die eigene "genetische Abstammung" hinter sich lassen kann, oder durch diese quasi verdammt ist, was ich ebenfalls sehr interessant und gelungen fand. Was "Unseen Academicals" auch wieder auszeichnete, war der herrliche Pratchett-Humor. Es gab wieder zahlreiche köstliche Stellen, die mich – wohl sehr zur Verwunderung der Mitmenschen um mich herum – laut auflachen ließen (um nur ein Beispiel zu nennen: "Everyone wants something when they are in front of me, Miss Sugarbean, even if it is only to be somewhere else."). Aber auch die eine oder andere markante, sozialkritische Bemerkung und/oder ansprechende Lebensweisheit hat sich wieder eingeschlichen ("You've got to do the best. And the more best you're capable of, the more you should do."). Und auch die Figuren fand ich wieder wunderbar, wobei es mir zugegebenermaßen die Altbekannten diesmal etwas mehr angetan hatten als die Neuzugänge, die ich abseits von Mister Nutt und eventuell noch Glenda nicht übermäßig interessant fand – was insbesondere für Trevor und Juliet gilt.

Womit wir auch schon bei den – nichtsdestotrotz auch vorhandenen – weniger gelungenen Aspekten wären. So empfand zumindest ich alles rund um Juliets Modeltätigkeit irgendwie als Störfaktor; es wollte sich für mich nicht stimmig in die Geschichte einfügen, und führte irgendwie auch zu nichts. Damit in Zusammenhang steht dann wohl auch mein größter Kritikpunkt: Mit 540 Seiten ist "Unseen Academicals" nicht nur der mit Abstand bisher längste Roman, sondern schlicht und ergreifend auch etwas zu lang. Möglicherweise hat dies insofern mit seiner damals publik gewordenen Alzheimer-Erkrankung zu tun, als er nicht wusste, wie lange er noch Scheibenwelt-Romane schreiben würde können, und deshalb vieles, was er noch erzählen wollte, hier nun hineingestopft hat, für den Fall, dass es sein letzter Roman wird und er danach keine Gelegenheit mehr bekommt. Und ich fand den Roman auch trotz seiner Länge grundsätzlich sehr unterhaltsam. Aber da und dort hätte man durchaus kürzen können, und vor allem den einen oder anderen Nebenplot, der hier noch kaum zur Geltung kam, hätte sich in einem anderen Roman wohl besser gemacht. So lange das Ergebnis aber immer noch so unterhaltsam ist, wie dies "Unseen Academicals" für mich war, ist es kein großes Drama.

Fazit: Als jemand, der sich jetzt nicht unbedingt zu den allergrößten Fußballfans zählen würde, der zudem den Vereinsfußball praktisch überhaupt nicht verfolgt, wusste die die diversen Absurditäten rund um den Fußball und insbesondere rivalisierende Teams, die Terry Pratchett hier anprangert, durchaus zu schätzen. Wunderbar fand ich auch wieder seinen typischen, humorvollen Schreibstil; so viele amüsante Zitate oder auch einfach denkwürdige Textstellen konnte ich in einem Scheibenwelt-Roman schon länger nicht mehr ausmachen. Auch die sozialkritischeren Aspekte – insbesondere rund um Mister Nutt – stachen für mich wieder positiv hervor. Und vor allem auch über das lang ersehnte Wiedersehen mit meiner Lieblingsfigur Rincewind habe ich mich, so kurz dieses auch ausgefallen sein mag, sehr gefreut. Wo der Roman hingegen ein bisschen schwächelte, war einerseits bei den neuen Figuren, die ich überwiegend schwächer fand als die alten Bekannten. Zudem hat es Pratchett mit 540 Seiten dann doch etwas zu gut gemeint. Vor allem aber wirkte der Roman teilweise etwas zerfahren, so als hätte er alle möglichen Ideen zusammengeschmissen, zu denen er noch etwas loswerden wollte. Ein stimmiges Ganzes ergibt "Unseen Academicals" somit nur bedingt. Sehr unterhaltsam fand ich ihn aber trotzdem.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel






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