Kurzinhalt:
Erschüttert von den Terroranschlägen gegen Amerika, geht Chris Kyle Ende der 90er zur Armee, wo er sich schließlich der Eliteeinheit der Navy SEALS anschließt. Nachdem er die harte Ausbildung hinter sich gebracht hat, lernt er eines Tages in einer Bar Taya kennen, und die beiden verlieben sich ineinander. Wenig später erfolgt der Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001, und Chris wird bewusst, dass sein erster Einsatz nun nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Er und Taya heiraten, und unmittelbar darauf erhält er auch schon den Einsatzbefehl. Als Scharfschütze ist es seine Aufgabe, nach Bedrohungen für die lokalen Einsatztruppen Ausschau zu halten, und diese zu beschützen. Bereits auf seiner ersten Einsatztour gelingt es Chris, sich dank seiner Treffsicherheit und seiner Abschussliste einen Namen zu machen. Doch als er nach der Geburt seines Sohnes in die Vereinigten Staaten zurückkehrt, fühlt er sich zunehmend ruhelos. Schon bald zieht es ihn neuerlich an die Front zurück…
Review:
So sehr ich Clint Eastwood als Regisseur grundsätzlich auch schätze, und ich die meisten seiner Filme genossen habe, gegenüber "American Sniper" war ich im Vorfeld doch eher skeptisch. Der Trailer sowie die eine oder andere Analyse vermittelten mir den Eindruck von republikanischer Propaganda bzw. Hurra-Patriotismus. Und auch wenn sich der Film in meinen Augen diesen Vorwurf bis zu einem gewissen Grad durchaus gefallen lassen muss – zwar sind mir sowohl die Geschichte von Chris Kyle grundsätzlich als auch seine eigene Biographie nicht bekannt, möglicherweise ist dies somit nur eine Schwäche, die der Vorlage entnommen wurde, aber Chris wird doch etwas einseitig als Held dargestellt – so war dies überraschenderweise für mich nicht das Hauptproblem des Films. Ja, man hätte sich Chris Kyle in meinen Augen ruhig etwas kritischer annähern und das eine oder andere stärker hinterfragen können, aber "American Sniper" ist kein "Rambo II", wo der Tod der feindlichen Soldaten gefeiert wird. Auch wird der Krieg weder verharmlost noch glorifiziert.
Das Hauptproblem von "American Sniper" liegt in meinen Augen vielmehr darin, dass er allzu bekannte Pfade betritt, ohne dem Thema neue Aspekte abzugewinnen. Egal ob es nun um die Schwierigkeiten von Soldaten geht, nach einem längeren Einsatz voller Gräuel wieder in ein normales Leben zurückzufinden, den Reiz und/oder die Faszination, die solche Einsätze bereithalten können (trotz oder vielleicht gerade wegen der Gefahr, in die man sich begibt), oder auch darum, wie solche Erfahrungen eine Person verändern… all dies ist schon mal da gewesen. Auch dem Kampf gegen den Terror – der insofern auf einer anderen Ebene stattfindet, als der Gegner eben nicht durch eine Uniform klar zu erkennen ist – bzw. generell den jüngeren militärischen Konflikten in Afghanistan und/oder dem Irak hat man sich in den letzten Jahren vermehrt gewidmet, mit Kathryn Bigelows Oscar-Gewinner "Tödliches Kommando" als einen besonders eindringlichen und erinnerungswürdigen Vertreter – an den Clint Eastood in meinen Augen mit "American Sniper" bei weitem nicht herankommt. Es fehlt einfach das Alleinstellungsmerkmal, eine zündende Idee, eine markante Aussage – oder auch ganz einfach irgendetwas, das ihn von früheren ähnlichen Kriegsfilmen abheben würde. Dadurch vermittelt "American Sniper" teilweise leider stark ein "Been there, done that"-Gefühl. Auch als Biopic funktioniert er in meinen Augen nur bedingt – denn aus meiner Sicht bekamen wir für ein solches zu wenig Einblick in das Leben bzw. die Denkweise von Chris Kyle. Was veranlasst ihn dazu, immer wieder in den aktiven Dienst zurückzukehren? Der Film selbst flirtet mit der einen oder anderen Erklärung, scheint es aber dem Zuschauer zu überlassen, sich seinen Reim darauf zu machen. Das kann durchaus schon einmal funktionieren – in einem Film über eine reale Persönlichkeit, die uns dieser ja auch näher bringen will, halte ich es allerdings für den falschen Ansatz.
Skeptisch sehe ich auch den einen oder anderen Moment, der schon ein bisschen nach Hollywood riecht. Wie gesagt, ich kenne Kyles Kriegsmemoiren auf denen der Film basiert nicht, vielleicht haben sich jene Momente die mir irgendwie unglaubwürdig und/oder überdramatisiert auch wirklich so zugetragen. Aber z.B. die Szene, als Taya und Chris gerade miteinander telefonieren (und über ihr ungeborenes Kind sprechen) und während des Gesprächs ein Gefecht ausbricht, dem Taya dann über das Telefon zuhört… das fühlte sich für mich unecht an. Gleiches gilt für den Showdown mit dem anderen Scharfschützen am Ende. So etwas erwartet man sich vielleicht in einem fiktiven Film wie "Duell – Enemy at the Gates", aber in einem Film, der auf realen Begebenheiten beruht, klingt es irgendwie falsch und unaufrichtig (wobei ich offen zugebe, wenn ich nicht wüsste, dass sich der Ausgang der WM in "Rush" genau so zugetragen hat, würde ich das dort über diese Szene wohl ebenso sagen). Und auch die teilweise überraschend ungelungenen Effekte – wie das mittlerweile berühmt-berüchtigte CGI-Baby, oder auch der Sandsturm am Ende – müssen erwähnt werden; wenn sie auch im Vergleich zu den anderen Schwächen des Films zu einer Randnotiz verkommen.
Deutlich schwerer wiegt da schon, dass dem Film die Eskalation fehlt. Bereits der erste Kill den man uns zeigt ist so drastisch bzw. die Situation in der sich Chris wiederfindet so grauenerweckend, dass alle weiteren solcher Momente im direkten Vergleich dazu verblassen. Dementsprechend fehlt die klassische dramaturgische Struktur einer laufenden Steigerung bis hin zu einem Höhepunkt. Mein letzter wesentlicher Kritikpunkt ist dann, dass die zahlreichen Leben die Chris im Einsatz ausgelöscht hat für ihn keine große Rolle zu spielen scheinen. Als er nach dem Zwischenfall bei der Grillparty einen Psychologen aufsucht, sagt er diesem, dass ihn nicht jene Leben belasten die er genommen hat, sondern vielmehr jene, die er nicht retten konnte – was aus Chris Black eine Art düster-verzerrt-serienmordende Version von Oskar Schindler macht. Bitte nicht falsch verstehen; ich werfe ihm diese Taten nicht vor. Er befand sich im Krieg, und tat was er tat, um das Leben seiner Kameraden zu beschützen. Aber etwas Reue wegen der Leben die er ausgelöscht hat, wäre nett gewesen. Nun könnte man sagen, dass er diese durchaus empfunden haben mag und nur gegenüber dem Psychologen den Helden spielen wollte – doch falls dies so ist, scheiterte der Film daran, mir dies zu vermitteln. Natürlich kommt Chris mit einem Trauma zurück, fällt es ihm schwer, den Krieg hinter sich zu lassen. Seine Taten schienen mir dabei jedoch eine vergleichsweise geringe Rolle zu spielen. Dies bringt uns letztendlich in gewisser Weise auch wieder zu meinem ersten Kritikpunkt zurück: Denn sich mit der Frage auseinandersetzen, was es mit jemandem anstellt, wenn man auf dem Schlachtfeld so viele Leben auslöscht, hätte "American Sniper" aus der Masse an Kriegsfilmen ein bisschen hervorstechen lassen.
Trotz dieser ausführlichen Kritik ist "American Sniper" insgesamt kein schlechter Film. Am positivsten werden mir an ihm wohl die schauspielerischen Leistungen in Erinnerung bleiben. Zwar hat mir Bradley Coopers Leistung in "Silver Linings" noch eine Spur besser gefallen (was allerdings auch daran liegen könnte, dass er mich dort wirklich überrascht hat, während ich seither weiß, dass er solche Leistungen abliefern kann), dennoch beweist er mit seiner Performance in "American Sniper" wieder einmal eindrucksvoll, dass er mehr kann, als nur den Schönling zu spielen (auf den man ihn in Hollywood ja lange reduzierte). Sehr gut gefallen hat mir auch die Leistung von Sienna Miller – die ich in diesem Film (nicht zuletzt wegen ihrer brünetten Haare) nicht wiedererkannt habe. Von ihnen abgesehen ist es in erster Linie die Regie von Clint Eastwood, die positiv hervorsticht. Sobald Chris die Ausbildung hinter sich gelassen hat und sich auf seine erste Einsatztour begibt, versteht er es, einige packende Szenen auf die Kinoleinwand zu bannen. Aber selbst darunter waren halt leider keine Momente, die sich mit den spannendsten Szenen aus (um noch einmal das "Paradebeispiel" der Kriegsfilme der letzten Jahre zu bemühen) "Tödliches Kommando" messen könnten. Damit bietet "American Sniper" letztendlich nur "more of the same".
Fazit:
Ich bin zugegebenermaßen nicht der größte Fan von Kriegsfilmen, vielleicht lag es also auch daran, aber zumindest mich konnte "American Sniper" leider nicht so recht begeistern. Er ist zwar beileibe kein schlechter Film, hat aber in meinen Augen einfach nichts (neues) zu sagen hat, bzw. schafft es nicht, der Thematik neue Aspekte abzugewinnen. Es fehlt das Besondere, das Alleinstellungsmerkmal, welches ihn von den zahlreichen anderen Filmen des Genres abheben würde. Erschwerend kommt hinzu, dass er für ein Kriegsdrama nicht erschütternd und eindringlich genug ist, und wir für ein Charakterportrait zu wenig Einblick in Chris Kyles Gedanken- und Gefühlswelt erhalten. Diesbezüglich scheiterte der Film vor allem daran, mir seine Motivation für seine wiederholte Rückkehr an die Front begreiflich zu machen. Generell hätte ich was die Person von Chris Kyle betrifft eine differenziertere Darstellung vorgezogen, da sich der Film so zumindest ansatzweise den Vorwurf der Heldenverehrung gefallen lassen muss. Und auch eine klassische, dramaturgische Sturktur mit einer zunehmenden Eskalation der Ereignisse habe ich schmerzlich vermisst; da die erste Tötung die man uns zeigt zugleich auch schon die Erschreckendste ist. Am problematischsten fand ich aber, dass Chris Kyle seine Taten im Krieg nicht groß zu belasten schienen; sein Trauma kam daher, dass er nicht jeden seiner Kameraden retten konnte, und nicht aufgrund der unzähligen Menschenleben die er ausgelöscht hat. Wenn man sich mit diesen Punkt auch wirklich auseinandergesetzt und ihn kritisch hinterfragt hätte, wäre es "American Sniper" wohl gelungen, mir weitaus besser zu gefallen; stattdessen wird es kommentarlos präsentiert, so als wäre dies das normalste auf der Welt. Immerhin, handwerklich kann man dem Film nicht viel vorwerfen. Clint Eastwood präsentiert einige packende Kriegsszenen, und die schauspielerischen Leistungen sind ebenfalls sehr gut, wobei vor allem Bradley Cooper hier wieder einmal aufzeigt. Aber letztendlich bot "American Sniper" für meinen Geschmack zu wenig bemerkenswertes, dass ihn aus der Masse der – teils besseren und erschütternderen – Kriegsdramen hervorstechen lassen würde.