Review:
Nach "Sorge dich nicht, beame" und "Geek Pray Love" legen Andrea Bottlinger und Christian Humberg mit "In 80 Welten durch den Tag" ihre mittlerweile dritte – und meines Erachtens auch bisher beste – Zusammenarbeit vor. Wo ihr Erstlingswerk als Satire auf Lebensratgeber und ihr Nachfolger als Parodie auf Selbsthilferomane angelegt waren, knöpfen sie sich diesmal dem Sachbuch-Bereich der Reiseführer vor. Wie gewohnt besteht ihr Werk dabei einerseits aus einer informativen, (mehr oder weniger) ernsten Betrachtung des Geektums, und andererseits aus einem Teil, wo sie typische Reiseführer persiflieren, indem sie fiktive Orte wie die U.S.S. Enterprise, Mordor und unzählige andere genau so beschreiben, wie man sich das in einem echten Reiseführer – ja vielleicht sogar "Per Anhalter durch die Galaxis"? – erwarten würde. "In 80 Welten durch den Tag" ist dabei wieder gespickt mit Anspielungen auf so ziemlich jede erdenkliche populäre Science Fiction- und/oder Fantasy-Serie, was das Lesen gerade auch für Geeks zu einem Vergnügen machen sollte. Ergänzt werden ihre Texte dabei neuerlich vom Zeichner Martin Frei, dessen großartige Illustrationen immer wieder zur Auflockerung zwischendurch eingestreut werden.
Wie schon bei ihren ersten beiden Werken legen die beiden Autoren aber auch hier wieder keine reine Witzesammlung vor, sondern vergessen trotz allen Humors und aller Ironie nicht darauf, dass es sich bei "In 80 Welten durch den Tag" letztendlich immer noch um ein Sachbuch handeln soll. Dementsprechend ist auch ihr drittes Buch wieder nicht einfach nur sehr amüsant, sondern dabei durchaus auch informativ. Tatsächlich sehe ich in den teils sehr persönlichen Schilderungen von Erinnerungen und Erfahrungen, die Andrea Bottlinger und Christian Humberg mit dem geschätzten Leser hier teilen, sogar das Herzstück des Buchs. So amüsant die Beschreibungen fiktiver Orte im Reiseführer-Stil auch sein mögen, aber… es ist die Zelebrierung der Geek-Kultur in all ihren Facetten, die für mich das Herz und die Seele dieses Sachbuchs ausmacht. Egal ob Christian Humberg von einer "Befreit Narn!"-Kampagne damals an seiner Uni berichtet, Andrea Bottlinger einen Einblick in die Rollenspiel- und LARP-Szene gibt, wir mit ihnen berühmte Conventions und/oder Drehorte besuchen, in abgenutzten Kinos einer "Star Trek"-Nacht beiwohnen, oder einen Buchladen aufsuchen und den amüsanten Erfahrungen sowohl von Kunden- als auch Verkäuferseite lauschen… ich fand es ungemein interessant, faszinierend und teilweise sogar berührend, auf diese Weise an ihren ganz persönlichen Geek-Erfahrungen teilhaben zu können.
Ergänzt werden diese individuellen Geschichten dann schließlich noch durch einen mindestens so unterhaltsamen wie informativen Ratgeber, der sich in erster Linie an jene richtet, denen die Geek-Kultur bislang noch eher fremd ist. Ganz besonders gelungen fand ich dabei den Leitfaden für das Zusammenleben mit einem Bücherwurm, wo ich mich als selbst sehr fleißiger Leser (die Anzahl der Literatur-Reviews, die Woche für Woche auf fictionBOX online gehen, legt denke ich ausreichend Zeugnis darüber ab) in gleich mehreren Punkten wiederfand. Generell wird sich der Geek – unabhängig davon, welchen Hobbies und Interessen er denn nun genau frönt – im einen oder anderen Kapitel wiederfinden, und sich an eigene schöne Geek-Erlebnisse zurückerinnern. Das letzte große Highlight war für mich dann ein Abdruck von Andrea Bottlingers Blog-Kommentar, den sie 2010 verfasst hat, und wo sie mit mir ihrem flammenden Plädoyer für die oftmals so gescholtene "fantastische" Unterhaltung als der Seele schrieb. Jedenfalls: Auch wenn die beiden im Schlusswort feststellen, hier nun ihre Geek-Trilogie komplettiert zu haben, und obwohl in jenen Universen, in denen wir als Geeks teilweise leben, bei einer zweiten Trilogie oder auch nur einem vierten Teil selten etwas Gutes herausgekommen ist, hoffe ich sehr, dass uns die beiden in 1-2 Jahren eine Fortsetzung schenken werden. Wenn ich dafür selbst einen Vorschlag machen dürfte: Angesichts der Tatsache, dass hier bereits einige persönliche Erlebnisse aus der Vergangenheit der Autoren eingeflossen sind: Wie wäre es denn als nächstes mit einem Geschichtsbuch? Doch was auch immer die beiden als nächstes vorhaben, ich bin auf alle Fälle wieder mit dabei!
Fazit:
Bereits die ersten beiden Sachbücher von Andrea Bottlinger und Christian Humberg hatten mir ja sehr gut gefallen – aber mit ihrer dritten Zusammenarbeit haben sich die beiden in meinen Augen selbst übertroffen. Ihr Reiseführer durch die Welt des Geeks ist dabei mindestens so unterhaltsam wie informativ – denn trotz allen Humors vergessen sie auch nicht darauf, dass dies trotz allem ja immer noch ein Sachbuch sein soll. Besonders interessant fand ich dabei die sehr persönlichen Erinnerungen, an denen uns die beiden hier teilhaben lassen. Generell wird das gesamte Geek-Spektrum, über Science Fiction, Fantasy, Horror, Bücher, über Animes und Mangas bis hin zu Rollenspielen abgedeckt. Geeks werden sich dabei abwechselnd in den Kapiteln entweder selbst wiederfinden – und an zahlreiche eigene schöne Erfahrungen zurückdenken – oder aber einen interessanten Blick auf einen Teilbereich der Geek-Kultur werfen können, mit dem sie selbst bislang noch nicht so viel zu tun hatten. So oder so, unterhaltsam, informativ und aufschlussreich sind die Texte immer. Abgerundet wird das Ganze dann schließlich durch die amüsanten Reisetipps für bekannte fiktive Orte, die wieder einmal wundervollen Illustrationen von Martin frei, den Ratgebern für Geek-Neulinge, sowie einem flammenden Plädoyer nicht einfach nur für die Daseinsberechtigung, sondern vielmehr den Wert, der phantastischen Unterhaltung. Kurz und gut: So schön wie in "In 80 Tagen um die Welt" wurde das Geektum in all seinen Facetten wohl noch nie gefeiert.