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Ein Roboter-Freizeitpark für Erwachsene Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 10 Dezember 2015
 
Advents-SPECiAL

 
Westworld
Originaltitel: Westworld
Produktionsland/jahr: USA 1973
Bewertung:
Studio/Verleih: MGM/Warner Bros.
Regie: Michael Crichton
Produzenten: Paul Lazarus III & Michael I. Rachmil
Drehbuch: Michael Crichton
Filmmusik: Fred Karlin
Kamera: Gene Polito
Schnitt: David Bretherton
Genre: Science Fiction/Western
Kinostart BRD 24. Januar 1974
Kinostart USA: 21. November 1973
Laufzeit: 88 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 16
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD
Mit: Richard Benjamin, James Brolin, Yul Brynner, Norman Bartold, Alan Oppenheimer, Victoria Shaw, Dick Van Patten, Linda Scott, Terry Wilson, Majel Barrett u.a.


Kurzinhalt: Im Vergnügungspark der Firma Delos können sich Besucher ins antike Rom, eine mittelalterliche Burg oder in den Wilden Westen begeben, um dort ihre Fantasien auszuleben. Neben anderen Gästen erwarten sie dort fortschrittliche Roboter, die kaum von echten Menschen zu unterscheiden sind, und die ihnen entweder für stürmische Nächte oder aber als Gegner in der jeweiligen Fantasiewelt zur Verfügung stehen. Einer dieser Roboter ist der Revolvermann, der von den Gästen wieder und wieder niedergeschossen wird. Zu den Gästen zählen unter anderem auch die beiden Freunde und Kollegen John Blane – ein Westworld-Veteran – und Peter Martin. Für letzteren ist es das erste Mal, und er braucht ein bisschen, um in die Fantasiewelt des Wilden Westens hineinzufinden. Mit der Zeit beginnt er aber, diese zunehmend zu genießen. Zumindest bis zu einem bedenklichen Vorfall, als die beiden von einer Roboter-Klapperschlange angegriffen und verletzt werden. Ein düsteres Vorzeichen dessen, was kurz darauf passieren soll, als sich die Roboter zunehmend der Kontrolle ihrer Schöpfer entziehen, und Jagd auf die Gäste des Freizeitparks machen…

Review: Szenenbild. An "Westworld" konnte mich in erster Linie das interessante Grundkonzept begeistern, welches sich an Vergnügungsparks wie "Disneyland" orientiert (so gibt es auch hier Themenwelten), sich jedoch nicht in erster Linie an Kinder, sondern an Erwachsene richtet. Das meiste rund um den Park wirkt gut durchdacht (ich mochte z.B. die Erklärung bezüglich der Schusswaffen), und die Szenen die uns einen Blick hinter die Kulissen werfen ließen wirkten ebenfalls sehr realistisch. Ich glaube sofort, dass es in Vergnügungspark auf der ganzen Welt genau so zugeht. Auch die Anwendung von Robotern in dieser Umgebung fand ich plausibel. Ich hege keinen Zweifel: Wenn es uns eines Tages gelingen sollte, lebensechte Roboter zu erschaffen, dann wird ein Bereich in denen wir sie einsetze werden zu Vergnügungszwecken sein – ja vielleicht sogar, um unsere schlimmsten Phantasien ausleben zu können. Nicht ganz so düster, aber zumindest im Ansatz, spiegelt "Westworld" genau das wieder, und erlaubt es – wenn wir uns jetzt mal auf die titelspendende Westernwelt konzentrieren – erwachsenen Männern, ihre Bubenträume auszuleben, als Cowboy durch den Wilden Westen zu streifen, und sich mit (von vornherein chancenlosen) Revolvermännern in Duellen zu messen.

Sehr gut gefallen hat mir darüber hinaus der Werbeclip zu Beginn. Und auch die schauspielerischen Leistungen wussten zu gefallen. Western-Veteran Yul Brynner ("Die glorreichen Sieben") spielt seinen Revolvermann sehr ruhig, und strahlt dennoch (oder gerade deswegen?) eine ungeheure Bedrohlichkeit aus. James Brolin gibt den Lebemann, und überraschte mich dabei vor allem damit, dass er Christian Bale teilweise zum Verwechseln ähnlich sieht. Und Richard Benjamin darf als Peter Martin als so ziemlich einzige Figur im Film eine Wandlung durchmachen, und sich vom völlig überforderten komödiantischen Sidekick zum Helden der Geschichte mausern. Auch dies war sehr zu meinem Geschmack. Und generell konnte mir der Showdown überwiegend gut gefallen. Wie Peter Martin vor dem Cowboy von einem Ressort ins nächste flieht, und der überwiegende Teil des Finales ohne gesprochene Worte auskommt, stach zweifellos hervor. Zumal dies auch zu einigen spannenden und atmosphärisch dichten Momenten führte. Trotz dieser positiven Aspekte hat mir jedoch insgesamt die Grundidee besser gefallen als der Film an sich – weshalb ich auch noch einiges an Potential für die anstehende HBO-Serie sehe. So gibt es, so durchdacht der Vergnügungspark grundsätzlich auch sein mag, doch noch ein paar Fragen, die offen bleiben. So erklärt man zwar, wie verhindert wird, dass die Besucher durch Schusswaffen verletzt werden – aber was ist mit den Schwertern? Oder auch einfach nur als Folge einer Schlägerei? Und wo wir gerade dabei sind: Wie ist es dem Revolvermann gelungen, eben diese Sperre aufzuheben, um auf Menschen schießen zu können? Und so cool die Augen der Roboter auch gemacht waren, ihr offensichtliches Glänzen widerspricht Blanes Kommentar von zuvor, dass diese nur an ihren Händen zu erkennen wären.

Szenenbild. Auch am Showdown hat mich das eine oder andere gestört. So sollte man meinen, dass Peter zuerst die Hände bzw. Augen checkt, ehe er die Frau freilässt. Seltsam auch, dass sie so einfach durch Wasser außer Gefecht zu setzen ist. Wenn die Roboter tatsächlich derart anfällig für Wasser sind, warum hat ihm das der Techniker zuvor nicht gesagt? Eher blöd auch, dass er sich die Chance, den Cowboy auszuschalten, nach dem Säureangriff entgehen lässt, und lieber einfach davonläuft. Und auch wenn mir bewusst ist, dass er sich in einer Ausnahmesituation befindet und um sein Leben rennt, aber… man hätte uns zumindest ein paar Sekunden gönnen können, in denen er geschockt auf die ganzen toten Besucher blickt. Mein größter Kritikpunkt ist aber, dass meines Erachtens der grauenhafte Umgang mit den Robotern zu wenig bzw. subtil thematisiert wurde. Selbst am Ende ist der Revolvermann recht eindeutig nach wie vor der Antagonist, und Peter der Held. Angesichts der schrecklichen Dinge, welche die Roboter über sich ergehen lassen müssen, hätte ich mir hier einen differenzierteren Zugang gewünscht.

Fazit: "Westworld" ist einer jener Filme, wo mir das Konzept dahinter letztendlich besser gefallen kann, als das Endprodukt an sich. Denn die Idee eines solchen Vergnügungsparks, in denen erwachsene – reiche – Menschen ihre Fantasien auf Kosten von versklavten Robotern ausleben können, sprach mich sofort an, und wirkte auch mich auch sehr realistisch. Ich hege keinen Zweifel, dass – wenn die Robotik eines Tages soweit kommen sollte – dies eines der Anwendungsgebiete sein könnte. Mit Ausnahme der einen oder anderen Unklarheit die sich mir aufdrängte wirkte der Freizeitpark zudem sehr gut durchdacht und realistisch. Die schauspielerischen Leistungen konnten mir ebenfalls sehr gut gefallen, und vor allem der – überwiegend ohne gesprochene Worte auskommende – Showdown stach für mich hervor. Schade fand ich in erster Linie, dass die Ausbeutung bzw. Versklavung der Roboter für meinen Geschmack zu wenig thematisiert wurde, und dadurch der Revolvermann eigentlich bis zuletzt der klare Antagonist der Geschichte bleibt. Insgesamt schien der Film an den Menschen/Besuchern stärker interessiert zu sein als der Behandlung der Roboter – was ich doch eher schade fand. Und auch die eine oder andere Ungereimtheit stach für mich hervor. Insgesamt zwar soweit recht unterhaltsam und mit einigen interessanten Ideen und gelungenen Szenen, bietet "Westworld" somit in meinen Augen für die anstehende HBO-Adaption da und dort noch Luft nach oben.

Wertung:6 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 1973 MGM)


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