Originaltitel: Justice Episodennummer: 1x08 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 09.11.1987 Erstausstrahlung BRD: 26.10.1990 Drehbuch: Worley Thorne Regie: James L. Conway Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Denise Crosby als Lt. Tasha Yar, Michael Dorn als Lt. Worf,
Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data, Wil Wheaton als Wesley Crusher Gastdarsteller: Brenda Bakke als Rivan, Jay Louden als Liator, David Q. Combs als Mediator 1, Richard Lavin als Mediator 2, Judith Jones als Edo-Mädchen u.a.
Kurzinhalt:
Die Enterprise entdeckt einen Planeten der Klasse M, der einem Paradies gleicht. Nicht nur ist der Planet wunderschön, seine Bewohner sind noch dazu äußerst freizügig. Kein Wunder, dass sich Riker und Konsorten einen Landurlaub auf dem Planeten wünschen. Doch Picard traut dem Frieden nicht so ganz, und schickt deshalb zuerst einen Erkundungstrupp aus, der die Lage genauer auskundschaften soll. Auch Wesley darf sich der Gruppe anschließen, um die Erholungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in seinem Alter zu überprüfen. Anfangs sind alle von der ihnen zuteilwerdenden Gastfreundschaft überwältigt, doch schließlich muss das Außenteam erfahren, dass der Frieden auf dem Planeten mit einem hohen Preis verbunden ist…
Denkwürdige Zitate:"Nice Planet."
(Worf, gleich nach der Ankunft auf dem Planeten der Edo.)
"Data! Don't babble." "Babble, sir? I'm not aware that I ever 'babble', sir. It may be that from time to time I have considerable information to communicate, and you may question the way in which I organize it…"
"Please – organize it into brief answers to my questions. We have very little time. Do they accept our presence at their planet?" "Undecided, sir."
(Für einen Androiden ist Data aber schnell eingeschnappt.)
"Would you choose one life over one thousand, sir?" "I refuse to let arithmetic decide questions like that."
(Zweifellos der beste Dialog der Episode; interessant, wie Picard hier der Philosophie der Vulkanier eine Absage erteilt.)
Review:
Es gibt zahlreiche Erzählungen, die sich dem komplexen und emotional aufgeladenen Thema der Todesstrafe auf gelungene Art und Weise gewidmet haben. "Das Gesetz der Edo" gehört nicht dazu. Anstatt sich ernsthaft mit der Thematik auseinanderzusetzen und zu riskieren, den einen oder anderen Zuschauer vor den Kopf zu stoßen, macht es uns "Das Gesetz der Edo" nämlich viel zu leicht, in die ablehnende Haltung von Picard & Co. einzustimmen. Denn selbst die größten Verfechter der Todesstrafe werden wohl zustimmen, dass diese als Strafe im vorliegenden Fall absolut unangebracht ist. Damit gelingt es "Das Gesetz der Edo" leider nicht, diesem komplexen Thema neue, interessante Facetten abzugewinnen und/oder eine ernsthafte Diskussion darüber anzuregen. Vielmehr predigt er zum Chor jener, welcher der Todesstrafe ablehnend gegenüberstehen, die sich nach der Episode gegenseitig anerkennend auf die Schulter klopfen und sagen können: "Wir haben es ja schon immer gewusst – die Todesstrafe ist ungerecht". Aufgrund der völlig überzeichneten Darstellung wird es der Episode aber nicht gelingen, auch nur einen Befürworter der Todesstrafe zum Nachdenken anzuregen.
Die zu einfältige Auseinandersetzung mit diesem komplexen Thema ist jedoch bei weitem nicht das einzige Problem der Episode. Diese fangen im Prinzip schon zu Beginn an, als man sich auf den Planeten beamt, und wir zum ersten Mal auf die Edo treffen. Deren Kleidung sowie ihre freizügige Darstellung soll wohl anziehend, verführerisch und/oder verlockend wirken – auch mich machte es hingegen eher einen peinlichen Eindruck. Natürlich dient diese vermeintliche Vorstellung des perfekten Paradieses vor allem dazu, zum späteren Terror der Folge einen guten Kontrast zu liefern. wenn man aber über die Darstellung zuvor eher in schallendes Gelächter ausbricht als sich ebenfalls an diesen Ort zu wünschen, funktioniert dies einfach nicht. Eben diese vermeintlich schockierende Offenbarung, dass jedes Vergehen, so klein es auch sein mag, mit der Todesstrafe geahndet wird, funktioniert dann ebenfalls nicht wirklich. Ich meine, ehrlich… man sollte meinen, über so etwas informiert man sich, ehe man auf den Planeten beamt. Tasha Yar spricht ja sogar an Bord der Enterprise ihr Rechtsystem kurz an. Aufgrund der Tatsache, wie simpel gestrickt dieses ist, kann mir keiner erzählen, dass es plausibel ist, dass Tasha diesen klitzekleinen Aspekt mit der Bestrafung übersehen hat. Aber vielleicht war sie ja auch mit ihren Gedanken woanders? Womit wir schon bei einem weiteren Aspekt wären: Die Art und Weise, wie sich das Außenteam der Enterprise von den freizügigen Edo verführen lässt, lässt sie doch ziemlich notgeil wirken. Angesichts der Tatsache, dass im weiteren Verlauf der Handlung auch die oberste Direktive eine wichtige Rolle spielt, stellt sich mir zudem die Frage: Was macht die Crew der Enterprise eigentlich auf diesem Planeten? Es handelt sich eindeutig um eine Prä-Warp-Zivilisation. Ist die Kontaktaufnahme mit solchen nicht eigentlich verboten, und stellt somit nicht bereits der Besuch des Planeten einen Bruch der oberste Direktive dar?
Dennoch ist der erste Teil der Folge fast noch erträglicher, doch dann ziehen noch deutlich dickere Wolken ins vermeintliche Paradies: Keine zwei Minuten, nachdem Riker und Co. erfahren haben, dass jeder Gesetzesbruch mit der Todesstrafe geahndet wird, mimt just der junge Wesley auch schon den Trottel und übertritt eine der festgelegten Grenzen. Dass er gerade Eigentum auf einem völlig fremden Planeten zerstört hat, scheint Wesley wenig zu stören, zuckt er doch mit den Achseln und versichert seinen neu gewonnenen Freunden, dass es ihm gut gehe. Eben diese extreme Darstellung der Sorglosigkeit stört schon enorm, man sollte meinen, dass Wesley doch ein bisschen mehr Verantwortungsgefühl an den Tag legt und sich für sein Versehen entschuldigt. Hier wird die Kontinuität des Charakters der Dramatik der Folge geopfert – denn natürlich dient seine Sorglosigkeit vor allem dazu, seine Ahnungslosigkeit zu verdeutlichen und einen Kontrast zu dem schrecklichen Schicksal zu liefern, das ihm ob seines Regelverstoßes nun droht.
Kurz darauf liefert Wesley dann eine der schlechtesten Dialogzeilen der gesamten Serie ab. Voller Überzeugungskraft, Innbrunst und Stolz sagt er seinen versammelten Freunden: "I'm from Starfleet. We don't lie." Ja, Wesley, is' schon gut. Überhaupt passt sich Wheaton's Darstellung – nachdem mich seine Performance in den Episoden zuvor noch durchaus überzeugen konnte – diesmal der unterirdischen Qualität des Drehbuchs an. Im Vergleich zu den restlichen Kritikpunkten nur eine Kleinigkeit, aber erwähnen will ich es trotzdem: Nur kurz nachdem über den armen Wesley die Todesstrafe verhängt wurde, gelingt es Riker mit der Enterprise Kontakt aufzunehmen (zuvor war dies durch die Intervention der seltsamen Raumstation im Orbit des Planeten nicht möglich). Er erstattet Picard Bericht über die Situation, entscheidet sich aber im letzten Moment, den Namen des Besatzungsmitgliedes lieber nicht zu nennen. "Er möchte Dr. Crusher schonen", wird sich da der eine oder andere denken… nur: Wie konnte Riker überhaupt wissen, dass sich Dr. Crusher auf der Brücke befindet und mithört?! Der letzte Stein des Anstoßes ist dann schließlich, wie sich der "Gott" der Edo am Ende doch noch davon überzeugen lässt, Picard und seine Crew ziehen zu lassen. Die ganze Episode über wurde an sein Gewissen appelliert, und wurden durchaus gute, nachvollziehbare Argumente gebracht, warum die Strafe für Wesley unangebracht ist. Doch als man auf das Schiff zurückbeamen will, scheint "Gott" dies zu verhindern – offenbar hat ihn dies also bislang nicht überzeugt. Dann sagt Picard noch zur, dass es keine Gerechtigkeit geben kann, wenn alle Gesetze absolut gelten, und Riker ergänzt, dass das Leben selbst immer wieder Ausnahmen erfordert – und schon zeigt sich "Gott" gnädig und lässt sie ziehen. Dass ihn alles zuvor nicht überzeugt hat, und dieses kurze Statement dann schon, fand ich absolut unglaubwürdig – weil so überzeugend waren Picard und Riker hier nun auch wieder nicht. Etwas länger hätte Picards Plädoyer hier ruhig sein dürfen, um das Umdenken von "Gott" plausibel zu machen.
Dem Edo-Gott sei Dank gibt es aber auch vereinzelte gelungene Aspekte. So fand ich Marina Sirtis Darstellung diesmal nicht einmal unbedingt schlecht – wie z.B. ihre Reaktion nach der Ankunft auf dem Planeten, wo sie uns zeigen darf, dass sie etwas fühlt (und was sie fühlt), ohne dass man sie gleich wieder dazu zwingt, es auszusprechen. Brenda Bakke als Haupt-Edo-Frau sieht einfach nur bezaubernd und wunderschön aus – womit wenn schon nicht das Hirn doch wenigstens die (maskulinen) Augen etwas Futter bekommen. Der Soundtrack von Dennis McCarthy kann ebenfalls gefallen – wenn dieser auch leider auf der Blu Ray für meinen Geschmack viel zu leise abgemischt ist. Die einzig wirklich gute Szene von "Gesetz der Edo" ist aber das Gespräch zwischen Picard und Data, als ersterer über die Zwickmühle in der sie stecken nachdenkt und überlegt, was er nun tun soll. Der Dialog zuvor in der Krankenstation war zwar auch ganz nett, doch so gelungen der Humor dort für sich genommen auch gewesen sein mag, im Kontext der Episode und der Situation, in der sie sich gerade befangen, war es doch etwas unpassend. Aber das Gespräch zwischen Picard und Data, wo der Captain der Philosophie der Vulkanier eine Absage erteilt, war großartig.
Fazit:
Die Todesstrafe ist ein höchst kontroverses Thema, welches die Film- und Fernsehindustrie seit Jahrzehnten beschäftigt. Leider gelingt es "Das Gesetz der Edo" aufgrund der völlig überzogenen Darstellung des Rechtssystems auf dem Planeten nicht, dieser umstrittenen Thematik neue Facetten abzugewinnen und zu einer ernsthaften Diskussion darüber anzuregen. Denn das Wesley Crusher für solch ein Vergehen nicht die Todesstrafe gebührt, ist eine No-Na-Angelegenheit. Hier macht es "Das Gesetz der Edo" sowohl sich als auch uns zu leicht. Weitere Schwachpunkte sind die diesmal nicht wirklich überzeugende Darstellung von Wil Wheaton, Wesleys untypisch-sorglose Reaktion als er fremdes Eigentum zerstört, die peinliche Darstellung der Bevölkerung des Planeten, sowie die eine oder andere logische Ungereimtheit, wie z.B. die Frage, was die Crew der Enterprise eigentlich auf dem Planeten machen – handelt es sich doch offensichtlich um eine Prä-Warp-Kultur, mit der eine Kontaktaufnahme durch die oberste Direktive, auf die man sich in weiterer Folge so groß bezieht, strengstens verbietet. Der letzte Schwachpunkt ist dann die Art und Weise, wie es Picard und RIker mit je einem Satz gelingt, den Gott der Edo doch noch umzustimmen und sie ziehen zu lassen. Einzig die gelungene Szene zwischen Picard und Data verhindert, dass ich "Das Gesetz der Edo" mit der absoluten Tiefstwertung versehen muss – ist jedoch allein viel zu wenig, um die Episode auch nur ansatzweise retten zu können.