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Star Trek - Voyager: Ewige Gezeiten Drucken E-Mail
Wieder einmal wird auf den Reset-Knopf gedrückt Kategorie: Star Trek (Literatur) - Autor: Christian Siegel - Datum: Montag, 25 Juli 2016
 
Cover (c) Cross Cult
Titel: "Star Trek - Voyager: Ewige Gezeiten"
Originaltitel: "Star Trek - Voyager: The Eternal Tide"
Bewertung:
Autorin: Kirsten Beyer
Übersetzung: René Ulmer
Umfang: 380 Seiten
Verlag: Cross Cult (D), Pocket Books (E)
Veröffentlicht: 18. April 2016 (D), 28. August 2012 (E)
ISBN: 978-3-86425-775-9
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Spoiler-Warnung! Die nachfolgende Review sowie das Review enthalten große Spoiler zum TNG-Roman "Heldentod", den bisherigen Romanen der "Voyager"-Fortsetzungsreihe, sowie zum hier besprochenen Roman "Ewige Gezeiten". Wer diese noch nicht gelesen hat und sich nichts vorwegnehmen lassen will, sollte sich daher darauf beschränken, nur das Fazit zu lesen.

Kurzinhalt: Während sich Captain Eden mit dem Doctor und Counselor Cambridge auf die Suche nach ihrem Ursprung begibt, besucht die U.S.S. Voyager jenem Planeten, auf dem sie Riley Frazier und andere vom Kollektiv abgeschnittene Borg zurückgelassen haben. Sie wollen herausfinden, was mit ihnen nach der Befreiung der Borg durch die Celiar passiert ist. Doch noch bevor die Voyager in den Orbit des Planeten einschwenken kann, wird sie von den Tarkons angegriffen. Währenddessen stößt Q's Sohn auf eine Bedrohung, die droht, das bekannte Universum – und dabei auch das Q-Kontinuum – zu vernichten. In der ursprünglichen Zeitlinie – ehe sie in die Vergangenheit gereist ist um die Heimreise der Voyager zu beschleunigen – stellte sich Kathryn Janeway dieser Bedrohung, und schlug sie zurück. Aus diesem Grund beschließt Q Junior, sie von den Toten zurückzuholen. Währenddessen stoßen vier Schiffe der Flotte auf einen Riss im Weltall…

Review: Mein erster Gedanke nachdem mir klar wurde, dass man doch tatsächlich Admiral Janeway aus dem Reich der Toten zurückholen wird (manche werden jetzt angesichts des Covers meinen, das wäre ja wohl klar gewesen: Ich hatte aber eher mit einer Rückblende zu einem früheren Voyager-Abenteuer gerechnet; Janeways Tod in "Heldentod" erschien mir dann doch zu definitiv, als das ich ihre Rückkehr ernsthaft in Betracht gezogen habe), war: "Wollt ihr mich verarschen?!?!" Auch der Rest des Romans tat leider nicht mehr viel bzw. trug nicht dazu bei, mich mit dieser Entscheidung zu versöhnen. Ich weiß ja nicht, ob dies Kirsten Beyers Idee war – wenn ja, verdient sie den Zorn und die nachfolgende "Schimpftirade" – oder man ihr diese Wendung auferlegt hat – in dem Fall tut es mir leid für sie, dass sie diese in meinen Augen eklatante Fehlentscheidung ausbaden musste. So oder so… ich halte Janeways Rückkehr für eine ganz schlechte Idee. Ich konnte mich bis zuletzt mit dem Gedanken nicht anfreunden, und so hat mir das ganze leider den Roman im Gesamten gehörig verdorben.

Meine Enttäuschung beruht dabei auf mehreren Gründen. So bin ich grundsätzlich schon mal kein Freund von einer solchen Wendung. Mit jedem Tod, den man nachträglich rückgängig macht, habe ich beim nächsten Ableben einer Figur einen Grund weniger, zu trauern – kann ich dann doch ohnehin davon ausgehen, dass dieses Ableben nicht von Dauer sein und die jeweilige Person schon bald wieder unter den Lebenden weilen wird. Nun könnte man einwenden, dass eine solche Entwicklung bei "Star Trek" nichts Neues ist. Tatsächlich kommt sie aber weniger häufig vor, als man vielleicht denken könnte. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber… adhoc würden mir nur Spock und Data (letzteres im Übrigen kein Mensch sondern ein Androide) einfallen. Gut, ok, Kirk wurde in den von William Shatner geschriebenen Romanen ebenfalls wiederbelebt, diese zählen aber eben genau deshalb ja nicht zum Canon, und werden als "Infinities"-artige Reihe, Shatnerverse genannt, behandelt. Das zählt somit nicht. Und natürlich gab es deutlich mehr Figuren, die angeblich/scheinbar tot waren, aber noch vor Ende der Episode/des Romans wieder zurückgekehrt sind. Aber eine Geschichte abzuschließen, dieser mehrere Abenteuer folgen zu lassen und dann eine Figur zurückzuholen, hat in meinen Augen selbst bei "Star Trek" Seltenheitswert.

Was mich an dieser Wendung vor allem auch so ärgert, ist was sie mit dem bisherigen "Voyager"-Relaunch, und insbesondere dem phänomenalen "Projekt Full Circle" anstellt. Denn all die tollen Momente rund um die Trauer der Crew ob ihres Todes erweisen sich nun als völlig sinn- und wertlos. Ich fürchte mich jetzt schon davor, "Projekt Full Circle" noch einmal zu lesen, da ich weiß dass dieser mit dem Wissen ob Janeways Rückkehr im Hinterkopf nie und nimmer nochmal die gleiche Wirkung entfalten wird. Und nicht zuletzt stößt diese Wendung ins gleiche Horn meiner wiederholt vorgebrachten Kritik, dass der Reihe irgendwie der Mut zu fehlen scheint, in die Zukunft vorzudringen, und vergangenes – und altbekannte Figuren – hinter sich zu lassen. Generell hielt ich die Wendung in "Heldentod" für sehr gelungen. Da hatten die Macher endlich mal Mut bewiesen, und Janeways Tod war einer der Hauptgründe, warum ich auch in weiterer Folge bei den Fortsetzungsromanen die nach den Filmen spielen den Tod einer Hauptfigur in Betracht gezogen habe, was die Spannung merklich erhöht hat. Mit ihrer Rückkehr hat sich diese spannungssteigernde Wirkung erledigt. Im Gegenteil… selbst wenn mal wieder jemand stirbt kann ich davon ausgehen, dass er/sie schon wieder zurückkehren wird. Damit hat man in meinen Augen die weitere Zukunft des literarischen "Star Trek"-Franchises nachhaltig geschädigt.

Und zu allem Überfluss hat mich dann auch noch die Art ihrer Rückkehr nicht überzeugt. Ich meine, ganz ehrlich… die Q holen sie zurück? Diese ultimative Deus Ex Machina-Rasse? Was Besseres ist Beyer nicht eingefallen? Da hätte es mir ja noch besser gefallen, man hätte Janeway, die irgendwie kurz vor der Zerstörung des Kubus teleportiert worden wäre, auf dem früheren Heimatplaneten der Borg gefunden. Dann hätte man auch erzählen können, wie es ihr in der Zwischenzeit ergangen ist. Aber das war einfach nur einfallslos. Generell meinte ich zu merken, dass Beyer sich schwer tat, selbst eine gute Erklärung für Janeways Rückkehr – wie z.B. die Motivation von Q's Sohn – zu finden. Das Ganze wirkt ungemein konstruiert, begonnen von der Tatsache dass in der ursprünglichen Zeitlinie Janeways Handlungen das Q-Kontinuum vernichtet haben (das würden die einfach so zulassen? Echt jetzt?) über seine Überzeugung sie sei die Einzige die das Universum retten könnte (was sich dann ohnehin als falsch herausstellt) bis hin zur Tatsache dass sein Vater dies einfach so zulässt und ihn danach nur ein wenig rügt. Warum ihm nicht schon viel früher alle Informationen geben, so dass er seinen Fehler einsieht? Nein, tut mir leid, diese ganze Handlung war in meinen Augen – selbst abseits meiner Enttäuschung ob Janeways Rückkehr – für die Tonne.

Doch meine Kritik an "Ewige Gezeiten" beschränkt sich nicht nur auf Janeways Rückkehr. So wirkt die Handlung sehr zerfahren, und teilweise auch recht episodenhaft. Es gibt eine Stelle im Buch da springen wir zwischen vier parallelen Handlungssträngen/Schauplätzen herum. Die Ereignisse rund um "Riley's Planet", Edens Forschungsreise in ihre eigene Vergangenheit, die Geschehnisse im Q-Kontinuum, sowie die vier Schiffe der Flotte, die auf den durch das Omega Kontinuum ausgelösten Riss im Weltall stoßen. Eine abwechslungsreiche Handlung in allen Ehren, aber das war dann doch etwas zu viel des Guten. Vor allem auch die Handlung rund um die früheren Borg auf Rileys Planet sticht hier doch etwas unangenehm hervor, dass sie sich letztendlich als Platzhalter offenbart, ohne Bedeutung für die restliche, größere Handlung rund um die Anomalie und das drohende Ende des Universums. Letzteres ist überhaupt wieder einmal so ein Punkt. Ich finde derartige Bedrohungen mittlerweile einfach nur mehr zum Gähnen (siehe auch David Macks "Diabolus Ex Machina"), und kann sie auch nicht mehr ernst nehmen. Mein letzter Kritikpunkt: Die Szenen im Q-Kontinuum sind teilweise ungemein verwirrend, da es sich um reine Dialoge ohne jegliche Beschreibung handelt, und sich alle ja nur mit Q anreden. Zumindest mir fiel es schwer, dabei den Überblick zu behalten, wer gerade was zu wem sagt.

Dass "The Eternal Tide" dennoch kein völliger Reinfall ist und sich trotz meiner enormen Enttäuschung ob Janeways Rückkehr sowie der anderen Kritikpunkte noch über eine nicht allzu schlechte Wertung freuen kann, verdankt er in erster Linie der Tatsache, dass ein von Kirsten Beyer geschriebener Roman mit dämlicher Handlung immer noch besser ist als, beispielsweise, ein von Christie Golden geschriebener Roman mit dämlicher Handlung. Soll heißen: Ihr Schreibstil machte es für mich zumindest ansatzweise wieder wett. Auch will ich nicht leugnen, dass es einige gelungene Momente und gute Dialoge gab, wobei hier teilweise durchaus auch Szenen rund um Janeways Rückkehr gefallen können. Gerade auch das erste Wiedersehen zwischen ihr und Chakotay war gut gemacht; aber auch ihre gemeinsame Szene mit Seven war toll. Mein Problem liegt hier also definitiv in der Idee, und nicht in der Umsetzung. Am besten hat mir an "Ewige Gezeiten" aber die kurze Handlung rund um Riley's Planet gefallen. Ja, genau genommen ist dieser Handlungsstrang im Roman ein absoluter Fremdkörper – aber was für einer! Ich fand das wirklich spannend und sehr interessant. Zudem gefiel mir die Idee, an ein früheres Voyager-Abenteuer anzuknüpfen. Die letzte Stärke ist dann der gelegentlich aufflackernde, oftmals recht trockene Humor. All dies machte mit "Ewige Gezeiten" zumindest erträglich.

Fazit: Für mich persönlich ist dieser bis jetzt – zumindest seitdem Kirsten Beyer die Agenden übernommen hat – gelungene Voyager-Relaunch mit "Ewige Gezeiten" über den Hai gesprungen, wie man so schön sagt. Die Rückkehr einer zuvor verstorbenen Figur empfand zumindest ich als krasse Fehleinschätzung der Verantwortlichen, die nicht nur vieles, was in den vorangegangenen Romanen so gelungen war, ad absurdum führt und damit nachträglich ruiniert, sondern auch potentielle Probleme für die literarische Zukunft von "Star Trek" in sich birgt. Denn mit jedem Tod, den man rückgängig macht, habe ich beim nächsten Tod einer Hauptfigur einen Grund weniger, zu trauern. Kommen halt die Q wieder und holen die betreffende Person zurück. Womit wir schon beim nächsten Problem sind: Nicht nur das "was", sondern auch das "wie" hat mich nicht überzeugt. Darüber hinaus gab es zwar auch noch den einen oder anderen Kritikpunkt, ich gebe aber unumwunden zu, dass für mich alles – und damit leider auch die trotz allem vorhandenen positiven Aspekte, die sich in erster Linie aus Kirsten Beyers Schreib- und Erzählstil ergeben – von dieser Wendung überschattet wurde. Diese Entscheidung hat mir "Ewige Gezeiten" leider gründlich verdorben. Ich persönlich finde diese Entwicklung jedenfalls sehr schade, und höchst bedauerlich.

Bewertung: 1.5/5 Punkten
Christian Siegel


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Weiterführende Links:
Review zu "Star Trek - The Next Generation: Heldentod"
Review zu "Star Trek - Kalte Berechung: Diabolus Ex Machina"
Review zu "Star Trek - Voyager: Projekt Full Circle"





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