Kurzinhalt:
Die Enterprise dringt ihn eine bisher unbekannte Raumregion ein. Zuerst sorgt ein natürliches Phänomen zur Beschädigung des Schiffes, und dann wird die Enterprise zu allem Überfluss auch noch von einem fremden Schiff angegriffen. Danach ist der Warpantrieb irreparabel beschädigt; nur mit Impulskraft würde der Flug zur nächstgelegenen Raumstation mehrere Monate dauern. Doch es gibt Hoffnung: Als man einen nahegelegenen Planeten untersucht, stößt man auf Commander Laspas und Teile seiner Crew. Dieser befehligt ein Raumschiff der Goeg-Domäne; ein Zusammenschluss verschiedenster Völker dieser Raumregion, die auf dem ersten Blick wie eine kleinere Variante der Föderation erscheint. Dieser bietet Captain Kirk seine Hilfe an: Man könnte das eigene Raumschiff an die Enterprise koppeln, und sie so zur nächstgelegenen Raumbasis der Goeg-Domäne schleppen, wo man dann die erforderlichen Reparaturen vornehmen könnte. Kirk ist zwar gegenüber den neuen Freunden etwas skeptisch, sieht schließlich aber keine andere Wahl, als dem Plan zuzustimmen. Dabei zeigt sich jedoch schon bald, dass die Unterschiede zwischen der Föderation und der Goeg-Domäne größer sind als angenommen…
Review:
Nach "Den Frieden verlieren" ist "The Shocks of Adversity" der zweite "Star Trek"-Roman, den ich von William Leisner gelesen habe. Und vielleicht ist es ja auch nur Zufall, aber zumindest mal diese beiden Bücher haben mir den Eindruck vermittelt, dass Leisner weniger an den Wundern und/oder den Gefahren, die im Weltall auf uns lauern, als vielmehr an der "conditio humana" interessiert ist. Was zugleich bedeutet, dass Freunde der doch eher spannungsgeladenen Unterhaltung auch bei "The Shocks of Adversity" wieder eher nicht auf ihre Kosten kommen werden. Generell kann ich auch seinem neuesten Roman den einen oder anderen bei "Den Frieden verlieren" vorgebrachten Kritikpunkt, wie die etwas dürftige und doch eher unaufgeregt vor sich hinplätschernde Handlung, nicht ersparen. Dennoch hat mir "The Shocks of Adversity" insgesamt etwas besser gefallen. Als größte Stärke empfand ich dabei die Beschreibung der zarten Allianz zwischen der Enterprise und der Goeg-Domäne, die durch die teils sehr unterschiedlichen Kulturen nach und nach auf die Probe gestellt wird.
Generell gefiel mir die Idee, den Spieß quasi einmal umzudrehen, sehr gut. Wie oft kam es schon vor, dass die Enterprise einem anderen Volk zu Hilfe geeilt ist? Uns als Zuschauer/Leser ist natürlich bewusst, dass die Föderation tatsächlich nur die besten Absichten verfolgt – aber kann man es einem Volk wirklich vorwerfen, wenn es gegenüber so viel uneigennütziger Gutmütigkeit vielleicht doch misstrauisch wird? Ebenso ergeht es uns in "The Shocks of Adversity". Diesmal ist es die Enterprise, welche auf die Hilfe eines fremden Volkes, dass scheinbar der Föderation sehr ähnlich ist, angewiesen ist. So wie Captain Kirk sind jedoch auch wir etwas unsicher, ob man den Bewohnern der Goeg-Domäne wirklich vertrauen kann, oder ob sie nicht etwa finstere Absichten verfolgen. Die sich daraus ergebende Spannung empfand ich als eine der größten Stärken des Romans. Generell fand ich die Interaktionen zwischen beiden Crews – gerade auch im zweiten Drittel – als sehr gelungen. William Leisner zeigt hier auf, wie Unterschiede zwischen Kulturen zu Misstrauen, Missverständnissen und auch Missstimmungen führen können.
Leider fällt der Roman im letzten Drittel ein wenig in sich zusammen. Wirkt die Goeg-Domäne zuvor zwar teilweise etwas unterschiedlich im Vergleich zur Föderation, wird sie zuletzt zunehmend nicht nur als anders, sondern vielmehr als minderwertig dargestellt. So herrscht keinesfalls eine ähnliche Harmonie wie in der Föderation, vielmehr werden bestimmte Völker als minderwertig angesehen. Zudem erfahren wir von einer weitreichenden Verschwörung, und dass einzelne Elemente der Domäne sogar dazu bereit waren, ihresgleichen zu töten, um gegen die Rebellen und jene Planeten, von denen sie glauben dass diese sie unterstützen und ihnen Unterschlupf zu gewähren, ins Feld zu ziehen. Aus "so" und "anders" wird auf einmal "besser" und "schlechter", aus einer interessanten, vielschichtigen Betrachtung der zarten Annäherung zweier Völker wird ein "morality tale". Generell fand ich diese doch sehr typischen Elemente eher enttäuschend – allen voran, dass es am Ende erst recht wieder auf das altbekannte "Kirk & Co. müssen eine Welt retten"-Muster hinausläuft. Hier verspielt Willam Leisner leider einiges an Kredit, den er sich in den ersten beiden Dritteln seines Romans mühsam erarbeitet hat.
Fazit:
"The Shocks of Adversity" beschäftigt sich überwiegend damit, wie zwei fremde Kulturen sich gegenseitig kennenlernen, und wie deren Differenzen zu Problemen führen können. Als solcher ist er weder sonderlich actionreich, spannend oder aufregend, dennoch fand ich den Roman recht interessant. Schade finde ich allerdings, dass im weiteren Verlauf von "The Shocks of Adversity" nicht beide Kulturen als gleichwertig dargestellt werden, sondern die Goeg-Domäne aufgrund der Verschwörungen und ihrer internen Probleme deutlich gegenüber dem strahlenden Vorbild der Föderation ins Hintertreffen gerät – und somit das anfängliche Misstrauen der Enterprise-Crew in gewisser Weise bestätigt wird. Ob das wirklich die Aussage ist, die William Leisner hier vermitteln wollte? Bedauerlich auch, dass es der Autor als nötig erachtet, zum Ende hin einen ganzen Planeten zu bedrohen, der von der Enterprise wieder gerettet werden darf. Dennoch würde ich "The Shocks of Adversity" dem geneigten "Star Trek"-Fan – wenn auch mit Einschränkungen – empfehlen, und empfand ihn aufgrund der Konzentration auf die Unterschiede zwischen Kulturen, und deren Auswirkungen, als nette Abwechslung unter den aktuellen "Star Trek"-Veröffentlichungen.
Christian Siegel
Bewertung: 3/5 Punkten
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