Kurzinhalt:
Vor 10 Jahren befand sich die T.C.S. Tiger's Claw kurz davor, die kilrathische Raumstation K'Tithrak Mang anzugreifen, als diese zerstört wurde. Die Spielfigur befand sich gerade auf Patrouille, und konnte nur mehr tatenlos zusehen, wie Tarnkappenbomber das Schiff vernichteten. Doch da sein Flugschreiber beschädigt wurde, wollte ihm niemand glauben. Zwar konnte ihm vorm Kriegsgericht weder Verrat noch Fahrlässigkeit nachgewiesen werden, doch die Zweifel blieben bestehen – vor allem auch bei Admiral Tolwyn. In Ungnade gefallen, wurde er zum Sicherheitsdienst auf der abgelegenen Caernarvon-Station versetzt. Nun kreuzen sich nach all der Zeit wieder seine Wege mit einigen alten Bekannten von der T.C.S. Tiger's Claw, und schließlich wird er auf das neue Flaggschiff, die T.C.S. Concordia, versetzt. Dies gibt ihm nicht nur die Gelegenheit, seinen Namen endlich reinzuwaschen, sondern auch, endlich den Angriff auf K'Tithrak Mang zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Doch an Bord der Concordia befindet sich ein Verräter…
Anmerkung:
Das nachfolgende Review sowie die Bewertungen beziehen sich nicht nur auf das Grundspiel, sondern berücksichtigen auch die beiden "Special Operations"-Erweiterungskampagnen.
Review:
Nur ein Jahr nach dem ersten Teil – und dazwischen wurden dann auch noch die beiden "Secret Missions"-Erweiterungen veröffentlicht, die ja ebenfalls erst mal geschrieben und programmiert werden mussten – veröffentlichten Origins System ihren Nachfolger zu "Wing Commander". In "Vengeance of the Kilrathi" schlüpft der Spiele wieder in die selbe blauhaarige Figur (der Name war dabei damals vom Spieler noch frei wählbar), wobei man im Krieg mit den Kilrathi zehn Jahre in die Zukunft springt – vermeintlich, um einen guten Grund zu haben, um die komplette Kampffliegerriege austauschen zu können. Obwohl nur relativ wenig Zeit zwischen Teil 1 und 2 lagen, hatte sich in der Zwischenzeit doch einiges getan. Zwar auffällig, aber fast noch am unwesentlichsten, ist dabei die verbesserte Grafik. Die grundlegende Auflösung wurde zwar beibehalten, doch die Raumschiffsmodelle mit deutlich mehr Details und Texturen versehen – wovon vor allem die Großkampfschiffe enorm profitieren. Auch die Explosionen wurden überarbeitet, bekamen mehr Frames spendiert und wirken nun deutlich beeindruckender – da macht es gleich noch einmal so viel Spaß, Kilrathi aus dem All zu schießen.
Die wahren, wesentlichen Änderungen liegen jedoch woanders. Bereits in den "Secret Missions"-Erweiterungen hat man eine im Vergleich zum Grundspiel ausgefeiltere Geschichte erzählt. Mit "Vengeance of the Kilrathi" setzt man hier jetzt noch einmal deutlich eins drauf. Schon allein die Ausgangssituation versteht es, den Spieler von Anfang an zu packen. Trotz des Titels, der ja eigentlich eine Blutrache der Kilrathi ankündigt, ist es dabei letztendlich eher der Spieler selbst, der nach Vergeltung trachtet. Natürlich war man bereits im ersten Spiel durchaus motiviert, die Kilrathi zu besiegen und so der Konföderation dabei zu helfen, sie aus dem Vega-Sektor zu vertreiben. In "Vengeance of the Kilrathi" bekommt der Konflikt jedoch – durch die Zerstörung der T.C.S. Tiger's Claw und den Vorwürfen gegenüber der Spielfigur, da niemand seinen Berichten über Tarnkappenbomber Glauben schenken mag – eine persönliche Note. Zumindest ich war somit in der Geschichte deutlich stärker motiviert, als noch beim ersten Teil. Auch die Figuren werden deutlich besser ausgearbeitet. Waren diese im erster Linie dazu da, um dem Spieler einen Eindruck davon zu geben, wie der Krieg verläuft, sowie über neue Schiffe, kilrathische Asse und/oder Taktiken zu informieren, kommen hier ihre individuellen Persönlichkeiten nun viel besser zur Geltung, und sind sie viel stärker in die Handlung selbst eingebunden. Und auch die Geschichte selbst ist wesentlich ausgereifter und komplexer als noch beim ersten Spiel, wo sie letztendlich eigentlich nur die Rahmenhandlung für eine Mission nach der anderen bot, und durch Siege gegen die Kilrathi den Spieler für seine Erfolge belohnte. Hier wird hingegen nun auch wirklich eine Handlung erzählt, die noch dazu mit einigen überraschenden und/oder tragischen Wendungen aufwarten kann. Somit wird der Spieler nicht einfach nur mit Beförderungen, Orden und dem positiven Ende der Kampagne belohnt, sondern vielmehr mit einem Fortschreiten der Geschichte – was zumindest meine Motivation im Vergleich zum Vorgänger noch einmal deutlich erhöhte.
Doch die Story ist nicht nur um einiges komplexer, sie wird vor allem auch viel besser und packender erzählt. Hauptverantwortlich dafür sind die – deutlich besser animierten, kinoreif inszenierten und vor allem viel zahlreicheren – Zwischensequenzen. Das beginnt schon beim Intro. Beim ersten Spiel war dieses nicht mehr als eine Credits-Sequenz, hier wird noch bevor wir zum ersten Mal im Cockpit sitzen in einer fast 10-minüten Sequenz die Geschichte von vor 10 Jahren aufgerollt, mit der Zerstörung der Tiger's Claw, der Versetzung der Spielfigur, und so weiter. Hier erhaschen wir auch unseren ersten richtigen Blick auf die Kilrathi. Auch dies unterscheidet den zweiten Teil vom ersten: Dort waren sie doch eher gesichtslose Feinde – hier erleben wir einige Momente aus ihrer Perspektive, und lernen so auch unsere Gegner besser kennen. Auch in weiterer Folge gibt es zahlreiche, toll animierte Szenen, die teilweise zudem wirklich filmreif umgesetzt wurden, sei es der Griff des im Schattenstehenden Imperators der Kilrathi, als er davon spricht, die Erde schon bald in den Krallen halten zu wollen, oder auch die Ermordung des Kommunikationsoffiziers durch den Verräter.
Das Gameplay selbst hat sich im Vergleich zum Vorgänger kaum verändert. Wir müssen nun nicht mehr selbst durch die einzelnen Bereiche des Schiffes (in Wahrheit eh nur die Barracken und die Bar) wandern, sondern können all dies über unser Quartier steuern und von dort aus die nächste Szene der Story auslösen. Die Missionen selbst sind insofern ein bisschen abwechslungsreicher als beim Vorgänger, als diese nicht immer 100%ig gleich ablaufen, und es zudem mehrere Schauplätze gibt, von denen wir los- bzw. zu denen wir hinfliegen. Davon abgesehen handelt es sich aber auch hier wieder um eine Rotation der üblichen Patrouillen-, Eskorte- und Angriffsmissionen. Der größte Unterschied im Vergleich zum Vorgänger ist dabei, dass sich Großkampfschiffe nicht mehr einfach nur normale Raketen oder gar Blasterschüsse vernichten lassen, sondern ihnen nur mehr mit Torpedos beizukommen ist. Da die Zielerfassung für diese einige Zeit in Anspruch nimmt, und man die Torpedos nicht von zu weit weg abfeuern sollte – da ansonsten die Gefahr besteht, dass sie von den Geschützen des Schiffes abgeschossen werden, ehe sie ihr Ziel erreichen – sorgt dies für eine merkliche Erhöhung des Schwierigkeitsgrads – die sich davon abgesehen im Grundspiel zwar leicht über, aber deutlich unter den Erweiterungskampagnen des Vorgängers bewegt. Selbst die letzte Mission konnte ich rasch und ohne zu viele Versuche erfolgreich beenden (wenn auch mit Glück, da mein Kampfflieger schon ziemlich zerschossen war). Erst die Special Operations-Erweiterungen drehen dann schwierigkeitsgradtechnisch wieder so richtig auf, und präsentieren dem geneigten (ehrlichen) Spieler die eine oder andere nette Herausforderung. Zudem wird auch bei diesen wieder, wie schon beim Grundspiel, auf eine packende Story wert gelegt. Im Gegensatz zu "Wing Commander" setzen somit die Erweiterungskampagnen zwar nicht noch zusätzlich eins drauf, bieten aber zumindest die gleich hohe Qualität wie das Grundspiel, und verlängern somit den Spielspaß.
Fazit:
"Wing Commander II – Vengeance of the Kilrathi" setzt im Vergleich zum Vorgänger in allen Bereichen noch einmal eins drauf. Die erkennbaren Verbesserungen bei der Grafik sind dabei eigentlich noch das Wenigste. Vielmehr macht sich in erster Linie die deutlich ausgefeiltere Story bemerkbar, die nicht mehr nur Füllmaterial zwischen den Missionen ist, sondern das Verhältnis vielmehr umkehrt – die Missionen werden zum Füllmaterial zwischen der Geschichte. Zusammen mit der persönlicheren Motivation für die Figur sowie die wendungsreiche und teilweise auch tragisch verlaufende Geschichte fühlte ich mich dadurch ins Geschehen noch einmal deutlich mehr involviert als schon beim Vorgänger. Auch was die toll animierten und inszenierten Zwischensequenzen betrifft, sticht "Wing Commander II" sowohl qualitativ als auch quantitativ hervor. Vom Gameplay selbst hat sich abseits einzelner, kleinerer Innovationen wie den mehreren Schauplätzen oder den neuen Torpedo-Missionen zwar nicht viel getan, dies war jedoch auch nicht notwendig. Zudem profitiert auch "Vengeance of the Kilrathi" auch wieder von solchen Innovationen des Vorgängers wie der situationsabhängigen Musikbegleitung (die überwiegend recycelt wird, wobei auch ein paar neue Stücke Einzug fanden), oder auch der dynamischen Missionsführung. Letztendlich ist es in erster Linie aber der deutlich komplexeren und wirklich packenden Geschichte zu verdanken, dass "Wing Commander II – Vengeance of the Kilrathi" dem Vorgänger überlegen ist.