Originaltitel: Descent (Part 1) Episodennummer: 6x26 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 21. Juni 1993 Erstausstrahlung BRD: 22. Juni 1994 Drehbuch: Jeri Taylor & Ronald D. Moore Regie: Alexander Singer Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Michael Dorn als Lt. Worf, Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data. Gastdarsteller:
Professor Stephen Hawking als himself,
John Neville als Isaac Newton,
Jim Norton als Albert Einstein,
Natalija Nogulich als Alynna Nechayev,
Brian J. Cousins als Crosis,
Richard Gilbert-Hill als Bosus,
Stephen James Carver als Tayar u.a.
Kurzinhalt:
Die Borg sind zurückgekehrt, verhalten sich jedoch anders als gewohnt. Denn jene Borg, auf die ein Außenteam der Enterprise unverhofft stößt, haben Namen, reden von sich in der ersten Person, und zeigen nach dem Tod eines Kameraden Gefühle. Letzteres geschieht völlig unerwartet auch bei Data, der einen Borg im Zorn umbringt. Der Androide ist danach zwar einerseits erfreut, andererseits aber insofern auch besorgt, als seine erste Emotion eine derart negative war. Seine Versuche, auch andere Gefühle zu empfinden, bleiben aber ebenso erfolglos wie seine Simulation des Angriffs der Borg, mit dem er hofft, zumindest die empfundene Wut neuerlich bei ihm auslösen zu können. Währenddessen hat die Rückkehr der Borg die Sternenflotte in helle Aufregung gesetzt. Die Enterprise befindet sich auf Patrouille und soll bei allfälligen Angriffen so rasch als möglich reagieren. Schließlich gelingt es, das ungewöhnlich aussehende Borg-Schiff ausfindig zu machen und einen von ihnen gefangen zu nehmen. Von ihm erfahren sie dann schließlich, dass die Borg neuerdings einen Anführer haben – und nun nicht mehr das Ziel verfolgen, andere Zivilisationen zu assimilieren, sondern die Menschheit vielmehr vernichten wollen…
Denkwürdige Zitate:"Could you describe feeling angry without referring to other feelings?"
(Geordis Erklärung hilft Data nicht wirklich weiter.)
"I listened to several operas known to be uplifting, I watched three holodeck programs designed to be humourous, and I made four attempts to induce sexual desire by subjecting myself to erotic imagery."
(Die Ausrede merke ich mir für meinen nächsten YouPorn-Besuch!)
"What if it turns out that those are the only emotions I am capable of experiencing? Would that not make me a bad person?"
(Angesichts der Tatsache, dass er nur negative Gefühle empfindet, ist Data zunehmend besorgt.)
"Sending Hugh back to the Borg was a very risky, a very dangerous choice, but it was the moral thing to do." "It may turn out that the moral thing to do was not the right thing to do."
(Captain Picard plagt das gute Gewissen.)
Review:
"Angriff der Borg – Teil 1" beginnt gleich mit einem echten Highlight. Bereits für sich genommen wäre ja Idee, dass sich Data mit Newton, Einstein und Hawking im Holodeck für ein Pokerspiel trifft, wunderbar genug, aber dass Hawking sich hier selbst spielt, setzt dem Ganzen die Krone auf. Es war das erste und bisher auch das einzige Mal, dass sich eine Person bei "Star Trek" selbst gespielt hat, und ich kann mir niemanden vorstellen, der sich dies mehr verdient hätte. So eine nette Idee der Produzenten, und eine großartige Würdigung dieses Genies. Da sieht man auch gern darüber hinweg, dass während des Pokerspiels wieder einmal das Klischee des arithmetisch unbegabten Einsteins proklamiert wird. Jedenfalls ist diese Szene, auch wenn sie vom Rest der Episode völlig losgelöst ist und genauso gut auch in jeder anderen Folge hätte vorkommen können, einfach nur wunderbar. Aber auch der Rest des Teasers (während dem – höchst ungewohnt – bereits der Titel als auch die Credits eingeblendet werden, noch vor dem Intro) kann sich sehen lassen: Die neuen Borg überraschen, und lassen einen natürlich sofort an Hugh denken. Neben ihnen hat man mit dem erzürnten Data zudem gleich noch ein zweites Mysterium im Gepäck.
Nach diesem vielversprechenden Einstieg schaltet die Episode allerdings ein bisschen zurück, und insgesamt fand ich den Mittelteil von "Angriff der Borg, Teil 1" jetzt nicht übermäßig packend. Gut gefielen mir an ihm in erster Linie noch Data's Selbstzweifel ob der Tatsache, dass er von allen möglichen Emotionen just Wut gefühlt hat. Was, wenn es ihm vielleicht auch in weiterer Folge nur gelingen wird, lediglich negative Gefühle zu empfinden? Macht ihn dies dann nicht automatisch zu einer schlechten Person? Eben dieses Gespräch mit Deanna fand ich sehr interessant. Das vorangegangene Gespräch mit Geordi oder auch sein späterer Test im Holodeck wo er versucht, die selben Voraussetzungen wie beim Angriff der Borg zu schaffen und diesen quasi nachzustellen, um neuerlich Wut zu empfinden, waren zwar soweit auch ganz nett, konnte mich aber nicht ähnlich begeistern wie die Sitzung bei Deanna. Ähnlich ergeht es der B-Story rund um die Jagd nach den Borg, wo mir dann doch etwas zu viel Zeit und Aufwand darauf ver(sch)wendet wird, die Hugh-Story noch einmal aufzurollen. Die Art und Weise wie man das macht, wirkt zwar wenigstens natürlich, dennoch merkt man hier deutlich die Angst der Macher vor fortlaufenden Handlungen bzw. vor jenen Zuschauern, welche die Episode vielleicht nicht gesehen oder sich auch einfach nicht mehr erinnern könnten, und deshalb dann vielleicht verwirrt wären. Als Verfechter und Freund von fortlaufenden Handlungen finde ich sowas halt doch eher störend. Immerhin brachte uns diese Aufrollung aber wenigstens eine nette Szene mit Nechavey ein, in der deutlich wird, dass sie von Picards damaliger Entscheidung nicht viel hält – was wiederum im Captain einige Selbstzweifel auslöst, die er in einer weiterer starken Szene der Episode dann seiner Nummer Eins anvertraut.
Trotz einzelner gelungener Momente vermochte es der Mittelteil der Folge aber doch nur bedingt, mich zu packen. Man merkt einfach, dass man da und dort die Handlung etwas streckt, da sie wohl für eine einzelne Episode zu dicht für einen Zweiteiler dann aber wiederum ums zu dürftig war, bzw. man halt natürlich den ersten Teil an einem bestimmten Punkt beenden wollte. So richtig dreht "Angriff der Borg, Teil 1" somit erst dann wieder auf, als man die Borg-Drohne gefangen nimmt und verhört. Wir erfahren von einem geheimnisvollen Einen, der offenbar der Anführer dieser Borg-Schwadron ist, und bei der Erstsichtung denkt man da natürlich in erster Linie mal an Hugh. Hier wurde der entsprechende Rote Hering wirklich sehr clever und gekonnt ausgeworfen – wenn man sich auch fragt, was da denn genau schief gegangen ist und warum Hugh die Föderation nun plötzlich angreifen sollte. Noch mysteriöser wird es dann, als der Borg einen Schalter umlegt und dadurch scheinbar die Emotionen in Data wieder aktiviert. Erschreckend – und wie ich sagen muss schon auch etwas untypisch – dann die Szene, als Data doch tatsächlich meint, er wäre sogar dazu bereit, Geordi zu töten, um noch einmal eine Emotion zu empfinden. Wobei man als Zuschauer natürlich auch die Möglichkeit in Betracht zieht, dass Data die Drohne nur ködert.
In den letzten 10 Minuten steuert man dann konsequent und sehr erfolgreich auf den großen Twist am Ende und dem damit einhergehenden – durchaus effektiven – Cliffhanger hin. Zuerst fliegt Data zusammen mit dem gefangenen Borg los, und verrät vermeintlich seine Freunde. Zugleich erlaubt es die Aktion aber der Enterprise auch, die Borg an ihren Ursprungsort zurückzuverfolgen. Die nachfolgenden Szenen auf dem Planeten haben es mir dann ganz besonders angetan. Aus der Vergangenheit war man von "Star Trek" ja eher Studio-Landschaften gewohnt, und auch wenn diese mit ihren andersfarbigen Himmeln bzw. ihrem außerirdischen Aussehen für mich durchaus ebenfalls ihren Reiz haben, ist es doch auch mal schön, eine weite, natürliche Landschaft bestaunen zu können, wie dies hier der Fall ist. Die entsprechenden Szenen stachen für mich dabei unter anderem auch ganz besonders wegen der orange-gelben Farbgebung hervor, welche die Landschaft in ein ganz spezielles Licht taucht. Erwähnenswert erscheint zudem, dass Captain Picard als er sich der Suche nach Data anschließt Beverly Crusher das Kommando über das Schiff übergibt. Eine Entscheidung, die mich doch irgendwie verwundert hat, aber als letztes verbliebenes Mitglied der Brückenbesatzung war sie wohl in der Tat die logische Wahl. Jedenfalls war das etwas, das für mich hervorgestochen ist. In erster Linie bleibt von "Angriff der Borg, Teil 1" aber natürlich der Cliffhanger in Erinnerung, wo sich offenbart, dass nicht wie vermutet Hugh, sondern vielmehr Lore die abtrünnigen Borg anführt. Die Idee, zwei Widersacher zu vereinen, hat zweifellos seinen Reiz, und schafft – zusammen mit Datas vermeintlicher Absicht, sich seinem Bruder anschließen und zusammen mit diesem über das Universum herrschen zu wollen – für eine spannende Ausgangssituation für den Beginn der letzten Staffel.
Fazit:
An die besten Staffelenden von TNG kommt - wie eine Staffel zuvor schon "Gefangen im 19. Jahrhundert" - zwar auch "Angriff der Borg" nicht ganz heran, dennoch war die Episode soweit ganz gelungen, und wusste neben dem wundervollen Einstieg rund um die pokerspielenden Genies in erster Linie mit den interessanten Rätseln rund um Datas Emotionen sowie der ungewöhnlichen Borg zu gefallen. Auch einzelne starke Szenen stachen für mich hervor. Und auch die Produktionsqualität konnte sich wieder einmal sehen lassen, wobei es mir neben den wieder einmal tollen Effekten – bei denen insbesondere das neue Borg-Schiff hervorsticht – insbesondere die Landschaftsaufnahmen des Planeten angetan haben, die in ein nettes Licht getaucht waren. Nichtsdestotrotz schläft die Folge im Mittelteil ein wenig ein, da man die Handlung dort ein bisschen strecken musste, um den gewünschten Schlusspunkt zu erreichen. Zudem hat man es für meinen Geschmack mit der Aufrollung der früheren Ereignisse rund um Hugh etwas übertrieben. Das Finale auf dem Planeten konnte dann allerdings durchaus überzeugen, und mündete in einer tollen Offenbarung inklusive eines gelungenen Cliffhangers, der einen gespannt auf die Fortsetzung warten lässt.