Mit: Neve Campbell, Courteney Cox, David Arquette, Skeet Ulrich, Matthew Lillard, Rose McGowan, Drew Barrymore, Roger Jackson u.a.
Kurzinhalt:
In der amerikanischen Kleinstadt Woodsboro treibt ein wahnsinniger Serienkiller mit einer Edward Munchs berühmtem "Der Schrei"-Gemälde nachempfundener Maske sein Unwesen, der seine Opfer zuerst per Telefon terrorisiert und ihnen alle möglichen Trivia-Fragen zu Horrorfilmen stellt, nur um sie dann mit einem Messer aufzuschlitzen. Auch Sydney Prescott wird von ihm angegriffen, kann ihm jedoch mit knapper Not entkommen. Die Frage, die nun die Schüler von Woodsboro High beschäftigt ist: Wer steckt hinter der Maske? Ist der Killer vielleicht sogar einer von ihnen? Während Sheriff Burke und Deputy Dewey die Ermittlungen leiten und die sensationsgeile Journalistin Gale Weathers keine Skrupel hat, die grauenhaften Morde für ihre eigene Karriere auszuschlachten, tun die Teenager der Kleinstadt ihr Bestes, um ihr Leben trotz der Bedrohung durch den Killer so normal wie möglich fortzuführen. Durch eine große Party hoffen sie, ihre Laune heben zu können. Doch auch der Killer nimmt daran teil, und hat sie als Schauplatz für den letzten Akt ausgewählt…
Review:
Meine Lieblingsstelle von "Scream" wird wohl auf immer und ewig der Anfang bleiben. Was für ein Hammer Einstieg! Ich halte die ersten 13 Minuten von "Scream" für das Beste, was Wes Craven in seiner gesamten filmischen Karriere jemals erschaffen hat. Es wäre ein perfekter Horrorkurzfilm. Das beginnt schon bei der Entscheidung, mit Drew Barrymore eine bekannte Schauspielerin zu casten, von der man eigentlich erwarten würde, dass sie bis zum Ende überlebt, und sie dann in den ersten paar Minuten des Films abzumurksen. Generell ist der gesamte Aufbau dieser Szene einfach nur phantastisch, vom anfangs noch amüsanten Telefonanruf über den Schockeffekt als der Killer auf ihre Frage, warum er ihren Namen wissen will, mit "Damit ich weiß wem ich gerade zusehe." antwortet, die Offenbarung ihres gefesselten Freundes, der ungeheure Anstieg an Spannung, bis hin zur wirklich brutalen Sterbeszene, die keinen Zweifel daran lässt, dass wir nicht mit den Täter mitfiebern, sondern dem Opfer mitfühlen sollen… der Einstieg war absolut phantastisch.
Dass es dem Film in weiterer Folge nicht mehr gelingt, an diesen anzuknüpfen, ist zwar schon ein kleines Problem – welches ich jedoch angesichts einiger anderer Stärken die in weiterer Folge zu Tage treten zu vergeben bereit bin. Die hervorstechendste Eigenschaft von "Scream" ist sicherlich der Meta-Ansatz. Im Gegensatz zu den meisten anderen Horrorfilmen der damaligen Zeit (oder auch der Vergangenheit), wo man immer das Gefühl hatte, dass die Protagonisten selbst in ihrem ganzen Leben noch nie einen Horrorfilm gesehen haben, ist ihre Kenntnis und ihre Vorliebe für das Horrorgenre hier ein zentrales Thema des Films. Dementsprechend nutzt "Scream" das Setting, um den Zuschauer über einige der typischen Regeln für Horror- und insbesondere /slasher-Filme aufzuklären (einen Raum mit den Worten "Ich bin gleich zurück" zu verlassen ist ebenso ein sofortiges Todesurteil, wie Sex zu haben), und mit diesen in weiterer Folge geschickt zu spielen, in dem ihnen teilweise gefolgt wird, und teilweise nicht, und man sich zudem im einen oder anderen Fall über diese oder auch sich selbst lustig macht (wie z.B. beim Schnitt von einem sich über den obligatorischen Titten-Shot freuenden Randy zur Sexszene innerhalb des Films, wo man uns einen ebensolchen verwehrt). Eben dieser Ansatz (der teilweise an "Freddy's New Nightmare" erinnert, wobei der Zugang hier ein amüsanter, parodistischer ist) war sehr originell und innovativ, und hebt "Scream" auch heute von aus der von ihm ausgelösten Teenie-Slasher-Welle der 90er ab – wobei man sehr genau, und meines Erachtens auch erfolgreich, darauf achtet, dass der Humor (trotz einiger glatter Gags wie z.B. der Wes Craven-Cameo im Freddy-Pulli) niemals auf Kosten des Horrors und der Spannung geht.
Was zumindest mir damals wie heute ebenfalls recht innovativ, originell und ungewöhnlich erschien, ist die Verknüpfung eines typischen Horror-Slashers mit einem Whodunit-Thriller. Bei den wenigstens Slashern die ich kenne war die Identität des Killers unbekannt und die Frage nach dem Täter somit ein großes Thema. "Scream" bezieht seinen Unterhaltungswert nun eben nicht nur daraus, dass wir Teenagern beim Überlebenskampf zusehen dürfen, sondern auch aus der Frage, wer hinter der Maske steckt – was zumindest ich deutlich spannender und interessanter fand, als neunzig Minuten lang einfach nur jungen Menschen beim Sterben zuzusehen. Gerade auch mir als altem Krimi-Hasen hat es bei der Erstsichtung Spaß gemacht, mich mit wieder Frage auseinanderzusetzen, und verschiedene Varianten durchzuspielen. Ein cleverer Twist am Ende, der zwar eh schon allgemein bekannt sein dürfte, den ich aber nichtsdestotrotz hier nicht einfach so herausschreien will, sorgt ebenfalls dafür, die Identität des Killers so undurchsichtig wie möglich zu halten. Jedenfalls wertet auch dieses nette Verwirrspiel rund um die Identität des Killers den Film für mich definitiv auf.
Was ebenfalls hervorsticht, ist, dass es sich bei Ghostface um einen Killer aus Fleisch und Blut handelt. Er ist eben kein unkaputtbarer, unaufhaltsamer und partout nicht umzubringender Slasher-Killer wie Michael Myers, Jason Vorhees oder Freddy Krueger. Er stolpert, er fällt, man kann ihn verletzten, und so weiter. Für einige (die meisten?) mag der unaufhaltsame Killer bedrohlicher sein, aber ich finde immer das erschreckender, was näher an der Realität ist, weshalb mich persönlich der ganz gewöhnliche Killer mit Maske und schwarzem Kostüm mehr erschreckt und verängstigt. Generell versteht es Wes Craven bei "Scream" – wie schon bei seinen "Nightmare"-Filmen – wieder einmal eine nette, beängstigende Atmosphäre zu verströmen und einige mordsspannende Momente abzuliefern, die sich zudem teilweise durch clevere Einfälle wie z.B. dem Videofeed mit 30-Sekunden-Verzögerung auszeichnen. Ebenfalls positiv fallen die schauspielerischen Leistungen auf – wohl gerade auch, da sich frühere Splatter in dieser Kategorie oftmals nicht gerade sonderlich ausgezeichnet haben. "Scream" vereinte hier nun einige damals schon bekannte SchauspielerInnen (Z.b. Drew Barrymore, Courteney Cox, David Arquette) mit einigen Neuentdeckungen die in weiterer Folge groß raus kommen sollten (Neve Campbell, Rose McGowan, Matthew Lillard, Liev Schreiber, …). Schauspielerisch sticht dabei vor allem Neve Campbell mit einer sehr glaubwürdigen und sympathischen Leistung hervor, wobei ich auch Drew Barrymore im Anfangssegment phantastisch fand. Letztendlich sind aber alle Darsteller hier mindestens ok; lediglich nach der Auflösung des Killers verfällt man in etwas zu übertriebenes Overacting.
Womit wir auch schon die Brücke zu den Kritikpunkten geschlagen hätten. So fand ich einerseits, dass man bei der Darstellung von Sydney als braves, züchtiges Mädel doch etwas über das Ziel hinausgeschossen hat. Ich meine, die beiden sind jetzt seit zwei Jahren zusammen, und nie über fummeln hinausgekommen? Ich bitte euch. Auch wenn man ihr einen halbwegs nachvollziehbaren Grund für ihre Enthaltsamkeit mitgibt, reden wir hier immer noch über hormongesteuerte Teenager. Das fand ich dann doch sehr unplausibel. Nicht 100%ig überzeugt hat mich leider auch die Motivation des Killers – zumal mir trotz dieser Erklärung nicht klar war, warum er denn nun eigentlich genau mordet, und vor allem auch, warum er gerade jene Menschen tötet die er tötet. Zudem wünschte ich, man hätte sich eine bestimmte unmittelbare Verknüpfung zu den tragischen Ereignissen von einem Jahr zuvor gespart. Das war nämlich wirklich etwas aufgesetzt und zu viel des Guten. Last but not least: Angesichts der Tatsache wie oft man die Figuren darauf hinweisen lässt, dass "Scream" in der realen Welt und keinem Horrorfilm spielt, hätte ich mir gewünscht, dass man am Ende ganz bewusst dem Klischee des letzten Aufbäumen des Killers entsagt hätte. Aber gut, angesichts der Qualität des restlichen Films ist dieser Fauxpas zu verschmerzen.
Fazit:
"Scream" zählt zu recht zu den ganz großen, wegweisenden Horrorfilmen der 90er, der die Teenie-Slasher-Welle der 90er begründete. Was ihn dabei auszeichnet und auch von den in seinem Fahrwasser entstandenen Nachahmern abhebt, ist sein Meta-Zugang, wird doch fleißig über Horrorfilmen und z.B. die typischen Slasher-Regeln diskutiert, und diese dann in weiterer Folge abwechselnd eingehalten oder gebrochen – wobei diese parodistischen Ansätze sowie auch der eine oder andere reine Gag nie auf Kosten der Spannung gehen. Ebenfalls clever und interessant fand ich, einen klassischen Slasher-Film mit einem Whodunit-Thrillerplot zu verschmelzen. Die Frage nach der Identität des Killers sorgt gerade auch bei der Erstsichtung über Spannung weit über die reine Frage, wer leben und (als nächstes) sterben wird, hinaus. Neben dem cleveren Drehbuch stechen vor allem noch die durchwegs guten bis teils phantastischen schauspielerischen Leistungen sowie die stilvolle und effektive Inszenierung von Wes Craven hervor. Am besten gefällt mir an "Scream" aber wieder und wieder der Einstieg, der uns quasi einen perfekten, 13-minütigen Horrorkurzfilm präsentiert den ich für das Beste halte, was uns Wes Craven je beschert hat. Ganz perfekt ist "Scream" indes nicht. Be der Darstellung von Sydney als unschuldiges Mädel schoss man in meinen Augen übers Ziel hinaus, die Motivation des Killers fand ich auch nur eher so na ja, auf die Verknüpfung der aktuellen Mordserie mit einem Verbrechen von einem Jahr zuvor hätte ich lieber verzichtet, und auch das letzte Aufbäumen des Killers hätte man sich sparen sollen. Davon abgesehen hat "Scream" für mich aber auch fast 20 Jahre später nichts an Faszination und Qualität eingebüßt.