Mit: Hugh Jackman, James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Peter Dinklage, Nicholas Hoult, Patrick Stewart, Ian McKellen, Halle Berry, Anna Paquin, Ellen Page, Shawn Ashmore, Omar Sy, Evan Peters u.a.
Kurzinhalt:
In naher Zukunft wurden sowohl die Mutanten als auch weite Teile der Menschheit von hochentwickelten Maschinen, Sentinels genannt, ausgerottet. Diese verfügen über die Fähigkeit, sich an jedwede Mutation anzupassen, und eine eben solche mehrere Generationen im Voraus in der DNA von Menschen erkennen. Die letzten X-Men haben sich mit Magneto verbündet, und kämpfen gemeinsam ums Überleben, doch die Lage scheint zunehmend aussichtslos zu sein. Schließlich wagen Professor X und Magneto mit Hilfe von Wolverine und Kitty Pride – die über die Fähigkeit verfügt, das Bewusstsein einer Person in die Vergangenheit zu transferieren – einen riskanten Plan, sehen sie den Schlüssel zur Rettung der Welt doch in der Vergangenheit, genauer gesagt bei jener Friedenskonferenz in den 70ern in Paris, wo Dr. Trask, der Erfinder der Sentinels, von Mystique aka Raven ermordet wurde. Wolverines Bewusstsein wird nun in seinen jüngeren Körper zurückgeschickt, um eben diesen Zwischenfall zu verhindern. Während die X-Men in der Zukunft verzweifelt darum kämpfen, ihre Stellung gegen die Sentinels zu behaupten und Wolverine so genug Zeit zu geben, seine Mission zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen, versucht dieser alles, um die Vergangenheit zu verändern, und somit die Zukunft zu retten…
Review zur Kinofassung:
Das ist es also, das große Crossover zwischen der alten X-Men-Riege und ihrer jüngeren Ausgabe aus "X-Men: Erste Entscheidung". Doch tatsächlich ist die Zukunft hier eher ein Rahmen für eine Rückkehr zu den Charakteren, wie wir sie nach der Kubakrise zurückgelassen haben. Charles (James McAvoy, "Trance - Gefährliche Erinnerung") hockt voller Selbstmitleid und Wut in seiner geschlossenen Schule, während Erik (Michael Fassbender, "The Counselor") in einem Spezialgefängnis seine Stunden zählt. Alte Freunde werden von Trask Industries verfolgt und zu Testzwecken eingefangen, einzig Raven/Mystique (Jennifer Lawrence, "American Hustle") ist in der Welt unterwegs um Brüdern und Schwestern zu helfen. Als sie von Trasks Ambitionen erfährt, alle Mutanten aufzuspüren und zu beseitigen, schlägt sie einen gefährlichen Pfad ein, der zu der Zukunft führen könnte, die Logan versucht zu verhindern. Der Vietnamkrieg ist gerade zu Ende und Bolivar Trask (Peter Dinklage, "Game of Thrones") nutzt die Gelegenheit, um die Mutanten als neue Bedrohung für Nixon zu lancieren, als es zum Aufeinandertreffen des Triumvirates Charles/Erik/Raven in Paris kommt und die breite Öffentlichkeit von der Existenz von Mutanten erfährt.
Die X-Men sind mit "Zukunft ist Vergangenheit" für mich endgültig zur inkohärentesten Marvel-Filmreihe geworden. Obwohl man tatsächlich versucht, vergangene Abfolgefehler zu beheben, schleichen sich auch haufenweise neue ein. Über die zu sprechen würde allerdings größere Spoiler mit sich bringen, daher überlasse ich es euch, diese im Film auszumachen. Dieser war tatsächlich von Anfang bis Ende extrem unterhaltsam. Endlich mal wieder! Nach den wirklich furchtbaren zwei Streifen mit und um Wolverine, kommen gleich zwei Ensembles zusammen, um einerseits großartige SciFi-Action abzuliefern und andererseits die veränderte Beziehung zwischen den drei Hauptcharakteren - auch wenn aus Sicht von Logan/Wolverine erzählt wird – zu vertiefen. Sie ist leider nicht so vielschichtig, wie im ersten Film, bzw. durch die Geschehnisse zwischen den beiden Filmen stark abgekühlt. Dennoch merkt man, dass die Darsteller die gemeinsame Vergangenheit ihrer Charaktere nicht vergessen haben. Den wohl technisch als auch komödiantisch wertvollsten Auftritt hat Peter Maximoff alias Quicksilver (Evan Peters, "American Horror Story"), wegen dem allein sich es fast schon lohnt ins Kino zu gehen. Die Songs des Soundtracks sind vielleicht etwas clichéhaft gewählt, um dem Publikum die volle Dosis 70er Jahre mitzugeben, aber immerhin gut. Der Score von John Ottman (der auch für "X-Men 2" komponierte) selbst, wird leider erst kurz vor Schluss, zum Höhepunkt hin wirklich hervorragend, während er über die Restlänge kaum einmal hervorsticht.
Ansonsten hat das Art Department wieder ganze Arbeit geleistet: Die Autos, die Kleidung, die Technik, alles passt perfekt in die Zeit. Sicher wird es beim genauen Hinsehen irgendwelche Unstimmigkeiten geben, mir sind jedoch erst einmal keine aufgefallen. Die Art und Weise der Umsetzung ist auch hinsichtlich der Zeitreise wirklich gelungen, auch wenn sich daraus schlussendlich ein paar Dinge ergeben, die man zähneknirschend zur Kenntnis nehmen muss oder wahlweise froh drüber sein kann. Vielleicht ein bisschen von Beidem. Wirklich, wirklich schade ist der pure Cameo-Auftritt einiger Figuren, die logischerweise nicht in die Laufzeit des Films und seine Story gepasst haben, so ist es mit einem lachenden und einem weinenden Auge, sie als Randnotiz oder nur kurz sehen zu können. Denn ich glaube tatsächlich nicht, dass wir in absehbarer Zeit (wenn überhaupt) zur alten Riege zurückkehren werden. "X-Men: Apocalypse" (der nächste X-Men, für den es übrigens eine Preview-Szene am Ende von "X-Men: Zukunft ist Vergangenheit" gibt, also bis nach den Credits sitzen bleiben!) spielt z.B. auch wieder mit dem neuen Cast (in den 80ern?) und ich glaube nicht, dass sie schon wieder eine Zeitreise einbauen.
Fazit:
"X-Men: Zukunft ist Vergangenheit" löst ein paar Probleme mit vorangegangenen Filmen, wenn auch nicht sehr subtil, bringt aber auch ein paar Neue mit, die man wohl hinnehmen muss, wenn man einen Crossover zwischen zwei Zeitebenen und den gleichen Figuren hinbekommen will. Die v.a. durch "X-Men - Der letzte Widerstand" und die Wolverine-Filme eingeschleppte Inkohärenz wird gemildert. Es ist des Weiteren ein guter, versöhnlicher Abschluss für die vor 14 Jahren das erste Mal zusammengekommene Besetzung und ich hoffe, dass Wolverine nun auch endlich in Ruhe gelassen wird. Der Film ist spannend, macht Spaß und sieht gut aus – garniert mit fähigen Schauspielern, denen ich immer wieder sehr gerne bei der Arbeit zusehe.
Wertung:8 von 10 Sentinels
Michael Spieler
Review zum Rogue-Cut:
Noch bevor "Zukunft ist Vergangenheit" in die Kinos kam, schlug die Entscheidung, Rogue – von einem Mini-Gastauftritt am Ende abgesehen – aus den Film zu schneiden, derart hohe Wellen, dass 20th Century Fox schließlich fürs Heimkino eine neue, erweiterte Schnittfassung ankündigte. Diese erhielt nun die werbewirksame Bezeichnung "Rogue Cut" – und auch wenn in der Tat der aus der Kinofassung herausgeschnittene Nebenplot rund um ihre Rettung hier nun wieder integriert wurde, kamen auch noch einige weitere neue und/oder erweiterte Szenen hinzu, weshalb man die neue Schnittfassung wohl eher – oder zumindest genauso gut – als "Director's Cut" bezeichnen könnte. Nun hat mir persönlich ja auch die Kinofassung schon sehr gut gefallen – und auch wenn ich die Ergänzungen aus dem "Rogue Cut" überwiegend gelungen fand und ich diesen guten Gewissens als meine bevorzugte Schnittfassung bezeichnen kann, schneidet "X-Men: Zukunft ist Vergangenheit" letztendlich auch in dieser Version wertungstechnisch genauso ab, wie die Kinofassung. Sprich: Eine deutliche Aufwertung des Films bleibt aus.
Was man dem "Rogue Cut" jedoch durchaus attestieren kann ist, dass diese Schnittfassung insgesamt einen runderen Eindruck macht. Zudem konnte zumindest ich unter den neu hinzugekommenen Szenen keinen Ballast entdecken, also etwas, dass nur deshalb enthalten ist, damit der Film in dieser Version noch ein bisschen länger wird. Die neu hinzugekommenen oder erweiterten Szenen fügen sich schlüssig und stimmig ein – und das, obwohl ich in der Kinofassung nicht den Eindruck gehabt hätte, das etwas fehlt. Hier hat man somit in beiden Fällen was den Schnitt betrifft sehr gute Arbeit geleistet. Was mir am "Rogue Cut" im Vergleich zur Kinofassung auch sehr gut gefiel ist, dass er vor allem auch der alten Generation ein bisschen mehr zu tun gibt. Zwar bin ich ihnen auf die Trailer eh insoweit nie hereingefallen, als ich schon von Anfang an vermutete, dass der Schwerpunkt der Handlung klar und deutlich in den 70ern und damit auf der neuen Besetzung aus "Erste Entscheidung" liegen würde, dennoch war dies ein Aspekt, der mir an der Kinofassung nicht ganz so gut gefallen hat. Am grundlegenden Schwerpunkt ändert zwar auch der "Rogue Cut" nichts, dennoch schafft er insofern ein bisschen Abhilfe, als Professor X, Magneto und Iceman nun zu Rogues Rettung eilen und daher einige zusätzliche Minuten spendiert bekommen, was das ganze zumindest ein bisschen ausgewogener macht. Nett gemacht fand ich zudem, wie sich hier Magnetos Einbruch in der Vergangenheit, um seinen Helm zu holen, mit dem "Einbruch" in der Schule für begabte Kinder, um Rogue zu retten, überschneidet. Der kleine Haken an der Sache: Jener Moment, wo sich der junge Erik seinen Helm schnappt, kommt in der neuen Schnittfassung meinem Empfinden nach – aufgrund des hin- und herwechselns zu Rogues Rettung, der generell größere Bedeutung zuzukommen scheint – weniger gut zur Geltung, als dies in der Kinoversion der Fall war. Zumindest ich konnte dieses kleine Manko aber verschmerzen.
In erster Linie werden sich aber natürlich Rogue-Fans über diese neue Schnittfassung sehr freuen. Endlich wird diese wichtige Figur aus der "X-Men"-Trilogie nicht mehr auf einen fünfsekündigen Gastauftritt am Ende reduziert, sondern darf sogar eine essentielle Rolle im Filmgeschehen spielen. Interessant fand ich dabei vor allem auch die Dynamik zwischen ihr und Kitty Pryde, angesichts der Tatsache, dass sie beide in Iceman verliebt waren oder sind. Gerade auch in diesem Kontext sind Rogues Szenen in der Zukunft überaus interessant. Und generell muss ich gestehen, dass mir der Gedanke, dass Rogue in dieser entscheidenden Situation an Wolverines Seite steht, sehr gut gefallen hat – nicht zuletzt, da ich darin einen netten Rückgriff auf den allerersten Film der Reihe, sowie generell die ganz besondere Beziehung zwischen den beiden, sah. Wer hingegen hier nun ziemlich die Arschkarte gezogen hat, ist Kitty Pryde, die (was jedoch in der Kinofassung eh auch schon war) nach all den Mühen leer ausgeht, und davor auch in der alten Zeitlinie deutlich mehr Schmerz ertragen musste als zuvor. Aber, wie heißt es so schön: Des einen Freud, des anderen Leid.
Insgesamt hat sich aber wie gesagt mein Gesamteindruck bezüglich des Films im Vergleich zur Kinofassung nicht wesentlich geändert. Da ich zu diesem aber eh auch noch kein Review geschrieben hatte, macht es wohl Sinn, abschließend generell noch einmal auf ihn einzugehen. Was mit an "Zukunft ist Vergangenheit" insgesamt am besten gefällt, ist dass das Schicksal der Menschheit in den Händen von Raven liegt, und die Zukunft der Welt von einer einzigen Entscheidung abhängt. Das fand ich wirklich schön, und auch sehr aussagekräftig. Doch auch davor hatte der Film bereits einige starke Szenen zu bieten. Bereits der düstere Einstieg mit dem Angriff der Sentinels, vor dem man sich letztendlich nur retten kann, da Kitty Pryde das Bewusstsein eines Mutanten in die Vergangenheit schickt, hinterlässt Eindruck. Und auch der Showdown in der Zukunft kann, auch wenn man schon weiß dass alles am Ende rückgängig gemacht werden wird, mit seiner Düsternis und Dramatik durchaus begeistern. Ein weiteres wesentliches Highlight war auch der Gefängnisausbruch (wo sich Singer quasi selbst übertreffen muss, gab es so einen doch auch schon in "X2"), insbesondere natürlich dank der großartigen Szene mit Quicksilver, die einem definitiv noch lange in Erinnerung bleibt. Stark fand ich darüber hinaus jenen Moment, wo sich Raven als Trask ausgibt, in sein Büro schleicht, und vom tragischen Schicksal einiger Mutanten aus dem ersten Teil erfährt. In dieser – und zahlreichen späteren Szenen – brillierte vor allem auch Jennifer Lawrence, der es sowohl mit Makeup als auch ohne gelingt, die Gefühle ihrer Figur immer sehr deutlich und nachfühlbar zu vermitteln. Generell waren die schauspielerischen Leistungen wieder einmal über jeden Zweifel erhaben. Darüber hinaus profitierte "Zukunft ist Vergangenheit" für mich definitiv auch vom Treffen der Generationen. Und auch wenn man den Ausgang des Geschehens teilweise durchaus kritisch sehen kann (dazu gleich), verleiht Bryan Singer mit dem Finale in der neuen Zukunft der "X-Men" Saga einen sehr gefälligen, überzeugenden und gänsehauterzeugenden Abschluss.
Kritisch sehe ich in erster Linie den einen oder anderen potentiellen Kontinuitätsfehler. So bleibt uns "Zukunft ist Vergangenheit" eine Erklärung dafür schuldig, warum Charles X. Xavier auf einmal wieder lebt, und Magneto und Rogue ihre Kräfte wieder haben. Zwar wachte Charles in der Nach-Credits-Sequenz wieder auf, jedoch in einem neuen Körper. Wie bekam er also seinen alten wieder? Und dass Magneto seine Kräfte langsam wieder zurückgewinnt und das Heilmittel vielleicht nur vorübergehend wirkte, wurde zwar auch am Ende von "Der letzte Widerstand" angedeutet, aber etwas ausführlicher hätte man darauf ruhig eingehen können. Kritisch könnte man zudem hinterfragen, ob sich die Zukunft nicht nach dem veränderten Ablauf des Friedensgipfels in Paris sofort verändern – nämlich verschlechtern – hätte müssen. Mein größter Kritik ist jedoch, dass "Zukunft ist Vergangenheit" in erster Linie dafür da zu sein scheint, um "X3" auszuradieren – was ich deutlich weniger kritisch sehen würde, wenn Singer diesem nicht anno dazumal bewusst und freiwillig zugunsten von "Superman Returns" den Rücken gekehrt hätte. Jetzt also Brett Ratners Arbeit – was immer man von dieser halten mag – rückwirkend für Null und Nichtig zu erklären, ist schon ein starkes Stück.
Fazit:
"X-Men: Treffen der Generationen", wie ich ihn gern nenne, begeistert in erster Linie mit eben dieser Vermischung beider "X-Men"-Ären bzw. Besetzungen. Dabei sollte einem jedoch im Vorfeld bewusst sein, dass die alte Garde vergleichsweise eine Nebenrolle spielt, und der Schwerpunkt ganz klar bei der Handlung in den 70ern liegt – wobei der "Rogue-Cut" im Vergleich zur Kinofassung dank einiger neu hinzugekommener Szenen das Ungleichgewicht ein wenig verringert. Davon abgesehen waren es in erster Linie einzelne dramatische Höhepunkte, die mir sehr gut gefallen konnten. Und gerade auch das Finale vor dem Weißen Haus, wo das weitere Schicksal der Mutanten und der Menschheit von der Entscheidung einer einzigen Person abhängt, fand ich großartig. Der Rogue-Cut wirkt im Vergleich zur Kinofassung insgesamt runder und stimmiger, und rückwirkend betrachtet möchte ich keine der hier neu hinzugekommenen und/oder erweiterten Szenen mehr missen. Allerdings sind mir diese damals bei der Kinoversion auch nicht abgegangen, und insgesamt ist der Unterschied nicht groß genug, um sich in einer höheren Wertung niederzuschlagen. Negativ machen sich in erster Linie einige logische Ungereimtheiten und potentielle – oder zumindest unerklärte – Kontinuitätsfehler bemerkbar. Und auch die Entscheidung, rückwirkend "X-Men 3: Der letzte Widerstand" praktisch auszulöschen, sehe ich kritisch. Nichtsdestotrotz muss ich anerkennen, dass Bryan Singer mit "Zukunft ist Vergangenheit", und insbesondere auch den letzten Szenen in der Zukunft, ein großartiger, berührender und versöhnlicher Abschluss der Saga geglückt ist; oder wäre – weshalb sich mein Interesse an "Apocalypse" offen gestanden (noch?) in argen Grenzen hält.