Mit: Helge Schneider, Zorro, Peter Thoms, Tyree Glenn, Rocko Schamoni, Ira Coleman, Salvatore Bonarrigo, Udo Hesselmann u.a.
Kurzinhalt:
Kommissar 00 Schneider ist alt geworden und schreibt gerade seine Memoiren, als auf einmal die ihm völlig unbekannte Tante Tyree aus Amerika an der Tür klingelt und sich bei ihm einquartiert. Doch ein Sittenstrolch ruft 00 Schneider erneut auf den Plan. In einer verdeckten Operation kann er das "Sexferkel" dingfest machen. Dann wird auch noch ein Kiosk ausgeraubt und eine Schachtel Zigaretten erbeutet. Der entflohene Verbrecher Jean-Claude Pillemann, genannt die "Eidechse", steckt dahinter! Dieser stiehlt dann auch noch ein Huhn, und 00 Schneider gewinnt im Lotto. Tante Tyree, in Wirklichkeit ein Trickbetrüger, hat es auf den Gewinn abgesehen…
Review:
Beinahe 10 Jahre ließ Multitalent Helge Schneider ins Land gehen, ehe er sich dazu entschloss, nach "Jazzclub - Der frühe Vogel fängt den Wurm" (2004) doch noch einmal einen eigenen Film zu drehen. Dass er dazu nach gut 20 Jahren Kommissar 00 Schneider reaktivierte, erscheint nur konsequent: Die Kriminalfilmpersiflage "Jagd auf Nihil Baxter" (1994) gilt sowohl unter Fans als auch in den Augen des Künstlers als der beste Schneider-Film, und ohnehin verfügt die Figur dank zahlreicher TV-Auftritte, Bücher, Bühnen- und Theaterstücke über einen relativ hohen Bekanntheitsgrad. Und tatsächlich erweist sich die 00-Schneider-Neuinterpretation "Im Wendekreis der Eidechse" als glänzendes Leinwand-Comeback des Multitalents aus Mülheim an der Ruhr. Ein Aspekt, der mir besonders gut gefällt, sind die parodierenden Verweise auf all die bedeutenden und auch banalen Cop-Filme der 1970er Jahre. Dementsprechend sind selbst diverse Ausstattungsmerkmale antiquarisch, angefangen bei den Wählscheibentelefonen bis hin zum Citroen DS, mit dem 00 Schneider unterwegs ist. "Dirty Harry" und "Der Gendarm von St. Tropez" standen offenbar Pate!
Wie nichts anders zu erwarten, ist auch das neueste Abenteuer um Kommissar 00 Schneider eine groteske Aneinanderreihung abstruser Situationen. Die Abstinenz eines roten Handlungsfadens ist dabei fast schon ein Schneider-typisches Stilmittel. Mit beachtlichem Fingerspitzengefühl spielt er dabei mit der Erwartungshaltung des Zuschauers: Wo man Pointen erwartet, laufen die Szenen ins Leere; wo man jedoch keine Pointe vermutet, treibt Schneider seine Gags und Schelmereien auf den Höhepunkt. So entwendet beispielsweise der Bösewicht Jean-Claude Pillemann, genannt "Die Eidechse", auf einem Bauernhof ein Huhn, und als das bäuerliche Ehepaar davon Kenntnis nimmt, geht es wieder ins Bett. An anderer Stelle hingegen besucht ein aus dem Zoo ausgebüchster Affe ein Restaurant und drückt einer betagten Dame eine Torte ins Gesicht, und nach dem Kauf einer gebrauchten Waschmaschine geraten 00 Schneider und seine Tante in Bergnot. Auch erfährt man, dass das spanische Almeria ein Stadtteil von Mülheim an der Ruhr ist. Dass immer wieder das Unerwartete geschieht und dass die Lacher völlig unvorhersehbar sind, macht den Film überraschend und letztendlich urkomisch. Und das ist es doch, was gute Unterhaltung ausmacht, oder nicht?
Bei der Auswahl der Darstellerriege beweist der Allrounder Helge Schneider (Regie, Drehbuch, Hauptdarsteller, diverse Nebenrollen, Musik) wie gewohnt seine Fähigkeit, nicht die passenden Akteure für seine Figuren, sondern die passenden Figuren für seine Akteure zu etablieren. So scheinen z.B. die Charaktere des Bauern und der "vollbärtigen" Zahnarztpatienten nur deswegen entstanden zu sein, damit Sergej Gleithmann, der mit Schneider in diversen Bühnenprogrammen auftritt, sie verkörpern kann. Abgesehen von Rocko Schamoni besteht das Ensemble wie gehabt aus mehr oder weniger namhaften Bekannten und Freunden aus dem Umfeld von Helge Schneider, und so gibt es auch ein Wiedersehen mit Peter Thoms, der bisher in allen Schneider-Filmen auftrat. Ein Beitrag zur Kontinuität der Filmreihe. Weiterhin brilliert der Jazz-Musiker Tyree Glenn Jr. in der Rolle der Tante Tyree aus Amerika, die sich schließlich mit Schneiders Lottogewinn aus dem Staub macht. Schneider selbst mimt übrigens neben seiner Hauptrolle einen Zahnarzt sowie einen Psychiater und verkündet als Radiosprecher die Nachrichten.
Fazit:
"Im Wendekreis der Eidechse" ist Helge Schneider pur, original und up-to-date. Ich liebe seinen Humor und ich liebe seine Art, Filme zu schaffen. Im Vergleich zu "Jagd auf Nihil Baxter" mag die Jagd auf die Eidechse zwar unterliegen, aber dennoch führt Helge Schneider auch heuer wieder vor, wie belanglos und konventionell manche zeitgenössische komödiantische Filmproduktion doch ist. Klar ist das alles Geschmackssache, doch ich fühlte mich bestens unterhalten. Und abschließend sei noch an Helmut Körschgen (gest. 2002) und an Andreas Kunze (gest. 2010) erinnert, die man "Im Wendekreis der Eidechse" schmerzlich vermisst.
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Kommentare (3)
1. 26.04.2014 16:47
Extrem schlecht und eine Frechheit
Ich habe bisher viel von Helge Schneider gehalten, als Mensch, als Kopf (Geisteshaltung), als Musiker, eben einfach insgesamt eine der wenigen Ausnahmeerscheinungen in Germany, aber das was Helge Schneider hier abgeliefert hat ist unter aller Sau und damit meine ich wirklich hingerotzt! Ist ja sowieso kein Mainstream, aber auch kein Independent, hier ist auch nichts mehr intelligent-schräg und pfiffiger Wortwitz fehlt auch gänzlich. Statt dessen ist Zusammenhanglosigkeit völlig auf die Spitze getrieben, frei nach dem Motto: Besonders ohne Hand und Fuß! Lieblosigkeit kommt hinzu.
Dieses so offensichtliche "Abschöpfen" letzter vorhandener Resourcen (Fanbase ...usw) ist ein klarer abslter Sell-Out der eigenen Person. Dabei ist das, ich muß es nochmal betonen, für mich so vordergründig, das ich mich hier verarscht und beleidigt fühle. Das nehm ich Helge Schneider übel, sehr sogar! Hier hat sich eine Art "Legende" für mich klar selbst demontiert. Der schnöde Mommon hat nun auch einen "Schneider" in übelster Weise erwischt.
@frakkie Ich kann ja nachvollziehen, dass du als Helge-Fan enttäuscht bist, wenn dir der neue "00 Schneider" so wenig Spaß gemacht hat. Aber ist es nicht ein bisschen übertrieben, sich deswegen persönlich beleidigt zu fühlen und Helge den "Sell-Out der eigenen Person" vorzuwerfen? Schließlich geht es hier ja nur um einen einzigen Film. Jeder Künstler greift auch mal daneben und liefert nicht immer nur Meisterwerke.
Oder siehst du auch in anderen aktuellen Helge-Werken (z.B. seinen letzten Musikalben) Anzeichen für deutlich nachlassende Qualität und Sell-Out?
Ich sehe das Ganze längst nicht so kritisch und so dramatisch. Ganz im Gegenteil: "Im Wendekreis der Eidechse" ist endlich mal wieder eine herzerfrischende Persiflage auf all die Komödien, die uns in der vergangenen Zeit so um die Ohren gehauen wurden. Helge lässt so manchen Zuschauer mit seiner Erwartungshaltung auflaufen und bleibt unberechenbar. Sein "Chaos"-Konzept hat er dabei auf einen aktuellen Stand gebracht. Klar ist der neue "Helge Schneider" ein anderer als vor 20 Jahren, aber ich fand den Film klasse und sehe einfach, dass er sich treugeblieben ist. Betrachtet man das Gesamtwerk dieses Ausnahmekünstlers, erscheint "Im Wendekreis der Eidechse" einfach nur konsequent. Da verhökert sich keiner, ich denke sogar eher, dass Helge sich dadurch neue Fan-Kreise erschließt.