Originaltitel: Yesterday's Enterprise Episodennummer: 3x15 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 19.02.1990 Erstausstrahlung BRD: 30.10.1992 Drehbuch: Ira Steven Behr, Richard Manning, Hans Beimler & Ronald D. Moore Regie: Cliff Bole Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Michael Dorn als Lt. Worf, Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data, Wil Wheaton als Wesley Crusher Gastdarsteller: Denis Crosby als Tasha Yar, Christopher McDonald als Richard Castillo, Tricia O'Neil als Rachel Garrett , Whoopi Goldberg als Guinan u.a.
Kurzinhalt:
Die U.S.S. Enterprise stößt auf eine Art Wurmloch. Kurz darauf tritt aus diesem ein anderes Schiff hervor – die Enterprise NCC-1701 C unter dem Kommando von Captain Garrett, die beim Versuch, eine Kolonie der Klingonen zu beschützen, von vier romulanischen Kreuzern angegriffen und vernichtet wurde. Durch ihren Flug durch den Zeitvortex ist die Enterprise aber plötzlich mitten in der Schlacht verschwunden – mit gravierenden Auswirkungen auf die Gegenwart. Statt eines blühenden, friedlichen Paradieses befindet sich die Föderation in einem kalten, blutigen Krieg mit dem klingonischen Reich. Dementsprechend ist natürlich auch Worf nicht teil der Besatzung – stattdessen leitet Tasha Yar, die in dieser alternativen Zeitlinie nicht auf Vagra II gestorben ist, die Sicherheit. Die einzige Person an Bord, die sich dieser Änderungen in der Zeitlinie bewusst ist, und spürt, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, ist Guinan, die sich daraufhin Captain Picard anvertraut. Sie ist sich sicher, dass der Flug der Enterprise C durch den Zeitvortex die Vergangenheit und damit auch die Gegenwart verändert hat. Die einzige Möglichkeit, die richtige Zeitlinie wiederherzustellen, ist es, die Enterprise C wieder durch den Riss hindurchzuschicken. Doch dort warten auf das Schiff eine romulanische Übermacht – und damit der sichere Tod…
Denkwürdige Zitate:"You know, you're always drinking alone. It wouldn't hurt you to seek out a little companionship." "I would require a Klingon woman for companionship. Earth females are too fragile."
(Ok.)
"This is not a ship of war. This a ship of peace."
(Guinan zu Picard, nach der Änderung der Zeitlinie.)
"Doctors always over-protect their patients." "And captains always push themselves too hard."
(Netter Dialog zwischen Captain Garrett und Doctor Crusher.)
"If she's right, we may not even be in an alternate time line." "Yeah, who knows if we're dead or alive."
(Crusher und La Forge bringen Tasha Yar auf eine Idee.)
"One more ship will make no difference in the here and now. But twenty two years ago, one ship could have stopped this war before it started."
(Picard zu Garrett, als er sie darum ersucht, wieder durch das Wurmloch zurückzureisen.)
"Where am I supposed to be?" "Dead."
(Guinan ist sehr direkt.)
"Guinan says I died a senseless death in the other time line. I didn't like the sound of that, Captain. I've always known the risks that come with a Starfleet uniform. If I'm to die in one, I'd like my death to count for something."
(Tasha Yars Appell an Captain Picard.)
Review:Nach einem vielversprechenden, selbstbewussten Start in die dritte Staffel war die Qualität zuletzt wieder etwas durchwachsener. Mit "Die alte Enterprise" liefert man dafür – angesichts der zuletzt etwas strauchelnden Staffel fast ein wenig unverhofft und unerwartet – die bislang beste Episode der Serie ab, und zugleich die erste, die mir die Höchstwertung wert ist. Eine ihrer größten Stärken ist das wunderbar ausgedachte Konzept, dass weit über ein reines "eine alte Enterprise trifft als sie durch einen Zeitvortex fliegt auf die Enterprise D" hinausgeht. Nicht falsch verstehen – schon diese Idee allen war cool. Und ich bin ja generell ein Fan von Zeitreisegeschichten. Aber oftmals gibt es bei "Star Trek" Episoden, die haben eine gute Idee – und das war's dann aber auch schon. Und so wird diese eine einzige Idee dann auf 45 oder 50 Minuten ausgewalgt. Bei "Die alte Enterprise" ist dieses Grundkonzept aber vielmehr nur die Spitze des Eisberges, und ebnet noch vielen weiteren interessanten Einfällen den Weg.
Nichtsdestotrotz muss man sagen… selbst wenn das die einzige Idee wäre, mit der die Macher auffahren könnten, wäre es schon eine der besseren. Die NCC 1701-A fliegt zwar seit 1986 über die Kinoleinwände, seitdem uns auf dem TV-Schirm die NCC 1701-D vorgestellt wurde habe aber wohl nicht nur ich mich gefragt, was denn die beiden Schiffe dazwischen so erlebt haben. Mit dem Auftritt der NCC 1701-C wird uns diese Frage zumindest einmal zum Teil beantwortet. Das allein macht die Episode schon mal sehr interessant. Sehr gut gefällt mir auch, dass die Enterprise-C von einer Frau kommandiert werden darf. Chronologisch gesehen wissen wir zwar mittlerweile, dass es auch früher schon weibliche Captains gab, aber geht man nach der Produktionshistorie, war das das erste Mal, dass eine Frau im Chefsessel Platz nehmen durfte. Zeit war's! Mir gefällt auch die Figur von Captain Rachel Garrett – die zudem von Tricia O'Neil (die davor neben zahlreichen Gastauftritten in TV-Serien Genrefans wohl insbesondere in "Piranha II – Fliegende Killer" aufgefallen sein dürfte, und die später auch bei "Babylon 5" zwei prominente Rollen, darunter u.a. die Präsidentin der Erdallianz in "Der erste Schritt", übernahm) sehr gut gespielt wurde. Mit ihrer Härte und ihrer Entschlossenheit wirkt sie dabei auf mich schon fast wie eine Vorläuferin von Captain Kathryn Janeway. Die nächste faszinierende Idee, mit der die Episode aufwarten kann, ist dann dass sich durch den Sprung der Enterprise-C in die Zukunft die Vergangenheit – und damit auch die Gegenwart – verändert. Das Ergebnis erinnert ein bisschen an die Episode "Ein Parallel-Universum" aus der klassischen Serie. Zwar ist das ganze hier nicht gar so düster, und sind die Figuren dieser alternativen Zeitlinie nicht direkt dunkle Spiegelbilder der uns bekannten Protagonisten, aber dennoch präsentiert man uns hier eine deutlich weniger rosige Zukunft – was natürlich auch auf die Figuren abgefärbt hat.
Guinan ist die Einzige, die erkennt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Dies könnte man wenn man unbedingt wollte nun ebenso als Deus Ex Machina kritisieren, wie man sich wundern könnte dass die Friedensverhandlungen mit den Klingonen scheinbar selbst 50 Jahre nach der Explosion von Praxis noch nicht abgeschlossen waren (was die Autoren damals aber natürlich noch nicht wissen konnten). Im vorliegenden Fall bin ich aber gewillt, über diese potentiellen Kritikpunkte hinwegzusehen, einfach da das Gesamtpaket so grandios war, dass sie für mich nicht weiter von Belang sind. Zumal sie zu einer der größten Stärke der Folge führen: Picards moralisches Dilemma. Denn schickt er die U.S.S. Enterprise C wieder in die Vergangenheit zurück, verurteilt er ihre gesamte Besatzung damit zum Tod. Und das einzig und allein aufgrund eines Gefühls von Guinan. Gerade auch die "Next Generation" verfolgte – vor allem auch bislang – ja eher eine Friede Freude Eierkuchen-Mentalität, und ließ es bislang etwas an harten Entscheidungen und tragischen Wendungen vermissen. Erst mit Beginn der dritten Staffel schien man sich diesbezüglich endlich etwas mehr zu trauen. Und "Die alte Enterprise" stellt diesbezüglich zweifellos einen neuen Höhepunkt dar.
Und dann ist da natürlich noch die Rückkehr von Tasha Yar. Ihr Tod wurde damals bei "Die schwarze Seele" von vielen Fans als zu banal und einer Hauptfigur unwürdig kritisiert, und auch die Macher waren mit der Zeit der Ansicht, dass sie dies nicht sonderlich geschickt umgesetzt haben. Mit "Die alte Enterprise" bietet sich ihnen nun die Möglichkeit, ihren "Fehler" wieder gut zu machen. Ich habe das Wort Fehler ganz bewusst unter Anführungszeichen gesetzt, als dass ich einer der (wenigen?) Verfechter dieser Entscheidung war, und Tashas willkürlichen Tod in "Die schwarze Seele" als eine der größten Stärke der dortigen Folge ansah. Es ist nun mal die traurige Wahrheit, dass der Tod oftmals plötzlich und völlig unerwartet daherkommt, und zudem die meisten von uns nicht mit Glanz und Gloria einen ehrenhaften Heldentod sterben. Da Tasha jedoch nicht "wirklich" von den Toten zurückgeholt wurde, und ihr "sinnloser" Tod in der echten Zeitlinie ja nach wie vor bestehen bleibt, stört es mich auch nicht, dass sich die Macher dazu entschlossen haben, ihr noch einen heroischeren Abgang zu gönnen. Im Gegenteil, so wie wir die Figur kennen, macht es absolut Sinn, dass sie sobald sie von ihrem bedeutungslosen Tod in der normalen Zeitlinie erfährt nach einer Chance sucht, ihrem Tod einen Sinn zu verleihen. Zudem halte ich das Gespräch zwischen ihr und Guinan, wo sie von ihrem Schicksal erfährt, sowie ihr nachfolgendes Ansuchen bei Captain Picard für die beiden besten Szenen dieser Folge, und zähle sie auch zu en besten Momenten der "Next Generation" generell. Das war wirklich gänsehauterzeugend, und wunderbar geschrieben und gespielt. Generell können sich die schauspielerischen Leistungen wieder sehen lassen. Whoopi Goldberg bekommt hier endlich mal ein bisschen mehr zu tun als nur die freundliche Barkeeperin raushängen zu lassen. Und vor allem Patrick Stewart genießt es sichtlich, eine etwas härtere Version seiner Figur spielen zu können.
Unterstützt werden Drehbuch und Schauspieler von einer wieder einmal großartigen Musikuntermalung, diesmal von Dennis McCarthy. Ein kurzes Stück vor der Raumschlacht mag mich zwar an "Star Wars Episode IV" erinnert haben – nämlich die Musik als sich die X-Wing auf dem Weg zum Todesstern machen. Davon abgesehen halte ich seine Komposition für "Die alte Enterprise" aber für eine der besten, die er zur "Next Generation" beigesteuert hat. Zudem verfügt die Episode über zahlreiche gelungene Einzelszenen. Zwei ganz große Highlights rund um Tasha Yar habe ich ja bereits erwähnt. Aber auch die langsam verlaufende Romanze zu Lieutenant Castillo – die vor allem deswegen hervorsticht, da uns von vornherein bewusst ist, dass dies kein gutes Ende nehmen kann – zähle ich den Stärken der Folge. Auch der Ausklang der Episode, wo Guinan LaForge darum ersucht, ihr von Tasha zu erzählen, fand ich großartig. Jedenfalls gab es zahlreiche gelungene Einzelszenen, welche für mich das ohnehin schon grandiose Gesamtpaket noch einmal zusätzlich aufwerten.
Man ist sie von der Serie zwar mittlerweile gewohnt, dennoch wäre es unfair, sie einfach als selbstverständlich anzusehen: Die großartigen Effekte. Das Modell der Enterprise C gefällt mir ausgesprochen gut – so gut, dass es mir doch ein wenig leid tut, dass wir sie nie wieder zu Gesicht bekamen. Die Raumschlacht ist zwar vielleicht nicht ganz so dynamisch, wie sich das mit heutigen Mitteln (sprich: am Computer) umsetzen ließe, dafür war es aber genau genommen immerhin – nachdem man uns eine solche mittlerweile schon mehrmals angekündigt hat, nur um dann doch noch einen Rückzieher zu machen – die allererste der Serie; als solche war das damals schon ein Highlight. Zumal ich sie – vor allem auch für damalige TV-Verhältnisse – durchaus spektakulär, und natürlich sensationell getrickst, fand. Auch was die Umsetzung der alternativen Enterprise betrifft hat man bei "Die alte Enterprise" ganze Arbeit geleistet und einiges an Aufwand betrieben, um diese alternative Zeitlinie von der uns bekannten abzugrenzen. So wurde die Brücke einem Umbau unterzogen – und vor allem auch das deutlich dünklere, blaue Licht verleiht dieser anderen Enterprise-D eine ganz eigene, irgendwie unheimliche Atmosphäre. Doch die Änderungen beschränken sich nicht nur auf die Brücke – auch Picards Aufenthaltsraum sowie der Besprechungsraum lassen teils deutliche Unterschiede erkennen. So sticht zum Beispiel die taktische Karte mit Schiffen der Sternenflotte und den Klingonen hervor. Hier hat man sich echt nicht lumpen lassen, und meines Erachtens machte sich dieser Aufwand absolut bezahlt. Im Vergleich zu anderen Stärken mag es zwar nur Zierde sein, aber letztendlich zeigt es, mit wie viel Sorgfalt man sich dieser Episode angenähert hat – was man dem Endprodukt dann eben auch quer über alle Bereiche der Produktion ansieht.
Fazit:Zugegeben, als jemand, der eine große Vorliebe für Zeitreisegeschichten hegt, bin ich nicht unbedingt objektiv. Aber für mich persönlich ist "Die alte Enterprise" die erste wirklich großartige – und damit auch die bisher beste – Episode der "Next Generation". Hier stimmt einfach alles. Es gibt eine faszinierende, genial erdachte Ausgangssituation, eine packende Handlung, ein moralisches Dilemma, zahlreiche phantastische Szenen, tolle Effekte, die erste richtige Raumschlacht der Serie, wunderbare schauspielerische Leistungen, einen grandiosen Score von Dennis McCarthy, und last but definitely not least die Rückkehr einer alten, beliebten Figur: Tasha Yar. Ein besonderes Highlight ist natürlich auch, dass wir eine frühere Enterprise zu Gesicht bekommen und ihren Captain – eine Frau, auch dies empfinde ich als sehr löblich (und damals auch schon höchste Zeit) – kennenlernen. Von der wundervollen ersten Szenen zwischen Guinan und Worf bis zur wundervollen letzten Szene zwischen Guinan und La Forge (wobei zugegebenermaßen Worf ein passenderer Gesprächspartner gewesen wäre; aber da bin ich jetzt wirklich schon pingelig) konnte mich "Die alte Enterprise" 45 Minuten lang begeistern, packen, und faszinieren. Mehr kann man von "Star Trek" doch eigentlich nicht verlangen, oder?