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Sense8 - 1x02: Ich bin auch ein Wir Drucken E-Mail
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Episodenbild (c) Netflix

Originaltitel: I Am Also A We
Episodennummer: 1x02
Bewertung:
Weltweite Internet-VÖ: 05. Juni 2015 (Netflix)
Drehbuch: Wachowskis & J. Michael Straczynski
Regie: Wachowskis
Hauptdarsteller: Aml Ameen als Capheus van Damnne, Doona Bae als Sun Bak, Jamie Clayton als Nomi Marks, Tina Desai als Kala Dandekar, Tuppence Middleton als Riley Blue, Max Riemelt als Wolfgang Bogdanow, Miguel Ángel Silvestre als Lito Rodriguez, Brian J. Smith als Will Gorski.
Gastdarsteller: Naveen Andrews als Jonas Maliki, Alfonso Herrera als Hernando, Eréndira Ibarra als Daniela Velasquez, Naveen Andrews als Jonas Maliki, Adam Shapiro als Dr. Metzger, Freema Agyeman als Amanita, Joe Pantoliano als Michael Gorski, Purab Kohli als Rajan Rasal, Darshan Jariwala als Manendra Rasal, Anupam Kher als Sanyam Dandekar, Natasha Rastogi als Priya Dandekar, Huzane Mewawala als Daya Dandekar, Max Mauff als Felix Bernner, Ness Bautista als Diego u.a.

Kurzinhalt: Nomi und Amanita nehmen an der Pride-Parade in San Francisco teil, als Nomi in der Menge plötzlich Jonas, den Mann aus ihren Visionen, entdeckt – und vom Mofa fällt. Im Krankenhaus ist sie daraufhin von ihrer Familie umgeben, und der verantwortliche Arzt, Doktor Metzger, hat eine beunruhigende Diagnose für sie: Sie leidet an VFLS, einer Krankheit, bei der die Zwischenwand zwischen beiden Gehirnhälften zunehmend verschwindet. Halluzinationen und paranoide Angstzustände gehören zu den üblichen Nebenwirkungen der Krankheit. Sie müsse in Kürze operiert werden, um ihr Leben zu retten. Doch kurz darauf erscheint ihr Jonas, und rät ihr, Dr. Metzger nicht zu vertrauen, und das Krankenhaus so rasch als möglich zu verlassen. In Mumbai schreiten indes die Vorbereitungen von Kala's Hochzeit weiter voran. Lito Rodriguez wiederum versucht verzweifelt, sich der Avancen einer Kollegin zu erwehren. Als diese ihm aufdringlich in sein Hotelzimmer folgt, erfährt sie von seinem Doppelleben. Wolfgang und Felix feiern ihren erfolgreichen Coup. Riley irrt nach der Schießerei im Apartment, die sie mit Glück überlebt hat, plan- und ziellos durch London. Und in Chicago werden Will Gorski und seine Kollegen auf einen gefährlichen Terroristen angesetzt: Jonas Maliki…


Review: Episodenbild (c) Marvel/Netflix Einen Punkt den ich in meinem – ohnehin schon recht langen – Review zur ersten Episode zu erwähnen vergessen hatte, sind die Sprachen bzw. die Akzente. Zwar gab es in den letzten Jahren sowohl im Kino als auch im Fernsehen vermehrt auch schon längere Passagen mit Untertiteln, bei "Sense8" haben sich JMS und die Wachowskis jedoch zum "Jagd auf Roter Oktober"-Zugang entschieden. Soll heißen: Wenn sich die Protagonisten in ihrer jeweiligen Landessprache mit anderen um sie herum unterhalten, reden sie zwar in ihrer Muttersprache, wir hören es aber als englisch. Erst wenn sich zwei Sensates (wie wurde der Begriff eigentlich im Deutschen übersetzt? Ich schaue ja im O-Ton) aus unterschiedlichen Teilen der Welt begegnen, werden Untertitel eingeblendet, und hören wir sie in ihrer Landessprache. Als ich diese Ankündigung las, fand ich es zwar im ersten Augenblick etwas schade. Nun, da ich die ersten beiden Episoden gesehen habe, verstehe ich die Entscheidung allerdings. Immerhin machen die internationalen Passagen bei "Sense8" nicht nur ein paar Minuten, sondern gut ein Drittel der Sendezeit aus. Dass man den Zuschauern derart lange Untertiteleinblendungen nicht antun wollte, verstehe ich.

Eine kleine Problematik ergibt sich durch diesen Zugang allerdings durchaus: So ist das Englisch der internationalen DarstellerInnen jetzt nicht unbedingt immer akzentfrei. Und wenn man mal genau darüber nachdenkt, ergibt es eigentlich keinen Sinn, dass die Leute zueinander mit Akzent sprechen. Ich verstehe somit, wenn sich der eine oder andere daran – was jedoch, wie ich vermute, ohnehin nur im O-Ton ein Thema sein dürfte – daran stört. Ich persönlich habe aber kein Problem damit. Dies nur als kleiner Exkurs, wenden wir uns nun der Episode selbst zu. Hier fällt zuerst einmal auf, dass man nicht mehr dem Zugang aus "Limbische Resonanz", auch wirklich alle Figuren einzubinden, folgt (was bei der ersten Episode aber natürlich auch richtig, wichtig und notwendig war), sondern Schwerpunkte setzt. So treten z.B. Sun und Capheus hier überhaupt nicht auf. Dies erlaubt den anderen Figuren – und ihren Handlungssträngen – mehr Luft zum Atmen, und sorgt dafür, dass die Handlung beim einen oder anderen wohl nicht mehr ganz so zerfahren ankommt, wie bei der Pilotfolge. War bei mir ja ohnehin nicht der Fall, aber wen eben dies gestört hat, dem könnte "Ich bin auch ein Wir" somit schon mal besser gefallen. Zudem finde ich, dass auch die Themen von "Sense8" nun immer stärker zur Geltung kommen. Eines davon, die Verbindung zwischen verschiedenen Personen – womit man auch die Globalisierung in vielerlei Hinsicht abbildet, nur dass man hier halt ohne Technologie wie Mobiltelefone, Skype oder ähnliches auskommt) – habe ich bei "Limbische Resonanz" ja schon angesprochen. Ebenfalls sehr wichtig sind jedoch auch Fragen rund um Identität, Selbstbestimmung und -verwirklichung, und das gehen des eigenen Weges gegen alle Widerstände – was sich praktisch wie ein roter Faden, in unterschiedlicher Ausprägung, durch alle Handlungsstränge zieht.

Episodenbild (c) Marvel/Netflix Fangen wir in Indien an. Ich habe schon den einen oder anderen kritischen Ton vernommen, dem diese Geschichte rund um die Hochzeit ein Dorn im Auge war, da zu klischeehaft. Hier ist erst Mal zu vermerken, dass es sich nicht um eine klassische arrangierte Hochzeit handelt. Alle von Kalas Umfeld gehen davon aus, dass sie ihren zukünftigen Gatten wirklich liebt – und können sich zugegebenermaßen auch gar nicht vorstellen, wie dies anders sein könnte. Hier thematisiert die Serie sehr schön die Unerklärlichkeit der Liebe. Denn im Gegensatz zu anderen Serien, die in solchen Fällen dann gern mal ein Arschloch als Verlobten präsentieren, ist ihr vermeintlicher Zukünftiger charmant, freundlich zuvorkommend – und halt eben auch stinkreich. Nur: Es funkt halt einfach nicht. Gerade auch "Ich bin ein Wir" spielt mehrmals damit, da man kurz zu denken beginnt, sie könnte nun langsam beginnen, tatsächlich Gefühle für ihn zu entwickeln – begann doch selbst ich mittlerweile, ihn ungemein symphatisch zu finden. Letztendlich erweisen sich diese Szenen aber immer als "gute Miene zum bösen Spiel machen" seitens Kala.

Mein persönliches Highlight war die Tanzeinlage. Ich bin zwar absolut kein Bollywood-Fan, aber dieser Moment war einerseits ungemein stimmungsvoll und mitreißend, und verdeutlichte auf der anderen Seite aber so schön Kalas Dilemma, als sie – gegen ihren Willen – in diese Tanznummer hineingezogen wird; und so wie auch bei der Hochzeit einfach nicht weiß, wie sie "Nein" sagen und das Angebot ablehnen soll. Wunderbar fand ich auch die Handlung in Mexico, wo wir nun – wie ich es schon vermutet hatte, jedoch aus Spoilergründen in meinem Review zur vorangegangenen Folge noch nicht erwähnen wollte – erfahren, dass Lito homosexuell ist, und diese Neigung aber gegenüber der ganzen Welt verbirgt. Auch hier haben wir wieder das Wechselspiel zwischen den eigenen Bedürfnissen und den Zwängen der Gesellschaft. Lito ist ein Actionstar und Frauenschwarm. Mal ganz abgesehen davon, dass man in Mexico gegenüber Homosexualität noch längst nicht so liberal ist wie in anderen Ländern, fürchtet er schon allein aufgrund seines Rufs in der Öffentlichkeit, dem er einen Großteil seines Erfolgs verdankt, um seine weitere Karriere. Trotz dieser dramatischen Ausgangssituation waren die Szenen rund um ihn aber in erster Linie amüsant – vor allem auch, als seine Kollegin ungefragt im Hotelzimmer auftaucht und ihn zuerst bedrängt ("My heart belongs to another." "That's ok."), ehe sie dann sein Geheimnis durchschaut. Vor allem auch ihre Reaktion fand ich wunderbar. Anstatt ein großes Drama daraus zu machen oder gar zu drohen, ihn zu erpressen, bietet sie sich vielmehr als Schutzschild in der Öffentlichkeit an, indem sie sich als seine neue feste Freundin ausgibt. Den entsprechenden Moment – und vor allem auch Litos Reaktion darauf – fand ich einfach nur köstlich.

Episodenbild (c) Marvel/Netflix Während Wolfgang und Riley hier kaum zur Geltung kamen (und Sun und Capheus erst gar nicht auftraten), profitierte für mich vor allem auch Nomi von dieser Episode enorm. Ich habe im Vorfeld Informationen zur Serie weitestgehend gemieden (also z.B. auch keine Figurenabrisse oder so gelesen), und den kurzen Kommentar aus dem es in der letzten Folge offenbar hervorging (wie ich beim nachträglichen Lesen anderer Reviews zu "Limbische Resonanz" herausfand) verpasst, insofern war zumindest ich überrascht, hier nun zu erfahren, dass sie nicht nur in einer lesbischen Beziehung ist, sondern es sich bei ihr zudem um eine transsexuelle Frau handelt. Damit liegt nahe, dass Lana Wachowski hier stark ihre eigenen Erfahrungen verarbeitet – was gerade auch Nomis Blogeintrag zur Parade ungemein kraftvoll und aussagekräftig macht; und dem Handlungsstrang generell eine gewisse Authentizität verleiht, einfach da Lana weiß, worüber sie schreibt. Zudem merkt man, dass ihr diese Geschichte wirklich ein Anliegen war. Dass Nomi dann auch noch von einer echten transsexuellen Frau gespielt wird, macht das Ganze schließlich perfekt.

Doch "Ich bin auch ein Wir" belässt es nicht dabei, sich mit Nomi's Vergangenheit auseinanderzusetzen – auch das zugrundeliegende Mysterium macht hier nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus einen großen Sprung vorwärts. So wird bei ihr UFLS (eine – scheinbar – erfundene Krankheit) diagnostiziert, und als Zuschauer fragt man sich sofort: Ist diese Diagnose echt? Handelt es sich dabei vielleicht einfach um eine Begleiterscheinung – oder die Ursache – ihrer Fähigkeiten? Oder ist das ganze generell nur ein Vorwand, da sie – woher auch immer – wissen, dass es sich bei ihr um eine Sensate handelt, und sie so an ihr Hirn kommen wollen? Jedenfalls ist dieses Setup herrlich perfide, sagt man der Figur doch, dass sie ihren eigenen Gefühlen – und den Visionen – nicht vertrauen kann, und all dies ein Zeichen ihrer fortschreitenden Krankheit ist. Auch hier lässt sich wieder viel hineininterpretieren – die Gesellschaft, die Nomi anweist, ihren eigenen Gefühlen nicht zu vertrauen, usw. Oder auch, wie sie danach eingesperrt und im wahrsten Sinne des Wortes ihrer persönlichen Freiheit beraubt wird. Erschreckend finde ich auch die Darstellung ihrer Familie, vor allem ihrer Mutter, die sich zwar nach außen hin grundsätzlich unterstützend gibt, in Wahrheit jedoch nur dieses (vermeintlich?) tragische Schicksal ausnützt, um wieder die Kontrolle über ihren Michael zurückzugewinnen. Umso erhebender dann jener Moment, als es Amanita gelingt, mit ihr in Kontakt zu treten. Der letzte Handlungsstrang der Folge, wo die fortlaufende Handlung rund um die Fähigkeiten wohl am deutlichsten vorangetrieben wurde, war dann neuerlich bei Will angesiedelt. Dessen Szenen mit Jonas zählten für mich ebenfalls zu den Highlights der Folge, wobei ich vor allem auch die Verfolgungsjagd – und die darin eingebauten "Schauplatzwechsel" der Figuren – wunderbar fand. Trotz dieser einzelnen Höhepunkte fand ich allerdings, dass "Ich bin auch ein Wir" das hohe Niveau der ersten Folge nicht 100%ig halten konnte. Dennoch fühlte ich mich auch bei der zweiten Episode wieder gut unterhalten.

Fazit: Episodenbild (c) Marvel/Netflix Ich bin da ja insofern ein bisschen seltsam, als es bei mir sehr oft der Fall ist, dass ich den Einstieg in eine neue Geschichte ganz besonders faszinierend und interessant finde. Dieses Eintauchen in eine fremde, neue Welt, das Kennenlernen neuer Figuren – das ist für mich immer ganz besonders interessant. Und so kommt es dann auch, dass "Ich bin auch ein Wir" insgesamt eigentlich bessere Kritiken im Internet abgestaubt hat, als die Pilotfolge, mir jedoch dennoch "Limbische Resonanz" eine Spur besser gefallen hat. Dort fand ich die Handlung einfach noch den Tick abwechslungsreicher, und auch sehr gut aufeinander abgestimmt. Die Stärken von "Ich bin auch ein Wir" sehe ich in erster Linie in bestimmten Momenten und Höhepunkten, wie der Bollywood-Tanzeinlage, Danielas Besuch bei Lito, oder auch die Begegnung zwischen Will und Jonas am Ende. In erster Linie stach für mich bei "Ich bin auch ein Wir" aber die Handlung rund um Nomi hervor. Dass sich in so manchen Szenen einiges an Interpretationsspielraum finden lässt, wertete die Episode zusätzlich auf. Und auch die selbst für heutige TV-Verhältnisse bestechend hohe Produktionsqualität stach neuerlich hervor. Insgesamt also eine gelungene Fortführung der Geschichte, die bei jenen, denen die Pilotfolge zu langsam, konfus, chaotisch und zerfahren war, wohl schon etwas besser ankommen sollte.

Wertung: 3.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2015 Netflix)




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