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Der undurchschaubare Marritza PDF Drucken E-Mail
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Episodenbild (c) CBS

Originaltitel: Duet
Episodennummer: 1x19
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 13. Juni 1993
Erstausstrahlung D: 22. Mai 1994
Drehbuch: Peter Allan Fields, Lisa Rich & Jeanne Carrigan-Fauci
Regie: James L. Conway
Hauptdarsteller: Avery Brooks als Commander Benjamin Sisko, Rene Auberjonois als Odo, Nana Visitor als Major Kira Nerys, Terry Farrell als Lieutenant Jadzia Dax, Colm Meaney als Chief Miles O'Brien, Siddig El Fadil als Doctor Julian Bashir, Cirroc Lofton als Jake Sisko, Armin Shimerman als Quark.
Gastdarsteller: Harris Yulin als Marritza, Marc Alaimo als Dukat, Robin Christopher als Neela, Norman Large als Kobheerian captain, Tony Rizzoli als Kainon, Ted Sorel als Kaval u.a.

Kurzinhalt: Deep Space Nine nimmt einen Cardassianer an Bord, der am Kalla-Nohra Syndrom leidet. Dieses geht auf einen Minenunfall im Arbeitslager Gallitep während der cardassianischen Okkupation Bajors zurück. Dass der Cardassianer darunter leidet, bedeutet somit, dass er ebenfalls in diesem Lager gearbeitet haben muss – doch in welcher Funktion? Kira bittet Commander Sisko darum, die entsprechenden Ermittlungen leiten zu können, und dieser gibt seine Zustimmung. Daraufhin beginnt Kira damit, den Gefangenen zu verhören, doch dieser behauptet zuerst, nichts von Gallitep zu wissen. Erst als Kira ihn auf das Kalla-Nohra Syndrom hinweist, gibt er zu, dort gewesen zu sein. Er behauptet, sein Name sein Marritza, und er wäre ein schlichter Büroangestellter gewesen – doch nach seiner ersten Lüge glaubt ihm Kira nicht mehr. Sie fordert von der cardassianischen Regierung alle Daten über Marritza an. Als man die einzige existierende Bilddatei vom Arbeitslager untersucht, stellt sich heraus, dass Marritza ganz anders ausgesehen hat als ihr Gefangener. Vielmehr scheint es sich bei diesem um niemand geringeren als Gul Darhe'el, den Leiter des Arbeitslagers zu handeln, der auch als der Schlächter von Gallitep bekannt ist. Major Kira ist erschüttert und voller Zorn – und nun noch mehr bestrebt als zuvor, seine Identität zu beweisen, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen. Doch der Gefangene verbirgt noch ein weiteres Geheimnis…

Denkwürdige Zitate: "If your lies are going to be this transparent, it's going to be a very short interrogation."
"In that case, I'll try to make my lies more opaque."
(Marritza scheint das Verhör richtiggehend zu genießen.)

"What did you do? Did you kill the real Marritza so you could take his place? Well, you'll pay for that death and all the others you're responsible for."
"I don't think I could pay for all of them, Major. There were so many, and you can only execute me once."
(Marritza spielt den grausamen, sadistischen Schlächter wirklich gut.)

"Then they'll sentence you to death."
"Let them. Don't you see? It doesn't change anything. Kill me, torture me, it doesn't matter. You've already lost, Major. You can never undo what I've accomplished. The dead will still be dead."
(Um sein Ziel zu erreichen, ist Marritza jedes Mittel recht.)

"What you call genocide, I call a day's work."
(Marritza tut sein Bestes, um Kira zu provozieren.)

"I covered my ears every night. I couldn't bear to hear those horrible screams. You have no idea what it's like to be a coward, to see these horrors and do nothing."
(Marritzas Geständnis am Ende der Episode.)


Review von Christian Siegel: Episodenbild (c) CBS Nachdem ich von den bisherigen Episoden der ersten Staffel von "Deep Space Nine" insgesamt ja doch eher weniger angetan war, kommt hier nun völlig unverhofft kurz vor dem Finale ein absolutes Highlight daher, dass ich ganz klar zu den besten "Star Trek"-Episoden aller Zeiten zählen muss. Teilweise ein auf zwei Personen konzentriertes Kammerspiel, erweist sich "Der undurchschaubare Marritza" als phänomenale Studie von Schuld und Vergebung. Als historischer Hintergrund dienten dabei die Konzentrationslager der Nazis im Zweiten Weltkrieg, und im Zentrum von "Der undurchschaubare Marritza" steht die Frage, inwieweit ein schlichter Büroangestellter für die dortigen Verbrechen (mit)verantwortlich ist. Dies allein wäre schon interessant genug, doch darüber hinaus wird die Episode noch um ein überaus gelungenes Verwirrspiel rund um den – dem deutschen Titel voll und ganz gerecht werdenden – undurchschaubaren Marritza angereichert, dass mit zahlreichen Wendungen aufwarten kann, und den Zuschauer auf Trab hält.

Mit den verschiedenen Twists und Offenbarungen geht auch eine Achterbahn der Gefühle einher. Zu Beginn ist man sich als Zuschauer nicht sicher, was man von Marritza denken soll, nach seiner ersten Lüge begegnet man ihm aber gleich einmal mit Skepsis. Dann kommt die Offenbarung, dass wir hier nicht einfach nur einen Büroangestellten, sondern vielmehr den Leiter des Lagers vor uns haben – und ab diesem Zeitpunkt dreht die Folge dann eigentlich erst so richtig auf. Kira sieht sich auf einmal einem Schrecken ihrer Vergangenheit gegenüber, auf dessen Konto unzählige tote Bajoraner gehen – und anstatt Reue zu zeigen, gibt Gul Darhe'el damit sogar noch an! Die entsprechenden Dialoge zwischen den beiden sind phantastisch geschrieben und phänomenal gespielt, und warten mit einigen wirklich harten Momenten auf, wenn der vermeintliche Darhe'el wieder einmal seine sadistische Ader heraushängen lässt. In diesen Momenten, wo der Schlächter von Gallitep durchzublitzen scheint, kann man Kira's Zorn und Rachegelüste voll und ganz nachvollziehen. Der wahre Geniestreich der Episode folgt jedoch erst dann, als sich der gefangene Cardassianer doch als Marritza herausstellt. Der entsprechende Moment, wo er in der Zelle zusammenbricht ob seiner Schuldgefühle, weil er die Verbrechen die im Lager stattgefunden haben nicht verhindert hat, ist einfach nur grandios. Selbst wenn ich jetzt nur daran denke, läuft mir schon wieder eine Gänsehaut über den Rücken. Großartig geschrieben, von Harris Yulin ungemein emotional, mitreißend und intensiv gespielt, und von Dennis McCarthy zudem mit einer wundervollen, gefühlvollen Melodie unterlegt… besser kann man so eine Szene gar nicht machen. Zumal seine Motivation für diesen Schritt Sinn ergibt, und ihn – spät aber doch – zu einem Helden machen, will er seine Verurteilung, und seinen Tod, doch dazu nutzen, dass sich die Cardassianer ihren Taten während der Besetzung Bajors stellen müssen. Was dieser Offenbarung zusätzlichen Reiz bescherte war, dass auch ich mich meiner eigenen Vorurteile stellen musste – war ich doch die ganze Episode hinweg davon ausgegangen, dass die Cardassianer unhehre Absichten gegenüber Kira hegen (ev. sie zu denunzieren, in dem sie dafür sorgen, dass sie einen Unschuldigen hinrichten lässt). Natürlich sind die Cardassianer nur ein fiktives Volk, dennoch fand ich diese Erkenntnis erhellend.

Episodenbild (c) CBS Doch "Der undurchschaubare Marritza" beschäftigt sich nicht nur mit dem großen Thema der (Mit)Schuld von normalen Mitarbeitern in solchen Konzentrationslagern, sondern dient zugleich auch als ungemein wertvolle Charakterfolge für Kira Nerys. Bereits in einigen früheren Folgen hat man sich mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt, und auch aus ihrem Hass auf Cardassianer machte sie nie einen Hehl. Bei der schockierenden Wendung am Ende, als ein Bajoraner Marritza tötet, und meint, dass er Cardassianer war wäre dafür bereits Grund genug, sind wir Zeuge ihrer Erleuchtung – und somit auch, wie sich ihre Figur vor unseren Augen weiterentwickelt. Denn als sie dem Mörder ein verzweifelt-trauriges "No, it isn't" entgegenwirft, ist das mehr als eine leere Plattitüde. Vielmehr merken wir – dank Nana Visitors phantastischer Darstellung in dieser Szene – dass sie diese grundlegende Wahrheit selbst erst in diesem Moment erkannt hat. Zusammen mit Marritas tragischem Tod, der den Zuschauer – so wie Kira – nach seinem Geständnis zuvor wie ein Schlag in die Magengrube trifft, beschert man "Der undurchschaubare Marritza" damit einen perfekten, emotionalen und denkwürdigen Abschluss.

Fazit: Angesichts meiner insgesamt doch eher schlechten Meinung über die erste "Deep Space Nine"-Staffel hatte ich mit so etwas nun wirklich nicht gerechnet, aber "Der undurchschaubare Marritza" hat sich die Höchstwertung voll und ganz verdient. Wie die besten "Star Trek"-Episoden bietet auch diese Folge mehr als reine Unterhaltung, und beschäftigt sich mit einem schwierigen, komplexen und interessanten Thema: Inwieweit sind jene Leute, die in Konzentrationslagern und ähnlichen Institutionen einfach nur ihrer geregelten Arbeit nachgehen, für die dort stattfindenden Verbrechen mitverantwortlich? Neben dieser zentralen Frage begeistert "Der undurchschaubare Marritza" vor allem auch mit dem gelungenen Mysterium rund um die Identität des Gefangenen, sowie den zahlreichen Wendungen und Haken, welche die Folge schlägt – bis wir zuletzt in einer erschütternden, berührenden Szene die Wahrheit erfahren. Doch das Drehbuch ist nicht nur von der Handlung her gelungen, sondern zeichnet sich zudem durch einige phantastische Dialoge aus, die in erster Linie die Gespräche zwischen Kira und Marritza betreffen. Zudem werden beide von Harris Yulin – der insbesondere beim Geständnis am Ende begeistert – und Nana Visitor – die vor allem Kiras Erkenntnis am Ende phänomenal spielt – phantastisch dargestellt. Die wunderbare Musik von Dennis McCarthy, die insbesondere bei Marritzas Geständnis hervorsticht, tut genau so wie die schockierende Wendung am Ende ihr Übriges, um "Der undurchschaubare Marritza" zusammen mit den anderen erwähnten Stärken zur mit Abstand bisher besten Episode der Serie – und einer der Sternstunden von "Star Trek" generell – zu machen.

Wertung: 5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © CBS/Paramount)




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