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The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben Drucken E-Mail
Biopic mit einem überragenden Benedict Cumberbatch Kategorie: Filme - Autor: C. Siegel | M. Spieler - Datum: Freitag, 20 Februar 2015
 
Oscar-SPECiAL

 
The Imitation Game
Originaltitel: The Imitation Game
Produktionsland/jahr: UK/USA 2014
Bewertung:
Studio/Verleih: Black Bear Pictures/Square One Entertainment
Regie: Morten Tyldum
Produzenten: U.a. Nora Grossman, Ido Ostrowsky & Teddy Schwarzman
Drehbuch: Graham Moore, nach dem Buch "Alan Turing: The Enigma" von Andrew Hodges
Filmmusik: Alexandre Desplat
Kamera: Óscar Faura
Schnitt: William Goldenberg
Genre: Biographie/Drama/Thriller
Kinostart Deutschland: 22. Januar 2015
Kinostart USA: 25. Dezember 2014
Laufzeit: 114 Minuten
Altersfreigabe: FSK ab 12
Trailer: YouTube
Kaufen: Blu-Ray, DVD, Soundtrack
Mit: Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode, Rory Kinnear, Allen Leech, Matthew Beard, Charles Dance, Mark Strong u.a.


Kurzinhalt: Während des zweiten Weltkrieges nutzten die Nazis eine als uncrackbar geltende Verschlüsselung für ihre Nachrichten – die Enigma. Als den Briten eine Enigma in die Hände fällt, verpflichtet der MI6 eine Reihe von Codeknackern, Linguisten und Mathematikern um den Code zu knacken. Unter ihnen war Alan Turing mit einer Idee für eine Maschine, die sich beliebig programmieren lässt – etwas das später als Turing-Bombe bekannt werden sollte und mehrere Enigmas nachbildet. Doch nicht nur die Nazis haben ein Geheimnis, auch Turing muss einen Teil von sich verstecken…

Review von Christian Siegel: Szenenbild. Filmische Biographien gibt es natürlich schon sehr lange, aber erst in den letzten Jahren wurde ein echter Trend daraus. Zu Beginn dieser Schwemme war ich durchaus kritisch, einerseits, da man es mit dieser Art Film rasch zu übertreiben schien, und andererseits, da ich den künstlerischen Wert dieser Filme oftmals eher kritisch beäugte. Mittlerweile stehe ich diesem Filmgenre jedoch wie ich gestehen muss deutlich positiver gegenüber. Natürlich will ich die vorhandenen Schwächen bzw. Problempunkte nicht verhehlen. Ein solcher Film wird nie dieselbe Menge an Informationen vermitteln können, als wenn man eine Biographie liest und sich wirklich ausführlich mit dem Leben der jeweiligen Person beschäftigt. Noch viel schwerer wiegt die künstlerische Freiheit. Es muss einem bewusst sein, dass man weniger die Person selbst, als vielmehr eine mehrere Filter (Drehbuchautor, Regisseur, Darsteller) durchlaufende Interpretation der Person kennenlernt. Allerdings haben diese Biopics, wie man auf neudenglisch so schön dazu sagt, gegenüber einer trockenen Biographie einen entscheidenden Vorteil: Denn durch die Inszenierung wird die Geschichte auf eine Art lebendig, wird man als geneigter Zuschauer auf einer emotionalen Ebene angesprochen, die ein reiner, sachlicher Text wohl selten bis nie erreichen kann.

"The Imitation Game" ist ein typisches Beispiel hierfür. Vor allem im letzten Drittel vermochte es so manche Szene, mich dank der Regie, der Musik, der schauspielerischen Leistungen etc., zu berühren. Dort beschäftigt man sich dann nämlich stärker mit den Auswirkungen von Turings Erfolg, den Enigma-Code zu brechen, sowie mit seiner vor der Gesellschaft versteckten Homosexualität – und was passiert, als diese plötzlich kein Geheimnis mehr ist. Ich bin mir sicher, die Geschichte nur zu lesen nimmt einen teilweise ebenfalls mit. Dennoch war zumindest ich dank der Inszenierung stärker involviert, als wenn ich nur einen Text vor mir hätte. Angesichts dieser größeren emotionalen Wirkung bzw. Verbundenheit zur Geschichte und der Figur, nehme ich die eine oder andere historische Inakkuranz gerne in Kauf. Und wenn der Film mein Interesse für das Thema geweckt hat und ich mich im Anschluss für die harten Fakten interessiere, kann ich mir im Anschluss an den Filmkonsum ja immer noch die Biographie bestellen – oder zumindest den Wikipedia-Artikel durchlesen. Ein wesentlicher Aspekt dafür, dass die Ereignisse bzw. die Figuren in einem Biopic in einer Art zum Leben erwachen, wie dies in einer Biographie wohl kaum gelingt, sind natürlich die Darsteller. Benedict Cumberbatch spielt Alan Turing mit einer bestechenden Leichtigkeit; wie wohl kein anderer aktueller Schauspieler schafft er es, Intelligenz, Arroganz und soziale Inkompetenz bzw. Unnahbarkeit auszustrahlen. Insgesamt zeigt er in "The Imitation Game" sicherlich eine der besten – wenn nicht gar die beste – Leistungen seiner Karriere; die Oscar-Nominierung ist zweifellos verdient. Aus dem Rest des Ensembles sticht dann in erster Linie noch Keira Knightley hervor, die vor allem im letzten Drittel die eine oder andere Szene bekommt, die es ihr erlaubt, zu glänzen. Aber auch der Rest des Ensembles offenbart keine Schwachstelle.

Szenenbild. So großartig seine Leistung grundsätzlich auch ist, aber… Benedict Cumberbatchs Besetzung als Alan Turing hat leider auch einen Haken: So haben wir ähnliche Rollen in der Vergangenheit schon häufiger von ihm gesehen, und so sehr er sich durch die leisere Stimme, das Stottern, die Gestik etc. bemüht, sich von diesen abzugrenzen, fiel es mir teilweise – wie z.B. beim Bewerbungsgespräch gleich zu Beginn – schwer, seinen Sherlock Holmes auszublenden, was da und dort leicht irritierend war. Zudem fand ich das Geschehen nur selten wirklich packend, da z.B. am Erfolg seiner Maschine von vornherein kein Zweifel bestand (was sich insbesondere bei jener Szene negativ bemerkbar machte, als das Militär anrückte um sie abzudrehen). Und insgesamt fand ich, dass der Film doch etwas brauchte, um so richtig in Fahrt zu kommen. Am besten hat mir "The Imitation Game" ab dem Moment gefallen, wo es ihnen endlich gelingt, Enigma zu knacken. Alles was danach kam fand ich großartig. Allerdings waren bis zu diesem Zeitpunkt eben auch schon wieder rund zwei Drittel des Films rum. Alles was davor kam war zwar ebenfalls nicht schlecht, vermochte es aber halt auch nicht so recht, mich zu begeistern.

Fazit: "The Imitation Game" funktioniert auf mehreren Ebenen. Einerseits bietet er einen Einblick in die möglicherweise kriegsentscheidende Arbeit von Alan Turing und seines Kryptographie-Teams, den Nazi-Code Enigma zu knacken. Zudem lässt er es einen Blick auf die Ursprünge der heutigen Computer-Technologie werfen. Und dann bietet er natürlich auch noch ein faszinierendes Portrait von Alan Turing selbst; ein Mann, der mindestens ebenso komplex und rätselhaft war, wie jener Code den er zu entschlüsseln suchte. Getragen von einem überragenden Benedict Cumberbatch (dem es jedoch leider nicht 100%ig gelang, den Ballast früherer ähnlicher Rollen – allen voran der modernen Sherlock Holmes-Interpretation – abzuschütteln) und unterstützt von einem hochkarätigen Ensemble, bot "The Imitation Game" somit eine interessante Mischung aus Thriller, Biopic sowie einer etwas anderen Art von Kriegsdrama. So richtig zu begeistern vermochte mich der Film dabei jedoch erst im letzten Drittel; alles davor war zwar ebenfalls schon recht unterhaltsam und mit vereinzelten Höhepunkten gespickt, jedoch für sich genommen noch nicht übertrieben packend, und litt zudem da und dort unter der Vorhersehbarkeit der Handlung (zumindest, sofern man mit den historischen Begebenheiten zumindest ansatzweise vertraut ist). Wer sich für Alan Turing, Kryptographie und/oder Geschichte interessiert, für den führt an diesem Spiel aber kein Weg vorbei.

Wertung:7 von 10 Punkten
Christian Siegel


Review von Michael Spieler: Szenenbild. Der Film ist keine Biografie im eigentlichen Sinne, auch wenn er wichtige Stationen von Turings Leben zusammenfasst, basiert er nur auf seinem Leben, bzw. auf dem Buch über sein Leben bzw. seine Arbeit an Enigma von Andrew Hodges "Alan Turing: The Enigma". Was genau sich in Bletchley Park wann ereignet hat, ist auch aufgrund der Geheimhaltung bis in die 70er Jahre nicht vollständig belegt. Des Weiteren fehlt im Film seine Arbeit dort an der Fish-Verschlüsselung, die der an der Enigma vorausging und zu der er im Wesentlichen mathematische Modelle beisteuerte, während andere den Colossus bauten, der dann die Chiffre knackte. Im Film sieht man den Bau einer (Turing-)Bombe (weil sie, während sie arbeitet, so tickt wie eine Bombe) unter seiner Federführung. Natürlich darf im Film Drama nicht fehlen und so geben Rückblenden auf seine Schulzeit mit seinem Freund Christopher, Hinweise auf seine persönliche und emotionale Entwicklung. Sein Wesen, wie es im Film unfassbar gut von Benedict Cumberbatch (Smaug & Sauron, "Der Hobbit") eingefangen und dargestellt wird, entspricht in vielerlei Hinsicht dem, was man heute wohl einen Savant nennen würde. Zumindest war das mein Eindruck.

Sagte ich schon, dass Cumberbatch unfassbar gut ist? Er spielt ein extrem verletzliches Genie, das nie richtig gelernt hat gesellschaftliche Konventionen zu beachten und wirkt daher kühl und unmenschlich auf seine Kollegen. Generell ist das ganze Ensemble super ausgewählt und ich habe mich über die vielen bekannten Gesichter gefreut, hat aber gegen Cumberbatchs Präsenz kaum etwas aufzubieten. Selbst Keira Knightley als Schwester im Geiste Joan Clarke und kurzzeitige Verlobte von Turing, hat es da schwer. Sie hat ein ganz eigenes Set an gesellschaftlichen Missständen gegen das sie ankämpfen muss – eine Frau mit akademischer Laufbahn und ohne Lust auf Heirat, das war unerhört. Tatsächlich macht das Drehbuch mehr aus der Beziehung, als sie tatsächlich war. Sowohl die Nichte von Clarke als auch Hodges, der Autor des Buches, haben sich gegen den Aufbau der Rolle bzw. die Besetzung ausgesprochen, wie sie jetzt im Film zu sehen ist. Mag das sein wie es ist, der Dramaturgie hilft es ungemein, schließlich soll ein Film auch unterhalten und ich befürchte, die Arbeit selbst hätte sich ohne das Drumherum nur sehr schwer als spannend einfangen lassen. Es ist alles so aufgebaut, dass man beim finalen Versuch der Turing-Bombe, den Tagescode zu knacken, schon gebannt auf die sich drehenden Register starrt. Im Film wurde Turing selbst als Erzähler der Geschichte gewählt – ein kluger Schachzug, der jede persönliche Färbung und Abweichung von der Wahrheit ermöglicht. Turing sitzt im Verhör und erzählt dem Polizisten, der den Einbruch bei ihm aufklären will, diese Geschichte, die bis dahin niemand zu hören bekommen hatte.

Szenenbild. "The Imitation Game" hat so seine Probleme, wie den unnötig eingebauten russischen Doppelagenten, der zwar zusätzlich Spannung im Team aufbaut, aber am Ende ohne Konsequenz bleibt – wozu also? Aber das verblasst wegen des Cumberbatchs. Er zeigt einfach, dass er in jeden Charakter schlüpfen kann und eben nicht nur durch seine Worte sondern auch durch seine Mimik und damit einhergehende bestimmte Ticks zu eigen macht. Bei Turing ist es das Stottern, dass immer insbesondere in Situationen zu Tage tritt, in denen er sehr nervös ist. Auch wenn so ein Film ganz offensichtlich (wie auch "Die Entdeckung der Unendlichkeit" über das Leben von Steven Hawking) ganz offensichtlich der Academy für die ein oder andere Nominierung in die Hände spielt, dazu gab es ja letztens eine populäre Kritik von Vince Mancini, finde ich das hier durchaus gerechtfertigt. Warum es dann immer gleich ein ganzer Batzen sein muss, wenn der für den besten Hauptdarsteller genügt hätte, entzieht sich mir. Die Academy ist leider doch extrem vorhersehbar – "The Imitation Game" ist für 8 Oscars nominiert. Der Januar startet jedenfalls gut durch und ich hatte "The Imitation Game" überhaupt nicht mehr auf dem Radar, umso mehr hat mich der Film überrascht auch wenn er es vermutlich nicht hätte müssen. Es ist noch kalt und grau draußen. Geht ins Kino und guckt Benedict Cumberbatch zu, Mortdecai soll ja nicht so der Bringer sein, Baymax hingegen schon (und so knuddelig!).

Fazit: Benedict Cumberbatch spielt den Mathematiker und Kryptoanalysten Alan Turing in der entscheidenden Phase seines Lebens, sowohl im Arbeits- als auch Privatleben, so glaubwürdig und so nah man eben an ein Enigma von Mensch herankommen kann. Daumen Hoch.

Wertung:10 von 10 Punkten
Michael Spieler
(Bilder © 2015 Square One Entertainment)


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Weiterführende Links:
Oscar-SPECiAL 2015





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