50 Jahre Star Trek: "Eine Serie, die die Welt veränderte…"
von Christian SiegelKategorie: Star Trek - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 08 September 2016
Solange ich denken kann, ist "Star Trek" Bestandteil meines Lebens. Als Kind stolperte ich im Fernsehen immer wieder über die Ausstrahlung der klassischen Serie im ORF, und beginnend mit der Ausstrahlung der nächsten Generation sowie der nachfolgenden Serien sollte "Star Trek" einen Großteil meiner Jugend begleiten – und tut dies bis zum heutigen Tag, und sicherlich auch noch lange darüber hinaus. Als Kind bestand der Reiz der Original-Serie vor allem in den phantasievollen Geschichten. Auch das Setting im Weltraum sprach mich an – wobei es so viele Jahre später schwer ist, zu sagen, ob ich schon immer vom Weltraum fasziniert war, und mich "Star Trek" eben deshalb so interessierte, oder vielmehr die Serie mein Interesse für den Kosmos anregte, dass sich neben meiner Vorliebe für Science Fiction-Unterhaltung auch im Konsum solcher Doku-Reihen wie Carl Sagans legendärem "Unser Kosmos", sowie Sachbüchern rund um das Thema Weltall, niederschlagen sollte. Jedenfalls machte es mir als Kind ungemein viel Spaß, mit der Enterprise-Crew in Galaxien vorzustoßen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
Neben den phantasievollen Geschichten lag dies sicherlich unter anderem auch an den Figuren. Man merkt, dass es Gene Roddenberry und seinen Autoren ein Anliegen war, denkwürdige Figuren zu erschaffen, die dem Zuschauer rasch sympathisch werden. Egal ob der tollkühn-couragierte Held Kirk, der logisch-kühle Vulkanier Spock, der mürrische Doktor "Pille" McCoy, der kampflustige und gerne einen über den Durst trinkende Wundertäter Scotty, der über viele Interessen und Hobbies verfügende Sulu, der stolze Russe Chekov, oder die kompetente Uhura, welche die Brückenbesatzung abrundete… sie alle verfügen über ihre eigene Persönlichkeit und liebenswerte Eigenschaften. Mein persönlicher Favorit war ja irgendwie schon immer Scotty, in Wahrheit geht aber natürlich – schon allein aufgrund ihrer wundervollen Geplänkel – nichts über das Triumvirat Kirk, Spock und McCoy. Neben den Autoren und den Schauspielern ist hier auch die Synchronisation hervorzuheben. Die ZDF-Gaudi-Synchro mag in den letzten Jahrzehnten – dank DVDs und Originalton – zunehmend unter Beschuss gekommen sein, trug jedoch für mich als Kind dank des flapsigen Tons ebenfalls viel zum Reiz der Serie bei. Die Ableger hatten zwar alle ebenfalls ihren individuellen Reiz – wenn auch zugegebenermaßen manche mehr, und manche weniger – aber letztendlich kommt für mich an die Original-Serie nichts heran.
Soweit zu mir persönlich. Was nun die Frage betrifft, warum "Star Trek" zu einem derartigen weltweiten Phänomen wurde, fällt es mir selbst schwer, eine definitive Antwort darauf zu finden. Tatsache ist jedoch, dass keine andere Serie – auch wenn es viele andere beliebte Serien mit teils großen Fangruppen geben mag – eine ähnliche Faszination ausgelöst hat, und die Begeisterung für "Star Trek" nach all den Jahren (und trotz mancher Durststrecken) nicht einfach nur nicht ungebrochen ist, sondern vielmehr ständig weiter wächst. Heuer nahm ich an meiner allerersten FedCon teil, und war begeistert, zu sehen, welch vielfältiges und mannigfaltiges Publikum – ganz getreu des Mottos IDIC (unendliche Vielfalt in unendlichen Kombinationen) die Serie anspricht. Sowohl kulturell, als auch altersmäßig. Vom Rentner, der die Serie damals bei der Erstausstrahlung erfolgte, bis zu Kindern, die wohl selbst bei der Ausstrahlung der bislang letzten Serie "Enterprise" noch nicht auf der Welt waren, war da alles dabei. Besonders gefreut habe ich mich aber darüber, mehrere körperlich oder geistig behinderte Personen dort zu sehen. Ich finde es ungemein schön – und halte es für eine der größten Errungenschaften der Serie – dass sie jenen eine Heimat gibt, die sonst normalerweise am Rand der Gesellschaft stehen. Das bescherte mir im Zuge des Wochenendes doch mehrmals eine Gänsehaut.
Was aus meiner Sicht ebenfalls hervorsticht, ist die Utopie, die "Star Trek" (und hier spreche ich vor allem auch wieder von der Original-Serie, wobei "Next Generation" dieser Tradition auch durchaus noch treu blieb) präsentiert. In der damals unsicheren Zeit des Kalten Krieges, feuerte "Raumschiff Enterprise" die Hoffnung auf eine bessere, friedliche Zukunft an. Dies zeigt sich nicht nur an den Figuren, der Sternenflotte, sowie der Föderation, die allesamt Idealbilder darstellen, und Vorbilder, die wir als Zivilisation anstreben sollen, sondern auch am internationalen Charakter der Besatzung, die u.a. aus einem Außerirdischen, einem Asiaten, einer afroamerikanischen Frau, und zum Höhepunkt des Kalten Krieges sogar einem Russen bestand, die gemeinsam an einer besseren Zukunft arbeiten, und nach neuen Lebensformen und neuen Zivilisationen suchen. Zwar gebe ich unumwunden zu, insgesamt realistischere Zukunftsperspektiven (wie "Babylon 5") vorzuziehen, sowie ein Faible für Dystopien zu haben. Aber so, wie der Mensch nicht nur von Brot allein lebt, brauche auch ich immer wieder eine Utopie, die mir den Glauben an eine bessere Zukunft für die Menschheit zurückgibt. Eben dies erfüllt "Star Trek" so wie kaum eine andere Serie vor oder nach ihr.
Vielleicht die größte Leistung von "Star Trek" ist jedoch ihr Einfluss auf die Welt. Und damit meine ich jetzt weniger die Popkultur an sich, und die Tatsache, dass Begriffe wie Beamen, Warp, Klingonen usw. in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind und selbst jenen bekannt sind, welche noch nie eine Folge der Serie(n) gesehen haben. Sondern vielmehr, wie "Star Trek" viele Menschen inspiriert hat. Sei es, einer Beschäftigung in einem wissenschaftlichen Bereich, bei der NASA, ESA oder ähnlichem nachzugehen, oder auch einfach nur, aktiv daran zu arbeiten, jene Utopie zu verwirklichen, an die uns die Serie von Woche zu Woche glauben ließ. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dank "Star Trek" ein anderer, und wie ich meine auch besserer, Mensch zu sein. "Star Trek" lehrt uns den Respekt vor jeder Art von Leben, so andersartig es auch sein mag. Es zeigt uns, dass unsere Unterschiede eine Stärke sind, und wir uns somit auch nicht an ihnen stören sollten. Vor allem aber ruft "Star Trek" zu mehr Toleranz auf – eine Message, die man meines Erachtens gar nicht oft genug verbreiten kann. Natürlich mag es andere Serien geben, welche diese Agenden noch stärker forciert haben, aber bei keiner davon war der Einfluss auf die Gesellschaft an sich – aufgrund des großen Personenkreises, den sie erreicht hat – wohl so groß, wie hier. Ich bin davon überzeugt, dass die Welt dank "Star Trek" ein besserer Ort ist. Welche andere Serie kann das schon von sich behaupten?