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James Bond 007 - Eisbrecher Drucken E-Mail
Agenten-Verwirrspiel voller Rätsel und Wendungen Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 15 August 2015
 
Titel: "James Bond 007: Eisbrecher"
Originaltitel: "James Bond - Icebreaker"
Bewertung:
Autor: John Gardner
Übersetzung: Anika Klüver & Stephanie Pannen
Umfang: 357 Seiten
Verlag: Cross Cult
Veröffentlicht: 16. März 2015
ISBN: 978-3-86425-454-3
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: In den letzten Monaten kam es vermehrt zu terroristischen Anschlägen auf kommunistische Ziele, für die die Nazi-Organisation NSAA – aka Nationalsozialistische Aktionsarmee – die Verantwortung übernommen hat. Deren Anführer, Konrad von Glöda, sieht sich als legitimer Nachfolger von Adolf Hitler, und möchte den Kommunismus ausrotten und das Vierte Reich ausrufen. Eine Bedrohung, der eine Weltmacht allein nicht gewachsen wäre, weshalb sich Russland, Israel, England und die USA zusammentun, um ihn in einer gemeinsamen, koordinierten Aktion, Codename "Eisbrecher" das Handwerk zu legen. Dafür schickt jede Regierung je einen Agenten aus ihren Geheimdiensten nach Finnland, wo die Mission stattfinden soll. Nachdem der ursprünglich dafür beauftragte Agent des MI-6 nach einem persönlichen Zwist mit dem russischen Agenten, Kolya Mosolov, abgezogen wird, wird James Bond dafür ausgewählt, für ihn einzuspringen. Doch die Operation steht von Beginn an unter keinem guten Stern – scheint doch jeder von ihnen bis zu einem gewissen Grad eigene Interessen zu verfolgen…

Review: "Eisbrecher" hat mir von den bisherigen Gardner-Bonds am besten gefallen, und wenn es nicht den einen oder anderen markanten Kritikpunkt gäbe, hätte er es vielleicht sogar – trotz des Fehlens seines ganz eigenen, unvergleichlichen Stils, seinen wundervollen Ausschweifungen und diesem Hauch von Wahnwitz – zu den besseren Ian Fleming-Bonds aufschließen können. Was mir zuerst einmal positiv aufgefallen ist, dass Gardner endlich vom Konzept "James Bond besucht Undercover das Anwesen des vermeintlichen Gegners" abweicht (eine dritte Wiederholung in Folge wäre aber auch unvertretbar gewesen). Auch seine – starken – Frauenfiguren gefallen mir weiterhin ungemein gut. Die Auswahl des Feindes hat mir bei "Eisbrecher" auch sehr gut gefallen, da sich Ian Fleming zwar dank SMERSH mit den Russen bzw. dann mit SPECTRE mit einer internationalen Terrororganisation beschäftigt hat, ich mich aber im ersten Moment an keine Nazi-Bösewichte erinnern könnte. Sehr gelungen fand ich auch, dass er Bond nach Finnland – und damit ein Land, das bislang in den Romanen noch keine große Rolle gespielt hatte – bringt, und ihn mit dem dortigen Eis und Schnee doch in eine für Bond eher ungewohnte Umgebung schickt. Die größte Stärke liegt aber in der sehr reduzierten, auf Spionage, Ränkespiele und überraschende Wendungen fokussierten Handlung, die mehr an einen guten alten Agenten- denn an einen Action-Thriller erinnert. Damit wirkte "Eisbrecher" auf mich irgendwie sehr altmodisch, und bot genau das, was mir in den meisten 007-Filmen und zunehmend auch in den Romanen doch irgendwie gefehlt hat. Jedenfalls sah ich in diesem klassischen und wendungsreichen Spionageplot die größte Stärke von "Eisbrecher".

Eben diese Ausrichtung hat allerdings auch insofern einen Haken, als das die Action diesmal einerseits ziemlich zurückgefahren wird, und andererseits recht einfallslos daherkommt. Wo sich Gardner in den beiden vorherigen Romanen einige originelle Actionsequenzen und/oder Bedrohungsszenarien– wie z.B. rund um einen abstürzenden Fahrstuhl – ausgedacht hat, bleibt er in "Eisbrecher" ähnliches schuldig. Als schade fand ich zudem, wie austauschbar ich James Bond gerade auch bei diesem Buch fand. Mir fehlten seine typischen Charaktereigenschaften, und wenn man den Namen der Figur hier geändert und ihn nicht unter dem 007-Label veröffentlicht hätte, wäre wohl niemandem aufgefallen, dass es sich eigentlich um einen James Bond-Roman hätte handeln sollen. Negativ stach für mich zudem die eine oder andere eher dämliche Aktion der Protagonisten hervor. So wirkte Bond in jener Szene, wo er Rivke gegenüber das anvertraut, was von Gödel kurz zuvor versuchte mit Folter aus ihm herauszupressen – und nicht an die Möglichkeit denkt, dass sie abgehört werden könnten – wie ein naiver Frischling, und nicht wie der erfahrene, clevere Geheimagent, als der wir ihn kennen. Etwas später am Flughafen stellt sich sein amerikanischer Kollege auch selten dämlich an, als er James Bond über Lautsprecher ausrufen lässt, und von Gödel somit vor seiner Anwesenheit warnt. Mein größter Kritikpunkt ist aber, dass es Gardner mit den überraschenden Wendungen dann doch ein wenig übertreibt. Wenn du mal fast ein ganzes Kapitel brauchst um aufzurollen, wer nun auf welcher Seite stand und warum das alles Sinn ergibt, hast du ein Problem. Zumal zumindest mir nach wie vor eine bestimmte Aktion – nämlich Paulas Anruf im Hotel, wo sie ihn vor dem Anschlag auf Rivke warnte – keinen Sinn zu ergeben scheint. So toll das Verwirrspiel grundsätzlich auch war, aber etwas weniger wäre in meinen Augen hier mehr gewesen.

Fazit: Während ich "Eisbrecher" las musste ich an das Motto eines Brettspiels denken, dass ich als Kind gerne gespielt habe: "Nachts sind alle Agenten grau, und keiner wird aus keinem schlau". John Gardner präsentiert in seinem dritten Roman ein überwiegend gelungenes Verwirrspiel aus Verrat, Spionage, wechselnden Allianzen, Doppelagenten, und so weiter – wobei er es zugegebenermaßen mit der Zeit was die überraschenden Wendungen und die "Seitenwechsel" betrifft schon fast wieder zu übertreiben droht. Sehr gut fand ich auch die stark auf Spionage fokussierte Handlung – die jedoch im Gegenzug zulasten der Action geht, die sowohl quantitativ als vor allem auch qualitativ im Vergleich zu Gardners früheren James Bond-Romanen ein bisschen abfällt. Ein großes Manko war auch, dass James Bond hier für mich noch weniger erkennbar war als in seinen ersten beiden 007-Romanen. Dennoch überwiegen für mich die positiven Aspekte, die neben dem netten Einfall hinter dem gewählten Bösewicht, dem Schauplatz und den zahlreichen starken Frauenfiguren vor allem in der spannenden und wendungsreichen Handlung liegt. James Bond-Fans die das Fehlen des typischen Ian Fleming-Stils verkraften können, sind somit bei "Eisbrecher" sehr gut aufgehoben.

Bewertung: 3.5/5 Punkten
Christian Siegel





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