Mit: Richard Coyle, Claire Foy, David Suchet, Charles Dance, Andrew Sachs, Steve Pemberton, Timothy West, Tamsin Grieg, Terry Pratchett u.a.
Kurzinhalt:
In Ankh-Morpork nimmt Moist von Lipwigs Karriere als Trickbetrüger ein jähes Ende. Nun stellt ihn Lord Vetinari vor die Wahl: Entweder er baumelt am Galgen, oder er übernimmt die Leitung des Postamts. Moist entscheidet sich verständlicherweise für letzteres – beginnt seine Entscheidung jedoch zunehmend zu bereuen. Denn das Postamt ist in einem desolaten Zustand, und die Briefe stapeln sich dort bis an die Decke. Zudem wird ihm ein Golem als Bewährungshelfer zur Seite gestellt, der seine Flucht erfolgreich verhindert. Und der Leiter der Semaphoren-Gesellschaft, Reacher Gilt, sieht im Postamt einen Konkurrenten, den es mit allen Mitteln zu vernichten gilt. Zumindest eine positive Seite hat das ganze jedoch: Denn durch seine Tätigkeit als Postmeister lernt er Adora Bell Dearheart kennen, die er sogleich zu umwerben beginnt. Bis ihm schließlich bewusst wird, dass just seine Trickbetrügerei dazu geführt hat, dass ihr Vater die Semaphoren-Gesellschaft an Reacher Gilt verkaufen musste…
Review:
Die ersten beiden Pratchett-Verfilmungen von Sky One haben mir ja sehr gut gefallen. "Going Postal" fiel im direkten Vergleich jedoch schon ein wenig ab – und das, obwohl ich die Romanvorlage durchaus auf einem ähnlich hohen Niveau wie "The Colour of Magic" und "Hogfather" sehe. Bei der Adaption ist in meinen Augen jedoch diesmal da und dort etwas schiefgegangen. Teilweise dürfte dies auf die Länge des Romans zurückzuführen sein, die teils deutliche Kürzungen nötig machte. Viele davon fand ich zwar positiv (wie z.B. den in meinen Augen auch im Roman schon eher überflüssigen Initiationsritus), allerdings ist dabei insgesamt das Gefühl für die Eskalation der Ereignisse, für diesen rollenden Zug, den Moist von Lipwig selbst ins fahren gebracht hat, und wo er sich nun anstrengen muss, um nicht von diesem überrollt zu werden. Zumal man aus meiner Sicht da und dort auch falsche Schwerpunkte setzte, und sich damit die nötige Laufzeit für deutlich interessantere Ereignisse und Szenen nahm. So nahm Moist von Lipwigs angebliche Besessenheit von Offler, die ihn schließlich zum im Wald vergrabenen Geld ein, lediglich 1-2 Seiten ein, und fand überwiegend zwischen den Zeilen statt. Hier erleben wir es in einer ausgedehnten, fast fünfminütigen Szene unmittelbar mit. Diese Laufzeit fehlte dann natürlich für in meinen Augen deutlich Interessanteres.
Kein wirklicher Freund war ich auch davon, dass Lipwig am Ende beim Verlust der Wette die Hinrichtung droht. Korrigiert mich wenn ich mich irre, aber… das war im Vergleich zum Roman schon eine Änderung/Neuerung, oder? Weil dort gefiel mir ja eben gerade, dass Moist hier nicht mehr nur für seine eigenen Interessen kämpfte, sondern in erster Linie durch die Interessen seiner Mitmenschen motiviert war, die Wette zu gewinnen. Dies ging in der TV-Adaption verloren. Generell, wo ich gerade auch das letzte Drittel im Roman wirklich toll fand, fiel eben dieses für mich bei der Verfilmung doch ziemlich ab. Die ganze Umsetzung rund um den Code, die Hacker, den Turm etc., wie Moist von Lipwig völlig verzweifelt ist, als er auf dem Turm betet und sie kennenlernt, diese ihm dann mit dem völligen Zusammenbruch des Klacks-Netzwerks einen Ausweg anbieten, und er sich letztendlich aber bewusst dazu entscheidet, diesen nicht zu nutzen. Alles Dinge, die ich hier schmerzlich vermisst habe, oder zumindest, die deutlich anders und in meinen Augen minderwertiger umgesetzt wurden. Und lasst mich erst gar nicht mit Reacher Gilt anfangen. Was mir im Roman so gefiel war, dass er auf den ersten Blick ein ganz normaler, hoch angesehener Geschäftsmann ist. Nur wenige Leute, wie Lord Vetinari oder eben auch Moist von Lipwig (wie heißt es so schön: Es braucht einen Gauner, um einen anderen Gauner zu erkennen) sehen ihn für das, was er wirklich ist. In der Verfilmung hat man ihn allerdings mit seiner Augenklappe und den schwarzen Klamotten derart auf zwielichtig getrimmt, dass man sich fragen muss, wie überhaupt irgendjemand diesem Kerl jemals vertrauen konnte. Ein wirklich erfolgreicher Betrüger gewinnt das Vertrauen seiner Opfer – das hat mir hier völlig gefehlt. Zumal man hier auch eine der wesentlichen Aussagen des Romans verliert, dass sich die größten Diebe manchmal hinter einem freundlichen Gesicht verbergen. Denn im wahren Leben tragen viele von ihnen nun mal ebenfalls keine Schimaske, sondern vielmehr einen Anzug.
Dass ich "Going Postal" auch in dieser meines Erachtens minderwertigen Adaption noch halbwegs in Ordnung fand, lag neben der Stärke der Vorlage in erster Linie an der Besetzung. Vor allem Claire Foy als Adora stach dabei für mich mit einer ungemein ausdrucksstarken Performance hervor. Sie verkörperte die Figur in meinen Augen wirklich perfekt. Auch die beiden Postmänner sowie Charles Dance als (neuer) Lord Vetinari machten ihre Sache sehr gut, und fanden genau die richtige Mischung aus dem Fantasy- & Over the Top-Charakter der Geschichte angemessene übertriebene Theatralik, ohne dabei über das Ziel hinaus zu schießen. Und auch David Suchet macht seine Sache als Reacher Gilt soweit ganz gut; dass man die Figur für meinen Geschmack zu zwielichtig angelegt hat, ist ja nicht seine Schuld. Just Richard Coyle, der mir bislang kein Begriff war, fiel für mich ein wenig ab; ein Martin Sheen oder Martin Freeman (oder vielleicht auch der eine oder andere Schauspieler, der nicht Martin heißt) hätten aus der Rolle ev. noch ein bisschen mehr herausholen können; aber er war schon ok. Jedenfalls werteten die schauspielerischen Leistungen den Film für mich teilweise ungemein auch. Und auch den kurzen Gastauftritt von Terry Pratchett am Ende fand ich wunderbar. Davon abgesehen konnte sich "Going Postal" aber leider mit der Vorlage nicht wirklich messen.
Fazit:
Während mir die ersten beiden Pratchett-Verfilmungen von Sky One sehr gut gefallen haben, und ich sie mir bestimmt noch das eine oder andere Mal in meinem Leben vorknöpfen werde, schnitt "Going Postal" bei mir doch eher mäßig ab. Ich fand, dass die Adaption in vielen Bereichen mit der Vorlage nicht mithalten konnte, und man somit insgesamt im Vergleich zum Buch ein deutlich minderwertiges Produkt erhält. Da und dort wurde mir an den falschen Stellen gekürzt, und auch die Änderungen und Neuerungen schnitten bei mir überwiegend schlecht ab. Gerade auch die Eskalation der Ereignisse kam für mich im Roman viel besser zur Geltung. Und vor allem auch die Darstellung von Reacher Gilt hat mich doch eher enttäuscht. Dass die Verfilmung trotzdem nicht gänzlich untergeht, liegt neben den Stärken der Vorlage, die selbst in dieser minderwertigen Form noch enthalten und erkennbar sind, in erster Linie an der überwiegend tollen Besetzung. Zwar war ich auch was das betrifft nicht von jedem gleichermaßen begeistert – vor allem Richard Coyle konnte in meinen Augen mit dem Rest nicht wirklich mithalten – aber vor allem Charles Dance als Lord Vetinari und Claire Foy als Adora Belle Dearheart hatten es mir angetan. Und dann ist da noch die wundervolle Pratchett-Cameo am Ende, die mich ebenfalls versöhnlich stimmte. Und dennoch: Leider ist auf dem (Post?-)Weg vom Roman zum Fernsehschirm vieles, was mir an der Vorlage gefielt, verloren gegangen.