Mit: Asa Butterfield, Harrison Ford, Hailee Steinfeld, Ben Kingsley, Abigail Breslin, Viola Davis u.a.
Kurzinhalt:
In der Zukunft wird die Erde von insektenförmigen Aliens angegriffen, und nur einem Mann ist es zu verdanken, dass die Menschheit - trotz enormer Verluste - überlebt hat und die Aliens besiegt werden konnten. Mazer Rackham ist seitdem das größte Vorbild für alle Rekruten der internationalen Flotte. Diese wurde nach dem Angriff von der Weltregierung gegründet, um einen solchen Vorfall nie wieder zuzulassen. Nun werden bereits Kinder in die Kampfschule aufgenommen, da ihre Reflexe und schnelle Auffassungsgabe Erwachsenen weit überlegen ist. In hartem isolierten Training in Simulatoren und einer schwerkraftlosen Umgebung bauen sie ihre taktischen Fähigkeiten aus, um eines Tages die Welt vor einem Angriff der Formics zu retten. Einer von ihnen ist der Drittgeborene Ender Wiggin. Gerade einmal 12 Jahre alt, scheint er für den Leiter der Einrichtung, Colonel Hyrum Graff, der aussichtsreichste Kandidat zu sein…
Review von Christian Siegel:
Obwohl ich großer SF-Fan bin, kommt es gelegentlich auch mal vor, dass ich eine größere Veröffentlichung im Kino verpasse. So geschehen bei "Ender's Game" (wie auch bei "Riddick", übrigens), der pünktlich zum Viennale-Start in die Kinos kam, und deshalb letztendlich bei mir den Kürzeren zog. Wobei es im vorliegenden Fall nicht nur die mangelnde Zeit, sondern zugegebenermaßen bis zu einem gewissen Grad auch mangelndes Interesse war. Die Trailer sahen wenig vielversprechend aus, und ich bin generell nicht unbedingt der größte Fan der (ernst gemeinten – also abseits einer satirisch-kritischen Betrachtung à la "Starship Troopers") Military-SF. Berücksichtigt man jetzt noch, dass der Autor der Romanvorlage erzkonservativ ist, und die eine oder andere Anti-Homosexuellen-Bewegung (auch finanziell) unterstützt (weshalb ich mir seine Romane auch erst kaufen werde, wenn er unter der Erde liegt), und die Wahrscheinlichkeit, dass "Ender's Game" meinen persönlichen (liberalen) Geschmack treffen würde, schien verschwindend gering.
Die in etwa erste halbe Stunde hat auch meine negative Erwartungshaltung noch eher bestätigt, denn sieht man davon ab, dass die Kämpfe über große Entfernungen stattfinden und daher längst nicht so blutig ausfallen wie bei "Starship Troopers" (den man als Analogie auf den Vietnam-Krieg ansehen kann, während sich "Ender's Game" eher an der modernen, "sauberen" Kriegsführung mit Drohnen etc. zu orientieren scheint), und zudem in erster Linie Kinder an die Front geschickt werden, erinnerten mich der Ton und das Setting doch sehr stark an Paul Verhoevens SF-Satire. Es hilft auch nicht, dass man während der Ausbildung so ziemlich jedes "Militärcamp"-Klischee bedient. So ziemlich das einzig Gute an der ersten Hälfte des Films waren die Testspiele, die optisch nett in Szene gesetzt waren. Davon abgesehen fand ich "Enders Game" an dieser Stelle noch eher dürftig. Jedoch: In der zweiten Hälfte dreht der Film dann merklich auf – wobei der Wendungspunkt für mich der Kampf mit seinem Rivalen war. Ab diesem Zeitpunkt wird auch zunehmend deutlich, dass der Film das Militär bzw. Kriege nicht verherrlicht – ganz im Gegenteil. Ender wird von seinen Ausbildern in vielerlei Hinsicht manipuliert und ausgenutzt. Im besten Fall sehen sie ihn als Waffe, die sich als kriegsentscheidend erweisen könnte; im schlechtesten Fall einfach nur als Mittel zum Zweck. Die kritische Aussage des Film (zum Roman kann ich noch nichts sagen) wird dann auch insbesondere am Ende deutlich. Obwohl ich die Wendung am Ende bereits kommen sah, traf sie mich doch wie ein harter Schlag in die Magengrube. Dieser absolut perfekt umgesetzte Moment ist dann auch der Hauptgrund dafür, dass mich "Ender's Game" spät aber doch noch ansatzweise begeistern konnte.
Was den ganzen Film über gefallen kann –wobei man sich bei einem entsprechend teuren Film aus dem Jahr 2013 auch nichts anderes erwartet – sind die makellosen Effekte. Neben den Kampfsimulationen und den Spielen in einer schwerelosen Umgebung stachen für mich dabei insbesondere noch die (sporadisch eingestreuten) außerirdischen Landschaften hervor. Der aus "Hugo" bekannte Asa Butterfield macht seine Sache ordentlich, und lässt trotz aller Gutmütigkeit auch Enders gefährliche Seite immer wieder durchscheinen (in 2-3 Jahren hätte er wohl einen guten älteren Anakin abgegeben). In erster Linie ist es allerdings Hailee Steinfeld, die aus der Besetzung hervorsticht, und eine charmante, natürliche Performance zeigt. Harrison Ford ist zwar auch nicht schlecht, zeigt jedoch letztendlich nur seine typische mürrische Figur, für die er sich mittlerweile nicht mehr groß anstrengen muss – und dies vermutlich bei "Enders Game" auch nicht tat. Und der Rest der Besetzung verkommt ohnehin zu reinen Stichwortgebern. Produktionstechnisch gibt es an "Ender's Game" jedenfalls nichts auszusetzen – der wahre Star des Films ist jedoch das Finale.
Fazit:
"Ender's Game" ist es gelungen, mich positiv zu überraschen. Angesichts des erzkonservativen Autors der Vorlage ein kriegs- und militärverherrlichendes Machwerk erwartend, setzte sich der Film vielmehr äußerst kritisch mit der Thematik auseinander, was neben der Art und Weise wie Ender von seinen Ausbildern manipuliert vor allem auch am Ende deutlich wird. Jenes traf mich zwar nicht gänzlich unerwartet, verfehlte aber dennoch bei mir die gewollte schockierende und emotionale Wirkung nicht – und ist für mich auch ganz klar die größte Stärke der Films. Auch was die Produktionsqualität betrifft gibt es nichts zu bemängeln: Effekte, Sets, Filmmusik – alles befindet sich auf schlechtestenfalls solidem und bestenfalls gefälligen Niveau. Vor allem die Landschaftsaufnahmen fremder Planeten konnten mir dabei sehr gut gefallen. Schauspielerisch sticht in erster Linie Hailee Steinfeld hevor, aber auch Asa Butterfield macht seine Sache als Ender ordentlich. Harrison Fords Auftritt ist zwar ein nettes Gimmick, reiht sich aber in die Reihe seiner wenig bemüht wirkenden Performances der letzten Jahre ein. "Ender's Game" ist sicherlich kein Highlight und/oder Meisterwerk. Dafür bedient er sich vor allem in der ersten Hälfte zu vieler Klischees, und dauert es doch etwas zu lange, bis der Film fahrt aufnahm und mich zuerst zu faszinieren und dann zu begeistern vermochte. Die mitschwingende Message sowie das phantastische Finale machen ihn in meinen Augen für Genrefans aber durchaus empfehlenswert.
Wertung:7 von 10 Punkten
Christian Siegel
Review von Michael Spieler: Ein Film, bei dem sich endlich mal 3D gelohnt hätte, kommt nicht in 3D. Gerade der Schlachtsimulator, ein holografisches Projektionssystem zum taktischen Flottentraining, das im letzten Drittel des Film eine große Rolle spielt, hätte vermutlich fantastisch aussehen können, zumal die Kids ja selbst inmitten der Schlachten stehen. Wir sehen also in 2D, was die Protagonisten in 3D sehen sollen. Ich meine, 2D ist allemal besser als schlecht gemachtes 3D, aber gerade nach "Gravity" stinkt hier "Ender's Game" ganz schön ab. Ich kann nichts zur Originalsprachfassung sagen, aber die deutsche Synchro, gerade von Asa Butterfield ("Hugo Cabret"), der die Hauptfigur Ender spielt, ist teilweise unerträglich laut und schrill. Samt Stimmbruch. Die Story selbst ist deutlich auf ein jüngeres Publikum ausgelegt, dass sich mit Ender und seinen Mitstreitern identifizieren soll, um dieses Abenteuer zu erleben. Nur ist es kein Abenteuer. Es ist ein glorifiziertes Let's Play, bei dem Kindern Sätze und Gedankengänge zugeschrieben werden, die einfach extrem unglaubwürdig sind. Im Grunde schaut man einem 12jährigen Jungen dabei zu, wie er 114 Minuten lang leidet, unterbrochen von viel zu kurzen Lichtblick-Momenten, in denen Freundschaft zwischen Protagonisten gezeigt wird. Harrison Fords Colonel Graff ist kein sympathischer Charakter und natürlich ist es der Story geschuldet, dass er, fokussiert auf ein Ziel, bereit ist, die Kindheit der Rekruten für den Sieg zu opfern.
Die gesamte in "Ender's Game" porträtierte Gesellschaft grenzt gefährlich an ein faschistisches Utopia. Von Geburtenkontrolle bis zur Quasiherrschaft des Militärs, ist alles darauf ausgerichtet, eine Generation von maschinenhaft denkenden Taktikern heranzuziehen, in der philosophische, psychologische und moralische Bedenken zwar vorkommen, aber im Grunde hinter dem Sieg über die vermeintlichen Feinde zurückstehen. Ich konnte mich mit dem Gesamtsetting überhaupt nicht anfreunden, weder mit der Gesellschaft, noch mit Ender selbst. Der soll zwar irgendwie zum Sympathieträger werden, da alles auf ihn geladen wird, aber er hat eben auch diese berechnende Kühlheit, die schnell eine Distanz zum Zuschauer aufbaut. Es ist ein bisschen der Wesley-Effekt. In Ender überwiegt die Intelligenz seine soziale Ader, bzw. stehen sie im ständigen Konflikt. Natürlich wird er auch künstlich auf Abstand zu seinen Mitrekruten gehalten, was ich nicht anders als mit dem Begriff "Psychofolter" beschreiben kann. Dann ist noch eine halbherzige Wendung in den Film eingebaut, die den Helden Razer Mackham (Ben Kingsley, "Iron Man 3") betrifft, aber schon allein durch das Plakat keine Überraschung ist. Ja, die Animationen sehen ganz gut aus – und überhaupt, endlich mal wieder Schlachten im Weltraum! – aber dorthin ist es ein langer Weg, durch die Untiefen eines Bootcamps für Kinder. Das liegt zugegebener Maßen im Weltraum und hat Laser-Tag in Schwerelosigkeit, ist aber am Ende kaum mehr als ein Gefängnis. Der Weg zum Altar, auf dem die Unschuld der Insassen geopfert werden wird.
Auch ohne das Buch zu kennen, fängt man an das Ende zu erahnen, wobei dieses natürlich Luft für einen Nachfolger lässt. Die Schauspieler sind wiedereinmal überhaupt nicht das Problem, gerade Hailee Steinfeld (Petra), die wir in der großartigen Neuverfilmung von "True Grit" an der Seite von Jeff Bridges erleben durften, und Asa Butterfield, an dessen Performance neben Chloë Grace Moretz ("Kick-Ass") in "Hugo Cabret" ich mich gern zurückerinnere, versuchen mit der zwischen ihren Figuren aufkommenden Freundschaft, dem Ganzen etwas Charme zu verleihen. Ihre gemeinsame Freizeit ist der einzige Gegenpol zu den fordernden Lehrern und dem ständigen Kampf mit den selbsternannten Alpha-Männchen der Trainingseinheiten. Es ist zwar löblich, ein Effekte-Studio von Anfang an in die Produktion eines effektlastigen Abenteuerfilms mit einzubinden, doch irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass Digital Domains erstmaliges Auftreten als beteiligte Produktionsgesellschaft, die Entwicklung eines guten Drehbuchs hinter die technische Umsetzung hat zurücktreten lassen.
Fazit:
Ein Fazit zu ziehen fällt hier nicht ganz so leicht wie das Review als Eindruck vermitteln mag. Ja, ich kam unerfüllt aus dem Kinosaal und bin gerade über einen technischen Aspekt von "Ender's Game" enttäuscht – einem Film, der quasi von seinen technischen Aspekten lebt – aber es sah halt auch schon wenigstens gut aus. "Ender's Game" hat nur leider zu wenige Momente, die wirklich Spaß machen. Zu lange wird man als Zuschauer von dieser Qual eines Menschen drangsaliert und mit Actionbombastmusik beschallt, die einer zu sterilen und künstlichen Umgebung, mit ebenso sterilen und künstlichen Charakteren, kein Leben einhaucht. "Ender's Game" lädt nicht zum Träumen ein.
Kannst du mir nochmal einen Link zu der Seite geben, wo deine geguckten Filme gelistet werden?
Wenn ich mich Grad richtig erinnere, war Gremlins einer der Filme vom letzten Dezember und hat als Wertung 7/10 bekommen. War er früher ein Lieblingsfilm, bei dem sich jetzt in manchen Momenten eine kleine Ernüchterung breit machte? Und gehörte zu den Kritikpunkten auch das Ende, dessen Dramatik plötzlich von der Gremlins-Musik zerstört wird?
Oh, wieso denn auf einmal so förmlich, Herr Illuminat?
Nein, habe ich bisher noch nicht nachgeholt, aufgrund einer Kombination aus "keine vernünftige Gelegenheit" und "keine rechte lust" . Kommt aber noch.
Hier der Link zu meinem Filmtagebuch: -> http://www.letterboxd.com/cornholio1980/films/diary/
An dieser Stelle sei gleich vorgewarnt: Ich bin ab diesen Donnerstag für 10 Tage im Urlaub, und daher auch schon fleißig mit Vorbereitungsarbeit beschäftigt (damit es auch in meiner Abwesenheit fleißig Reviews zum Lesen gibt). Kam daher leider noch nicht dazu, auf deinen letzten Kommentar einzugehen, und werde auf diesen und allfällige weitere dann in der ersten Juniwoche antworten.
Auf Gremlins bin ich vor meinem Urlaub nicht mehr eingegangen: Sooo ein übertriebener Fan war ich nie, die Wertung ist also im Wesentlichen gleich geblieben. Als Kind gefiel mir überhaupt der zweite besser, da er lustiger war . Die Musik am Ende zählte aber nicht zu meinen Kritikpunkten, nein.
Gestern endlich nachgeholt; hat mir besser gefallen als meinem geschätzten Kollegen Michael. Eventuell schiebe ich zum Advents-Special noch ein vollwertiges Review nach. Alles rund um die Ausbildung hat sich zwar etwas gezogen; zudem wurden hier nur die gängigen Militärausbildungs-Klischees durchgekaut. Aber das Ende fand ich ganz groß. Auch ich habe es, so wie Michael, schon kommen sehen (während der "Simulation") und fand es dann doch ziemlich niederschmetternd, als der Verdacht bestätigt wurde. Die von Michael angesprochene faschistoide Struktur empfand ich insofern nicht als negativ, da diese - und die "Ausbeutung" der Kinder durch Leute wie Colonel Gruff - ja nicht als positiv und/oder erstrebenswert dargestellt wird. Dem Begriff "Utopia" kann ich im Zusammenhang mit "Enders Game" z.B. überhaupt nicht zustimmen. Weder die Art und Weise, wie die Kinder hier benutzt und manipuliert werden, noch der Ausgang des Films werden in einem positiven Licht gezeichnet.
Wo ich Michael aber uneingeschränkt zustimmen muss: Man kann der 3D-Welle (so wie du) negativ gegenüberstehen, aber bei dem hätte es sich mal echt ausgezahlt. Tatsächlich bin ich überrascht, dass sie ihn nicht in 3D umgesetzt haben, gerade auch die Spieleszenen bzw. die Kampfsimulationen hätten wie er richtig sagt geradezu dazu eingeladen.
Jedenfalls: Ja, doch, hat mir gut gefallen - vor allem dank des tollen Endes. Würde vorläufig mal 7/10 vergeben.
Dass er nicht als Meisterwerk bei dir abschneidet, war schon im voraus klar.
Das Ende hat mich auch umgehauen. Ich wusste nämlich nichts im Vorfeld und hab auch nicht den Verdacht gemerkt.
Ich hab ihn seit dem Kino nicht mehr gesehen, werde aber vielleicht heute Abend mal wieder reingucken.
Durch 3D wäre er zumindest etwas erfolgreicher gewesen. Im Amiland war er ja vor allem deswegen ein Flop, weil der Erfinder des Buches irgendwas schwulenfeindliches gesagt haben soll. Als ob der Großteil der Amibevölkerung so viel besser ist...
Autor Orson Scott Card hat leider nicht "nur" etwas gegen Homosexuelle gesagt, sondern die eine oder andere Anti-Gay-Organisation auch jahrelang finanziell unterstützt. Kann verstehen, wenn man deshalb seine Arbeiten - auch im Kino - boykottiert, um nicht das Risiko einzugehen, dass auch ein paar Cent des eigenen Geldes in diese Richtung fließen. Wie groß der Anteil dieser Kontroverse am Misserfolg des Films wirklich war, kann aber wohl keiner von uns definitiv beantworten.