Mit: Ricardo Darín, Belén Rueda, Abel Dolz Doval, Charo Dolz Doval, Luis Ziembrowski, Osvaldo Santoro, Guillermo Arengo, Jorge D'Elía u.a.
Kurzinhalt:
Als Sebastián seine Kinder Luca und Luna bei seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau zur Schule abholt, spielen sie ihr gewohntes Spiel: "Wer ist als Erster im Erdgeschoss?" Während er den Aufzug nimmt, laufen die Kinder die Treppe hinab. Sebastián erreicht als Sieger das Erdgeschoss, doch von seinen Kindern fehlt jede Spur. Er sucht das gesamte Treppenhaus ab, befragt die Nachbarn, doch Luca und Luna bleiben verschwunden. Schließlich melden sich die Entführer und fordern ein Lösegeld von 100.000 Dollar…
Review:
Ich gestehe, dass ich mir "7th Floor", die neueste Regiearbeit des Argentiniers Patxi Amezcua, der mit seinem Drehbuch zum international gefeierten "Bruc - Napoleons blutige Niederlage" (2010) einiges Aufsehen erregte, mit einer vergleichsweise hohen Erwartungshaltung angeschaut habe. Zum einen versprach der Plot, einen durchaus interessanten Thriller abzugeben, zum anderen erwies sich der Film in seinem Ursprungsland Argentinien als echter Kassenschlager. Und tatsächlich macht Amezcua auf den ersten Blick sehr vieles richtig. Die Handlung verläuft zunächst völlig unvorhersehbar, schlägt einige Haken und führt den Zuschauer oftmals auf eine falsche Fährte. So wie auch der Protagonist Sebastián, dargestellt von der argentinischen Schauspielgröße Ricardo Darín ("Chinese zum Mitnehmen", 2011), begibt man sich auf Spurensuche, stellt Verdächtigungen an, spinnt Verschwörungstheorien und lässt sich in die Irre führen. Und ebenso nimmt man als Zuschauer Anteil an der zunehmenden Verzweiflung, der Angst und dem Stress.
Die Wandlung Sebastiáns vom abgebrühten Star-Anwalt hin zum niedergeschmetterten Familienvater, der bereit ist, für seine Kinder jedes Opfer zu bringen, ist wirklich gut und vor allem glaubhaft gestaltet. In diesen Belangen erweisen sich Drehbuch und nicht zuletzt Hauptdarsteller Ricardo Darín, der hier eine beachtliche Performance abliefert, durchaus als solide und feinfühlig. Weiterhin weiß auch die ausgesprochen wirkungsvolle Kameraarbeit des Films zu gefallen. In hervorragend fotografierten Bildern wird Buenos Aires als anonymer und dubioser Schauplatz, an dem Kriminalität und Korruption zum Alltag gehören, in Szene gesetzt. Das in kalten Farben gehaltene, beinahe schon surreal anmutende Treppenhaus fügt sich nahtlos in dieses verruchte Gesamtbild ein. Es ist ein unheilvoller, bedrohlicher Ort, der per se schon Spannung erzeugt und den Suspense-Charakter des Films erheblich stützt. Auch verschleiert die gelungene Optik effektiv das knappe Budget des Films. Dass "7th Floor" letztendlich für ein Taschengeld realisiert wurde, ist nirgendwo erkennbar. Weniger vorzüglich sind allerdings der flache Spannungsbogen und das gemächliche Erzähltempo. Nachdem die Kinder spurlos verschwunden sind, gelingt es Regisseur Amezcua kaum noch, die Dramatik weiter aufzubauen und weitere Höhepunkte einzuarbeiten.
Erst nach knapp 1 Stunde, also nach der Geldübergabe und als Sebastián ins Miethaus zurückkehrt, kommt der nächste Paukenschlag in Form einer äußerst gelungenen Wendung. Als er dann erkennt, wer hinter der Entführung der Kinder steckt, schlägt die Handlung eine gänzlich neue Richtung ein. Jedoch sind die weiteren 20 Minuten schließlich gähnend langweilig und driften in Richtung eines schnöden Familiendramas ab. Hier verabschiedet sich der Film gänzlich von seinen eigentlichen Qualitäten, die er anfangs noch erfolgreich zur Schau stellte. Dass der Film auf Action und Spektakel verzichtet, ist zwar zunächst als seine Stärke anzuerkennen, doch wenn der Begriff "Tempo" bedeutet, dass der Hauptprotagonist mit einem alten Ford Granada mit defektem Scheinwerfer durch das nächtliche Buenos Aires saust, hat Herr Amezcua etwas gründlich missverstanden. So sehr ich es schätze, dass er sich redlich bemüht, einen klassischen Suspense-Thriller abzuliefern, muss ich ihm doch vorwerfen, auf narrativer Ebene das Ziel verfehlt zu haben.
Fazit:
"7th Floor" versucht sich als Suspense-Thriller und kann mit einer guten Prämisse, zahlreichen Wendungen und Überraschungen sowie einem charismatischen Hauptdarsteller aufwarten. Auch gelingt es dem Film, das ihm zugrundeliegende Szenario seinem Publikum emotionell nahezubringen. Angesichts dessen ist es mehr als bedauerlich, dass er sich auf wenige Höhepunkte beschränkt, eher schrittweise vorankommt und einen unwürdigen Schlussteil hinzufügt.