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James Bond 007 - Colonel Sun Drucken E-Mail
Kingsley Amis setzt 007s Abenteuer fort Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 28 März 2015
 
Titel: "James Bond 007: Colonel Sun"
Originaltitel: "James Bond - Colonel Sun"
Bewertung:
Autor: Kinsley Amis (als Robert Markham)
Übersetzung: Anika Klüver & Stephanie Pannen
Umfang: 351 Seiten
Verlag: Cross Cult
Veröffentlicht: 29. September 2014
ISBN: 978-3-86425-432-1
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E)
 

Kurzinhalt: Während des Golfspielens mit einem Kollegen sorgte sich James Bond noch, langsam einzurosten, da wartet schon die nächste heikle Mission auf ihn: Als er seinen Chef M in dessen Anwesen besucht, wird er dort bereits von mehreren zwielichtigen Gestalten erwartet. Zwar gelingt 007 in letzter Sekunde die Flucht, allerdings gelingt es ihm dabei nicht, auch M zu retten – der daraufhin von den Männern entführt wird. Deren Spur führt nach Griechenland, genauer gesagt zu einer einsamen Vulkaninsel, die vom chinesischen Colonel Sun Liang-tan bewohnt wird – wobei der Hinweis derart bewusst platziert scheint, dass sich James Bond dessen bewusst ist, mit seinem Flug nach Athen schnurstracks in eine Falle zu laufen. Dort findet er in der schönen, jungen griechischen Agentin Ariadne Alexandrou, die für den russischen Geheimdienst arbeitet, sowie einem ortsansässigen Kapitän und Kriegsveteranen zwei unerwartete Verbündete. Zusammen mit ihnen versucht er, die Hintergründe von Colonel Suns Plan aufzudecken und diesen zu vereiteln…

Review: Nach Ian Flemings Tod – just zu einem Zeitpunkt, wo der Geheimagent dank der erfolgreichen Verfilmungen mit Sean Connery in der Hauptrolle zunehmend an Popularität gewann – suchte man nach jemandem, der die Abenteuer von 007 auch auf dem Papier fortführen konnte. Eben dafür wendete man sich schließlich an Kingsley Amis, einem etablierten Autoren und guten Freund von Ian Fleming, der zudem mit der Materie – nachdem er das Sachbuch "Geheimakte 007" verfasst hatte – wohlvertraut war. Tatsächlich gelingt es ihm mit "Colonel Sun", den er unter dem Pseudonym Robert Markham veröffentlichte, sehr gut, Ian Flemings typischen Stil zu imitieren, und einen Bond-Roman zu schreiben, der sich stilistisch stimmig in die vorherigen Abenteuer von 007 einreiht. James Bond selbst wirkt dabei durchaus gut getroffen und wie eine konsequente Weiterführung der Figur – wobei sich Amis logischerweise in erster Linie an die Portraitierung von Flemings späteren Bond-Romanen orientiert, die einen etwas nachdenklicheren 007 zeigen, der des notwendigen Tötens in seinem Job einerseits zunehmend ein wenig überdrüssig wird, und andererseits sich aber dennoch nach eben solchen Abenteuern sehnt und nicht hinter einem Schreibtisch verkümmern will. Eben deshalb hat mir wohl der Einstieg, mit dem Golfspiel, ganz besonders gut gefallen. Nett ist auch der Einfall mit M's Entführung, welche die Mission für Bond auf Anhieb zu einer persönlichen Angelegenheit macht, und seinem bisher selten in Szene gesetzten Chef eine aktive Rolle im Geschehen spielen lässt.

Auch die erste Ankunft in Griechenland inklusive dem ersten Treffen mit Ariadne fand ich noch sehr gelungen. Generell geht es in diesem Abschnitt noch eher bodenständig zu, stehen Spionage und List im Vordergrund. Gerade auch dies konnte mir sehr gut gefallen. Erwähnenswert finde ich zudem, dass Amis – ohne zu wissen, inwiefern er diesbezüglich vielleicht mit einem langjährigen Freund nicht ohnehin übereingestimmt hat – auch auf die oftmals politisch unkorrekten Töne nicht verzichtet, gerade auch wenn es um Frauen (die jedoch insgesamt bei "Colonel Sun" schon wesentlich besser wegkommen als bei so manchem Fleming-Bond), Homosexualität und Rassismus geht. Grundsätzlich finde ich die dort vorgebrachten Vorurteile natürlich abscheulich – allerdings ist "Colonel Sun" ebenso wie die früheren Bond-Romane als ein Produkt seiner Zeit anzusehen; was nicht heißt, dass derartige Aussage damals richtig und/oder ok waren, aber hier etwas in der Übersetzung zu verharmlosen und dadurch zu behaupten, dass es solche Ansichten nie gegeben hätte, wäre erst recht falsch. Und immerhin macht der eine oder andere (hoffentlich eintretende) brüskierte Reaktion beim Leser deutlich, wie weit wir in den letzten Jahrzehnten als Gesellschaft gekommen sind (wenn es auch zweifellos an dieser Front nach wie vor noch viel zu tun gibt). Die letzte wesentliche Stärke des Romans war für mich dann Ariadne, die sich in die – in der literarischen Vorlage überschaubare – Riege der kompetenten "Bond-Girls" einreiht.

Worunter der Gesamteindruck von "Colonel Sun" allerdings ein wenig leidet ist, dass der Roman nach dem interessanten Beginn doch ein wenig an Spannung und Tempo verliert. Der Mittelteil auf dem griechischen Boot war wenig packend, und litt auch darunter, dass wir erst recht spät erfuhren, was denn eigentlich Suns Plan ist, den es zu vereiteln gilt. Das nachfolgende Scharmützel mit dessen Männern war dann zwar wieder recht packend geschildert, aber insgesamt fehlte es dem mittleren Drittel etwas an Höhepunkten. Zumal ich die dort befindliche "Nebenhandlung" rund um den russischen General, der Bond ebenfalls einfangen will, entbehrlich fand; hier verliert "Colonel Sun" unnötigerweise an Fokus, ohne dass dieser Teil die Erzählung in meinen Augen bereichern würde. Negativ macht ich auch bemerkbar, dass Colonel Sun nur recht selten in Erscheinung tritt, weshalb es ihm bei mir nicht so recht gelang, als Bösewicht einen Eindruck zu hinterlassen. Die Begegnung zwischen ihm und Bond blieb dann ebenfalls ein wenig hinter meinen Erwartungen zurück – nicht zuletzt da man sich wieder einmal des Klischees des Bösewichts bedient, der seinem Widersacher seinen diabolischen Plan in aller Ausführlichkeit schildert. Die nachfolgende Foltersession fand ich ebenfalls eher entbehrlich – und auch der Showdown blieb dann hinter meinen Erwartungen zurück. Dies ist insofern schade, als der Roman von der Sprache und dem Schreibstil her durchaus an Fleming erinnerte; aber die Handlung fand ich halt letztendlich – nach vielversprechendem Beginn – doch eher nur durchschnittlich.

Fazit: "Colonel Sun" bleibt in meinen Augen leider doch ein wenig hinter dem überwiegenden Teil von Ian Flemings Bond-Abenteuern zurück. Während der Einstieg noch sehr gelungen war und mir auch die ersten Kapitel nach Bonds Ankunft in Athen noch sehr gut gefallen konnten, fiel der Roman danach in meinen Augen – inhaltlich – eher ab. Im Mittelteil kam kaum Spannung auf, zudem verlor "Colonel Sun" hier durch den russischen General unnötigerweise an Fokus. Dieser wäre beim titelspendenden Colonel Sun in meinen Augen besser aufgehoben gewesen, der so nämlich doch eher im Hintergrund bleibt und zumindest bei mir keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen konnte. Und auch das Finale vermochte es dann nicht, das Ruder noch herumzureißen, sondern schloss sich vielmehr dem enttäuschenden Eindruck den der Mittelteil bei mir hinterlassen hatte an. Dies ist insofern schade, als mit der Grundidee von M's Entführung das Potential für einen packenden Plot gegeben war, und mir das erste Drittel auch noch richtig gut gefallen konnte. Zudem gelingt es Kingsley Amis sehr gut, Ian Flemings typischen Schreibstil zu imitieren. Auch Bond selbst erschien mir gut getroffen. Aber letztendlich fehlte bei mir der zündende Funke; diese Mixtur aus Genie und Wahnsinn, die Ian Flemings 007-Romane oftmals zu so einem Vergnügen machten und aus der Masse an Agentenromanen hervorstechen ließen.

Bewertung: 2.5/5 Punkten
Christian Siegel





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