Originaltitel: Crossover Episodennummer: 2x23 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 15. Mai 1994 Erstausstrahlung D: 28. September 1994 Drehbuch: Peter Allan Fields & Michael Piller Regie: David Livingston Hauptdarsteller:
Avery Brooks als Commander Benjamin Sisko,
Rene Auberjonois als Odo,
Nana Visitor als Major Kira Nerys,
Terry Farrell als Lieutenant Jadzia Dax,
Colm Meaney als Chief Miles O'Brien,
Siddig El Fadil als Doctor Julian Bashir,
Cirroc Lofton als Jake Sisko,
Armin Shimerman als Quark.
Gastdarsteller:
Andrew Robinson als Garak,
John Cothran Jr. als Telok,
Stephen Gevedon als Klingon,
Jack R. Orend als Human,
Dennis Madalone als Marauder u.a.
Kurzinhalt:
Als es während ihres Flugs durch das Wurmloch zu einer Fehlfunktion kommt, landen Kira Nerys und Julian Bashir im Spiegeluniversum. Dort hat sich seit Kirks Besuch vor rund 100 Jahren einiges verändert. Spock hat zwar die Kontrolle über das terranische Imperium übernommen und dieses gemäßigt, danach war dieses aber nicht mehr stark genug, um sich gegen die Allianz aus Klingonen, Cardassianern und Bajoranern zu verteidigen. Unter der Führung der Allianz, deren Herrschaft nicht minder schrecklich ist als jene des früheren terranischen Imperiums, werden Menschen als minderwertig betrachtet, und sind – mit wenigen Ausnahmen – zu einem Dasein als Sklaven verdammt. Eben dieses Schicksal soll nun auch Julian Bashir bevorstehen, der in der Anlage zur Erzverarbeitung auf Terok Nor seinen Dienst verrichten soll. Kira Nerys ergeht es insofern besser, als es sich bei ihrem Gegenstück um die Intendantin der Station handelt, was ihr gewisse Freiheiten einräumt. Allerdings hat die Intendantin wenig Interesse daran, sie und Bashir wieder in ihr eigenes Universum zurückkehren zu lassen. Um den Übergang doch zu schaffen, sind sie auf die Hilfe der Spiegel-Gegenparts von Freunden und Kollegen wie Miles O'Brien und Benjamin Sisko angewiesen…
Denkwürdige Zitate:"I'd be more than interested in learning any Bajoran meditation techniques you'd like to show me." "We just usually like to sit. Quietly."
(Dieser Hinweis war für Doktor Bashir wohl noch zu subtil.)
"I am Kira Nerys." "That makes two of us."
(In der Tat.)
"He's married, he has a five year old daughter, he's one of the most decent men I know. We've fought our way out of a few scrapes together. I admire him a great deal." "Sounds like he got the lucky draw between me and him."
(Da kann man "Smiley" nicht widersprechen.)
"I don't want your fear. I want your love. If you can't love me, who can?"
(Intendantin Kira hofft, von sich selbst geliebt zu werden.)
Review:
Erst ein paar Folgen zuvor, in meinem Review zu "Der Blutschwur", habe ich ja erwähnt, dass man sich bei "Next Generation" lange mit zu direkten Bezügen zur klassischen Serie zurückgehalten hat, da man wollte, dass die Serie für sich selbst steht. Bei "Deep Space Nine" schien man diesbezüglich weniger Bedenken zu haben, und begann recht früh damit, sie klar und deutlich im Universum beider früherer Serien, TOS und TNG, zu verankern. Mit "Die andere Seite" gibt es nun nach "Der Blutschwur" die zweite DS9-Folge, die direkt auf die klassische Serie aufbaut. So präsentiert man uns hier eine Fortsetzung zu einer der besten und beliebtesten Folgen aus TOS, "Ein Parallel-Universum", und erzählt, wie es mit dem Spiegeluniversum nach dem Besuch von Kirk weitergegangen ist. Und wenn es an "Die andere Seite" überhaupt einen Haken gibt, dann ist es, dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob mir diese gefällt – bedeutet es doch, dass Kirk letztendlich mehr Schaden als Nutzen angerichtet hat, und Spock mit seinem Reformkurs gescheitert ist. Das kann, muss man aber nicht unbedingt gut finden. Insofern bin ich sehr froh darüber, dass David Mack diesen – meines Erachtens – Fehler in seinen Erzählungen aus dem Spiegeluniversum wieder korrigiert hat.
Davon abgesehen war "Die andere Seite" aber phantastisch, und bewegte sich durchaus auf dem Niveau der Vorlage (bitte bei der klassischen Serie von den aktuellen Wertungen nicht irritieren lassen. Ich starte zum 50. Geburtstag im Herbst einen neuerlichen Durchlauf, und gehe davon aus, dass ich die Wertungen dann fast überall um einen halben Punkt anheben werde, da mir diese rückwirkend eine Spur zu kritisch erscheinen). Wie schon bei TOS machte es auch hier bei DS9 sehr viel Spaß, die "dunklen" Versionen der bekannten Figuren zu treffen, und zu sehen, inwiefern sie sich von den uns bekannten Helden unterscheiden – aber natürlich auch, welche Eigenschaften sie teilen. Die Schockwirkung war dabei zwar meines Erachtens nicht ganz so groß wie damals bei "Ein Parallel-Universum" – so ist Garak z.B. in unserem Universum ja auch verschlagen, und die unterdrückten menschlichen Sklaven sorgen eher für Mitleid als für Abscheu – dennoch gab es einige angenehm düstere Momente (wie die vermeintliche Exekution von Quark), und fand ich diesen dunklen Gegenentwurf zum uns bekannten Deep Space Nine durchaus interessant und faszinierend. Vor allem Intendantin Kira sticht dabei hervor; man merkt, dass es Nana Visitor überaus viel Spaß bereitet hat, diesen Gegenentwurf ihrer Figur zu spielen. Zumal ich die Intendantin generell als Figur durchaus interessant fand, und ich mich unweigerlich fragte, wie "böse" sie wirklich ist, und wie viel einfach nur auf die Umstände bzw. die Welt um sie herum zurückzuführen ist. Ist es ihr ernst damit, dass sie Gewalt verabscheut, oder versuch sie damit ihren Major-Gegenpart nur auf ihre Seite zu ziehen? Und vor allem, wie sehr sie sich danach zu sehnen scheint, um ihrem "guten" Gegenstück akzeptiert, ja gar geliebt, zu werden, war sehr faszinierend.
Generell war dies das erste Mal, dass eine Figur so direkt auf das eigene "Spiegelbild" getroffen ist, was "Die andere Seite" für mich durchaus einen zusätzlichen Reiz verschaffte, und sie auch recht klar und deutlich von "Ein Parallel-Universum" unterschied, wo es ja lediglich zu einem Austausch kam. Neben der Handlung wusste aber auch die Inszenierung zu begeistern. Unmittelbar nach dem Wechsel gibt es ein paar ungewöhnliche Kameraperspektiven, die uns auch optisch verdeutlichen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Auch danach arbeitet David Livingston bei seiner Inszenierung teilweise mit Bedacht. Achtet z.B. auf die Szene ca. zur Mitte der Folge, wo sich die beiden Kiras miteinander unterhalten (und wo das letzte der oben angegebenen Zitate vorkommt). Dort befindet sich die "gute" Kira im Licht und die "böse" Kira im Schatten. Hier werden ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten auf schön-subtile Art und Weise auch optisch vermittelt. Generell hatte es mir die visuelle Gestaltung der Folge teilweise wirklich angetan, was vor allem für alle Szenen aus der Erzaufbereitungsanlage gilt, die uns einige schöne, kontrastreiche Einstellungen (wie z.B. ein blauer, von Nebel durchzogener Hintergrund und rote Warnleuchten; dieser blau-rot-Kontrast erinnerte mich teilweise auch stark an "Das Imperium schlägt zurück") bescherte.
Generell kamen die teils leuchtenden Farben dank des blau-dunklen Hintergrunds sehr schön zur Geltung, bzw. vermittelte man uns die Tatsache, dass es sich hier ums dunkle Spiegeluniversum handelt, zwischendurch auch immer wieder visuell. Auch die Effekte waren sehr gut gemacht. Neben der schönen Einstellung von Terok Nor im Orbit von Bajor – etwas, dass wir seit dem Pilotfilm nicht mehr zu sehen bekommen hatten – stachen für mich dabei vor allem die Szenen mit beiden Versionen von Kira in einer Szene – genauer gesagt, in einem Bild – hervor. Das war wirklich verdammt gut gemacht, was nicht nur für die Spezialeffekte gilt, mit denen man beide Einstellungen dann zu einer zusammenführte (wobei ich mich bei Details wie z.B. der Hand, mit der die dunkle Kira die helle berührt, wirklich frage, wie man das gemacht hat – und nein, das ist eine rhetorische Frage, ich will's eigentlich gar nicht wissen), sondern auch für Regisseur David Livingston sowie natürlich Nana Visitor. Nicht nur bringt sie in ihrem Schauspiel die Unterschiede zwischen beiden Kiras sehr schön zur Geltung, viele der Szenen, in denen die beiden miteinander sprechen, bestehen aus recht langen Einstellungen ohne Schnitt. Das vom Timing her so hinzubekommen, dass sich die beiden dann auch wirklich auf diese Art und Weise unterhalten, war sicher nicht leicht. Ich fand jedoch, dass sich die Mühe absolut gelohnt hat. Zuletzt sei auch noch das spannende Finale hervorgehoben. Während man bei Episoden im "normalen" Universum mit Hauptfiguren kaum mitfiebert, da ein Ableben ohnehin ausgeschlossen scheint, war im Spiegeluniversum diesbezüglich so ziemlich alles möglich, was den Showdown sehr mitreißend machte. Jedenfalls: So lasse ich mir "Deep Space Nine" gefallen!
Fazit:
Mit "Die andere Seite" liefert man uns nur wenige Folgen nach "Der Blutschwur" die zweite DS9-Episode mit starkem TOS-Bezug – handelt es sich hier doch quasi um eine Fortsetzung zur klassischen Folge "Ein Parallel-Universum". So wie dort fand ich es auch hier sehr interessant und faszinierend, zu sehen, worin sich die beiden Universen – bzw. die darin lebenden Personen – unterscheiden, aber auch, worin sie sich gleichen. Neben der Handlung stach für mich vor allem auch die Inszenierung von David Livingston hervor, der hier einige visuell imposante Momente beschert, und dessen Regiearbeit sich generell durch viel Mühe und Liebe zum Detail auszeichnet. Und auch die SchauspielerInnen müssen gelobt werden, wobei vor allem Nana Visitor hervorsticht, die beide Versionen von Kira sehr überzeugend spielt, und deren Unterschiede dabei sehr schön herausarbeitet. Und gerade auch die Szenen, in denen sich die beiden unterhalten, waren sicher was das Timing betrifft eine große Herausforderung. Einzig bei der Offenbarung, dass der von Spock eingeläutete Wandel den Untergang des terranischen Imperiums brachte, nur um es durch ein nicht minder brutales Regime zu ersetzen, weiß ich nicht so recht, ob mir das gefällt – aber wem es da so geht wie mir, der sei an die "Mirror Universe"-Romane von David Mack verwiesen, wo er dies rückwirkend behob. Zudem fand ich, dass die Unterschiede bei "Ein Parallel-Universum", gerade auch was die Figuren selbst betrifft, teilweise noch etwas krasser waren, als hier. Abseits dieser Kritikpunkte war "Die andere Seite" aber für mich als großer TOS-Fan ein Fest.