Mit: Joel Kinnaman, Gary Oldman, Michael Keaton, Abbie Cornish, Jackie Earle Haley, Michael K. Williams, Jennifer Ehle, Jay Baruchel, Marianne Jean-Baptiste, Samuel L. Jackson u.a.
Kurzinhalt:
OmniCorp, 2028 Hersteller moderner Waffensysteme, steht vor einem Problem: begrenzte Wachstumsmöglichkeiten auf dem heimischen Markt, dank eines Verbotes robotischer Polizeikräfte in den USA. Als ihnen klar wird, dass sie ihrem elektronischen System ein menschliches Gesicht geben müssen, beginnt die Suche nach kompatiblen Amputierten, doch zu viele Faktoren scheinen gegen die Kandidaten zu sprechen. Schließlich wird Polizist Alex Murphy aus Detroit bei einem feigen Bombenattentat tödlich verletzt, und die Firma sieht ihre Chance gekommen…
Review:
Bereits im Vorfeld war ich unschlüssig, was ich von diesem "Robocop"-Remake halten soll. Ich halte das Original ja jetzt nicht unbedingt für ein unantastbares Meisterwerk, wo allein der Gedanke an eine Neuinterpretation an Blasphemie grenzt. Zumal die Fortsetzungen ja auch schon nicht mehr das Gelbe vom Ei waren. Jedoch: Die Trailer sahen alles andere als vielversprechend aus, und gerade auch beim Remake dieses Films stach mir das PG13-Rating doch sehr unangenehm ins Auge. Der fertige Film tat dann leider herzlich wenig, um meine Befürchtungen zu zerstreuen. Zwar würde ich ihn – zumindest aus einer Erinnerung heraus; es ist einfach schon zu lange her, dass ich Teil 2 und 3 gesehen habe – knapp stärker einschätzen als die beiden "Robocop"-Fortsetzungen, mit dem Original (mit dem ich zwar auch meine kleineren Probleme hatte, dass sich seinen Klassikerstatus aber in meinen Augen absolut verdient hat) kann er sich in meinen Augen leider nicht messen.
Das beginnt schon beim neuen Robocop-Anzug. Nachdem die ersten Bilder im Internet aufgetaucht waren, habe ich mich zwar bewusst zurückgehalten und nicht gleich in die entrüsteten Schreie eingestimmt – in der Hoffnung, das wäre ein "work in progress" – aber im Nachhinein muss ich den damaligen Kritikern leider voll und ganz recht geben. Es mag zwar modern und futuristisch aussehen, aber mit dem kultigen alten Design kann es nicht im Entferntesten mithalten. Hätte man ihm denn nicht wenigstens einen silbernen Anstrich verpassen können? Und vor allem auch als das klassische Design kurz als potentieller neuer Anzug gezeigt wurde, nur um dann gleich wieder verworfen zu werden, fühlte ich mich gefrotzelt. Es war wohl als Hommage gedacht, kam bei mir aber eher zynisch rüber. Jedenfalls kapiere ich nicht, warum sie unbedingt meinten, das alte Design überarbeiten zu müssen – finde ich doch, dass es auch heute noch prima aussieht. Das war eine reine Änderung der Änderung willen, um sich ach ja vom Original abzugrenzen – und das ist selten die beste Motivation hinter so einer Entscheidung. Gleiches gilt übrigens für das schöne alte, klassische Robocop-Theme von Basil Poledouris. Wir hören es ganz kurz am Anfang des Films, etwas später wird es dann noch ein zweites Mal angespielt – und das war's. Warum? Wenn man findet, dass der neue Robocop ein neues musikalisches Thema braucht, dann sollen sie's überhaupt gleich lassen. Aber kurz an das schöne alte Thema erinnern und es uns dann den restlichen Film über vorenthalten geht wie ich finde gar nicht. Zumal alles was Bromfman für den Film komponiert hat gegenüber Basil Pouledoris ikonischer Musik mächtig abstinkt.
Ein großes Problem des Films ist für mich auch die Entwicklung der Handlung, die ich beim Original wesentlich gelungener finde. Dort wird Murphy ja für tot gehalten, und Robocop beginnt den Film im Prinzip als Maschine, als gefühlloser Roboter – der im Verlauf des Films darum kämpft, seine Erinnerungen – und seine Menschlichkeit – zurückzugewinnen. Nicht so im 2014er-"Robocop", wo die Charakterentwicklung ein heilloses Durcheinander ist. Zu Beginn ist er noch recht emotional, allerdings ist er in diesem Zustand dem Firmenchef von OCP noch nicht effizient genug, weshalb man sein Denkvermögen und seine Empathie reduziert. Dass man Alex Murphy auf diese Art und Weise über den Chi in seinem Gehirn beeinflussen und "umprogrammieren" kann, ist zweifellos ein erschreckender Gedanke – und einer der wenigen originellen und wirklich interessanten Ideen dieses Remakes. Es führt halt nur leider dazu, dass dem Film eine ähnlich klare Struktur wie dem Original fehlt. Dementsprechend war es mir beim neuen Robocop kaum möglich, mit ihm mitzufühlen – wie es dem Film in meinen Augen generell an Herz gefehlt und der Kram rund um die Familie für mich nicht so recht funktioniert hat.
Zu allem Überfluss würde ich jetzt auch noch argumentieren, dass die Motivation von Raymond Sellars, Murphy's Menschlichkeit und Empathie zugunsten einer höheren Effizienz zu reduzieren, nicht wirklich Sinn ergibt, und lediglich den weiteren Erfordernissen des Drehbuchs geschuldet ist. Denn, jetzt mal ehrlich: Warum sollte ihn das kümmern? Letztendlich geht es ihm ja nur darum, sich mit Robocop den neuen Markt der USA zu erschließen, da Drohnen dort ja verboten sind. Ist es unter diesem Gesichtspunkt nicht völlig wurscht, wenn die Robocops gegenüber den Drohnen weniger effizient sind? Letztere sind ja ohnehin nicht erlaubt. Und Robocop ist ja in erster Linie dazu gedacht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und in weiterer Folge dazu zu führen, das Drohnenverbotsgesetz zu stürzen. Würde eine geringere Effizienz der Robocops da nicht genau genommen sogar helfen? Jedenfalls erschien mir das absolut keinen Sinn zu ergeben. Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt ist, dass ich die Action wenig packend und/oder denkwürdig fand. Da war einfach nichts dabei, was einem nach dem Kinobesuch noch in Erinnerung bleiben würde. Last but not least fand ich auch die satirischen Elemente im Original wesentlich gelungener. Zwar waren die zugegebenermaßen mindestens ebenso platt und aufdringlich wie die Pat Novak-Szenen, aber wenigstens war die darin enthaltene Sozialkritik auf mehrere verschiedene Themen verteilt, während man beim 2014er-"Robocop" lediglich Kritik an modernem "Journalismus" bzw. populistischer Berichterstattung übt. Was ich nach dem ersten Pat Novak-Auftritt schon kapiert hatte, weshalb ich die weiteren Szenen mit ihm einfach nur mehr überflüssig und sinnlos fand.
Dennoch ist das "Robocop"-Remake nicht völlig frei von Schwächen. Was ich ihnen objektiv gesehen durchaus zu Gute halten muss ist, dass sie keine einfallslose Kopie des Originals abliefern, sondern sich wirklich an einer Neuinterpretation versuchen, die so wie der Ur-"Robocop" als Abbild der Zeit in der er entstanden ist funktionieren soll. Auch wenn ich subjektiv betrachtet die Konzepte, Ideen und Thematiken des Originals vorziehe, weiß ich das dennoch grundsätzlich schätzen. Wie bereits angesprochen war auch das mit dem Chip durchaus interessant – wie auch die Aussage, dass er weniger effizient ist als die Drohnen, weil er zu viel nachdenkt. Und zumindest eine wirklich tolle, denkwürdige und eindringliche Szene gibt es, nämlich wenn uns – und Murphy – offenbart wird, wie viel (oder eher wenig) von seinem Körper noch übrig geblieben ist. Das war ein höchst gelungener, schockierender Moment, der sich in seiner Wirkung vor den besten Szenen des Originals nicht verstecken brauchte. Leider war es aber halt eben zugleich der einzige Moment/Aspekt, über den sich dies sagen lässt.
Fazit:
"Robocop" (2014) hat mich sehr an das "Total Recall"-Remake von vor zwei Jahren erinnert (zumindest was dessen Kinofassung betrifft; denn der Director's Cut wertet den Film noch einmal deutlich auf). In beiden Fällen wurde ein ultrabrutaler SF-Kultklassiker der späten 80er/frühen 90er genommen (noch dazu beide ursprünglich von Paul Verhoeven inszeniert – was wohl nur heißen kann, dass ein ähnlich standardisiertes und verharmlostes "Starship Troopers"-Remake nicht mehr weit entfernt sein kann) und so ziemlich all jeden Aspekten beraubt, die diesen überhaupt erst zu so einem Klassiker gemacht haben. Beide Filme hatten etwas besonders, waren sehr brutal, und zeichneten sich durch zahlreiche denkwürdige Momente und originelle Ideen aus. Die Remakes machten daraus einen stromlinienförmigen Blockbuster für die Massen, der dementsprechend in allen Belangen verharmlost und vereinfacht wurde. Ähnlich wie beim "Total Recall"-Remake muss man dabei auch den Leuten hinter dem 2014er-"Robocop" immerhin zugutehalten, keine schlichte, einfallslose Kopie abzuliefern, sondern sich wirklich an einer Neuinterpretation der ursprünglichen Idee zu versuchen. Blöd halt nur, dass ich das Original in allen Belangen überlegen fand. Vor allem die Charakterentwicklung von Robocop/Murphy fand ich dort deutlich besser, und auch die satirischem Elemente haben mich dort mehr überzeugt; sie waren zwar ähnlich überzeichnet und aufdringlich, aber wenigstens abwechslungsreicher und nicht nur auf populistischen Journalismus beschränkt. Zudem wollte mir das eine oder andere im Remake nicht so recht Sinn ergeben. Und auch das Design des alten Robocops fand ich viel kultiger und deutlich besser als Robi 2.0. Letztendlich war mir das Remake – ähnlich wie bei "Total Recall" 2012 – auch einfach alles viel zu aalglatt und auf Hochglanz poliert – was gerade im Vergleich zur (in allen Belangen) "dreckigen" Vorlage negativ hervorsticht. Einzelne gute Momente und Ideen verhindern zwar einen Totalschaden, aber während ich mir das Original sicherlich noch zahlreiche Male – und gern – ansehen werde, hält sich meine Motivation, den 2014er-Robocop nochmal zu besuchen, in sehr argen Grenzen.
Wertung:4 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Spieler:
Action, Crime & SciFi. Das sind die Kategorien, in denen "RoboCop" so landet, und obwohl das alles zutrifft, passt Gesellschaftskritik bzw. Satire hier viel besser, zumindest manchmal. Der Film könnte kaum aktueller sein, zeigt er doch den Überwachungsstaat und den Einfluss der Medien konzentriert in eine - gar nicht so unrealistische - Zukunft weitergesponnen. Wir sehen, wie ein halb-automatisches System Zugriff auf alle Datenbanken hat und autonom handelt – ein Element, das für die Verbrechensbekämpfung in Filmen und Serien ja immer hervorragend zu funktionieren scheint, bis diese Macht unweigerlich missbraucht wird. Dazu kommt der Part von Samuel L. Jackson ("Oldboy"), dem die Aufgabe zuteil wird - in seiner fiktiven, aber von heutigen abstrusen 'Nachrichten'-Sendungen in den USA nicht weit entfernten, Fernsehsendung 'The Novak Element' – die Bevölkerung recht deutlich in ihrer Meinung zu beeinflussen. Leider befürchte ich, dass diese Elemente nur zufällig die Action begleiten und eher unfreiwillig der beste Teil des ganzen Films sind, bzw. der Versuch von Regisseur José Padilha ("Elite Squad") noch etwas aus dem lauwarmen Drehbuch herauszuholen.
Der Rest bleibt eine Aneinanderreihung von Szenen, in denen RoboCop getestet wird, und Szenen, in denen RoboCop auf seinem sensationell nutzlos beleuchteten Bike durch Detroit kurvt und einen Fall nach dem anderen 'löst', bis er schließlich beginnt, seinen eigenen Mord inklusive der beteiligten Korruption aufzuklären. Dann sind da langweilig vorhersehbare Konflikte und Gefühle der Halbmenschmaschine wegen der Familie, und der Sohn traut sich nicht mehr in die Schule und ach. Abbie Cornish ("7 Psychos") als Murphys Frau Clara, wirkt leider extrem bemüht und schafft es nicht, mit Joel Kinnaman ("The Killing") in der Titelrolle, irgendeine Chemie aufzubauen. Der ist als Alex Murphy/RoboCop tatsächlich gar nicht übel, bleibt aber im Gegensatz zu den Bösewichtern recht eintönig. Am Ende bleibt im Kopf, dass man sich bei General Grievous für etwaige 'guckt, können wir auch!'-Elemente bedient hat, diese dann ausgiebig und nah zeigt, und die Feststellung, dass mit "RoboCop" und dem Label "Ab 12" hier kein Blumentopf zu gewinnen ist. Die Ballereien sind – bis auf die letzte - extrem langweilig choreografiert. Die "Bösewichter" sind insgesamt recht locker drauf und nicht so verbissen wie OCP in Verhoevens Original. Angefangen vom Chef, gespielt von Michael Keaton ("Das Penthouse", mir war nie aufgefallen, wie stark der im Original lispelt), der hier den Kotzbrocken par excellence abliefert, dessen Testleiter und Chef der Privatarmee, gespielt von Jackie Earle Haley ("Parkland"), den man von Anfang an hasst, und Publikumsliebling Gary Oldman ("Paranoia"), der den zeitweise zweifelhaften, aber sympathischen Doktor spielt, der Alex Murphy auseinandernimmt und als RoboCop neu zusammensetzt. Dabei wirken sie alle weniger böse und mehr wie ein durchschnittlicher mulitnationaler Großkonzern, der Außenwirkung und Profit an vorderste Stelle setzt. Der Film hat mich mit dem Marketingteam von OCP stellenweise amüsiert.
Designtechnisch ist alles ganz toll gemacht und man verzichtet in diesem Remake/Reboot dankenswerterweise auch auf 3D. Der Anzug ist hinreichend modernisiert, die neuen zweibeinigen Roboter scheinen zunächst ziemlich bedrohlich, und die neuen Walker sehen auch super aus. Immerhin liefern sie sich mit RoboCop noch den spannendsten, wenn auch viel zu kurzen, Kampf des Films. Der Rest konnte mich jetzt nicht auf der Kante des Kinosessels halten. Episch war hier, trotz den ständig irgendwo eingesetzten CGI, überhaupt nichts. Wer also Action im Stile des Originals erwartet, wird enttäuscht werden. Hier kracht es zwar auch hauptsächlich, aber irgendwie ist es wieder mal nichts Halbes und nichts Ganzes. Als hätten die Macher Angst gehabt, mit ihrem Werk als pure Action durchzugehen, und so hat man so ein bisschen Crime, so ein bisschen Drama und so ein bisschen SciFi mit ein bisschen Action. Alles immer nur gerade so viel, dass es nicht überwiegt. Dämlich.
Fazit:
Das Reboot von "RoboCop" konnte mich leider nicht überzeugen. Der eigentlich großartige Cast versucht nur teilweise, das Beste aus dem Drehbuch zu machen. Die Action bleibt hinter meinen Erwartungen zurück, und die Holzhammersatire ist zwar nett gemeint, wirkt aber deplaziert, denn sie reißt einen aus der Handlung. Aufrütteln wird sie indes niemanden. Ich wünschte mir wieder mehr Mut für explizite Genrewerke aus Hollywood und nicht halbseidene Versuche, elaborierte Geschichten und komplexe Charaktere herbeizufabeln, wo einfach keine sind. Keaton & Oldman bekommen von mir je ein Stern, plus zwei Sterne für den Versuch.