Sense8 - 1x11: Gas geben und die Zukunft ändert sich
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Originaltitel: Just Turn the Wheel and the Future Changes Episodennummer: 1x11 Bewertung: Weltweite Internet-VÖ: 05. Juni 2015 (Netflix) Drehbuch: Wachowskis & J. Michael Straczynski Regie: Tom Tykwer Hauptdarsteller:
Aml Ameen als Capheus van Damnne,
Doona Bae als Sun Bak,
Jamie Clayton als Nomi Marks,
Tina Desai als Kala Dandekar,
Tuppence Middleton als Riley Blue,
Max Riemelt als Wolfgang Bogdanow,
Miguel Ángel Silvestre als Lito Rodriguez,
Brian J. Smith als Will Gorski.
Gastdarsteller:
Naveen Andreas als Jonas Maliki,
Terrence Mann als Mr. Whispers,
Freema Agyeman als Amanita,
Peter King Mwania als Silas Kabaka,
Lwanda Jawar als Githu,
Paul Ogola als Jela,
Max Mauff als Felix Bernner,
Purab Kohli als Rajan Rasal,
Lee Ki-chan als Joong-Ki Bak,
KK als Gunnar u.a.
Kurzinhalt:
Nach ihrem Anfall während des Konzerts ihres Vaters wird Riley in ein Krankenhaus gebracht. Dort stellt man die selbe vermeintliche Krankheit fest wie bei Nomi, und betäubt sie. Den anderen Sensates ist klar, dass sie in höchster Gefahr schwebt – ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis sie die zwielichtige Organisation BPO, die Jagd auf sie macht, finden wird. Nomi und Will suchen daher nach einem Weg, sie zu retten. Währenddessen erfährt Sun im Gefängnis von ihrem Bruder schreckliche Neuigkeiten bezüglich ihres Vaters. Kala ringt weiterhin mit der Entscheidung, ob sie Rajan die Wahrheit über die Gedanken seines Vaters bezüglich ihrer bevorstehenden Hochzeit sagen soll – davon, dass sie nach wie vor nicht weiß, ob sie mit dieser wirklich fortfahren will, ganz zu schweigen. Nachdem er seinen Cousin Steiner ausgeschaltet hat, bereitet sich Wolfgang darauf vor, dessen Vater gegenüberzutreten. Und in Nairobi stellt sich Capheus der "Superpower"-Gang. Als diese ihn dazu zwingen wollen, Silas zu töten, ist er ein weiteres Mal auf die Hilfe von "Korean Van Damme girl"-Sun angewiesen. Doch diese allein wird ihn diesmal nicht retten können…
Review:
Es ist genau so, wie ich das von Anfang an vermutet und gehofft hatte: Ja, in der ersten Hälfte der Staffel mag sich "Sense8" ausreichend Zeit genommen haben, um die Figuren – und ihre jeweiligen Mühen und Herausforderungen – vorzustellen, und das mag dazu geführt haben, dass so manchem der Einstieg etwas zu gemächlich und vielleicht sogar langweilig vorkam. Ich selbst habe ja ebenfalls die eine oder andere Folge als zu geruhsam empfunden (wenn ich auch die allererste Folge, im Vergleich zu den meisten, sehr mochte). Aber je näher wir dem Staffelfinale kommen, desto mehr rentiert es sich, dass man sich davor so viel Zeit genommen hat, um die Figuren zu etablieren. Einerseits, da ich mich diesen mittlerweile wirklich verbunden fühle. Und andererseits, da man nun, wo wir die Figuren soweit kennengelernt haben, ordentlich aufs Gas steigen und die ganzen Handlungsstränge, die über die Staffel hinweg aufgebaut wurden, zunehmend aufgreifen und einem vorläufigen Höhepunkt zuführen kann – so wie das in der letzten Folge ja z.B. bei Lito und Wolfgang (wobei der Ausgang dieser Episode deutlich macht, dass wir bei ihm doch noch nicht ganz durch sind) passiert ist.
Sun's Handlung nimmt dabei eine ziemlich ungemütliche Wendung, als ihr Bruder sie im Gefängnis besucht, und ihr vom "Selbstmord" ihres Vaters erzählt. In dem Moment, wo er eintrat wusste ich schon, was er ihr sagen würde, und ich fand es toll, wie man während seines ganzen Monologs erkennen konnte, dass Doona Bae – so wie auch dem Zuschauer – sonnenklar ist, was wirklich vorgefallen ist. Wir sehen, wie sie zunehmend verfällt und verzweifelt, ehe sie ihm die Wahrheit ins Gesicht schleudert: "You've killed him." Hier versorgt man uns mit einer spannenden Ausgangssituation für eine eventuelle zweite Staffel (gehe ich doch nicht davon aus, dass sich dieser Handlungsstrang in einer einzigen Episode noch auflösen lässt). Mit einer weiteren offenen Frage lässt man uns bei der Kala-Storyline zurück, wo man nach Rajans Frage, ob sie ihn denn immer noch heiraten will, recht hart abblendet. Etwas klischeehaft und billig fand ich dies zwar schon – dennoch muss ich anerkennen, dass es auch durchaus effektiv war. Was für mich diesen Handlungsstrang auch weiterhin aufwertet ist die Tatsache, dass Rajan nach wie vor wie ein sympathischer, zuvorkommender und liebenswürdiger Kerl – man könnte also sagen: Der ideale Ehemann – rüberkommt. Ich hatte wirklich die Befürchtung, dass man im Verlauf der Staffel mal auflösen würde, dass er in Wahrheit ein Arschloch ist, und ich finde es so einfach um so viel interessanter, da die Serie damit deutlich macht, dass wir uns nun einmal nicht aussuchen (können), wen wir lieben. Da kann Rajan ein noch so toller Kerl sein – Kala empfindet nun mal einfach nicht auf diese Weise für ihn, sondern eben für den problemgebeutelten Wolfgang, der zuerst Felix in eine private Einrichtung übergibt (bei der Antwort auf die Frage "First Name or Last Name" – "Yes" – musste ich übrigens an die Vorlonen aus "Babylon 5" denken), und sich am Ende dann in die Höhle des Löwen begibt.
Interessant war auch alles rund um Riley, wobei hier in erster Linie die Weichen fürs (hoffentlich) große Finale gelegt wurden. Darüber hinaus bekommen wir in den Rückblenden aber wieder einen besseren Eindruck davon, welches tragische Ereignis sich vor einigen Jahren zugespielt und sie dazu veranlasst hat, Island den Rücken zu kehren. Jener Sensate, dessen Handlungsstrang in dieser Folge aber in erster Linie mal abgeschlossen und an seinen Höhepunkt geführt wurde, war Capheus. Seine Begegnung mit der Superpower-Gang war ungemein packend in Szene gesetzt, und brachte gleich mehrere actionreiche Höhepunkte. Zuerst darf Sun den Zorn über ihren Bruder so richtig schön rauslassen, als sie im Alleingang die komplette Gang im Lagerhaus ausschaltet – und das auf teils äußerst brutale Art und Weise (vor allem die Einstellung, wo Capheus von Leichen umgeben herumsteht, stach hier hervor). Als Capheus dann schließlich mit Silas im Bus flieht, dann jedoch in einen Stau gerät und von Githu eingeholt wird, ist es wiederum an Will, auszuhelfen. Den – ähnlich überdrehten wie Wolfgangs Bazooka-Einsatz – Höhe- und Schlusspunkt setzte man dann mit dem schlitternden Bus, der Githu dann genau so traf, dass es so aussah, als würde der auf der Seite des Busses aufgemalte Van Damme ihn mit einem Dropkick aus dem Sattel befördern. Herrlich!
Fazit:
Die erste Hälfte der ersten "Sense8"-Staffel mag teilweise noch etwas geruhsam verlaufen sein, da man sich ausreichend Zeit nahm, die Figuren vorzustellen, uns zu schildern, was sie antreibt, und welche Dilemma sie gerade beschäftigen (ein Prozess der, wie man an Riley sieht, immer noch nicht 100%ig abgeschlossen ist) – doch je näher das Staffelfinale rückt, desto mehr profitiert "Sense8" davon, dass man sich eben dafür ausreichend Zeit genommen hat. Mittlerweile fühle ich mich mit den Figuren richtiggehend verbunden ("no pun intended"), und fiebere und leide dementsprechend mit ihnen mit. Zudem kann man sich nun, da die Figuren soweit etabliert wurden, auf spannende, packende und teils auch actionreiche Handlungen konzentrieren – die nach "Was macht den Menschen aus?" auch hier wieder für einige der besten Momente der bisherigen Staffel sorgten. Egal ob Sun im Alleingang fast die komplette Superpower-Gang ausschaltet, Will Capheus dabei hilft, lebend aus der brandgefährlichen Situation herauszukommen, oder Capheus den Bus schließlich genau so schleudert, dass der auf der Seite angemalte Van Damme seinen Gegner vom Motorrad kickt (was wieder einmal deutlich macht, dass den Machern Coolness wichtiger ist als Realismus – für eine in der "Wirklichkeit" angesiedelte Serie in der aktuellen, ansonsten ja doch eher von Bodenständigkeit geprägten TV-Landschaft eine willkommene Abwechslung!) – "Gas geben und die Zukunft ändert sich" bot wieder famose Unterhaltung, und stellte zudem mit der Bedrohung rund um Riley die Weichen für ein packendes, hochdramatisches Staffelfinale.