Moderne Neuinterpretation von Bernard RoseKategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Dienstag, 20 Oktober 2015
Originaltitel:
Frankenstein
Produktionsland/jahr:
USA 2015
Bewertung:
Studio/Verleih:
Bad Badger/Signature Entertainment
Regie:
Bernard Rose
Produzenten:
U.a. Christian Angermayer, Gabriela Bacher, Klemens Hallmann & Heidi Jo Markel
Drehbuch:
Bernard Rose, nach dem Roman von Mary Shelley
Filmmusik:
Halli Cauthery
Kamera:
Candace Higgins
Schnitt:
n.b.
Genre:
Horror/Drama
Kinostart Deutschland:
noch nicht bekannt
Kinostart Türkei:
05. November 2015
Laufzeit:
89 Minuten
Altersfreigabe:
Noch nicht eingestuft
Trailer:
noch nicht verfügbar
Kaufen:
Noch nicht erhältlich
Mit: Xavier Samuel, Danny Huston, Carrie-Anne Moss, Tony Todd u.a.
Kurzinhalt:
In einem geheimen Labor in der Nähe von Los Angeles arbeitet das Wissenschaftler-Ehepaar Frankenstein daran, einen künstlichen Menschen zu erschaffen. Zu Beginn scheint es so, als wären sie damit voll und ganz erfolgreich gewesen, dann jedoch scheint ihre Kreatur aufgrund eines genetischen Defekts zunehmend zu degenerieren. Die beiden sehen keine andere Möglichkeit, als ihr Experiment zu vernichten – doch diesem gelingt aufgrund seiner gesteigerten menschlichen Kraft die Flucht. Ohne Wissen über die Welt, die ihn außerhalb des Labors erwartet, stolpert "Monster", wie er sich selbst nennt, jedoch in eine tragisch verlaufende Begegnung nach der anderen – ehe es ihn wieder zurück zu seinen "Eltern" zieht, um eine Antwort auf all jene Fragen zu erhalten, die auch die Menschheit seit Anbeginn beschäftigt…
Review:
Zuerst einmal: Ich habe Mary Shelleys Roman leider nie gelesen (etwas, dass ich hoffentlich eines Tages nachholen werde), und auch meine letzten Sichtungen entweder der Klassiker aus den 30er Jahren oder auch der Kenneth Brannagh-Interpretation aus den 90ern ist schon wieder eine ganze Weile her, weshalb es mir nicht wirklich möglich ist, zwischen diesen und Bernard Rose moderner Adaptierung einen Vergleich zu ziehen. Ich kann und muss diese somit für sich selbst bewerten – und in dieser Hinsicht schneidet sie durchaus gut ab. Jener Aspekt, der die Gemüter dabei wohl am meisten spalten wird, dürfte die Verwendung von Originaltexten von Mary Shelley für den inneren Dialog des Monsters sein. Den einen oder anderen dürfte die dort sehr gehobene Sprache angesichts der Tatsache, dass er es ansonsten kaum schafft, zu sprechen und sich auf diese Weise auszudrücken, wohl irritieren. Ich persönlich habe es – wie es wohl auch gedacht war – weniger wortwörtlich denn als Ausdruck genau jener inneren Gedanken und Gefühle, die er eben nicht nach außen hin transportieren kann, verstanden, und als Darstellung seiner sanften, besinnlichen Seele, weshalb es für mich sehr gut funktioniert hat. Ich kann aber auch jeden verstehen, der dies anders sieht.
Sehr gut gefallen hat mir auch der Ansatz, die Geschichte auch wirklich und ausschließlich aus der Perspektive des Monsters zu erzählen. Wir sehen und hören nur das, was auch er sieht und hört, und weichen von dieser Erzählperspektive keine Sekunde lang ab. Dies hat zumindest in meinem Fall die Verbundenheit zur Figur verstärkt, da ich mich so fühlte, als stünde ich quasi in seinen Schuhen. Auch sein kindliches Gemüt wurde sehr gut dargestellt, sowohl vom Drehbuch als auch vom Hauptdarsteller Xavier Samuels, dem es gelang, für seine Figur schnell meine Sympathien zu gewinnen und sie – trotz seiner Taten – nie vollständig zu verlieren. Denn letztendlich kann man darüber diskutieren, wie viel von den tragischen Zwischenfällen tatsächlich ihm anzulasten ist. Generell ist "Frankenstein" durchaus ein Film, der zum Nachdenken anregt. Über unsere Verantwortung als Menschen generell, und als Eltern im Besonderen. Der die Frage stellt, inwiefern es durch das Umfeld, die geistige Zurechnungsfähigkeit usw. mildernde Umstände für schreckliche Taten geben kann, oder eben nicht. Und natürlich auch, was den Menschen ausmacht, und ob wir mehr sind als die körperliche Hülle, aus der wir bestehen. Allesamt Fragen, die "Frankenstein" stellt, ohne sie zu beantworten – letzteres ist einzig und allein dem Zuschauer überlassen. Eben dies fand ich überaus lobenswert und positiv. Sehr gut gelungen ist ihnen meiner Ansicht nach auch, die Entstehung des Monsters aus der Vorlage in die Gegenwart zu übertragen. Und auch die Besetzung hat mir gut gefallen, wobei neben dem bereits lobend erwähnten Xavier Samuel in erster Linie noch Danny Huston, Carrie Ann-Moss und Tony Todd bestechen.
Alle, die aufgrund meines Reviews nun neugierig geworden sind, sollten sich jedoch unbedingt bewusst machen, dass es sich bei "Frankenstein" – trotz der einen oder anderen ziemlich brutalen Einlage – definitiv mehr um ein Drama als um einen waschechten Horrorfilm handelt. Gerade auch, was die Spannung betrifft, sollte man sich daher nicht zu viel erwarten – bei "Frankenstein" entsteht der Horror in erster Linie aus der tragischen Existenz des Monsters, die von vornherein zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. Zudem lässt der Film, nach starkem Einstieg und einem ebenso starken Ausklang, im Mittelteil ein bisschen nach. Auch, ob es notwendig war, ihn immer wieder und wieder und wieder auf den ewig gleichen Cop treffen zu lassen, kann man kritisch hinterfragen. Vor allem ihr letztes Aufeinandertreffen empfand ich als eher unnötig. Und so sehr ich das Ende grundsätzlich auch fand, so hatte ich leider dennoch den Eindruck, dass der Einsatz von ziemlich mies getrickstem CGI-Feuer der emotionalen Wirkung der Szene schadete, da es zumindest mich dadurch zumindest ein wenig aus dem Moment riss. Davon abgesehen hat mir diese moderne Interpretation der klassischen Geschichte aber gefallen.
Fazit:
"Frankenstein" hat mich nicht "nur" gut unterhalten, es gelang ihm zudem nach langer Zeit, wieder mein Feuer für die ursprüngliche Geschichte zu wecken, so dass ich jetzt Interesse daran habe, mir nicht nur zum ersten Mal Mary Shelleys Vorlage durchzulesen, sondern mir vor allem auch die beiden Klassiker aus den 30ern sowie die Kenneth Brannagh-Adaption wieder einmal anzusehen. Bernard Rose ist mit seinem "Frankenstein" in meinen Augen jedenfalls eine gelungene moderne Neuinterpretation der Geschichte gelungen. Besonders gut gefallen haben mir dabei die schauspielerischen Leistungen, die durchgehend beibehaltene Erzählperspektive des Monsters, sowie die Verwendung von Originaltexten. Letzterer Punkt ist aber sicherlich etwas, worüber man geteilter Meinung sein kann; für viele wird dieses Stilmittel wohl aufgrund seiner sprachlichen Defizite nicht funktionieren. Zudem sollte einem im Vorfeld bewusst sein, dass man hier eher ein Drama mit Horror-Elementen als einen waschechten Horrorfilm vor sich hat. Und im Mittelteil lässt der Film nach starkem Beginn und vor dem dann wieder starken Ausklang (dem lediglich das CGI-Feuer etwas schadet) doch ein bisschen nach. Insgesamt hat Bernard Rose mit "Frankenstein" jedoch kein Monster, sondern vielmehr einen durchaus interessanten und lohnenswerten Film erschaffen.