Originaltitel: A Fistful of Datas Episodennummer: 6x08 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 09. November 1992 Erstausstrahlung BRD: 27. Mai 1994 Drehbuch: Robert Hewitt Wolfe & Brannon Braga Regie: Patrick Stewart Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Michael Dorn als Lt. Worf, Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data. Gastdarsteller:
Brian Bonsall als Alexander Rozhenko,
John Pyper-Ferguson als Eli Hollander,
Joy Garrett als Annie Meyers,
Jorge Cervera Jr. als Bandito,
Majel Barrett als Computer Voice u.a.
Kurzinhalt:
Während man auf die Ankunft eines Forschungsschiffes wartet, genießt die Crew der Enterprise mal ein bisschen Freizeit. Während Captain Picard auf seiner Flöte übt und Doktor Crusher mit ihrer Schauspieltruppe ein neues Stück einstudiert, arbeiten Geordi und Data an einem Interface, mit dem sie Data an den Hauptcomputer der Enterprise anschließen wollen, so dass er einzelne Aufgaben des Schiffes im Notfall übernehmen könnte. Worf, sein Sohn Alexander sowie Counselor Troi begeben sich währenddessen ins Holodeck, genauer gesagt in den Wilden Westen, wo Worf und Alexander als Sheriff und Deputy auftreten, und Deanna den unbekannten Fremden mimt. Gemeinsam sollen sie in der Stadt Deadwood für Recht und Ordnung sorgen und den gesuchten Ganoven Eli Hollander festnehmen und in Gewahrsam halten, bis der Marshall eintrifft, um ihn abzuholen. Doch dann sorgt das Experiment von Data und Geordi plötzlich zu einer Fehlfunktion: Nicht nur werden die Sicherheitsprotokolle des Holodecks ausgeschaltet, und lässt sich das Programm nicht mehr ausschalten, auf einmal beginnt zudem, Data in immer mehr Rollen im Szenario aufzutauchen. Die von ihm dargestellten Figuren verfügen dabei über die Kraft, Reflexe und auch sonstigen übermenschlichen Fähigkeiten des Androiden – was ihn selbst für Worf zu einem überaus gefährlichen Gegner macht…
Denkwürdige Zitate:"I'm not much of an actor."
(Also ich finde ja, da geht Patrick Stewart etwas gar hart mit sich ins Gericht…)
"You're not just another electronic system." "Thank you, Geordi. Nor are you just another biological organism."
(Data gibt Geordi's Kompliment quasi 1:1 zurück.)
"You wrote this holodeck program yourself?" "Well, Mr. Barclay helped a little." "I must have a little talk with Mr. Barclay."
(Worf und Alexander, nachdem ersterer im Holodeck-Programm eine Prostituierte erblickt hat.)
"I'm beginning to see the appeal of this program!"
(Worf nach seiner ersten Kneipenschlägerei.)
"Spot, I have formulated a new mixture of foods specifically designed for your highly selective tastes."
(Viel Glück, Data!)
"In every Western I've ever read, the villains always break their word. He can't be trusted." "But we have made an honourable agreement!"
(Worfs Naivität und Entrüstung sind einfach nur putzig.)
Review:
Ich weiß, dass es einige gibt, die den Holodeck-Episoden gegenüber doch eher kritisch eingestellt sind, und der Ansicht sind, dass der Weltraum mit seinen unendlichen Weiten eigentlich genug Potential für spannende Geschichten bieten sollte. Ich hingegen sehe grundsätzlich durchaus den Sinn dahinter, gelegentlich mal die Freiheit des Holodecks für Geschichten zu nutzen, die man sonst wohl kaum erzählen könnte – sowie für einen gelegentlichen Tapetenwechsel. Kurz gesagt: Solange die jeweilige Episode gut gemacht ist, habe ich kein Problem, wenn sie im Holodeck spielt. Und "Eine Handvoll Datas" ist in meinen Augen gut gemacht. Zudem ist die letzte Holodeck-Folge meines Erachtens wieder lang genug her, dass es nicht stört, wieder einmal eine Geschichte rund um diese (fehleranfällige) Technologie zu erzählen. Dabei hilft es sicherlich auch, dass ich grundsätzlich durchaus ein Fan von Western bin, weshalb mir das Setting – welches bei "Star Trek" zudem dank der TOS-Folge "Wild West im Weltraum" – ja auch quasi schon Tradition hat – sehr gut gefallen konnte. Und generell fand ich die Folge insgesamt sehr amüsant und unterhaltsam.
Natürlich schaue ich "Star Trek" in erster Linie wegen der faszinierenden Geschichten über interessante Phänomene und Mysterien im Weltraum, sowie der gelegentlichen Einblicke in die/Analysen zur menschlichen Natur. Aber hin und wieder darf eine Folge auch mal einfach nur luftig-lockere Unterhaltung bieten, und stärker auf Humor setzen. "Eine Handvoll Datas" ist eben genau so ein Fall. Bereits der Einstieg ist höchst amüsant, mit Captain Picard, der versucht, ein Flötenstück aufzuzeichnen (wofür er natürlich die Flöte aus "Das zweite Leben" verwendet – ein netter kleiner Rückgriff auf die Kontinuität!), und dabei wiederholt von Besatzungsmitgliedern unterbrochen wird. Auch Datas spätere Szene mit Spot fand ich einfach nur köstlich, angefangen von dessen wählerischem Geschmack bis hin zur Szene, als Data arbeiten will, und Spot ständig auf den Tisch hüpft um sich streicheln zu lassen. Ich vermute, ein solches Verhalten sollte allen Katzenbesitzern geläufig sein. Der beste Teil der Episode ist aber – eben gerade auch für mich als Western-Fan – das Abenteuer von Worf, Alexander und Deanna im Holodeck, in dem zahlreiche Western-Klischees genüsslich durch den Kakao gezogen werden. Und gerade auch daraus, den Klingonen Worf in dieses Programm zu verfrachten, bezieht "Eine Handvoll Datas" viel von seinem Humor. Egal ob seine anfängliche Skepsis ob des von seinem Sohn gewählten Settings, wie er das Programm dann nach der ersten Schlägerei langsam zu genießen beginnt, oder seiner ungläubigen Entrüstung Ausdruck verleiht, weil Hollander scheinbar nicht gedenkt, sich an ihre Abmachung zu halten, trägt Worf als "fish out of water" viel zum Humor der Folge bei. Aber – und ich hätte mir nie gedacht, dass ich das mal schreiben würde – auch Deanna trägt viel zu gelingen bei. Wie sie in der Rolle des unbekannten Fremden aufgeht, ist teilweise einfach nur köstlich. Selten hat mich Marina Sirtis in ihrer Rolle so überzeugt wie hier – man merkt, wie viel Spaß sie damit hatte, endlich mal etwas anderes zu spielen als die empfindungsempfindliche Counselor. Erwähnenswert auch, dass sie doch tatsächlich eine Zigarre raucht! Das würd's heutzutage bei "Star Trek" wohl kaum mehr geben.
In erster Linie gehört "Eine Handvoll Datas" jedoch, wie der Titel schon verrät, Brent Spiner, dem hier neuerlich die Chance gegeben wird, aus seinem doch recht engen Rollenkorsett auszubrechen – was er auch hier wieder, wie schon in der Vergangenheit, genüsslich auskostet. Egal ob er als Data an Bord der Enterprise im texanischen Slang spricht oder auf dem Holodeck neben Hollander dann zunehmend auch noch weitere Figuren wie dessen Sohn, seinen Handlangern oder zuletzt gar der Barkeeperin gibt, es ist Brent Spiner in jedem Moment anzusehen, wie viel Spaß er dabei hatte, in all diese Rollen zu schlüpfen und mal so richtig die Sau rauslassen zu können – nachdem er als Data ja üblicherweise mimisch doch eher eingeschränkt ist. Zudem sind die – wenigen – Szenen, wo zwei Data gleichzeitig zu sehen sind, wieder einmal makellos getrickst, wobei vor allem der Moment besticht, wo sich Hollander mit seinem Sohn im Gefängnis unterhält. Auch die Szenen mit dem "pausierten" Holodeck sind wieder einmal toll gemacht. Generell liefert Patrick Stewart hier wieder einmal nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera eine tolle Leistung ab. Auch die Musik von Jay Chattaway muss positiv hervorgehoben werden. Und auch die Effekte sind wieder einmal klasse – wobei natürlich vor allem die letzte Szene besticht, in der die Enterprise, herrlich ironisch, in den Sonnenuntergang "reitet".
So amüsant und unterhaltsam die Folge auch ist, was ihr leider – trotz dem erneuten Ausfall der Sicherheitsprotokolle und der Tatsache, dass Worf, Deanna und Alexander im Holodeck gefangen sind – wieder einmal nicht gelungen ist war, mich zu packen. Trotz Alexanders Entführung und den bevorstehenden Duell zwischen Worf und Hollander kam bei mir keine Sekunde lang wirklich Spannung auf. Was die Episode ebenfalls herunterzieht, ist die Handlung an Bord der Enterprise selbst, die zwar nach dem amüsanten Einstieg rund um Picard noch mit vereinzelten netten Momenten aufwarten kann – wie der oben angesprochenen Szene mit Data und Spot, oder auch Commander Riker, der im Schauspielunterricht auf einmal Datas "Ode an Spot" vorträgt – insgesamt aber mit der unterhaltsamen Handlung im Holodeck nicht mithalten kann. Und gerade auch alles rund um Data, Geordi und ihr Experiment fand ich doch eher "meh". Generell finde ich, sonderlich viel Nachdenken sollte man über das Setup der Folge ja nicht. Ansonsten müsste man sich z.B. fragen, warum die Tatsache, dass sich Data in den Computersystem der Enterprise ausbreitet dazu führt, dass das Holodeck gesperrt wird und die Sicherheitsprotokolle ausgeschaltet werden. Zudem sollte man meinen, dass man sobald man bemerkt, dass alle Freizeit-Aktivitäten betroffen sind, gleich mal überprüft, ob mit dem Holodeck alles in Ordnung ist. Und überhaupt: Versucht denn niemand, Worf (immerhin Sicherheitschef) zu rufen, bzw. fragt sich niemand, wo er, Alexander und Deanna, die ganze Zeit über stecken? Hier ist wieder mal einiges an "willing suspension of disbelief" erforderlich, um die Episode genießen zu können. Und auch wenn mir das insgesamt durchaus gelungen ist – ganz ungestraft kann ich "Eine Handvoll Datas" diesbezüglich leider nicht davonkommen lassen.
Fazit:
"Eine Handvoll Datas" wird wohl kaum als eine der nachdenklichsten, anspruchsvollsten und/oder faszinierendsten Episoden in die Annalen von "Star Trek" eingehen. Was man ihr in meinen Augen aber nicht absprechen kann, ist ihr Unterhaltungswert. Bereits der Einstieg mit Picard ist sehr amüsant, und auch danach bietet man uns noch zahlreiche humorvolle Momente – insbesondere auf dem Holodeck, aber z.B. auch rund um Data und Spot. Zudem bot das Holodeck wieder einmal die Möglichkeit eines Tapetenwechsels, sowohl vom Schauplatz als eben auch tonal her. Dass just der verbissene Klingone Worf hier nun mit seinem Sohn Sheriff "spielen" muss, trägt dabei ebenfalls viel zum Unterhaltungswert bei – wie auch Deanna, die in einer ungewohnten Rolle als mysteriöser Fremder auftritt (und Marina Sirtis schauspielerische Leistung – mindestens ebenso ungewohnt – doch tatsächlich überzeugen kann). Von ihnen abgesehen gehört die Episode aber natürlich in erster Linie Brent Spiner, der es sichtlich genießt, wieder einmal die engen mimischen Fesseln ablegen und sich so richtig gehen lassen zu können. Die makellosen Effekte, die grandiose Musik von Jay Chattaway sowie die kompetente Inszenierung durch Patrick Stewart, der seinen Kollegen wieder einmal selbstlos die Bühne überwiegend überlässt, tragen ebenfalls viel zum Gelingen bei. Woran es "Eine Handvoll Datas" indes mangelt, ist Spannung; und generell muss man da und dort die Augen zudrücken, um die Episode trotz vereinzelter Logiklöcher genießen zu können. Da die Episode jedoch insgesamt sehr witzig und unterhaltsam war, gelang es zumindest mir ausnahmsweise, überwiegend (wenn auch nicht vollständig) darüber hinwegzusehen.