Einladung zu einer Dinnerparty des GrauensKategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 08 Oktober 2015
Originaltitel:
The Invitation
Produktionsland/jahr:
USA 2015
Bewertung:
Studio/Verleih:
XYZ Films/Drafthouse Films
Regie:
Karyn Kusama
Produzenten:
U.a. Martha Griffin, Phil Hay, Matt Manfredi & Nick Spicer
Drehbuch:
Phil Hay & Matt Manfredi
Filmmusik:
Theodore Shapiro
Kamera:
Bobby Shore
Schnitt:
Plummy Tucker
Genre:
Horror/Thriller
Kinostart Deutschland:
Noch nicht bekannt
Kinstart USA:
März 2016
Laufzeit:
100 Minuten
Altersfreigabe:
Noch nicht eingestuft
Trailer:
Noch nicht verfügbar
Kaufen:
Noch nicht verfügbar
Mit: Logan Marshall-Green, Tammy Blanchard, Michiel Huisman, John Carrol Lynch, Emayatzy Corinealdi, Lindsay Burdge, Michelle Krusiec, Karl Yune, Mike Doyle u.a.
Kurzinhalt:
Nach einem tragischen Schicksalsschlag hat sich Will vor zwei Jahren von seiner Frau Eden getrennt. Kurze Zeit später ist diese untergetaucht. Nun ist sie – zusammen mit einem neuen Freund, David – wieder zurück, und lädt ihn sowie andere Freunde und Bekannte zu einer Dinnerparty in ihrem schmucken Häuschen in Los Angeles ein. Auch Will hat der Höflichkeit halber zugesagt, und bringt auch seine neue Freundin Kira mit. Doch bereits auf dem Weg zum Haus lasten die Schatten der Vergangenheit schwer auf Wills Schultern, und spätestens nach ihrer Ankunft wird er zunehmend von den Erinnerungen, die in diesem Haus auf ihn warten, geplagt. Aber auch davon abgesehen beschleicht ihn während der Dinnerparty zunehmend ein mulmiges Gefühl. Neben David hat Eden auch noch zwei weitere Freunde mitgebracht, die sie während ihrer Abwesenheit kennengelernt hat. Dann spielt man ihnen ein ziemlich beunruhigendes Video vor. Doch ist die Gefahr real, oder bildet sich Will sie nur ein?
Review:
Auf jeder Party – Dinner oder sonstwas – muss es eine Spaßbremse geben, und ich fürchte, im Falle von "The Invitation" bin das ich. Der neueste Film von Karyn Kusama – nach dem dürftigen "Aeon Flux" und dem mittelmäßigen "Jennifer's Body" – war der Eröffnungsfilm des heurigen /slash Filmfestivals, und was man nach dem Film im Foyer so hörte, schien er beim überwiegenden Teil des Publikums gut angekommen zu sein. Mir war das Geschehen jedoch teilweise zu blöd, und vor allem auch zu vorhersehbar. Nach rund 30 Minuten meinte ich genau zu wissen, was es mit dieser Dinnerparty auf sich hat – und sollte damit voll und ganz Recht behalten. Wenn etwas für jemanden so offensichtlich ist, wie es in diesem Fall für mich war, leiden letztendlich halt auch die Figuren enorm darunter, wenn sie nicht die gleichen Schlüsse ziehen – da sie dann doch eher intelligenzbehindert wirken. Mein größter Kritikpunkt am Film ist allerdings, dass man auch mit einer alternativen Auflösung flirtet, die mir deutlich besser gefallen (und die ich auch origineller gefunden) hätte, nur um dann erst recht wieder ausgetretene Pfade zu betreten. Da war ich wirklich sehr enttäuscht.
Doch bevor wir uns den Punkten zuwenden, die mich weniger überzeugt haben – und somit unweigerlich in Spoiler-Territorium vordringen müssen – seien zuerst jene Aspekte des Films erwähnt, die für mich gut funktioniert haben: Auch wenn sich die Figuren nicht immer sonderlich clever verhielten (ernsthaft: Ich hätte mich lang bevor die Dinge eskalierten aus dem Staub gemacht), so waren sie doch wenigstens gut ausgearbeitet und glaubwürdig. Als besonderes Highlight empfand ich dabei das homosexuelle Pärchen, die einige der besten Szenen des Films bekamen, aber generell kamen die unterschiedlichen Persönlichkeiten der einzelnen Party-Teilnehmer sehr schön heraus, und machte der Film einen guten Job wenn es darum ging, sie uns vorzustellen. Auch an den schauspielerischen Leistungen gibt es nicht das Geringste auszusetzen. Vor allem die intensive Performance von Logan-Marshall Green (der mit seinem Bart Tom Hardy zum Verwechseln ähnlich sieht) hatte es mir angetan, aber Michiel Huisman (aka jedermanns bevorzugter Daario Naharis), Tammy Blanchard, Lindsay Burdge und der wieder einmal sehr bedrohlich wirkende John Carrol Lynch waren phantastisch. Auch Karyn Kusama kann ich für "The Invitation" keinen Vorwurf machen, holt sie doch inszenatorisch das absolute Optimum aus dem dürftigen Drehbuch heraus. Der ganze Film ist verdammt gut inszeniert, bietet einige nette Einstellungen, und zeichnet sich vor allem auch von Anfang an durch eine drückend-düstere Stimmung aus. Karyn Kusama versteht es zweifellos, Spannung zu erzeugen, und nachdem man sich als Zuschauer – so wie auch Will – von Beginn an irgendwie unwohl fühlte, intensiviert sich das beklemmend-klaustrophobische Gefühl dann zusehends, um schließlich in einem ungemein packenden und mitreißenden Finale zu kulminieren, dass wirklich meisterlich inszeniert war. Zu schade, dass mich der Film nur halt leider zu diesem Zeitpunkt schon längst verloren hatte…
SPOILER-WARNUNG! BETRETEN AUF EIGENE GEFAHR! ELTERN HAFTEN FÜR IHRE KINDER!
Zugegeben, zu wissen – oder zumindest stark zu vermuten – wo sich ein Film hinbewegen wird, muss nicht immer ein K.O-Kriterium sein. Ansonsten würde so ziemlich jeder Film mit einem Twist, von "Das Imperium schlägt zurück" über "The Sixt Sense" bis hin zu "Interstellar", nach der Erstsichtung nie wieder funktionieren. Ein gutes Gegenbeispiel ist auch der österreichische Horrorfilm "Ich seh, ich seh" (der an dieser Stelle allen Lesern noch einmal wärmstens empfohlen sei), den ich beim letztjährigen Festival zum zweiten Mal gesehen hatte, wo er mich (nach der unfertigen Fassung bei einem Testscreening) trotz Kenntnis der Auflösung begeistern konnte. Einer der zentralen Unterschiede mag sein, dass die Auflösung dort zwar für den Zuschauer überraschend kam (oder zumindest so gedacht war), nicht jedoch für die Protagonisten. Insofern war es auch nicht so schlimm, wenn man sie schon geahnt hat. Hier ist es aber nun so: In dem Moment, wo wir ahnen, wo sich das ganze hinbewegt, die Figuren jedoch nicht, leidet ihr Ansehen darunter. Mir fiel es einfach ungemein schwer, mit ihnen mitzufühlen, nachdem sie zu dämlich waren, die ganzen Warnzeichen zu erkennen – vor allem, da es in diesem Fall einfach wirklich sehr früh (Stichwort Video) sehr offensichtlich war, wo sich das ganze hinbewegt.
In solchen Fällen kommt dann halt immer mein inneres Arschloch zum Vorschein, dass sich vielmehr darüber freut, dass diese Dummheit aus dem genetischen Pool entfernt wird. Insofern fieberte ich mit ihnen dann nicht mehr wirklich mit – was dann gerade auch der Effektivität eines Showdowns nicht sonderlich zuträglich ist. Zudem fand ich es auch sehr unplausibel, dass – mit Ausnahme von Will, und selbst der erkannte erst ganz genau, was hier vor sich geht, als er über das zweite Video stolperte – von all den Gästen kein einziger dahinterkommt. Ich verlange ja nicht, dass jeder so intelligent ist wie ich – aber wenn du so viele verschiedene Leute auf einem Fleck hast, sollte man halt schon erwarten können, dass zumindest einer von ihnen es schnallt. Und genau das ist eben die Krux daran: Es geht weniger darum, dass ich die Auflösung meilenweit im Voraus kommen sah, sondern vielmehr, dass es sonst keiner tat. Erschwerend kommt nun eben noch hinzu, dass "The Invitation" kurzzeitig mit der Möglichkeit flirtet, dass Will sich die Gefahr nur einbildet, und dies ein Twist gewesen wäre, der mir deutlich besser gefallen hätte – gerade auch, wenn man die tragische Vorgeschichte rund um den Tod seines Sohnes in Betracht zieht. Für dessen Tod gibt er sich ja (irrationalerweise) die Schuld, da er ihn nicht beschützen konnte. Ich hätte es sehr genial gefunden, wenn eben dies ihn nun paranoid gemacht und dafür gesorgt hätte, dass er überall Bedrohungen sieht, wo keine sind – und dies dann zu einer Katastrophe führt, die ihm und den Personen in seiner Umgebung nur noch mehr Schmerz verursacht. Nicht nur hätte ich das viel schöner und aussagekräftiger gefunden, es wäre auch die ungewöhnlichere Auflösung gewesen – denn Filme, in denen sich die von einer Person wahrgenommene Gefahr, der natürlich niemand glaubt, als real herausstellt, gibt es wie Sand am Meer. Allerdings war in dem Moment, wo Ginas Freund auftaucht klar, dass man eben diesen von mir kurz erhofften Pfad doch nicht einschlagen würde – was mich einfach ungemein enttäuscht hat.
Abschließend noch ein paar zusätzliche Kritikpunkte: So fand ich persönlich die Koyote-Szene zu Beginn sehr unnötig. Mir ist nach wie vor nicht klar, wozu sie gut sein soll, bzw. was uns der Film damit sagen wollte, und ich denke nicht, dass sie den Film fehlen würde, wenn man sie herausnähme und direkt beim Haus beginnen würde. Auch die immer wieder eingestreuten Flashbacks fand ich teilweise verwirrend (so habe ich bei einer z.B. seine Ex-Frau Eden mit Sadie verwechselt). Trotz all dieser Schwächen und meiner Frustration ob der vorhersehbaren (und mir unliebsameren) Auflösung wäre ich aber dank der Spannung im letzten Drittel und der durchgehend bedrückenden Stimmung wohl noch bereit gewesen, "The Invitation" eine durchschnittliche Wertung zu geben – und dann kam das Ende. Einige mag es mitgerissen und schockiert haben – ich fand es einfach nur dämlich, und musste mich echt zurückhalten nicht laut loszulachen, da ich nicht das Arschloch sein wollte, dass all jenen Kinobesuchern für die dieser Moment funktionierte ihn nicht ruinieren wollte. Aber echt, ich fand's einfach nur lächerlich.
Fazit:
"The Invitation" ist kein völliger Reinfall – was in erster Linie der phantastischen Inszenierung von Karyn Kusama zu verdanken ist. Von Beginn an schafft sie es, die bedrückende Stimmung der Dinner-Party auf den Zuschauer zu übertragen, so dass man sich irgendwie unwohl fühlt. Und vor allem auch das letzte Drittel, wenn die Dinge dann schließlich eskalieren, ist mordsspannend. Kusama weiß zweifellos, wie man eine dichte, nervenzerreißende Spannung erzeugt, und es wäre schön zu sehen, was sie anstellen kann, wenn sie man ein gutes Drehbuch in die Hände bekommt. Denn genau dieses ist der Knackpunkt an "The Invitation". Ich fand die Richtung, die der Film einschlagen würde, viel zu früh viel zu vorhersehbar, und die Tatsache dass sonst kein einziger der Party-Gäste auf die selbe Idee kam ließ sie für mich sehr dämlich wirken – was es mir in weiterer Folge schwer machte, mit ihnen mitzufühlen. Erschwerend kommt nun noch hinzu, dass ich eine andere Auflösung, mit der der Film kurz flirtet, entschieden vorgezogen hätte, und dementsprechend enttäuscht war, als man dieser dann nicht folgte. Und auch die letzte Einstellung, die ich einfach nur lächerlich und unfreiwillig komisch fand, kostete "The Invitation" dann noch einmal einen Wertungspunkt zusätzlich. Trotz der atmosphärisch dichten Inszenierung, dem packenden Showdown, den durch die Bank phantastischen schauspielerischen Leistungen sowie der tollen Stimmung, die der Film von Beginn an zu verströmen vermag, muss ich euch somit leider insgesamt empfehlen, diese Einladung nicht anzunehmen.