Mit: Michael Fassbender, Penélope Cruz, Cameron Diaz, Javier Bardem, Brad Pitt, Bruno Ganz u.a.
Kurzinhalt:
Ein in Geldnöte geratener, aufstrebender Anwalt beteiligt sich an einem Drogendeal. Als dieser schief läuft und ihm und seinem halbseidenen Partner um die Ohren fliegt, bemerkt er, dass er der Situation nicht gewachsen ist und nie gewachsen war. Eine brutale, gnadenlose Kette von Ereignissen nimmt ihren Lauf und er kann nur zusehen, wie sein Leben in sich zusammenbricht…
Review:Habgier. Die Protagonisten in Ridley Scotts ("Prometheus") neuestem Film atmen sie, leben sie, kennen nichts anderes. Die Gier nach mehr ist ihre Triebfeder, die in grenzwertigen Dialogen und Monologen zu einer Art Philosophie des Daseins hochstilisiert wird. Ich dachte, ich hätte mit "Traffic", "Breaking Bad" & Co schon alles gesehen, was es an Drogenthriller zwischen Kolumbien, Mexiko und den USA so zu erzählen gibt - was sowohl die dargestellte Brutalität, als auch den intellektuellen Sport, an dem die Kriminellen scheinbar in so einem Milieu automatisch teilnehmen, angeht. Doch "The Counselor" dreht beides nochmal bis zum Anschlag auf. Im Film herrscht ein krasser Gegensatz zwischen den hypnotischen Dialogen, in denen die Zeit fast stillzustehen scheint und der ungezügelten, visuell abstoßenden Gewalttätigkeit, bei der man sich abwenden will, aber nicht kann. Der Film ist ein mutwillig herbeigeführter Verkehrsunfall mit riesigem Kollateralschaden und die Zuschauer sind die Gaffer am Straßenrand. Man fühlt sich nicht gut am Ende des Films.
Ich bin mir nicht ganz sicher ob die Schonungslosigkeit von "The Counselor" irgendeinen Anspruch auf Realitätsnähe hat oder haben will, sie tut auf jeden Fall weh. Leider verliert der Thriller seine Thrillerhaftigkeit, wenn er mehr zu einem blutigen Beispiel für kompletten Kontrollverlust wird, hier gibt es keine Wendung, kein Entrinnen. In dem - an den Monolog des Architekten in "The Matrix Reloaded" erinnernden - Vortrag eines Drogenbarons (Rubén Blades, "Irgendwann in Mexico"), bekommt man die Lebensweisheiten dieser Gestalten vorgesetzt, die ausschließlich von Ausweglosigkeit und einmal beschrittenen Pfaden handeln und deren einziger Zweck es ist, ihr Handeln zu rechtfertigen. Ich weiß auch nicht recht, ob es schon eine Leistung für sich ist, wenn ein Film weh tut. Und auch wenn ich den intellektuellen Spielerein etwas abgewinnen kann, war die Vorstellung nicht, was ich als "schönes Erlebnis" bezeichnen würde, dass ich gerne noch einmal hätte. Neben dem brutalen Drogengeschäft, schafft es Scott auch zwei (immerhin!) Frauenbilder zu vermitteln, die sich nicht nur diametral gegenüber stehen, sondern auch reine Abziehbilder sind. Laura (Penélope Cruz, "To Rome with Love") ist die Verlobte des Counselor (Michael Fassbender, "Prometheus") und das, was man die Unschuld vom Lande nennen könnte. Sie liebt ihren Freund aufrichtig, ohne Hintergedanken und sein Wunsch sie auch materiell zu verwöhnen, bedeutet ihr nichts. Das krasse Gegenteil ist Malkina (Cameron Diaz, "Bad Teacher"), sie ist eine berechnende, kühle, Frau, die nichts sagt oder macht, ohne andere für sich auszunutzen. Ihr legt man auch einen zunächst hochgradig clever wirkenden Spruch in den Mund, der bei genauem Hinsehen auch weiter nichts ist, als ein Spruch der clever wirken soll. Er ist unmenschlich. Ich fasse zusammen: Frauen sind in dieser Scott'schen Welt entweder dumm und verliebt oder clever und gehen rücksichtslos über Leichen, vornehmlich Männliche, die sie vorher - durch Sex oder das Versprechen von Sex - ablenken.
Die Männer. Der Counselor will mehr vom Leben, als er als vom Gericht bestellter Pflichtstrafverteidiger bekommt. Er ist verliebt und will die Frau heiraten, die er liebt. Er will sich selbst und ihr mehr bieten. Er ist vom schönen Schein seines Bekannten Reiner (Javier Bardem, "Skyfall") angetan und will das auch. Sie gehen über den Mittelsmann Westray (Brad Pitt, "World War Z") einen nicht näher spezifizierten Drogendeal, der sich hauptsächlich mit dem Problem des Transports auseinandersetzt, mit einem kolumbianischen Kartell ein und merken nicht wie sie ihre Leben verspielen, weil eine dritte Partei sich einmischt und so das Kartell um Geld und Drogen bringt. Reiner will sein ausschweifendes Leben finanzieren und mit dem Counselor einen Nachtklub eröffnen, aber diese Details sind eher nebensächlich.
Fazit:
Ich könnte den Film als philosophisch-intellektuelle Übung akzeptieren, doch die harte Brutalität entwertet in meinen Augen genau diese Elemente des Films deutlich. Denn sie werden im Angesicht des Schreckens, den man auch noch in seiner Gänze über sich ergehen lassen muss, zu leeren Worthülsen. Niemand hat am Ende irgendwas durch die Gespräche gelernt, nur durch die Gewalt. Sie bedeuten einfach gar nichts. Es ist halt doch kein Selbstläufer, wenn man eine Handvoll gefeierter Darsteller und einen der profiliertesten Produzenten und Regisseure unserer Zeit, in einen Topf mit einem immer und immer wieder aktuellen Thema wirft und einmal kräftig umrührt. Hier klatschen zwei komplett gegensätzliche Erzählweisen aufeinander und das Ergebnis funktioniert leider nicht besonders gut. Auch ist Fassbenders Counselor eine grottendämliche Figur. Gefühlt gehen 30 von 117 Minuten dafür drauf, dass man ihm versucht klarzumachen, was es bedeutet, mit dem Kartell Geschäfte zu machen und bis kurz vor Ende scheint er nicht zu glauben was um ihn herum vor sich geht. Bah, ich schreibe mich in Rage, wenn ihr Fassi unbedingt sehen müsst, meinetwegen, ich habe euch gewarnt. Würden wir hier ein "Daumen hoch - Daumen runter - System" haben, gäbe einfach Daumen runter. Da wir aber Sterne vergeben, gebe ich 3 von 10 für den Versuch und eine Szene mit Bruno Ganz als Diamantenhändler, ganz zu Anfang des Films. Ich wünschte, es wäre in dem Stil weitergegangen und nicht so entgleist.