Originaltitel: Where No One Has Gone Before Episodennummer: 1x06 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 26.10.1987 Erstausstrahlung BRD: 12.10.1990 Drehbuch: Michael Reaves & Diane Duane Regie: Rob Bowman Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Denise Crosby als Lt. Tasha Yar, Michael Dorn als Lt. Worf,
Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data, Wil Wheaton als Wesley Crusher Gastdarsteller: Stanley Kamel als Kosinski, Eric Menyuk als der Reisende, Herta Ware als Yvette Picard, Biff Yeager als Argyle u.a.
Kurzinhalt:
Der Warpantriebs-Spezialist Kozinski kommt an Bord der Enterprise. Er soll einen Weg gefunden haben, die Leistung der Triebwerke deutlich zu erhöhen. Der Chefingenieur und seine Leute sind zwar skeptisch, haben sie doch seine Formeln simuliert und dabei keine Leistungssteigerung des Warp-Triebwerks festgestellt – da seine Methode jedoch bei zwei anderen Schiffen der Föderation tatsächlich erfolgreich war, lässt man ihn gewähren. Das Experiment beginnt… und gerät völlig außer Kontrolle. Statt einer kleinen Verbesserung des Antriebs rast die Enterprise mit unmessbarer Geschwindigkeit davon, und findet sich in einer völlig anderen Galaxie wieder. Ein Versuch, das Experiment erneut durchzuführen, scheitert, und die Enterprise gerät in einen Raumbereich, in dem ihre Gedanken zur Realität werden. Nun stellt sich die Frage: Wie ist es zu diesem Unfall gekommen, und wie kann die Enterprise wieder in ihre eigene Galaxie zurückkehren? Denn mit dem normalen Warp-Antrieb würde es Jahrhunderte dauern, ehe die Enterprise wieder den Raum der Föderation erreicht. Wesley weist schließlich darauf hin, dass der Schlüssel zur Rückkehr bei Kozinski's Assistenten liegen dürfte. Doch dieser liegt nach den beiden Experimenten im Sterben…
Denkwürdige Zitate:"Then why, in all of our history, is there no record of you or someone like you ever having visited us?" "What wonderful arrogance. There is no record because we have not visited you before." "Why not?" "Well, up until now, if you'll forgive this, you've been uninteresting."
(Leider der einzig ansatzweise denkwürdige Dialog der Episode.)
Review:
Wie so viele Episoden der erste Staffel ist auch "Der Reisende" das, was man im anglikanischen Sprachraum als einen "mixed bag" bezeichnet; also eine Mischung aus positiven und negativen Aspekten. Auf der Habenseite stehen ganz klar jene Momente, die sich um die fremden Galaxien drehen, in die es die Enterprise verschlägt. Die Effekte können hier wirklich überzeugen und faszinieren mit einigen fantastischen und wundervollen Bildern. Vor allem die Einstellung der Enterprise in dieser fremden Galaxis (siehe Titelbild) wird mir wohl auf ewig in Erinnerung bleiben. Ungemein beeindruckend, und einfach nur wunderschön. Auch die Momente am Rande des Universums, mit den schwebenden Lichtkugeln, waren visuell imposant umgesetzt. Ich finde es wirklich beachtlich, dass diese Szenen mittlerweile 25 Jahre auf dem Buckel haben, aber sich so manche CGI-Special Effects heutzutage vor diesen großartigen Effekten sogar noch verstecken müssen. Jedenfalls sind diese Effektszenen aber nach wie vor so beeindruckend und überzeugend wie an ihrem ersten Tag.
Doch nicht nur die Optik, sondern auch die Akustik dieser Episode hat es mir angetan. Ron Jones hat für die Serie ja viele phantastische Scores geschaffen, aber jener hier zählt zu meinen absoluten Favoriten. Vor allem das Mysteriöse und Wundersame dieser völlig fremden Welt, in der niemand zuvor gewesen ist, fängt er grandios ein. Was das Drehbuch betrifft, gefällt mir vor allem die Idee, die Enterprise in einen Raumbereich zu schicken, in dem die Gedanken der Besatzungsmitglieder Gestalt annehmen. Hier gab es dann neben ein paar ernsteren Szenen auch einige skurrile Momente, wie den Geigenspieler oder auch die Balletttänzerin, die einiges an Humor in die Episode gebracht haben. Auch jene Szene, als Picard aus dem Turbolift scheinbar ins nichts tritt, ist phantastisch, und bleibt in Erinnerung. Die Höhepunkte dieser Illusionen waren aber für mich der kurze Rückblick in Tasha's schwere Vergangenheit, sowie die berührende Szene, als Captain Picard von seiner "maman" dazu eingeladen wird, mit ihr eine Tasse Tee zu trinken. In letzter fiel mir auch Ron Jones' Soundtrack wieder enorm positiv auf. Sehr gut gefallen haben mir auch die völlig unterschiedlichen Ansätze der Brückenbesatzung, wie in dieser Situation zu verfahren ist, die auch die Persönlichkeit der Figuren herrlich widerspiegelt. So ist Riker skeptisch, Kozinski erneut die Kontrolle über das Schiff zu geben, und fragt sich, was wohl beim nächsten Versuch passieren wird; Worf und Tasha fürchten in erster Linie um die Sicherheit des Schiffes in diesem Raumbereich, während Data wiederum einen eher naiv-neugierigen Standpunkt vertritt und vorschlägt, die Gelegenheit zu nutzen und eine Weile in dieser Galaxis zu verweilen, um sie zu erforschen. Hier kommt eine der wesentlichen Stärken der Serie, nämlich das Kollektiv und die unterschiedlichen Ansichten und Zugänge der Figuren, wieder besonders gut zur Geltung.
Leider jedoch, bei allen positiven Aspekten, konzentriert sich "Der Reisende" insgesamt gesehen einfach zu sehr auf den hier wieder neunmalklugen Wesley Crusher. Vor allem als der Reisende schließlich zu Picard sagt, dass der Knabe was ganz ganz besonderes wäre, hat es mit die Zehennägel aufgestellt. Ich meine, ok, er ist besonders nervig, aber ich glaube nicht, dass der Reisende das damit gemeint hat?!?! Auch ist die Szene, in welcher der Reisende Picard seine Geschichte erzählt, viel zu lang. Hier kommt mit der Zeit doch ordentlich Langeweile auf, vor allem, nachdem er gerade wieder in die Ohnmacht gefallen und von Crusher erneut aufgeweckt werden musste. Zudem erscheint mir seine Begründung, warum er Kozinski so lange unterstützt hat, einfach nicht schlüssig – vor allem im Hinblick auf seine Rückkehr in der 7. Staffel. Denn hier in "Der Reisende" klingt es so, als wäre er auf ein relativ normales Transportmittel angewiesen – später jedoch fliegt er praktisch körperlos durch die Gegend. Zugegeben, dieser Fehler ist "Der Reisende" nicht unbedingt anzukreiden, ist die Geschichte doch in sich schlüssig, aber wenn man die Serie schon kennt kommt man einfach nicht umhin, diese Erklärung etwas seltsam zu finden.
Auch fragt man sich unweigerlich, was eigentlich Kozinski von dieser Vereinbarung hat. Denn so wie ich das verstanden habe, ist ja der Reisende für die Leistungssteigerung des Antriebs verantwortlich. Heißt aber auch: Die funktioniert immer nur, wenn Kozinski und er auf dem Schiff anwesend sind. Was soll das also bringen? Doch zurück zu Wesley: Dass er nach so kurzer Zeit bereits solch eine Bindung zum Reisenden verspürt, will mir beim besten Willen nicht wirklich nachvollziehbar erscheinen. Wohl auch deshalb war es für mich schwer, mitzufühlen, als der Reisende am Ende dann verschwindet. In "Der Reisende" wird schließlich leider auch das Phänomen eingeführt, dass Schlaumeier Wesley etwas auffällt, dass sonst niemand bemerkt, aber natürlich will auf den Bengel niemand hören, da die Erwachsenen ja soooo gemein und arrogant sind. Gut ok, es war innerhalb der Staffel das erste (aber leider nicht das letzte) Mal, dass dies vorkam, insofern will ich Gnade vor Recht ergehen lassen und nicht länger drauf rumreiten. Trotzdem können selbst die ganzen gelungenen Momente und Ideen nicht darüber hinwegtäuschen und/oder -trösten, dass diese Folge eigentlich nur dazu dient, den Wunderknaben Wesley zu feiern, und ihn für die weiteren Folgen auf die Brücke zu bekommen. Denn den großen Vogel der Galaxis schließt Picard dann schließlich am Ende ab, als er Wesley, wohl aufgrund der Worte des Reisenden, zum Fähnrich ehrenhalber ernennt. Hmmm… den Sohn der Bordärztin, die noch dazu mit dem Captain befreundet ist… riecht sehr nach Protektion, wenn ihr mich fragt. Wenn das die anderen Kinder wüssten! Ich fürchte, in der Schule wird's der gute Wes nicht leicht haben… und der Zuschauer auch nicht, wenn sich diese neunmalkluge Nervensäge von jetzt an immer auf der Brücke herumtreibt.
Fazit:
Ohne die Handlung rund um Wesley wäre "Der Reisende" eine sehr gute Episode geworden. Die Special Effects-Aufnahmen der Enterprise in fremden Galaxien sind ungemein beeindruckend, und die Idee, dass die Gedanken der Crew Gestalt annehmen, sehr faszinierend. Letzteres sorgt dann auch mit Abstand für die besten Momente der Episode, allen voran Picards kurzes Gespräch mit seiner verstorbenen Mutter – eine berührende Szene, nicht zuletzt dank Ron Jones phantastischem Score. Doch leider, es hilft alles nichts… die Idee, dass Wesley nicht nur neunmalklug, sondern ein echter Wunderknabe im Stile eines Mozarts ist, ruft bei mir automatisch Brechreiz hervor – wie auch das kitschige Ende, als Wesley sein großer Traum erfüllt wird und er fortan als Fähnrich ehrenhalber auf der Brücke der Enterprise sitzen darf. Nun mal ehrlich, das ist doch einfach nur unplausibel, ärgerlich, und zum Haare raufen. Dass es schwer fällt, die starke Bindung die Wesley zum Reisenden verspürt nachzuvollziehen, aufgrund der Tatsache wie kurz er ihn kennt, drückt die Episode dann endgültig auf durchschnittliches Niveau – was ich angesichts der Stärken doch als sehr schade empfinde.