Kurzinhalt:
Zum Forschungsschiff Gregor Mendel – auf dem auch eine entfernte Verwandte von Captain Picard ihren Dienst verrichtet – ist während ihres Aufenthalts in einem bisher unbekannten Raumsektor der Kontakt abgebrochen. Die U.S.S. Enterprise wird losgeschickt, um herauszufinden, was vorgefallen ist. Sie finden die Gregor Mendel im Orbit des Planeten A'klah, der von einem starken Energieschild geschützt wird. Vond er Besatzung der Mendel fehlt auf dem Schiff allerdings jede Spur – sie sind scheinbar spurlos verschwunden. Wegen seines persönlichen Interesses, das Mysterium ihres Verschwindens aufzuklären, besteht Captain Picard darauf, das Außenteam selbst anzuführen. Begleitet wird er dabei u.a. von Worf, Geordi und Dr. Pulaski. Doch nur kurz nachdem sie sich auf die Gregor Mendel gebeamt haben, verschwindet auch das Außenteam. Dr. Pulaski kann gerade noch davon berichten, dass sie scheinbar alle von einer anderen Art Transporter erfasst werden. In Picards Abwesenheit übernimmt Commander Riker das Kommando über die Enterprise. Zusammen mit seiner Crew findet er heraus, dass das Außenteam auf den Planeten gebeamt wurde, wo man ihr Gedächtnis gelöscht hat, und nun in inszenierten Konflikten zur Unterhaltung der Massen kämpfen lässt…
Review:
Ich bin nicht unbedingt der größte Fan von Michael Jan Friedman. Der eine oder andere seiner "Star Trek"-Romane hat mir ganz gut gefallen, aber oftmals waren mit seine Bücher etwas zu oberflächlich, und teilweise auch etwas vorhersehbar bzw. klischeehaft. Generell sagt mir sein sehr sachlich-reduzierter Schreibstil irgendwie weniger zu; ich ziehe jene Autoren vor, die ihre "Star Trek"-Romane mit Humor und/oder einer packenden Atmosphäre bereichern können. Michael Jan Friedman ist da eher der Nachrichtensprecher unter den "Star Trek"-Autoren, der trocken und kühl die Ereignisse schildert. Wenn ich schon beim Kritisieren bin: Wir erfahren in "Ein Ruf in die Dunkelheit", dass sich Captain Picard schon immer für Zoologie interessiert hat. Das wäre mir neu. Liegt natürlich daran, dass es eine Erfindung von Michael Jan Friedman ist, die nie wieder aufgegriffen wurde (wenn überhaupt, würde ich Jean-Luc in erster Linie noch archäologisches Interesse zusprechen). Das ist halt das Risiko, wenn man für eine Fernsehserie schreibt; man denkt sich etwas aus, und die Serienmacher haben dann die Frechheit, es einfach so zu ignorieren. Wenn es für die Ereignisse in "Ein Ruf in die Dunkelheit" irgendwie von Relevanz wäre, ok. Aber so kann ich nicht ganz verstehen, warum Friedman diesen Nebensatz einbauen und damit das Risiko eingehen musste, einen vermeintlichen Kontinuitätsfehler zu erschaffen.
Das ist zugegebenermaßen nur eine Lapallie. Schwerer wiegt schon Worfs Charakterisierung. Dass er auf A'klah plötzlich keine anderen Wesen mehr töten kann und sich deshalb Selbstvorwürfe macht und als minderwertiger Kreiger vorkommt, hat mich doch ziemlich irritiert, und wollte zum Worf so wie ich ihn aus der Serie kenne nicht so recht passen. Wenn überhaupt, so hatte er dort eher das Problem, sich bei kämpferischen Auseinandersetzungen zurückzuhalten. Zudem agieren die Protagonisten teilweise etwas unüberlegt, bzw. wirken nicht sonderlich clever. So zog niemand von der Crew – meine Wenigkeit jedoch sehr wohl – in Erwägung, das sdie Crew der Gregor Mendel vom Schiff weggebeamt worden sein könnte. Etwas später plappert Doktur Pulaski obwohl sie damit rechnen musste gleich vom Schiff gebeamt zu werden noch munter drauf los, anstatt der Crew der Enterprise – wenn auch in Stichworten – die wichtigsten Informationen zu vermitteln. Irritiert hat mich auch, dass sie später als sie auf Data trifft (aber ihn nicht sieht) dessen Stimme nicht gleich erkennt. Das erschien mir unplausibel. Bevor Riker Data alleine auf seine Mission schickt, werden lang und breit die Vor- und Nachteile der Entscheidung abgewägt. Seltsam fand ich allerdings, dass dabei die Tatsache, dass die Klah'Kimmbri sein Gedächtnis wohl nicht so schnell löschen könnten, unerwähnt blieb.
Etwas bequem auch, dass Pulaski just auf der Oberfläche dieses Planeten das Heilmittel für die Krankheit findet, die sich auf der Enterprise ausbreitet. Und auch die Lösung für das Problem am Ende, mit dem Weltallschrott den man in die Atmosphäre schiebt, woraufhin dieser dort verglüht, und dies dann helle Blitze auslösen soll, welche die Außenweltler auf dem Planeten ihr Gedächtnis wieder erlangen lässt, überzeugte mich nicht wirklich. Worunter der Roman leider auch ziemlich leidet, ist eben dieser Gedächtnisverlust. Zwar bleiben Picard, Geordi, Worf und Pulaski auch ohne ihre Erinnerungen im Prinzip noch die selben, was ihren Charakter betrifft, aber ohne ihre Erfahrungen und Erinnerungen haben sie dennoch als Figuren irgendwie gefehlt. Generell war die zweite Hälfte des Buchs, wenn sich das Außenteam in den inszenierten Schlachten herumtummelt und ums Überleben kämpft, nicht mehr so gut wie die erste. Zumindest mir hat es dabei einfach gänzlich an der notwendigen Spannung gefehlt. Äußerst schade fand ich auch, dass wir – von einem kurzen Kapitel, dass direkt nach seiner Ankunft angesiedelt ist – nichts mehr über Datas Mission erfahren, und nur dessen Ergebnis, jedoch nicht den Weg dorthin, miterleben. Und auch auf die Nebenhandlung rund um die Rebellion auf A'klah hätte ich verzichten können.
Trotz dieser langen Mängelliste fällt mein Urteil letztendlich aber gar nicht mal so schlecht aus. Neben dem interessanten, atmosphärischen und vielversprechenden Einstieg ist dafür in erster Linie das faszinierende Konzept rund um die Kämpfe auf A'khan verantwortlich. Zugegeben, von der Grundidee mögen sich leise Ansätze der klassischen "Star Trek"-Episode "Brot und Spiele" finden lassen, aber ich finde, dass Michael Jan Friedman aus der Idee hier deutlich mehr herausholt. Vor allem die Erklärung der Hintergründe dieser Übertragungen – wie das ganze zustande gekommen ist, und aus welchem Grund man das denn eigentlich macht, und dafür eben Außenweltler verwendet, statt Klah'Kimmbri – fand ich sehr interessant, gut ausgearbeitet, und zum Denken anregend. Es gefällt mir, dass bei "Ein Ruf in die Dunkelheit" eine derartige Idee im Mittelpunkt des Geschehens steht, statt irgendeiner 08/15-Bedrohung. Zudem sind die Figuren – mit Ausnahme von Worf – gut getroffen, wobei es der Roman vor allem Riker erlaubt, ins Rampenlicht zu treten, da er nach der Entführung Picards und des restlichen Außenteams das Kommando über die Enterprise übernimmt. Von ihm abgesehen setzt Friedman vor allem auch die von mir sehr geschätzte Dr. Pulaski sehr gut in Szene, und schreibt ihr einige nette Sprüche auf den Leib. Insgesamt war "Ein Ruf in die Dunkelheit" jedenfalls ganz unterhaltsam, und selbst die Kritikpunkte überwiegend nicht so schlimm, dass sie mir die Freude am Lesen genommen hätten.
Fazit:
"Ein Ruf in die Dunkelheit" ist ein solider früher "Next Generation"-Roman, an dem mir vor allem der mysteriöse Einstieg sowie das faszinierende Grundkonzept rund um die "Spiele" auf A'Khan gefallen konnte. Leider schleichen sich mit zunehmender Seitenzahl ein paar Kritikpunkte ein; von denen war zwar keiner so gravierend, dass er mir den Roman verdorben hätte, aber insgesamt führte es dazu, dass mir die zweite Hälfte des Buchs nicht mehr ganz so gut gefallen konnte wie die erste. Unter anderem fiel mir die eine oder andere Aktion der Crew unangenehm auf, litt dieser Teil des Romans darunter, dass das Außenteam ihr Gedächtnis verloren hat und dadurch nicht 100%ig sie selbst waren, und statt des etwas alleine für sich stehenden Rebellen-Subplots hätte ich es vorgezogen, wenn wir Datas Mission genauer verfolgt hätten. Insgesamt kann ich aber für Fans der "Next Generation", die sich für die früheren Abenteuer von Picard und seiner Crew interessieren, für "Ein Ruf in die Dunkelheit" durchaus eine sanfte Empfehlung aussprechen.
Bewertung: 2.5/5 Punkten
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zum Roman im SpacePub!
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