Kurzinhalt:
Tiffany Aching arbeitet auf der Farm ihrer Eltern. Eines Tages wird ihr kleiner Bruder Wentworth von der Feenkönigin gestohlen. Sie sucht daraufhin den Markt der nahegelegenen Stadt auf, wo sie auf die Hexe Perspicacia Tick trifft. Diese bietet ihre Hilfe an, meint jedoch, dass sie Unterstützung brauchen, um gegen die Königin aus dem Feenreich vorzugehen. Sie trägt Tiffany auf, auf sie zu warten, und lässt ihr zum Schutz ihren verzauberten Frosch da. Doch Tiffany denkt gar nicht daran, einfach so zu warten. Stattdessen dringt sie zusammen mit einer Gruppe von Kobolden, die sich die kleinen freien Männer nennen, ins Feenreich ein, um Wentworth aus den Fängen der Königin zu befreien. Doch auch wenn es sich bei Tiffany um die Nachkommin von Granny Aching, einer Hexe, handelt – ist sie dieser Auseinandersetzung auch wirklich gewachsen?
Review:
Nach "The Amazing Maurice and his Educated Rodents" ist "The Wee Free Men" der zweite Scheibenwelt-Roman, der sich in erster Linie an jüngere LeserInnen richtet. Insofern war ich teilweise doch davon überrascht, wie schwer ich mir beim Lesen tat. Dass ich angesichts von Pratchetts Wortschatz, seinem Wortwitz, den teils langen, verschachtelten Sätzen sowie generell dem gehobenen Schreibstil den einen oder anderen Satz zwei Mal lesen muss, bin ich seit seinem ersten "Discworld"-Roman ja schon gewohnt. Allerdings zeigte sich mit der Zeit, dass ich zwar einerseits immer besser mit seinem Stil zurechtgekommen bin, andererseits aber vor allem mit jenen Passagen Probleme habe, wo nicht nach Schrift geschrieben wird, sondern so, wie die Figuren es Aussprechen – siehe z.B. die Igors mit ihren ständigen th's. Ich vermute, dass das so ein Muttersprachendings ist. Ich habe zwar mit dem Englisch lesen kein Problem, und verstehe eigentlich auch die Sprache, aber wenn das gesprochene Wort auf einmal auf dem Papier steht, tue ich mir schwer, dass ich von meinen Augen auf mein Ohr umschalte, und quasi höre – und so eben auch verstehe – was sie sagen. Angesichts der Tatsache, dass sich "The Wee Free Men" eben an jüngere Leser richtet, war ich somit sehr überrascht, wie schwer ich mir mit den ganzen Textpassagen der titelspendenden kleinen freien Männer tat, sie ebenfalls in starkem Dialekt sprechen, und auch so geschrieben würden. Das machte das Lesen für mich teilweise ein bisschen mühsam.
Von diesem Punkt abgesehen hat mir aber "The Wee Free Men" – gerade auch als gehobene Kinderliteratur – sehr gut gefallen. In Tiffany Aching finden Kinder, und insbesondere junge Mädchen, ein wundervolles, positives Vorbild. Eine Figur, die nicht perfekt ist, und die ihrem jungen Bruder nicht unbedingt immer mit Wertschätzung begegnet – aber wenn es darauf ankommt, ist sie für ihn da. Anstatt sich darauf zu verlassen, dass es die "Erwachsenen" schon richten werden, nimmt sie die Dinge lieber selbst in die Hand. Sie löst die sich ihr stellende Herausforderung nicht etwa mit Gewalt, sondern mit Grips – und einer ordentlichen Portion Mut. Und, vor allem natürlich, sie schafft es tatsächlich auch – und bietet damit eine überaus bestärkende Message in Richtung der Kinder, die das Buch lesen. Nicht "Du kannst das nicht", was sie eh viel zu oft hören, sondern ein "Du kannst es schaffen – auch, wenn es nicht immer leicht sein wird". Gerade auch darin lag für mich eine wesentliche Stärke des Romans, und die entsprechende Szene am Ende, wo die Hexe Tick, in Begleitung von Granny Weatherwax, endlich eintrifft, nur um zu sehen, dass sich mittlerweile alles schon erledigt war, fand ich dementsprechend wundervoll. Darüber hinaus ist "The Wee Free Men" auch wieder sehr witzig und unterhaltsam, sowie einfallsreich und phantasievoll. Jedenfalls bin ich nach diesem Einstieg auf die weiteren vier Tiffany Aching-Romane, die mir im Zuge der "Discworld"-Romane noch bevorstehen, schon sehr gespannt.
Fazit:
Mit Tiffany Aching hat Terry Pratchett eine wundervolle Heroine geschaffen, die als tolles, ermutigendes, jedoch nie belehrendes Vorbild für Kinder fungiert. Die Art und Weise, wie die Figur geschrieben ist, wie sie die Aufgabe – selbstständig (oder zumindest ohne Hilfe der erwachsenen Hexen) – bewältigt, und dafür in erster Linie auf ihren Grips und ihren Mut angewiesen ist, fand ich phantastisch. Zudem war der Roman auch wieder sehr humorvoll und unterhaltsam. Natürlich, was die Komplexität der Handlung betrifft, kann sich "The Wee Free Men" nicht ganz mit jenen Scheibenwelt-Romanen messen, die sich eben nicht in erster Linie an jüngere LeserInnen richten. Und trotz dieser Ausrichtung fand ich den Roman, aufgrund der Sprechweise der Nac Mac Feegles, teilweise schwerer und anstrengender zu lesen, als so manchen "erwachsenen" Scheibenwelt-Roman. Insgesamt hat mir "The Wee Free Men" aber auch als Erwachsener sehr gut gefallen, und freue ich mich somit jetzt schon auf die weiteren Abenteuer von Tiffany Aching.
Bewertung:
4/5 Punkten
Christian Siegel
Artikel kommentieren
Kommentar schreiben
Bitte orientiere Deinen Kommentar am Thema des Beitrages.
Persönliche Angriffe und/oder Diffamierungen werden gelöscht.
Das Benutzen der Kommentarfunktion für Werbezwecke ist nicht gestattet. Entsprechende Kommentare werden gelöscht.
Bei Fehleingaben lade diese Seite bitte neu, damit ein neuer Sicherheitscode generiert werden kann. Erst dann klicke bitte auf den 'Senden' Button.
Der vorgenannte Schritt ist nur erforderlich, wenn Sie einen falschen Sicherheitscode eingegeben haben.
