Kurzinhalt:
Granny Weatherway, Nanny Ogg und Magrat Garlick halten gerade ein Treffen ihres Hexenzirkels ab, als sie eine fliehende Kutsche erreicht. Vor kurzem wurde der König von Lancre ermordet, und dessen einziger Sohn und Nachfolger soll nun in Sicherheit gebracht werden. Doch die Kutsche wird überfallen, und der junge Prinz – noch ein Baby – fällt den drei Hexen in die Hände, die ihn vor den Angreifern verteidigen. Danach gibt man ihn in die Obhut einer reisenden Theatergruppe. Eigentlich ist der Fall für Granny Weatherwax, die eine strikte Nichteinmischungspolitik in allen Fragen des Königreichs und der Politik verfolgt, damit abgeschlossen. Doch das Königreich – und damit sind nicht etwa die Menschen, sondern vielmehr die Flora und Fauna von Lancre gemeint – lehnen den neuen König Verence ab, da sie spüren, dass dieser sein eigenes Königreich hasst. Schließlich sieht sich Granny Weatherway dazu gezwungen, ihre eigenen Prinzipien zu verraten, und zusammen mit Nanny Ogg und Magrat Garlick dafür zu sorgen, dass der Sohn des einstigen Königs so rasch als möglich den Thron für sich beanspruchen kann. Doch dafür ist ein mächtiger Zauberspruch vonnöten, der seit Generationen auf der Scheibenwelt nicht mehr verwendet wurde…
Review:
Mit "Wyrd Sisters" kehren die Scheibenweltromane wieder in die Welt der Hexen zurück, und stellt neben der bereits aus "Equal Rites" bekannten Esme "Granny" Weatherwax auch ihre zwei Hexen-Freundinnen Nanny Ogg und Magrat Garlick vor. Besonders gut hat mich dabei die erste Hälfte des Romans gefallen. Alles rund um den Hexenzirkel und ihre sporadischen Treffen, die unterschiedlichen Einstellungen der Hexen zu ihrer "Profession", wie Granny Weatherwax auf das Theaterstück reagiert, und man schließlich den Sohn des Königs in deren Obhut gibt, sorgt schon mal für einen gelungenen Einstieg. Aber auch danach gab es noch zahlreiche großartige Momente, lustige Szenen und amüsante Kommentare und Textstellen (wie z.B. "She'd never mastered the talent for apologizing, but she appreciated in other people."). Auch alles rund um König Verence fand ich – zumindest in der ersten Hälfte – wunderbar. Seine wachsenden Schuldgefühle, sowie seine skrupellose Gattin. Und auch der Narr bekommt einige nette Momente spendiert. Meine Lieblingsstelle ist vermutlich, wie Nanny Ogg von den Schergen des Königs gefangen genommen und in den Kerker gesperrt wird, und Granny sowie Magrat daraufhin zu ihrer Rettung eilen. Hier zog nämlich dann auch das Erzähltempo merklich an, und kam sogar ansatzweise so etwas wie Spannung auf, was den ansonsten ohnehin schon sehr unterhaltsamen Roman für mich zusätzlich aufgewertet hat.
Der zweiten Hälfte stehe ich etwas skeptischer gegenüber. Dies betrifft insbesondere den Zauberspruch, den Granny Weatherwax anwendet, um das Königreich Lancre siebzehn Jahre in die Zukunft springen zu lassen. Ich weiß, Fantasy und so, aber das ergab für mich selbst innerhalb der ohnehin schon abgedrehten Scheibenwelt, mit ihren phantastischen Kreaturen, Göttern, Zauberern und all der Magie, irgendwie keinen Sinn. Ich meine, wie soll das funktionieren? War das Königreich aus Sicht der Außenwelt über diesen Zeitraum hinweg verschwunden? Hat wirklich niemand versucht, hineinzugelangen? Ich fragte mich auch unweigerlich, ob das nun bedeutet, dass die weiteren nicht im Königreich Lancre angesiedelten Scheibenweltromane eigentlich chronologisch gesehen rund 17 Jahre früher spielen. Ich fand es jedenfalls unnötig verwirrend und kompliziert, und hätte es vorgezogen, wenn man einfach nur Tomjon selbst schneller altern hätte lassen. Der Ausklang des Geschehens, mit dem Theaterstück, dass sich während der Vorstellung verwandelt, und dadurch auch die Realität beeinflusst, hat mir dafür dann wieder sehr gut gefallen. Überhaupt beinhaltet "Wyrd Sisters" eine nette, gefällige Aussage über die Kraft der Worte. Insgesamt also wieder eine Spur besser als "Sourcery" bzw. auch "Equal Rites" (wo mir ebenfalls die erste Hälfte des Romans deutlich besser gefallen konnte als der Rest), aber auch nicht ganz so gut, wie es mit etwas "realistischerer" Handlung (und ja, ich weiß, wie widersinnig sich das bei einem Scheibenweltroman anhört) möglich gewesen wäre.
Fazit:
Die erste Hälfte von "Wyrd Sisters" hat mich bestens unterhalten. Ich mochte das Grundkonzept der Handlung, die (wiederkehrenden oder neu geschaffenen) Figuren, die originellen Ideen, die (teils auch herrlich selbstironischen) Anspielungen (z.B. auf die Kunst), und so weiter. Weniger gut gefallen hat mir hingegen die Idee mit dem Zauberspruch, der das Königreich 17 Jahre in die Zukunft teleportiert. Das war mir selbst in der verrückten Scheibenwelt etwas zu abgefahren. Generell erreichte der Roman in meinen Augen danach – trotz des gelungenen Finales bei der Theatervorstellung – nicht mehr ganz die Höhen der ersten rund 150 Seiten. Dank es gewitzten Schreibstil, des durchgehend hohen Unterhaltungswerts sowie der famosen ersten Hälfte gelingt es "Wyrd Sisters" aber, sowohl den letzten Discworld-Roman "Sourcery" als auch Granny Weatherwax' ersten Einsatz in "Equal Rites" knapp hinter sich zu lassen.
Bewertung:
3.5/5 Punkten
Christian Siegel
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