Kurzinhalt:
Veronica Mars wird vom Neptune Grand engagiert, um die Unschuld eines Mannes der illegal bei ihnen beschäftigt war zu beweisen, und dem vorgeworfen wird, eine junge Frau vergewaltigt zu haben. Der Mann selbst wurde deportiert, aber das Hotel sieht sich nun einer zivilrechtlichen Schadenersatzklage gegenüber. Das Opfer – bei dem es sich um Grace Manning handelt – ist verständlicherweise alles andere als erfreut darüber, wurde Veronica doch letztendlich damit beauftragt, zu beweisen, dass sie lügt. Dementsprechend abweisend ist sie Veronica gegenüber – von ihrer problematischen Vorgeschichte ganz abgesehen. Doch trotz der ablehnenden Haltung die ihr entgegenschlägt setzt Veronica alles daran, den Fall aufzuklären, den Täter zu ermitteln und zur Strecke zu bringen. Ihr Vater Keith feiert indes zusammen mit den Anwalt Cliff sowie Eli Navarro dessen Freispruch. Nun wollen sie jedoch die Polizei verklagen, um so auf die Korruption im Department aufmerksam zu machen – und so möglichst zu verhindern, dass bei der anstehenden Wahl wieder Sheriff Lamb gewinnt…
Review:
"Mr. Kiss and Tell" ist nach dem letztjährigen "The Thousand Dollar Tan Line" der zweite Roman rund um die junge, freche Detektivin, der an den Film anknüpft und ihre Abenteuer fortsetzt. Und auch wenn der Roman was Aufbau, Ton und den Fall an sich betrifft recht unterschiedlich ist, so ist mein Eindruck jenem des ersten erschienenen Buchs sehr ähnlich. Auch "Mr. Kiss and Tell" hat mich – trotz der ernsten Grundthematik rund um einen Serienvergewaltiger, sowie der teils der düsteren und drastischen Beschreibung bestimmter Momente – wieder einmal phantastisch unterhalten, und von der ersten bis zur letzten Seite gepackt. Hauptverantwortlich dafür ist der Schreibstil. "Mr. Kiss und Tell" war ein echter "Seitenumblätterer", wie man so schön sagt. Es fiel mir schwer, den Roman aus der Hand zu legen, da er sehr spannend und auch flüssig geschrieben war. Trotz der düsteren Grundhandlung sorgen Veronicas oftmals frech-lockere Sprüche für die eine oder andere auflockernde Erheiterung zwischendurch. Generell sind die Dialoge sehr gut geschrieben, und sprudeln teilweise nur so über vor Wortwitz. Und auch die eine oder andere gelungene popkulturelle Anspielung hat sich wieder eingeschlichen. Den Fall an sich fand ich ebenfalls wieder sehr gelungen. Zwar vielleicht nicht ganz so ausgeklügelt und wendungsreich wie bei "The Thousand Dollar Tan Line", ersparte man uns dafür diesmal wenigstens einen ähnlich aufgesetzten Moment wie am Finale des vorangegangenen Romans, wo Veronica in unmittelbarer Lebensgefahr schwebte. Zudem gefiel mir der Ansatz, dass Veronica den Täter nach ca. zwei Dritteln ermittelt hatte, und es danach "nur" mehr darum ging, ihm die Taten auch wirklich zu beweisen. Die recht nüchtern-sachliche Betrachtung der Prostitution, die sich zudem dagegen wehrt die betreffenden Frauen zu dämonisieren, rundete das überwiegend positive Gesamtbild ab.
Nicht ganz so gelungen fand ich hingegen die B-Handlung rund um Keith, Eli, und die Klage gegen die Polizei von Neptune. Zwar hätte das zweifellos viel Potential für eine packende Geschichte geboten, aber dafür verlief es etwas zu sehr im Hintergrund. Das fand ich ein wenig schade. Auch das Beziehungsdrama rund um Veronica, Logan und seinen Dienst bei der Navy hat mich nicht 100%ig überzeugt. Ich weiß schon, dass ein Teil der Veronica Mars-Fans dieses dauernde Drama in ihrer Beziehung ja irgendwie erwartet, aber ich könnte auch ganz gut ohne das leben. Jedenfalls war mir das da und dort etwas zu seifenopernartig. Und wie schon beim Vorgänger hat es mir im Vergleich zur Serie und den Filmen (wo das Stilmitteln natürlich in erster Linie dazu eingesetzt wird, um uns an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben zu lassen; was im Roman deutlich leichter möglich ist) neuerlich ein wenig an ihren inneren (oftmals schnippisch-ironischen) Gedanken gefehlt. Last but not least leidet der Roman wie der Vorgänger etwas darunter, dass die SchauspielerInnen fehlen, die ihren Figuren Leben einhauchen. Natürlich macht es trotzdem Spaß, Veronica beim Ermitteln zu begleiten, hatte ich unweigerlich Kirsten Bells Stimme im Ohr, und kein Problem damit, mir die jeweiligen DarstellerInnen in den Rollen vorzustellen. Aber dennoch haben mir die schauspielerischen Performances da und dort ein wenig gefehlt, und wäre es mir nach wie vor lieber, wir könnten Veronica Mars auch wirklich bei ihren Ermittlungen zuschauen, als ihr nur zuzulesen. In Ermangelung eines neuen Films oder gar einer neuen Serie sind die – bislang wirklich sehr gut geschriebenen – Kriminalromane mit ihr als Hauptfigur aber natürlich immer noch weitaus besser als gar nichts.
Fazit:
"Mr. Kiss and Tell" setzt Veronica Mars Abenteuer in Romanform fort. Der Fall ist zwar von der Thematik und dem Ablauf her ganz anders als der Vorgänger, konnte mir aber wieder sehr gut gefallen. Besonders interessant fand ich den Einfall, dass Veronica den Täter nach rund 2/3 des Romans identifiziert, der Fall damit aber noch lange nicht abgeschlossen ist – gilt es doch danach, ihm seine Taten auch nachzuweisen. Als große Stärke erwiesen sich auch wieder einmal die wunderbar geschriebenen Figuren sowie die gewitzten Dialoge. Generell ist "Mr. Kiss and Tell" sehr gut geschrieben, höchst unterhaltsam, und liest sich ausgesprochen flüssig. Da die Handlung zudem sehr packend war, fiel es mir dementsprechend schwer, den Roman aus der Hand zu legen. Ein echter "page-turner" halt! Wo man jedoch in meinen Augen etwas Potential verschwendet hat, ist bei der Nebenhandlung rund um Weevils Klage, die kaum zur Geltung kam. Das Beziehungsdrama zwischen Veronica und Logan erschien mir zudem teilweise ein bisschen klischeehaft, und wie schon bei "A Thousand Dollar Tan Line" haben mir sowohl die schauspielerischen Leistungen – so leicht es auch fallen mag, sich die Darsteller in ihren Rollen vorzustellen – als auch Veronicas Gedanken (in Film und Serie als Voice Over-Kommentar vermittelt) ein bisschen gefehlt. Fans von Veronica Mars können nichtsdestotrotz auch bei "Mr. Kiss and Tell" wieder bedenkenlos zugreifen.