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Ich seh, Ich seh Drucken E-Mail
Psychologischer Horror aus Österreich Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 06 Oktober 2014
 
Halloween-SPECiAL

 
Ich seh, Ich seh
Internationaler Titel: Goodnight Mommy
Produktionsland/jahr: Ö 2014
Bewertung:
Studio/Verleih: Ulrich Seidl Film Produktion GmbH/Films Distribution
Regie: Veronika Franz & Severin Fiala
Produzent: Ulrich Seidl
Drehbuch: Veronika Franz & Severin Fiala
Filmmusik: Olga Neuwirth
Kamera: Martin Gschlacht
Schnitt: Michael Palm
Genre: Horror/Thriller
Kinostart Deutschland: noch nicht bekannt
Kinostart Österreich: Januar 2015
Laufzeit: 100 Minuten
Altersfreigabe: noch nicht bekannt
Trailer: YouTube
Kaufen: Noch nicht verfügbar
Mit: Susanne Wuest, Elias Schwarz, Lukas Schwarz u.a.


Kurzinhalt: Nach der Trennung ihrer Eltern leben Elias und Lukas mit ihrer Mutter in einem abgelegenen Haus in Niederösterreich. Als ihre Mutter von einer Operation zurückkommt, ihr Gesicht unter einer Maske versteckt, verhält sie sich jedoch auf einmal ungewöhnlich. Alle Vorhänge werden zugezogen, sie erwartet sich absolute Ruhe, und wirkt insgesamt recht unnahbar. Auf Störungen reagiert sie sehr ungehalten, und neben dem einen oder anderen Wutausbruch bekommen die beiden auch schon mal körperliche Gewalt zu spüren. Die beiden Zwillingsbrüder sind von Tag und Tag immer mehr davon überzeugt: Das ist nicht ihre Mutter. Doch um wen oder was handelt es sich, und was hat sie mit ihnen vor?

Review: Szenenbild. Als ich – vorab – erfahren habe, dass "Ich seh, ich seh" der erste Überraschungsfilm des heurigen /slash Filmfestivals sein würde, hielt sich meine Begeisterung erstmal eher in Grenzen. Dies liegt jedoch weniger daran, dass ich gegenüber österreichischen Filmen Vorurteile hegen würde; im Gegenteil, haben doch z.B. die "In 3 Tagen bist du tot"-Reihe, international anerkannte Produktionen wie "Liebe", oder auch der großartige Alpenwestern "Das finstere Tal" gezeigt, dass auch in Österreich Filme gemacht werden können, die sich vor internationalen Produktionen nicht verstecken brauchen. Allerdings hatte ich von "Ich seh, ich seh" bereits eine Rohfassung bei einem Testscreening im April gesehen (übrigens das allererste Testscreening meines Lebens – das war schon cool). Und auch wenn ich ihn insgesamt ok fand, war ich jetzt nicht unbedingt so begeistert, dass ich das Gefühl hatte, ihn so bald wieder sehen zu müssen. Nachdem die erste Enttäuschung verklungen war dachte ich aber, dass es sehr interessant sein würde, die fertige Fassung mit der Rohfassung aus dem Testscreening (der ich eine 5/10 gegeben hätte) zu vergleichen. Und so sah ich den Film mit einer seltsamen Mischung aus Vorfreude und Widerstreben gegenüber.

Die fertige Fassung von "Ich seh, ich seh" hat mir nun in erster Linie eines gelehrt: Trotz meiner langjährigen Erfahrung was Filmkonsum betrifft, sowie dem Durchforsten zahlreicher Making Of-Berichte, sei es in Buchform oder auf DVD/Blu-Ray, weiß ich längst nicht so viel über das Filmemachen, als ich dachte. Denn nie im Leben hätte ich gedacht, dass es Veronika Franz und Severin Fiala gelingen könnte, aus der Rohfassung des Films einen derart großartigen Horrorschocker zu schmieden. Doch mit dem neuen Soundtrack, der fertigen Tonspur (beides für die Atmosphäre eines Films nun mal immens wichtig) sowie einer deutlich strafferen Handlung (wobei weniger größere Szenen geschnitten wurde, als vielmehr die Szenen selbst verkürzt/gestrafft wurden), hat mir "Ich seh, ich seh" in der endgültigen Fassung ungleich besser gefallen. Und so fühle ich mich jetzt erfreulicherweise auch dazu imstande, den Film an alle Horrorfans bedenkenlos weiterzuempfehlen. Zumal man in der fertigen Fassung auch einen meiner größten damaligen Kritikpunkte ausgemerzt hat – schien man doch mit einer Einstellung des Hauses ziemlich zum Ende des Films einen bis dahin schön psychologischen Thriller in einen übernatürlichen Horror zu verwandeln. Zwar muss ich gestehen, dass ich es immer noch vorziehen würde, wenn man in dieser Einstellung nicht eine bestimmte Person von Haus weggehen sehen würde, aber die Tatsache, dass man in der fertigen Fassung deutlich macht, dass es sich um eine Einstellung aus der Perspektive einer anderen Figur handelt, macht es wieder ok – da nun dem Zuschauer überlassen bleibt, wie er das Geschehen interpretieren will. Interessanterweise hat auch die Szene mit den Spendensammlern vom Roten Kreuz, die mir im Testscreening wie ein Störfaktor vorkam, hier nun gut gefallen – nicht zuletzt, da sie in all der Düsternis eine erfrischende und erfreuliche humoristische Auflockerung bot.

Szenenbild. Diese ist auch bitter nötig – kann "Ich seh, ich seh" doch mit der einen oder anderen Szene aufwarten, die mir selbst beim zweiten Sehen einen kalten Schauer über den Rücken gejagt hat, und mich verstören konnte. Zwar hat man im Bereich der Horrorfilme sicherlich schon brutaleres gesehen, aber in "Ich seh, ich seh" hatte die Gewalt eine Unmittelbarkeit, die für mich die Härte dieser Szenen noch einmal erheblich gesteigert hat. Es wirkte einfach alles so realistisch, dass ich unweigerlich mit den Figuren mitgefiebert habe, und stärker in den Szenen drin war, als in so manch anderen Horrorfilmen. "Ich seh, ich seh" bestätigt auch wieder einmal, was für einen unheimlichen Charakter Kinderlieder, "richtig" angewandt, besitzen können. So werden im Film die beiden Schlaflieder "Guten Abend, gut' nacht" und "Weißt du, wieviel Sternlein stehen" auf eine Art und Weise bzw. in einem Kontext verwendet, dass ich davon ausgehe, dass sie der geneigte Kinobesucher danach nie wieder mit den gleichen, unbeschwerten Ohren hören wird.

Die Regie von Veronika Franz und Severin Fiala ist eine weitere wesentliche Stärke des Films, finden sie doch bei "Ich seh, ich seh" eine perfekte Balance zwischen grusligen und grausamen Momenten, zwischen atmosphärischem Horror und Gewaltszenen. Zudem sieht der Film auch wirklich phantastisch aus, wobei hier neben der Arbeit durch Kameramann Martin Gschlacht vor allem auch noch die Locationscouts gelobt werden müssen. Das Haus wurde wirklich perfekt ausgewählt, und auch das Maisfeld sowie das eine sumpfartige Gebiet gleich zu Beginn stechen hervor. Auch mit dem Wetter hatte man teilweise Glück – der heftige Hagelsturm spiegelt perfekt die innere Aufruhr der Figuren bzw. das "Gewitter" das im Haus herrscht wieder, und ist auch von dieser interpretativen Ebene abgesehen einfach nur beeindruckend. Jedenfalls setzt "Ich seh, ich seh" den Trend jener österreichischen Filme fort, die sich optisch nicht vor ihren Gegenparts aus Hollywood verstecken müssen. Nicht vergessen werden dürfen auch die schauspielerischen Leistungen. Sowohl die beiden Zwillinge Lukas und Elias Schwarz, als auch ihre "Mutter" Susanne Wuest zeigen großartige Leistungen, die ebenfalls maßgeblich dafür verantwortlich, dass ich so im Film involviert war und mit den Figuren mitgefühlt habe. Und auch die Familiendynamik ist einerseits wunderbar geschrieben und andererseits auch perfekt gespielt. Praktisch von Anfang an ist klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, und auch wenn ich das wie und das was vielleicht etwas zu offensichtlich fand (dazu gleich mehr), sollte die Frage, was genau hier vor sich geht, den Zuschauer zumindest für einen gewissen Teil der Laufzeit beschäftigen.

Szenenbild. Womit wir schon bei meinem einzigen nennenswerten Kritikpunkt angekommen wären: So war mir in der Version vom Testscreening recht bald klar, wo sich das ganze hinbewegen würde, und ich denke, der neue Schnitt der fertigen Fassung macht das wenn überhaupt nur noch einmal offensichtlicher (wobei ich zugegebenermaßen angesichts meiner Kenntnis des Films wohl der Falsche bin, um das zu beurteilen). Ich bin davon überzeugt, die meisten werden irgendwann im Laufe des Films vermuten können, auf welche Auflösung der Film zusteuert, und ihre Vermutung daraufhin laufend bestätigt sehen. Dementsprechend ist es dann, wenn der Film die Karten endlich auf den Tisch legt, wohl für die Mehrheit der Zuschauer kein Schock mehr, sondern vielmehr eine Bestätigung. Und angesichts der Tatsache, wie lange man sich mit dieser definitiven Antwort Zeit lässt, denke ich nicht, dass das von den Regisseuren so beabsichtigt war. Letztendlich denke ich, wäre es vielleicht effektiver gewesen, das Verwirrspiel etwas früher aufzugeben. Da der Film jedoch selbst mit Kenntnis der Auflösung für mich bei der Zweitsichtung wunderbar funktioniert hat, sollte dies aber eigentlich für niemanden ein absolutes K.O.-Kriterium sein.

Fazit: Mit der "In 3 Tagen bist du tot"-Reihe hat Andreas Prochaska bereits vor einigen Jahren bewiesen, dass wir Österreicher auch Horror können –wenn wir nur wollen. Veronika Franz und Severin Fiala steigen nun quasi in seine Fußstapfen, und präsentieren einen packenden Psycho-Schocker, der niemanden kalt lassen sollte. Von den beiden Zwillingen Elias und Lukas Schwarz sowie ihrer Filmmutter Susanne Wuest famos gespielt, grandios inszeniert, zwei bekannte Kinderlieder auf grandios-unheimliche Art und Weise einbindend, sowie mit einer bestechenden drückend-gruseligen Atmosphäre und im weiteren Verlauf des Films auch einigen brutale Szenen ausgestattet, die mir deutlich näher gegangen sind als so mancher "Torture Porn"-Horror aus Übersee, hat mich "Ich seh, ich seh" in seiner fertigen Form – trotz (oder vielleicht gerade wegen?) meiner Kenntnis der Rohfassung, ziemlich geflasht. Einzig den Twist am Ende, den die meisten Genrekenner wohl früher oder später schon erahnen dürften, würde ich als potentielle Schwäche ins Maisfeld führen. Davon abgesehen ist "Ich seh, ich seh" in seiner fertigen Form aber ein großartiger, ungemein atmosphärischer und teils sehr düsterer Film, den sich Horrorfans unbedingt vormerken sollten.

Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © 2014 Ulrich Seidl Film Produktion GmbH)


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Weiterführende Links:
Halloween-SPECiAL 2014





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