Kurzinhalt:
Die Revisoren der Realität sind zurück, und unternehmen einen weiteren Versuch, das Leben, welches ihr ansonsten so perfektes Universum infiziert hat, auszulöschen. Zu diesem Zweck lassen sie über eine Mittelsfrau von einem Uhrmacher eine Glasuhr bauen, die im Gleichklang mit dem Universum schlägt. Etwas, dass bereits vor Jahrhunderten auf der Scheibenwelt versucht wurde und in einer Katastrophe mündete. Einige der Mönche der Geschichte, die in ihrem Kloster ständig daran arbeiten, die Räder der Zeit im Gleichgewicht zu halten, erinnern sich noch mit Schrecken daran – nicht zuletzt Lu-Tze, der aufgrund seiner früheren Heldentaten Legenden-Status genießt, mittlerweile im Kloster jedoch nur mehr als Kehrer tätig ist. Einst kam er zu spät, um den Bau der Glasuhr zu verhindern – wird er diesmal rechtzeitig eintreffen, um die Katastrophe abzuwenden? Ihm zur Seite steht sein neuer, junger Schüler Lobsang, der über eine ganz eigene Beziehung zur Zeit zu verfügen scheint. Und auch die vier Reiter der Apokalypse sowie Susan Sto-Helit, die Enkeltochter des Todes, müssen ihren Teil dazu beitragen, das Ende der Welt zu verhindern…
Review:
"Thief of Time" mag zwar nicht so tiefgründig sein wie "The Truth", hat mich jedoch trotzdem – nur halt auf andere Art und Weise – ähnlich stark begeistert. Nach mittlerweile 26 gelesenen Scheibenwelt-Romanen traue ich mir die Beurteilung zu, dass sich diese in erster Linie in zwei Kategorien einteilen lassen: Jene, in denen Pratchett dem Leser etwas wichtiges zu sagen hat und eine gehörige Portion an Gesellschaftskritik mitschwingt, und jene, in dem es ihm in erster Linie darum geht, großartige Fantasy-Unterhaltung zu bieten. "Thief of Time" fällt nun (eben im Vergleich zu "The Truth") in die letztere Kategorie – zumindest in meinen Augen macht das allein ihn jedoch nicht weniger gelungen. Was die "reinen" Fantasy-Romane betrifft, würde ich ihn nämlich zu den ganz großen Highlights der "Discworld"-Bücher zählen. Einer der Gründe dafür ist, dass "Thief of Time" wieder einmal vor Einfallsreichtum nur so übersprudelt, und zahlreiche clevere, originelle und/oder geniale Ideen präsentiert, die mich allein vor ihm schon meinen nicht vorhandenen Hut ziehen ließen. Köstlich fand ich auch die immer wieder eingestreuten Anspielungen auf die Popkultur, sei es "Matrix", "Titanic", "Reservoir Dogs", Kung-Fu-Filme generell, oder auch das ominöse fünfte Mitglied der Beatles. Und auch die Geschichte an sich konnte mir gut gefallen, wobei ich vor allem die Idee einer Glasuhr, die im perfekten Einklang mit dem Universum schlägt und deshalb die Zeit zum Stillstand bringt, ungemein faszinierend fand.
Die Figuren sind ebenfalls wieder großartig, und ich finde es vor allem auch mit jedem zusätzlichen Roman erstaunlich, wie es ihm gelingt, immer neue Protagonisten zu erschaffen, die sich dennoch durch ihre eigene Persönlichkeit auszeichnen, sehr interessant sind, und sich vom Rest der Scheibenwelt-Bevölkerung (und den Figuren, die wir schon kennen) abheben. Gut, ok, Lu-Tze kennen wir zwar schon aus "Small Gods", dort spielte er aber eine doch eher untergeordnete Rolle. Hier rückt er nun mit dem Mittelpunkt, und aus der Art und Weise, wie Pratchett hier klassische Mentoren-Figuren aufs Korn nimmt, zog "Thief of Time" viel von seinem Humor. Aber auch die menschgewordenen Revisoren, Lobsang, Uhrmacher Jeremy oder Kaos fand ich wunderbar. Und auch die bereits bekannten Protagonisten konnten mir hier wieder genauso gut gefallen wie früher, wobei ich vor allem Susan mittlerweile doch ziemlich ins Herz geschlossen habe. Die letzte wesentliche Stärke ist dann Pratchetts gewohnt grandios-gehoben-gewitzter Schreibstil, wobei "Thief of Time" diesbezüglich für mich wieder einmal ganz besonders hervorstach, und eines meiner absoluten Lieblingszitate aller bisherigen "Discworld"-Romane beinhaltet -> "Of the very worst words that can be heard by anyone high in the air, the pair known as 'Oh-oh' possibly combine the maximum of bowel-knotting terror with the minimum wastage of breath." Das ist derart perfekt formuliert, dass ich vor seinem schriftstellerischen Können wirklich kurz ehrfürchtig innehalten musste – denn besser hätte man das einfach nicht ausdrücken können.
Fazit:
"Thief of Time" mag zwar keiner der tiefgründigeren "Discworld"-Romane sein, konnte mich aber dennoch begeistern. Was Witz, Handlung, und Einfallsreichtum betrifft, feuert Terry Pratchett hier wieder einmal als allen Zylindern. Zudem reichert er seinen Roman um einige amüsante pseudo-philosophische Ansätze sowie zahlreiche Anspielungen auf andere Werke der Popkultur an. Die Figuren fand ich ebenfalls wieder wunderbar, wobei mich nach wie vor beeindruckt, wie es ihm trotz des immer größer werdenden Ensembles nach wie vor gelingt, originelle Protagonisten zu erschaffen, die sich von den restlichen Bewohnern der Scheibenwelt abheben. Und auch die Story an sich konnte mir gefallen, und wartete mit einigen großartigen Einfällen auf. Ungemein clever, phantastisch geschrieben, überaus faszinierend und wahnsinnig unterhaltsam, zählt "Thief of Time" für mich jedenfalls zu den absoluten Höhepunkten unter den "Scheibenwelt"-Romanen.
Bewertung:
5/5 Punkten
Christian Siegel
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