Originaltitel: Evolution Episodennummer: 3x01 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 25.09.1989 Erstausstrahlung BRD: 03.07.1992 Drehbuch: Michael Piller & Michael Wagner Regie: Winrich Kolbe Hauptdarsteller: Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard, Jonathan Frakes als Commander William T. Riker, LeVar Burton als Lt. Geordi LaForge, Michael Dorn als Lt. Worf, Gates McFadden als Dr. Beverly Crusher, Marina Sirtis als Counselor Deanna Troi, Brent Spiner als Lt. Commander Data, Wil Wheaton als Wesley Crusher Gastdarsteller: Ken Jenkins als Paul Stubbs, Whoopi Goldberg als Guinan u.a.
Kurzinhalt:
Die U.S.S. Enterprise befindet sich im Orbit eines Roten Riesens, um ein ganz besonderes astronomisches Phänomen zu beobachten und zu erforschen, das nur in diesem Sonnensystem und nur alle 196 Jahre stattfindet. Die Experimente werden dabei vom anerkannten Wissenschaftler Paul Stubbs durchgeführt, für den dieses Ereignis sein Lebenswerk darstellt. Dementsprechend ungehalten reagiert er auch, wenn plötzlich auftretende, unerklärliche Fehlfunktionen des Bordcomputers die Durchführung der Experimente bedrohen. Der Enterprise-Crew bleiben nur wenige Stunden, um die Ursache zu finden und diese zu beheben, ehe das Spektakel beginnt. Währenddessen versucht Dr. Beverly Crusher, die auf die Enterprise als Chefärztin zurückgekehrt ist, mehr über das Leben ihres Sohnes zu erfahren und wieder eine Bindung zu ihm aufzubauen. Dieser wiederum beginnt schon bald zu befürchten, dass die Fehlfunktionen auf ein schiefgelaufenes Projekt von ihm zurückzuführen sein könnte – hat er doch mit Naniten experimentiert, dabei sind jedoch zwei der mikroskopisch kleinen Wesen entkommen. Offenbar haben sich diese in den Bordcomputer der Enterprise eingenistet und dort vermehrt. Nachdem er Captain Picard darüber informiert hat, stellt sich für die Crew des Schiffs die Frage, wie sie mit dieser "Infektion" umgehen sollen. Denn angesichts ihres Verhaltens drängt sich schon bald der Verdacht auf, dass es sich bei den Naniten um eine intelligente Lebensform handelt…
Denkwürdige Zitate:"I'm not sure I'd want my mother to be flying through space with me. No, I take that back. I am sure. I wouldn't want her."
(Paul Stubbs, als Beverly Crusher ihm von ihrer Rückkehr auf die Enterprise erzählt.)
"I would rather die than leave." "I don't believe you speak for the majority of the crew."
(Mit dieser Vermutung in Richtung Paul Stubbs dürfte Captain Picard wohl recht haben.)
"I run a clean place."
(Guinan zu Wesley, als dieser ihr sagt, dass er Fallen aufstellt.)
"Number One, the Bridge, such as it is, is yours."
(Picard, als er Riker die von Computerfehlfunktionien geplagte Brücke überlässt.)
Review:Der Start der dritten Staffel bringt bei der "Next Generation" ein paar Änderungen. Die wohl wichtigste und (neben den neuen Uniformen) offensichtlichste ist die Rückkehr von Gates McFadden – nach einjähriger (oder ein-staffeliger) Abwesenheit als Schiffsärztin Dr. Beverly Crusher. Nun muss ich ja gestehen, dass ich Dr. Pulaski immer sehr gern hatte. Sie brachte etwas mehr Pfeffer hinein als die vergleichsweise kuschelweiche Beverly. Dennoch gehört Dr. Crusher natürlich zum Team dazu, und so freue ich mich durchaus über ihre Rückkehr. Aber was ist während ihrer Abwesenheit nur mit ihren Haaren geschehen? In einigen Szenen sieht es eh nicht so schlimm aus; dafür stehen ihr diese in manchen Einstellungen richtiggehend auf der Seite weg. War das etwa die Rache dafür, dass sie der Serie für eine Staffel lang den Rücken gekehrt hatte? Schade auch, dass sie bei ihrem ersten Auftritt medizinisch gesehen kaum etwas zu tun bekommt. Fast könnte man den Eindruck bekommen, die Drehbuchautoren sind in erster Linie froh, Wesleys Mutter wieder zurückzuhaben, statt der Chefärztin. Wie sie hier teilweise doch recht stark auf ihre Mutterrolle reduziert wird, fand ich jedenfalls doch etwas schade.
Zumal die entsprechenden Szenen ungemein klischeehaft waren und kaum überzeugen konnten. Was Mutter-Sohn-Beziehungen im Teenageralter betrifft, bringt "Die Macht der Naniten" keine neuen Erkenntnisse, und gibt sich damit zufrieden, das Übliche abzuspulen. Mami fühlt sich von ihrem Sohnemann irgendwie distanziert, und macht sich sorgen um ihn – wobei diese im vorliegenden Fall eher in die Streber-Richtung gehen. Hat er eh etwas von seinem Leben? Genießt er seine Jugend und stellt auch mal Dummheiten an? Hat er Freunde? Das einzig Positive an diesem Handlungsstrang war für mich, dass sie nicht einer gewissen unfreiwilligen Ironie entbehrt, da alle Bedenken von Beverly gegenüber ihrem Sohn die üblichen Klischees gegenüber Trekkies wiederspiegelt. Dennoch finde ich, dass man sich das hätte sparen oder es zumindest anders hätte umsetzen sollen, als in diese typischen Familienserienklischees zu verfallen. Auch der Rest der Handlung rund um Wesley hat mich nur bedingt überzeugt. Am meisten gestört hat mich daran wohl, dass Wesley nicht nur seinen Verdacht nicht gleich meldet sondern stattdessen versucht, klammheimlich die Naniten wieder einzufangen. Nein, der komplette Vorfall bleibt zudem gänzlich ohne Folgen – ja wird nicht einmal thematisiert! Hierzu sei festgehalten, dass ich dabei weniger von seinem misslungenen Experiment an sich rede – wenn er hier auch sicherlich unvorsichtig war, und ich zumindest eine sanfte Rüge diesbezüglich nicht als unangebracht empfinden würde. Aber die Tatsache, dass er beim ersten Verdacht nicht gleich Meldung macht, ist für mich für einen angehenden Offizier der Sternenflotte unverzeihlich, und ich fand es schade, dass dieses Versäumnis nicht einmal angesprochen wurde. Zumindest in diesem Punkt hätte ich mir von Captain Picard eigentlich schon einen Rüffel erwartet – und hielte diesen auch für absolut angebracht.
Gut gefallen hat mir dafür die Handlung rund um das Experiment, sowie alles rund um die Verbreitung und Evolution der Naniten an sich. Die Idee, dass diese in weiterer Folge eine eigene Intelligenz entwickeln und daher als Lebensform geschützt werden sollten, beinhaltet genau jene Message der Toleranz, die ich an "Star Trek" so schätze. Davon abgesehen gab es rund um die Naniten auch einige wirklich tolle Szenen. Manche davon drehten sich um die teils seltsamen Folgen ihrer Übernahme des Computerkerns – wie z.B. jener Moment, als auf der Brücke plötzlich Marschmusik ertönt. Andere waren spannenderer und teilweise sogar schockierender Natur, wie z.B. als Paul Stubbs in Missachtung der Anordnung von Captain Picard die Naniten angreift. Hier ist auch gleich Gaststar Ken Jenkins (der heutzutage vor allem als Dr. Kelso aus "Scrubs" bekannt ist) positiv hervorzuheben, der eine sehr gute Performance zeigt.
Schade finde ich allerdings, dass die Episode im weiteren Verlauf versucht, ihn zum Bösewicht hochzustilisieren – wie z.B. mit seinem abschätzigen Kommentar gegenüber Deanna (wenn er auch meines Erachtens damit völlig recht hat; vergleicht nur seine Weigerung sie in seinem Kopf herumstirln zu lassen mit der aktuellen Debatte zum Thema NSA, Datenschutz usw.; hat er damit nicht völlig recht wenn er behauptet, sie verletze damit seine Persönlichkeitsrechte?), allen voran aber natürlich mit seinem Angriff auf die Naniten. Dadurch konnte ich leider – trotz seiner späteren Läuterung – mit ihm im weiteren Verlauf der Episode nicht mehr viel Sympathie entgegenbringen. Umso gelungener fand ich dann aber den Ausgang des Konflikts, wo sich "Die Macht der Naniten" als waschechte "Star Trek"-Folge erweist. Statt auf eine Deus Ex Machina oder gar eine Technogebrabbel-Lösung zurückzugreifen, reden beide Parteien miteinander und finden gemeinsam eine Lösung. Einigen mag das zu unspektakulär sein, aber ich kann euch gar nicht sagen, wie erfrischend ich das finde. Diese Art der Konfliktlösung hatte ja selbst in späteren "Star Trek"-Serien Seltenheitswert; von moderner TV-Unterhaltung ganz zu schweigen. Negativ fällt hingegen wiederum auf, dass es die gesamte Episode wieder einmal an Spannung vermissen lässt, und auch nie wirklich ein Gefühl der Bedrohung aufkam. Auch dadurch macht man es uns in meinen Augen zu leicht, Stubbs Taten zu verdammen. Jedenfalls: So sehr ich den Ausgang es Ganzen auch mag, davor wäre spannungstechnisch doch um einiges mehr drin gewesen. Über jeden Zweifel erhaben sind dafür die Spezialeffekte. Gleich zu Beginn der Staffel schenkt man uns hier mit dem phantastisch in Szene gesetzten Doppelsternsystem ein echtes Schmankerl. Selbst wenn "The Next Generation" eine moderne Serie wäre und man "Die Macht der Naniten" heute zum ersten Mal ausstrahlen würde, wären die Effekte noch sensationell. Die Musik von Ron Jones war ebenfalls wieder einmal sehr gut. Und auch der neue Vorspann gefällt mir um einiges besser als der frühere.
Fazit:An "Die Macht der Naniten" konnte mir – neben den wieder einmal sensationellen Spezialeffekten – vor allem die Handlung rund um die Naniten gut gefallen. Die Auflösung des Konflikts hat es mir dabei ganz besonders angetan. Etwas mehr Spannung und ein Gefühl der Bedrohung, das über das Scheitern des Experiments eines Charakters der uns im weiteren Verlauf der Handlung ohnehin zunehmend unsympathisch wird hinaus geht, hätte allerdings nicht geschadet. Auch darunter, Wesley wieder ins Zentrum des Geschehens zu rücken, leidet die Folge. Besonders negativ fand ich dabei, dass sein Fehlverhalten – und da meine ich jetzt weniger das Versehen mit dem Experiment an sich als vielmehr, dass er es nicht gleich gemeldet hat als er den Verdacht hatte – nie thematisiert wurde, und somit auch gänzlich ohne Folgen blieb. Und auch alles rund um Beverly die versucht die Mutter-Sohn-Beziehung zu Wesley wiederaufleben zu lassen hat mich nicht wirklich überzeugt, war mir das alles doch viel zu klischeehaft. Insgesamt war die Episode aber trotz dieser Kritikpunkte durchaus unterhaltsam, und bot mit den Szenen des Zwillingsgestirns vor allem auch wieder einmal einen echten Augenschmaus, der selbst 24 Jahre später (!) nichts von seiner Imposanz eingebüßt hat.