Kurzinhalt:
Commander Jason "Bear" Bondarevsky wird als neuer Geschwaderkommandant auf die frisch vom Stapel gelassene TCS Tarawa versetzt. Dabei handelt es sich um ein Begleitschiff, dass aus einem Transporter zu einem leichten Träger umgebaut wurde, um dem immer größeren Bedarf an Schiffen – und den hohen Verlusten der Konföderation im Krieg mit den Kilrathi – Rechnung zu tragen. Da sich die Kosten für die Tarawa in Grenzen hielten, ist sie bis zu einem gewissen Grad ein "Wegwerfkreuzer", und damit perfekt für ausweglose Missionen. Der erste Auftrag ist dabei noch relativ harmlos. Zusammen mit einigen Trägerschiffen voll Marines gelingt es ihnen, den Wüstenplaneten Vukar Tag zu erobern, auf dem sich der Wohnsitz der Mutter des kilrathischen Imperators befindet. Eine solche Schändung können die Kilrathi natürlich nicht auf sich sitzen lassen – und genau damit rechnet die Konföderation. Während die Kilrathi eine große Flotte losschicken, um den Planeten zurückzuerobern, soll die TCS Tarawa eine Einsatzgruppe anführen, die tief ins kilrathische Imperium – bis in dessen Herz, ihrem Heimatplaneten Kilrah – vordringen und so Prinz Trakkath dazu zwingen soll, seine Flotte aufzuteilen. Angesichts der Übermacht, der sie sich gegenübersehen, ist allen an Bord bewusst, dass es sich dabei um ein Himmelfahrtskommando handelt…
Inhalt:
Mit dem (chronologisch betrachtet) zweiten "Wing Commander"-Roman machte man nun den Sprung zur Ära des zweiten Computerspiels. Während man sich bei "Die Befreier" die Firekka-Mission aus der zweiten Erweiterungskampagne "Secret Missions" zur Vorlage nahm, basiert "Der Hinterhalt" nicht direkt auf Missionen aus dem PC-Spiel, sondern knüpft vielmehr an dieses a, und füllt zusammen mit dem Nachfolger "Die Geheimflotte" quasi die Lücke bis zu "Wing Commander III". In den Mittelpunkt des Geschehens rückt dabei neuerlich nicht die Figur des Spielers selbst, sondern Jason "Bear" Bondarevsky, ein Nebencharakter, den der geneigte Spieler in der ersten "Special Operations"-Kampagne kennengelernt hat. Zudem übernahmen die Autoren auch noch den ewig pessimistischen Doomsday, sowie die Mechanikern Sparks, die hier nun von der Concordia auf die Tarawa versetzt werden. Und auch Admiral Tolwyn kommt im Roman vor – nun, oder zumindest jemand, der zufälligerweise genau so heißt wie die aus den Filmen bekannte Figur. Denn sehr rasch wird klar, dass Forstchen und Stasheff die Figur ganz anders sehen, als sie vom Schöpfer der Spiele, Chris Roberts, wohl gedacht war. Denn während Tolwyn in "Wing Commander II" (und auch den späteren Spielen) eher als Antagonist des Spielers auftrat, hält ihn Forstchen scheinbar für ein missverstandenes Genie. Wo er in den Spielen als uneinsichtiger, arroganter harter Knochen auftrat, der dem Sieg gegen die Kilrathi alles und jeden unterzuordnen schien, ist er hier auf einmal ein Kommandant, dem seine Truppen am Herzen liegen, der nie jemanden zurücklassen würde, und der Bondarevskys uneingeschränkten Respekt genießt. Es ist ein derart harter Bruch, dass zumindest ich die beiden Interpretationen Tolwyns nicht wirklich miteinander in Einklang bringen konnte – was mich doch ziemlich irritiert hat.
Wenn ich schon bei meiner Kritik bin, so muss ich auch gleich festhalten, dass mir die Ausrichtung des ersten Romans, der mehr in Richtung Abenteuer-SF ging, besser gefallen hat. "Der Hinterhalt" ist nun vielmehr ganz klar der Military-SF angehörig, was meinen persönlichen Geschmack eher weniger trifft. Was ich als zweischneidiges Schwert sehe, ist der Ton des Romans. Auf der einen Seite fehlt mir ein wenig der Humor und die Leichtigkeit von "Die Befreier", auf der anderen Seite ist es sicherlich lobenswert, einen derart harten und schonungslosen Kriegsroman zu schreiben, der mit dem hohen Preis, der mit einhergeht, nicht hinterm Berg hält. Es ist halt nur irgendwie für den Roman für eine PC-Spielereihe, wo das Krieg spielen ja eigentlich Spaß machen und unterhaltsam sein soll, doch etwas seltsam und ungewöhnlich. Was man Forstchen und Stasheff jedenfalls erfreulicherweise nicht vorwerfen kann, ist irgendeine Art der Kriegsverherrlichung. Wo man jedoch da und dort ein bisschen übers Ziel hinausschießt, ist bei der Darstellung des Militärs. Zwar gibt es durchaus auch in diese Richtung den einen oder anderen leisen, kritischen Ton – z.B. wenn Admiral Banbridge befiehlt, keine Rettungsmission für die Tarawa zu unternehmen, oder auch beim Sesselfurzer O'Brian – aber von diesen abgesehen wird das Militär in erster Linie als heldenhaft portraitiert. Da wird todesmutig und aufopferungsvoll gekämpft, und in Minutentakt Heldenmut bewiesen. Vor allem auch die Selbstaufopferungsorgie fand ich mit der Zeit doch etwas übertrieben. Selten ist in einem SF-Roman so schön – und häufig – heldenhaft gestorben worden, wie hier. Akkumulativ erreichten die betreffenden Momente bei mir jedoch eher das Gegenteil der von den Autoren wohl gewünschten Wirkung.
Mein letzter Kritikpunkt ist dann die Charakterisierung. Die Figuren sind insgesamt doch eher flach und vor allem recht eindimensional gezeichnet. Lediglich Kevin Tolwyn macht eine erkennbare Entwicklung durch, und selbst diese ist sehr klischeehaft, und verläuft zudem weitestgehend außerhalb unseres Blickfelds, da nur sehr wenige Momente aus seiner Perspektive geschildert werden. Jedenfalls fand ich, etwas vielschichtiger hätte man die Figuren ruhig zeichnen dürfen. Immerhin waren sie wenigstens soweit sympathisch – wenn mir der Hauptprotagonist auch schon fast wieder zu perfekt und aalglatt war. Wie schon bei den Spielen erwies sich auch hier Doomsday schon rasch als mein Liebling, mit seiner dauerhaft pessimistischen Grundeinstellung. Und auch Sparks bekommt den einen oder anderen netten Moment. Romana hingegen hinterließ bei mir keinen nennenswerten Eindruck, und das Beziehungsgeplänkel zwischen ihr und Jason fand ich doch ziemlich hanebüchen geschrieben. Damit habe ich jetzt aber auch wirklich genug gemeckert; Zeit, sich den positiven Aspekten zuzuwenden. Die wohl größten Stärken des Romans sind seine Spannung und seine Atmosphäre. Forstchen und Stasheff verstehen es, auf effektive Art und Weise die Ausweglosigkeit der Situationen, in denen sich die Protagonisten in regelmäßigen Abständen wiederfinden, zu beschreiben, was den Roman eine ungeheure düster-bedrückende Stimmung verleiht, die ich ungemein bestechend fand. Zudem kommt aufgrund der Tatsache, dass es sich hier um eine völlig neue Geschichte mit überwiegend Nebenfiguren handelt, ordentlich Spannung auf, da man den Autoren so ziemlich alles zutraut – und sie auch bereits früh mit dem einen oder anderen Verlust klar machen, dass sie sich nicht zu schade sind, Figuren ins Jenseits zu befördern. Dementsprechend hatte ich damals als ich den Roman vor rund 20 Jahren gelesen habe, absolut keine Idee, wie das ganze Ausgehen, und wer überleben bzw. sterben würde. Zudem verstehen die beiden es, fesselnde Raumschlachten zu beschreiben, egal ob nun beim Raumkampf mit Jägern, oder im Gefecht zwischen größeren Schiffen. All dies macht den Roman, trotz seiner Schwächen, durchaus unterhaltsam, und vor allem ungemein packend.
Fazit:
"Der Hinterhalt" ist ein sehr packender und hochdramatischer Roman, der bei mir neben der ungeheuren Spannung vor allem auch mit der düster-bedrückend-ausweglosen Stimmung, die er vermittelt, punkten konnte. Auch die Geschichte selbst weiß durchaus zugefallen, wobei vor allem der narrative Bruch nach dem ersten Drittel positiv auffällt – ist so etwas doch eher ungewöhnlich. Die Raumschlachten sind sehr gelungen und durchaus fesselnd geschrieben, und die Figuren soweit – zumindest, so sie das sein sollen – sympathisch. Von der Charaktertiefe her sind sie jedoch allesamt eher flach, und teilweise auch ziemlich klischeehaft. Vor allem Hauptprotagonist Jason "Bear" Bondarevsky hätte etwas mehr Ecken und Kanten vertragen. Und bei Admiral Tolwyn fragte ich mich echt, wer dieser Kerl sein soll, da er mit der aus den PC-Spielen bekannten Figur außer dem Namen nichts gemein hat. Zwiespältig sehe ich auch die Ernsthaftigkeit des Romans. Einerseits ist es löblich, sich den Schrecken des Krieges derart unverhohlen auseinanderzusetzen, andererseits kann man kritisch hinterfragen, ob der Roman zu einem Computerspiel, das in erster Linie Spaß machen soll, der richtige Ort dafür ist. Insgesamt haben mir jedenfalls Humor und Leichtigkeit des Vorgängers doch ein bisschen gefehlt. Am schwersten wiegt für mich aber die Heldenverehrung des Militärs, und insbesondere, dass der Roman mit zunehmender Seitenzahl mehr und mehr in eine Selbstopferungsorgie ausartet. Das kann, muss einem aber nicht gefallen.
Bewertung: 3.5/5 Punkten
Christian Siegel
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